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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_799/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. März 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Bertschinger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 13. Oktober 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, verheiratet und Mutter von fünf erwachsenen Kindern, arbeitete zuletzt bei der B.________ SA als Unterhaltsreinigerin. Aufgrund eines Autounfalles, den sie als Beifahrerin Mitte Februar 2008 erlitten hatte, meldete sich A.________ im September 2008 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich zog die Akten der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) bei und liess A.________ durch Dr. med. C.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, begutachten (psychiatrisches Gutachten vom 23. Mai 2011). Gestützt darauf verneinte die Verwaltung mit Verfügung vom 5. Januar 2012 einen Rentenanspruch. Auf das im Februar 2015 erneut gestellte Rentengesuch trat sie nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren nicht ein (Verfügung vom 19. Juni 2015). 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. Oktober 2016 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei auf das Gesuch vom 25. Februar 2015 einzutreten und die IV-Stelle anzuweisen, die notwendigen Abklärungen vorzunehmen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
 
2.1. Wurde eine Rente wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades verweigert, so wird eine neue Anmeldung nur geprüft, wenn damit glaubhaft gemacht wird, dass sich der Grad der Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat (Art. 87 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 IVV).  
Die zeitliche Vergleichsbasis für die Frage, ob eine rentenrelevante Veränderung des Sachverhalts glaubhaft ist, bildet der Zeitpunkt der letzten umfassenden materiellen Prüfung. Der Vergleichszeitraum erstreckt sich grundsätzlich bis zur Prüfung und Beurteilung des Gesuchs, d.h. bis zum Erlass der Verfügung betreffend die Neuanmeldung. Für die beschwerdeweise Überprüfung einer Nichteintretensverfügung ist somit der Sachverhalt, wie er sich der Verwaltung bot, respektive die Aktenlage bei Erlass dieser Verfügung massgeblich (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 11; 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.; Urteil 9C_683/2013 vom 2. April 2014 E. 3.3.1). 
 
2.2. Mit dem Beweismass des Glaubhaftmachens sind herabgesetzte Anforderungen an den Beweis verbunden; die Tatsachenänderung muss nicht nach dem im Sozialversicherungsrecht sonst üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360) erstellt sein. Es genügt, dass für das Vorhandensein des geltend gemachten rechtserheblichen Sachumstandes wenigstens gewisse Anhaltspunkte bestehen, auch wenn durchaus noch mit der Möglichkeit zu rechnen ist, bei eingehender Abklärung werde sich die behauptete Änderung nicht erstellen lassen (Urteile I 724/99 vom 5. Oktober 2001 E. 1c/aa, nicht publiziert in BGE 127 V 294, aber in SVR 2002 IV Nr. 10, 8C_746/2013 E. 2).  
 
2.3. Ob eine anspruchserhebliche Änderung nach Art. 87 Abs. 3 IVV glaubhaft gemacht ist, stellt eine vom Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel von Art. 105 Abs. 2 BGG überprüfbare Tatfrage dar. Um eine Frage rechtlicher Natur handelt es sich hingegen, wenn zu beurteilen ist, wie hohe Anforderungen an das Glaubhaftmachen im Sinne von Art. 87 Abs. 3 IVV zu stellen sind (Urteil 9C_760/2014 vom 12. Januar 2015 E. 2.3 mit Hinweisen).  
 
3.   
 
3.1. Das kantonale Gericht hat das Nichteintreten der Verwaltung auf die Neuanmeldung der Versicherten vom 25. Februar 2015 mangels Glaubhaftmachen einer Verschlechterung des Gesundheitszustands bestätigt. Zu vergleichen ist unbestritten der Zeitraum (vgl. E. 2.1 vorne) zwischen dem 5. Januar 2012 (Abweisung des Leistungsbegehrens) und dem 19. Juni 2015 (Nichteintreten auf die Neuanmeldung).  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin stützt sich betreffend die geltend gemachte Verschlechterung einzig auf die Berichte des Medizinischen Zentrums D.________ vom 19. August 2013 und des Medizinischen Zentrums E.________ vom 22. Januar 2015.  
 
