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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_194/2021  
 
 
Urteil vom 22. April 2021  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ambulante therapeutische Massnahme (Verleumdung usw.), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 1. Dezember 2020 (SK 20 179). 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.   
Die Vorinstanz stellte die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils in Bezug auf die Einstellung des Verfahrens wegen Tätlichkeiten infolge Verjährung, die Freisprüche von den Anschuldigungen der Verleumdung, evt. der üblen Nachrede und der Beschimpfung, die Feststellung der Schuldunfähigkeit gemäss Art. 19 Abs. 1 StGB zum Zeitpunkt der Taten sowie den Zivilpunkt fest und ordnete am 1. Dezember 2020 eine ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB an. 
Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht. 
 
2.   
Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Die zusätzlich erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (vgl. Art. 113 BGG). 
 
3.   
Anfechtungsobjekt ist alleine das vorinstanzliche Urteil (Art. 80 Abs. 1 BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer nicht damit befasst, sondern er sich zu allerlei ausserhalb des Streitgegenstands liegenden Dingen äussert (z.B. zu angeblich strafbaren Handlungen von anderen Personen wegen Mikrowellen-Verbrechen, zu Gefährdungsmeldungen an die KESB oder Anzeigen an die Jugendanwaltschaft und zum diesbezüglichen Behördenverhalten) und unzulässige Anträge stellt, ist auf die Beschwerde von vornherein nicht einzutreten. 
 
4.   
Beschwerden an das Bundesgericht sind hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann. Dazu muss in der Beschwerdeschrift unter Bezugnahme auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids dargelegt werden, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 241 E. 2.3.1; 143 I 310 E. 2.2.; 140 III 86 E. 2). Eine allfällige Verletzung von Grundrechten wird vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen geprüft, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.3). 
 
5.   
In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer sinngemäss als Verletzung des rechtlichen Gehörs, dass die Vorinstanz seine persönliche Berufungserklärung vom 4. Mai 2020 nicht beachtet habe. Indessen hat die Vorinstanz nicht nur die Rechtsschriften des damaligen amtlichen Anwalts zu den Akten genommen, sondern auch die ins Recht gelegten Eingaben des Beschwerdeführers, insbesondere auch jene vom 4. Mai 2020 (angefochtenes Urteil, S. 4 f.). Welche seiner Anträge, Rügen oder Vorbringen gemäss Berufungserklärung vom 4. Mai 2020 von der Vorinstanz zu Unrecht nicht behandelt worden sein sollen, zeigt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht ansatzweise auf. Folglich ist auch nicht ersichtlich, inwiefern er beschwert sein könnte. Seine Beschwerde genügt den Begründungsanforderungen nicht. 
 
6.   
Gegenstand des Berufungsverfahrens bildete nur noch die Anordnung der ambulanten Massnahme. Die Verfahrenseinstellung und die Freisprüche wurden nicht angefochten, weshalb die Vorinstanz diesbezüglich die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils feststellte. Ob und allenfalls inwiefern sie dies in Verletzung von Bundesrecht gemacht haben könnte, ergibt sich aus der Beschwerde nicht. Ob der Beschwerdeführer unter diesen Umständen die durch die erste Instanz erfolgte Zurechnung von tatbestandsmässig-rechtswidrigem Unrecht im bundesgerichtlichen Verfahren noch anfechten kann, ist mithin fraglich, kann aber offen bleiben, da seine diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde die Begründungsanforderungen nicht zu erfüllen vermögen. 
 
7.   
Der Beschwerdeführer stellt die Anordnung der ambulanten Massnahme gemäss Art. 63 StGB in Frage. Er macht geltend, nicht krank zu sein. Die gutachterlichen Diagnosen seien "unterirdisch", bestünden aus leeren Floskeln sowie bösartigen Unterstellungen und gehörten in das Reich der Fabelwelten. Der Gutachter habe sich die Krankheiten ausgedacht. Es handle sich um ein zusammengebasteltes und betrügerisches Gutachten. Mit den Erwägungen im vorinstanzlichen Urteil befasst sich der Beschwerdeführer nicht. Seine Kritik am Gutachter und am Gutachten ist rein appellatorisch. Aus seinen Hinweisen auf Bestimmungen der BV und EMRK lässt sich in Bezug auf die Frage der ambulanten Massnahme nichts ableiten. Die Beschwerde genügt auch in diesem Punkt den Begründungsanforderungen nicht. 
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die vorinstanzliche Bestätigung der Anordnung einer ambulanten Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB Bundesrecht verletzen könnte. Formelle und/oder materielle Mängel des der Massnahmeanordnung zugrunde liegenden psychiatrischen Gutachtens der Universität Bern vom 11. Oktober 2019 sind nicht erkennbar. Die Vorinstanz durfte das fragliche Gutachten ohne Rechtsverletzung als aktuell und vollständig bezeichnen bzw. als hinreichende Entscheidgrundlage im Sinne von Art. 56 Abs. 3 StGB beurteilen und auf die willkürfrei als schlüssig beurteilten Schlussfolgerungen des Sachverständigen abstellen. Nach der gutachtlichen Beurteilung leidet der Beschwerdeführer tatzeitaktuell und aktuell an einer " (sehr) schweren" "chronifizierten" und "zu wesentlichen Anteilen systematisierten" wahnhaften Störung (ICD-10, F22.0). Wenn die Vorinstanz gestützt darauf das Eingangskriterium der schweren psychischen Störung bejaht, ist dies nicht zu beanstanden. Eine Bundesrechtsverletzung ist auch nicht ersichtlich, wenn die Vorinstanz gestützt auf das Gutachten davon ausgeht, die von der ersten Instanz rechtskräftig festgestellten tatbestandsmässig und rechtswidrig begangenen Handlungen stünden mit der wahnhaften Störung in direktem Zusammenhang. Inwiefern die Vorinstanz unter Zugrundelegung des Gutachtens (welches davon spricht, dass derzeit mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ähnliche Taten wie die bisher vorgeworfenen zu erwarten seien) nicht von einer relevanten Rückfallgefahr hätte ausgehen dürfen, ist ebenfalls nicht erkennbar. Nicht zu bestanden ist schliesslich, dass die Vorinstanz die Anordnung der ambulanten Massnahme als nicht unverhältnismässig einstuft (Art. 56 Abs. 2 StGB; BGE 134 IV 121 E. 3.4.4). Auf ihre diesbezügliche differenzierte und umfassende Abwägung, in deren Rahmen sie unter anderem zutreffend hervorhebt, dass es nicht um schwere Anlasstaten geht und eine stationäre Massnahme ein zu grosser Eingriff in die Freiheitsrechte darstellen würde (angefochtenes Urteil S. 14), kann verwiesen werden. 
 
8.   
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Es rechtfertigt sich vorliegend ausnahmsweise, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG), womit das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos wird. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. April 2021 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill