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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_731/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 29. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Grünvogel. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau, Rain 53, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Anspruch auf rechtliches Gehör; Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. September 2017 (VBE.2017.158). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Einspracheentscheid vom 16. Januar 2017 bestätigte das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) die Verfügung des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) Wohlen vom 15. Dezember 2016, wonach der 1980 geborene A.________ wegen Nichtbefolgens von Weisungen für die Dauer von sechs Tagen in der Anspruchsberechtigung auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung einzustellen sei. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 4. September 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen und anschliessendem neuen Entscheid über die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 16. Januar 2017 an das kantonale Gericht zurückzuweisen; eventualiter seien der vorinstanzliche und der Einspracheentscheid aufzuheben und ihm die Taggelder mitsamt Verzugszins seit Anfang Dezember 2016 auszurichten. 
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; vgl. auch BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweisen). 
Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 127 I 60 E. 5a). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 135 III 397 E. 1.5). 
Wird die Beweiswürdigung als willkürlich gerügt, ist dies in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 II 244 E. 2.2; 130 I 258 E. 1.3). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem freie Sachverhaltsprüfung zukäme (vgl. BGE 116 Ia 85 E. 2b). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Pflichten des Versicherten (Art. 17 AVIG), insbesondere die Pflicht, auf Weisung der zuständigen Amtsstelle an arbeitsmarktlichen Massnahmen teilzunehmen, die seine Vermittlungsfähigkeit fördern (Art. 17 Abs. 3 lit. a AVIG), und die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei Nichtbefolgen von Weisungen des Arbeitsamtes ohne entschuldbaren Grund (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG) sowie die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Massgabe des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 3 AVIV) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt betreffend den Anspruch auf rechtliches Gehör von Personen, in deren Rechtsstellung eingegriffen wird (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 42 Abs. 1 ATSG; BGE 132 V 387 E. 6.2 S. 391; siehe auch BGE 139 II 489 E. 3.3 S. 496; 139 I 206 E. 3.2 S. 214;126 I 7 E. 2b S. 10). Darauf wird verwiesen. 
 
3.   
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer durch sein Verhalten Gründe gesetzt hat, welche eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung rechtfertigen. 
 
4.   
Auf die in diesen Zusammenhang vorgebrachten formellen Rügen ist vorab einzugehen. 
 
4.1. Der Beschwerdeführer behauptet - wie bereits vor Vorinstanz -eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren, weil ihm vor Erlass des Entscheides nicht sämtliche Akten zur Stellungnahme zugestellt worden seien. Eine diesbezügliche Pflicht bestand indessen nicht, wie von der Vorinstanz zutreffend erwogen. Es reichte aus, ihn mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 über die Aktenlage zu informieren ("Gemäss Rückmeldung des Veranstalters mussten Sie vom Kurs ausgeschlossen werden, weil Sie nicht mitgewirkt haben"), gestützt auf welche die Einstellung in der Anspruchsberechtigung geprüft werde (BGE 132 V 387 E. 6.2 S. 391). Alsdann hätte es an ihm gelegen, bei Bedarf um Einsicht in die Akten zu ersuchen, was er indessen unterliess.  
 
4.2. Aus demselben Grund erweist sich die Rüge, die Vorinstanz habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie dem Beschwerdeführer die Gerichtsakten nicht zugestellt habe, als unbegründet. Denn auch im Rechtsmittelverfahren liegt es in erster Linie an den Parteien, um Akteneinsicht zu ersuchen. So muss das Gericht insbesondere die bereits Grundlage des Verwaltungsentscheids bildenden Akten der Beschwerde führenden Person nicht von sich aus zustellen, sondern darf diese als bekannt voraussetzen. Darüber hinaus wurden dem Beschwerdeführer die Verfahrenseingabe der Gegenpartei mit Verfügung vom 9. März 2017 zur allfälligen Stellungnahme innert 10 Tagen zugestellt. Sodann erhielt er anlässlich der von ihm gewünschten öffentlichen Hauptverhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zusätzlich die Möglichkeit, sich in der Sache nochmals zu äussern. Wie dergestalt das vom Beschwerdeführer zusätzlich angerufene Recht auf ein faires Verfahren gemäss Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt sein soll, ist in diesem Zusammenhang auch nicht einsichtig.  
 
4.3. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Kursleiterin und das RAV hätten das Rechtsgleichheitsgebot nach Art. 8 BV verletzt, indem sie nur ihn, nicht aber auch andere desinteressierte mit dem Handy spielende Kursteilnehmer gerügt hätten, setzte sich das kantonale Gericht nicht näher auseinander. Darin erblickt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Begründungspflicht.  
 
Er übersieht, dass die aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör fliessende Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen, nicht verlangt, dass diese sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr darf sie sich in der Begründung auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es reicht aus, wenn der Entscheid so begründet ist, dass er gegebenenfalls sachgerecht angefochten werden kann (BGE 142 III 433 E. 4.3.2 S. 436). 
 