4.   
Die Vorinstanz hat festgestellt, sowohl die Ärzte des Medizinischen Zentrums E.________ als auch des Medizinischen Zentrums D.________ hätten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schmerzen der Versicherten seit dem Unfall 2008 bestünden. Weitere somatische Beschwerden, welche im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung vom Mai 2011 durch Dr. med. C.________ nicht genannt worden seien, seien seither nicht aufgetreten. 
Sodann hat das kantonale Gericht dargelegt, aufgrund der beschriebenen Befunde, Symptome und Umstände anlässlich der psychiatrischen Begutachtung vom Mai 2011 sowie in den Berichten der Medizinischen Zentren E.________ und D.________ sei (auch) eine tatsächliche Veränderung des psychischen Zustandes der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich. Die vorhandenen Unterschiede in der Befunderhebung entsprächen durchaus dem leicht schwankenden Verlauf bei depressiven Stimmungslagen. Auch ein Vergleich des in den Jahren 2011 bzw. 2015 beschriebenen Tagesablaufes ergebe keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen. 
 
5.  
 
5.1. Soweit die Beschwerdeführerin vorab geltend macht, im Bericht des Medizinischen Zentrums D.________ vom 19. August 2013 sei festgehalten worden, dass aus wirbelsäulenchirurgischer Sicht eine deutliche klinische Verschlechterung stattgefunden habe, beschränkt sie sich darauf, die bereits im vorinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Rügen zu wiederholen und den Sachverhaltsfeststellungen des kantonalen Gerichts die eigene Sichtweise entgegenzuhalten, was nicht genügt. Nichts anderes gilt für den erneuten Einwand, aus rheumatologischer Sicht bestehe aufgrund der Beurteilung des Medizinischen Zentrums D.________ eine Arbeitsunfähigkeit von 100 %. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass sich die Vorinstanz auf einen umfassenden Vergleich der tatsächlichen Verhältnisse 2011 und 2015 gestützt hat. In diesem Zusammenhang hat das kantonale Gericht sämtlichen Beschwerden Rechnung getragen, welche die Versicherte bei den (Schmerz-) Abklärungen im Medizinischen Zentrum E.________ (linksbetonte Schmerzen der HWS, ausstrahlend in beide Arme, den Kopf, die Schultern und die LWS) und im Medizinischen Zentrum D.________ (Lumbalgien, Schmerzen in Rücken, Nacken sowie im linken Arm und Bein) schilderte. Gegen die - im Übrigen mit der Aktenbeurteilung des Regionalen Ärztlichen Dienstes übereinstimmende (vgl. Stellungnahme vom 12. März 2015) - Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, dass die Versicherte bereits bei der psychiatrischen Begutachtung durch Dr. med. C.________ im Mai 2011 über die gleichen Schmerzen in Knien, Hüfte, Rücken, Nacken und Kopf geklagt habe, welche auch bei den Untersuchungen 2015 (bzw. 2013) vorhanden gewesen seien, bringt die Beschwerdeführerin nichts vor. Insbesondere legt sie nicht dar, inwiefern die Vorinstanz bestimmte (neu hinzugekommene) Einschränkungen nicht berücksichtigt oder falsch gewichtet haben soll. Der pauschale Einwand, es müsse "zweifelsohne" ein objektiver Befund gegeben sein, wenn im Bericht des Medizinischen Zentrums D.________ ausgeführt werde, es habe eine klinische Verschlechterung stattgefunden, ist zum vorneherein unbehelflich (zur anderen Beurteilung eines unverändert gebliebenen Sachverhalts im Revisions- bzw. Neuanmeldungsverfahren vgl. Urteil 9C_160/2012 vom 6. Juni 2012 E. 2 mit Hinweisen). Weiterungen betreffend eine glaubhaft gemachte Verschlechterung in somatischer Hinsicht erübrigen sich daher.  
 
5.2.  
 
5.2.1. In Bezug auf eine tatsächliche psychische Veränderung hat die Vorinstanz - anders als die Beschwerdeführerin glauben machen will - sehr wohl berücksichtigt, dass den Berichten der Medizinischen Zentren D.________ und E.________ eine neue fachärztliche Diagnose (schwere depressive Episode, ICD-10 F32.2) zu entnehmen ist, während der psychiatrische Gutachter Dr. med. C.________ noch von einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41) ausging (vgl. die vorinstanzliche Erwägung 5.3). Das Hinzutreten einer neuen Diagnose stellt jedoch entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht per se einen Revisionsgrund oder eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse dar, weil damit das quantitative Element der (erheblichen) Gesundheitsverschlechterung nicht zwingend ausgewiesen ist (BGE 141 V 9 E. 5.2 S. 12 f. mit Hinweisen; Urteil 8C_335/2015 vom 26. August 2015 E. 3.1.2). Massgebend ist auch im Zusammenhang mit einer Neuanmeldung einzig, ob bzw. in welchem Ausmass - unabhängig von der Diagnose und grundsätzlich unbesehen der Ätiologie - den medizinischen Akten eine Beeinträchtigung der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit entnommen werden kann (vgl. BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281; Urteil 8C_457/2012 vom 9. Juli 2012 E. 3.2).  
 
5.2.2. Die Vorinstanz hat die bei der psychiatrischen Begutachtung durch Dr. med. C.________ erhobenen Befunde Symptome und Umstände mit den Berichten der Medizinischen Zentren E.________ und D.________ verglichen. Sie hat überdies dem Tagesablauf, wie ihn die Beschwerdeführerin 2011 bzw. 2015 beschrieb, Rechnung getragen (vgl. die vorinstanzliche Erwägung 5.3). Inwieweit dieses Vorgehen bundesrechtswidrig sein soll, ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht (substantiiert) dargetan. Die Beschwerdeführerin führt einzig aus, es sei schlichtweg unzutreffend, wenn die Beschwerdegegnerin behaupte, dass keine chronische körperliche Begleiterkrankung und kein mehrjähriger Krankheitsverlauf, kein sozialer Rückzug und kein primärer Krankheitsgewinn sowie kein unbefriedigendes Behandlungsergebnis vorlägen. Sie nimmt damit auf die - durch BGE 141 V 281 mittlerweile überholten - sog. Foerster-Kriterien Bezug. Die Versicherte verkennt, dass die Frage, inwieweit ein psychisches oder psychosomatisches Leiden - in concreto eine somatoforme Schmerzstörung bzw. eine depressive Episode - als invalidisierend gilt, zur materiellen (rechtlichen) Würdigung des Sachverhalts gehört. Darauf ist bei der Prüfung der Eintretensvoraussetzungen im Rahmen der Neuanmeldung folglich (noch) nicht einzugehen (vgl. E. 2.1 und 2.2 vorne), zumal der Untersuchungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt (BGE 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.). Vor diesem Hintergrund zielt auch die Rüge, im Falle einer somatoformen Schmerzstörung hätte die Vorinstanz die Kriterien gemäss Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 (= BGE 141 V 281) anwenden müssen, ins Leere. Von einer diesbezüglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) kann nicht die Rede sein.  
 
5.3. Insgesamt können die vorinstanzlichen Feststellungen nicht als offensichtlich unrichtig oder sonst wie bundesrechtswidrig bezeichnet werden. Die vom kantonalen Gericht gezogene Schlussfolgerung, wonach sich mit Blick auf die eingereichten Unterlagen weder aus somatischer noch aus psychiatrischer Sicht glaubhaft eine anspruchswesentliche Veränderung ergebe, hält vor Bundesrecht stand (vgl. E. 1 vorne). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern das kantonale Gericht überhöhte Anforderungen an den Begriff des Glaubhaftmachens gestellt haben soll. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. März 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder