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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_646/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 19. Mai 2016  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Furrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wachter, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Juli 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1973 geborene A.________, zuletzt von 1. November 2008 bis 28. Februar 2011 (letzter effektiver Arbeitstag: 23. August 2010) bei der B.________ AG als Produktionsmitarbeiter angestellt gewesen, meldete sich am 17. Februar 2011 bei der Invalidenversicherung (IV) zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich (fortan: IV-Stelle) gewährte Frühinterventionsmassnahmen in Form eines Deutschkurses und veranlasste eine polydisziplinäre Begutachtung durch das Swiss Medical Assessment- and Business-Center (SMAB; Expertise vom 14. Dezember 2011) sowie ein sechsmonatiges Arbeitstraining bei der C.________. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 26. Februar 2014 einen Rentenanspruch mangels Invalidität. 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 8. Juli 2015 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihm eine Invalidenrente zuzusprechen, eventualiter sei die Sache zur Einholung eines neuen Gutachtens und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen gemäss Gesetz und Rechtsprechung zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. Dies betrifft namentlich die Bestimmungen und Grundsätze zum Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), zum nach dem Grad der Invalidität abgestuften Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG), zur Aufgabenteilung zwischen Medizin und Recht (BGE 141 V 281 E. 5.2.1 S. 306; 140 V 193 E. 3.1 und 3.2 S. 194 f.; 132 V 93 E. 4 S. 99 f.) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f. und E. 4.7 S. 471; 125 V 351 E. 3 S. 352 f.). 
 
3.   
Die Vorinstanz erwog, das polydisziplinäre Gutachten der SMAB vom 14. Dezember 2011 erfülle die Kriterien für eine beweistaugliche medizinische Entscheidgrundlage, womit ihm voller Beweiswert zukomme. Gemäss dem orthopädischen Teilgutachten sei das Lumbovertebralsyndrom therapierbar - die reichhaltige Palette an konservativen Therapiemassnahmen sei nicht ausgeschöpft - und mit einer 100 %igen Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit vereinbar. Der neurologische Gutachter habe - bei bildgebend nachgewiesenen deutlichen Degenerationen - aufgrund der klinischen Befunde (u.a. kein segmentales Reizsyndrom, keine sensomotorischen Defizite) keine über das orthopädische Fachgebiet hinausgehende Einschränkung festgestellt. An dieser Beurteilung vermöchten die Berichte der behandelnden Ärzte nichts zu ändern, zumal Letztere keine klinischen Befunde, sondern nur radiologisch erhobene Veränderungen festgestellt hätten und sich primär auf die subjektiven Schmerzschilderungen des Beschwerdeführers stützten. In psychiatrischer Hinsicht habe der Experte keine Diagnose mit Einschränkung auf die Arbeitsfähigkeit festgestellt. Doch selbst wenn entgegen dem Gutachten von einer mittelgradigen depressiven Episode auszugehen wäre, wäre dieser - da keine konsequente Therapie stattfinde - keine invalidisierende Wirkung beizumessen. Soweit der Beschwerdeführer das Gutachten als unvollständig bezeichne, weil der Frage nach dem Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht nachgegangen worden sei, sei festzustellen, dass weder die Gutachter noch die behandelnden Ärzte diese Diagnose je gestellt hätten und überdies die Angaben des Beschwerdeführers betreffend Schussverletzung widersprüchlich seien. Nach Durchführung der Invaliditätsbemessung gelangte die Vorinstanz zu einem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von maximal 21 %. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst, indem die Vorinstanz auf ein nach altem Standard - vor BGE 137 V 210 - eingeholtes Gutachten abgestellt bzw. keine neue Begutachtung angeordnet habe, sei sein Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt worden. Nach der Rechtsprechung führt eine "altrechtliche" Expertise indes nicht zwangsläufig zu einer neuen Begutachtung. Eine solche ist nur dann verhältnismässig, wenn dem Gutachten bei einer gesamthaften Würdigung und einer besonders sorgfältigen Prüfung keine materielle Schlüssigkeit beigemessen werden kann (Urteil 9C_148/2012 vom 17. September 2012 E. 1.3 und 1.4 mit Hinweisen, in: SVR 2013 IV Nr. 6 S. 13; ULRICH MEYER, Entwicklung von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis seit BGE 137 V 210, in: Sozialversicherungsrechtstagung 2013, S. 66 f.). Wie es sich damit verhält, ist nachfolgend zu prüfen.  
 
4.2. In somatischer Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, gemäss Radiologiebericht des Spitals D.________ vom 11. September 2013 lägen neue Befunde vor (aktivierte Osteochondrose L2/3 und L3/4, stationäre Neurokompression L4 foraminal rechts bei hypertropher Spondylarthrose, stationäre Verlagerung L5 rezessal rechts auf Höhe L4/5), womit das SMAB-Gutachten überholt sei. Indem die Vorinstanz auf weitere Abklärungen verzichtete, habe sie den medizinischen Sachverhalt unvollständig festgestellt bzw. den Untersuchungsgrundsatz verletzt.  
Dieser Einwand ist unbehelflich. Zu Recht hat die Vorinstanz dem Umstand Rechnung getragen, dass bildgebend nachgewiesene (pathologische) Befunde in der Regel für sich allein nicht den Schluss auf eine Arbeitsunfähigkeit zulassen resp. gerade keine Korrelation zwischen ärztlich gestellter Diagnose (auch bei somatisch dominierten Leiden) und Arbeitsunfähigkeit besteht (BGE 140 V 193 E. 3.1 S. 195 mit Hinweis auf KLIPSTEIN/MICHEL/LÄUBLI ET AL., Do MRI findings correlate with mobility tests?, Eur Spine 2007 S. 803-811). Mithin vermag der - im Vergleich zur MRT-Voruntersuchung vom 26. September 2011 - neue bildgebende Befund in Form der aktivierten Osteochondrose L2/3 und L3/4, ohne dass neue klinische Befunde eine relevante Verschlechterung gegenüber der gutachtlichen Situation zeigen, für sich allein keine Zweifel am SMAB-Gutachten zu wecken. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 124 V 90 E. 4b S. 94; 122 V 157 E. 1d S. 162) auf weitere Abklärungen verzichten, ohne den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) zu verletzen. 
 
4.3. Des Weiteren ist der Beschwerdeführer der Ansicht, auf das psychiatrische Teilgutachten könne nicht abgestellt werden, weil die gutachtlich erhobene Anamnese (betr. Freundeskreis, Aktivitäten) im Widerspruch zu derjenigen im orthopädischen Teilgutachten sowie den übrigen Akten stehe.  
Dem kann nicht gefolgt werden. Zwar besteht im Vergleich der genannten Teilgutachten ein scheinbarer Widerspruch hinsichtlich des Tagesablaufs bzw. der sozialen Aktivitäten. Es liegt jedoch in der Natur der Sache und ist mit Blick auf die zwei Teilgutachten auch ohne Weiteres ersichtlich, dass die Anamneseerhebung im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung weit ausführlicher und systematischer (vgl. dazu Ziff. 3 der "Qualitätsleitlinien für psychiatrische Gutachten in der Eidgenössischen Invalidenversicherung" der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie [SGPP] vom Februar 2012: spontane Angaben im offenen Interview, vertiefendes Interview namentlich zur sozialen Anamnese und zum Tagesablauf) als bei der somatischen Untersuchung erfolgt ist, bei welcher der Schwerpunkt beim klinischen Befund lag. Somit sind die gegenüber dem Orthopäden gemachten, wenig differenzierten Äusserungen nicht geeignet, die vom Psychiater erhobenen detaillierten Informationen zum Sozialen bzw. zum Tagesablauf in Zweifel zu ziehen. Dasselbe gilt für den vom Beschwerdeführer angerufenen Bericht des Medizinischen Zentrums E.________ vom 1. November 2012, ist die dort wiedergegebene Anamnese im Vergleich zu jener im psychiatrischen Gutachten offensichtlich unvollständig bzw. lückenhaft ausgefallen (u.a. fehlen Angaben zur ersten Ehefrau, den drei Kindern aus erster Ehe oder zur Situation als Kurde im Militärdienst). Doch selbst wenn sich seit der Begutachtung eine soziale Isolation eingestellt hätte, könnte daraus - entgegen der Beschwerde - noch kein die Arbeitsfähigkeit einschränkendes psychisches Leiden abgeleitet werden. 
 
4.4. Ferner bringt der Beschwerdeführer gegen die Expertise der SMAB vor, das Arbeitstraining bei der C.________ habe gezeigt, dass die Arbeitsfähigkeit bei bloss 25 % liege, welche Einschätzung von der Vorinstanz zu Unrecht als unmassgeblich eingestuft worden sei. Indes hat das kantonale Gericht zu Recht erkannt, die Erkenntnisse aus dem Arbeitstraining änderten an der gutachtlichen Zumutbarkeitsbeurteilung nichts: Nach der Rechtsprechung ist die Frage nach den noch zumutbaren Tätigkeiten und Arbeitsleistungen nach Massgabe der objektiv feststellbaren Gesundheitsschädigung in erster Linie durch die Ärzte und nicht durch die Eingliederungsfachleute auf der Grundlage der von ihnen erhobenen, subjektiven Arbeitsleistung zu beantworten (Urteile 9C_396/2014 vom 15. April 2015 E. 5.4 und 9C_401/2014 vom 26. November 2014 E. 4.2.2; je mit Hinweis). Dies hat umso mehr zu gelten, wenn - wie in concreto - die Experten selbstlimitierendes Verhalten feststellten.  
 
4.5. Wie bereits vor kantonalem Gericht moniert der Beschwerdeführer, die SMAB-Expertise kläre die Frage nach dem Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht und sei überdies unter der irrigen Prämisse erstellt worden, der Beschwerdeführer sei in der Lage, eine 50 %ige Erwerbstätigkeit auszuüben, weshalb ihr keine Beweiskraft zukomme. Seine Darlegung der eigenen (abweichenden) Sicht der Dinge vermag jedoch an den überzeugenden Erwägungen des angefochtenen Entscheids nichts zu ändern.  
 
4.6. Schliesslich vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die "Überwindbarkeit der aufgrund der Diagnose einer Schmerzverarbeitungsstörung mit Selbstlimitierung (ICD-10 F54.0) bestehenden Einschränkungen" müssten gemäss BGE 141 V 281 beurteilt werden, wozu ergänzende Abklärungen notwendig seien.  
Dieser Einwand zielt ins Leere. Zum einen fallen die psychischen Störungen im Sinne von ICD-10 F54.0 nicht unter die Schmerzrechtsprechung (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13 f.). Zum anderen hat der psychiatrische Experte das fragliche Beschwerdebild unter die Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eingereiht. Damit und mit Blick auf die Ausführungen des Gutachters ist evident, dass es an der Schwere, die auf eine invalidisierende Gesundheitsbeeinträchtigung schliessen liesse, fehlt. Anlass für eine Neubegutachtung besteht somit auch unter diesem Blickwinkel nicht. 
 
4.7. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz dem SMAB-Gutachten, wonach eine volle Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit gegeben ist, zu Recht vollen Beweiswert zuerkannt. Die Invaliditätsbemessung - namentlich die hypothetischen Vergleichseinkommen - ist nicht bestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Mai 2016 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Glanzmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Furrer