Diesen Anforderungen genügt der vorinstanzliche Entscheid. Dies nicht zuletzt, weil sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum Rechtsgleichheitsgebot ohnehin nicht ergibt, was er daraus Entscheidwesentliches zu seinen Gunsten ableiten will. Für eine Gleichbehandlung im Unrecht waren und sind die Voraussetzungen offenkundig nicht erfüllt (Näheres dazu siehe: BGE 131 V 9 E. 3.7 S. 20). 
 
4.4. Auch sonst ist nicht erkennbar, inwiefern das vorinstanzliche Verfahren nicht verfassungskonform durchgeführt worden sein soll.  
Insbesondere umschliesst der Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht auch die Urteilsberatung. Diese kann durchaus nicht öffentlich erfolgen und muss ebenso wenig direkt im Anschluss an die Hauptverhandlung stattfinden (vgl. BGE 122 V 47 E. 2c S. 51). Eine verfassungsmässige Pflicht, über die Hauptverhandlung ein schriftliches Protokoll zu führen und dieses vor dem Entscheid in der Sache den Parteien zur Berichtigung und allfälligen Ergänzungen zuzustellen, besteht nicht. Sodann garantiert Art. 30 Abs. 3 BV wie Art. 6 Ziff. 1 EMRK zwar eine öffentliche Urteilsverkündung. Weder die Bundesverfassung noch die EMRK legen aber fest, auf welche Art und Weise die öffentliche Verkündung erfolgen muss. Insbesondere wird nicht verlangt, dass das Urteil an einer öffentlichen Verhandlung mündlich verlesen oder gar begründet wird. Nach der Rechtsprechung ist das Öffentlichkeitsgebot gewahrt, wenn das Publikum auf andere Weise (Publikation in Periodika oder auf Internet; Möglichkeit, den Urteilstext bei der Gerichtskanzlei zu verlangen oder dort einzusehen) die Gelegenheit hat, von den Urteilen Kenntnis zu nehmen (Urteil 4P.74/2006 vom 19. Juni 2006 E. 8.4.1 mit Hinweisen). Dass eine solche Gelegenheit vorliegend nicht bestanden haben und inwiefern eine Verfassungs- oder Konventionsverletzung vorliegen soll, wird in der Beschwerde nicht dargelegt, weshalb sich Weiterungen dazu erübrigen (in diesem Sinne auch Urteil 4A_744/2011 vom 12. Juli 2012 E. 3.3). 
 
4.5. Schliesslich lässt sich auch nicht beanstanden, wenn die Vorinstanz die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob die selbe Sachbearbeiterin des RAV an der Verfügung vom 15. Dezember 2016 mitgewirkt habe, welche bereits zuvor die "absolut unangebrachte" Kurzmitteilung des RAV von 14. Dezember 2016 zu verantworten hatte, zusammen mit weiteren, auf Mitarbeiter des AWA und des RAV zielenden Vorhaltungen als unerheblich für die Entscheidfindung bezeichnet hatte. Denn der vom Beschwerdeführer beanstandete Passus in der Kurzmitteilung "Gültig ohne Freundliche Grüsse" beruht zusammen mit der weiter unten folgenden Textstelle "Gültig ohne Unterschrift" offensichtlich auf einer Fehlmanipulation und Unachtsamkeit der Person die diese Kurzmitteilung zu verantworten hatte. Dementsprechend konnte und kann der Beschwerdeführer daraus auch nichts zu seinen Gunsten ableiten.  
 
5.   
In tatsächlicher Hinsicht ist unbestritten, dass der vom RAV angeordnete Standortbestimmungskurs vorzeitig abgebrochen wurde. In Würdigung der Akten und Auseinandersetzung mit den Parteivorbringen ist das kantonale Gericht sodann zum Ergebnis gelangt, es sei der Beschwerdeführer gewesen, der durch sein von Geringschätzung und fehlender Motivation zeugendes Verhalten den vorzeitigen Kursabbruch zu verantworten habe, womit der Einstellungstatbestand des Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG erfüllt sei. Diese Einschätzung beruht auf einer sorgfältigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Die Einwände des Beschwerdeführers sind, soweit überhaupt sachbezogen vorgetragen, nicht geeignet, diese als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere kann dem kantonalen Gericht nicht vorgeworfen werden, es habe die Akten und Parteivorbringen einer willkürlichen Beweiswürdigung unterzogen. Auf die vom Beschwerdeführer beantragten weiteren Beweismassnahmen (Zeugenbefragungen; 1 E. 6.2 in fine) durfte es mangels Relevanz verzichten (BGE 124 V 90 E. 4b). 
Zusammengefasst erfolgte die Einstellung zu Recht. Die Höhe der Sanktion ist nicht näher beanstandet. 
 
6.   
Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss vom Beschwerdeführer zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 29. November 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünvogel