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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_621/2022  
 
 
Verfügung vom 5. September 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Maître Jean-Nicolas Roud, 
 
gegen 
 
Staatssekretariat für Migration, 
Quellenweg 6, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Einreiseverbot; aufschiebende Wirkung, 
 
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, vom 21. Juni 2022 (F-5023/2021). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 13. Oktober 2021 verfügte das Staatssekretariat für Migration SEM gegen A.________ (geb. 1995), französischer Staatsangehöriger, ein zweijähriges Einreiseverbot (gültig vom 13. Oktober 2021 bis zum 12. Oktober 2023) und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.  
Dagegen erhob A.________ am 24. November 2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. 
 
1.2. Mit Zwischenverfügung vom 21. Juni 2022 wies das Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, ein Gesuch von A.________ um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab.  
 
1.3. Mit einer in französischer Sprache verfassten Eingabe vom 22. Juli 2022 (Postaufgabe) erhob A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2022. Er beantragte, die angefochtene Zwischenverfügung sei aufzuheben und es sei die aufschiebende Wirkung im Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht wiederherzustellen. Ferner sei eine Rechtsverweigerung festzustellen und die Verfügung betreffend das Einreiseverbot aufzuheben; eventualiter sei der Vorinstanz eine 30-tägige Frist einzuräumen, um einen Entscheid in der Sache zu fällen. Prozessual ersuchte er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung im bundesgerichtlichen Verfahren sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.  
Das SEM sowie das Bundesverwaltungsgericht verzichteten auf Stellungnahme zur geltend gemachten Rechtsverweigerung. Das SEM schloss zudem auf Abweisung des Antrags auf Aufhebung des Einreiseverbots. 
Mit Verfügung vom 27. Juli 2022 wies die Präsidentin der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen ab. 
 
1.4. Mit Eingabe vom 30. August 2022 informierte das Bundesverwaltungsgericht das Bundesgericht, dass in der Sache entschieden worden sei (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts F-5023/2021 vom 25. August 2022). Gemäss dem beigelegten Urteil wurde die Beschwerde gegen das Einreiseverbot gutgeheissen und die Verfügung des SEM vom 13. Oktober 2021 aufgehoben.  
Mit Eingabe vom 31. August 2022 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, das Verfahren als gegenstandslos geworden abzuschreiben. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer hat seine Eingabe in französischer Sprache verfasst, wozu er befugt ist (Art. 42 Abs. 1 BGG). Das bundesgerichtliche Verfahren wird allerdings in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids geführt (Art. 54 Abs. 1 BGG), d.h. im vorliegenden Fall auf Deutsch. Davon abzuweichen besteht vorliegend kein Anlass, da der Beschwerdeführer nicht behauptet, dass er bzw. sein Rechtsvertreter die deutsche Sprache nicht beherrscht. 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) über vorsorgliche Massnahmen (Art. 93 Abs. 1 BGG). Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (vgl. BGE 143 II 425 E. 1.3; 138 II 501 E. 1.1; 134 V 138 E. 3) folgt der Rechtsweg bei Zwischenentscheiden demjenigen der Hauptsache (vgl. BGE 137 III 380 E. 1.1; Urteile 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 1.2; 2C_1062/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1).  
Materiellrechtlicher Streitgegenstand in der Hauptsache ist das gegen den Beschwerdeführer verfügte Einreiseverbot. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 1 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend die Einreise, was grundsätzlich auch für Entscheide betreffend ein Einreiseverbot gilt (Urteile 2C_1020/2019 vom 31. März 2020 E. 1.2; 2C_859/2018 vom 24. September 2018 E. 2.2; 2C_236/2011 vom 2. September 2011 E. 1.4). Als französischer Staatsangehöriger fällt der Beschwerdeführer jedoch unter das FZA (SR 0.142.112.681), so dass trotz Art. 83 lit. c Ziff. 1 BGG die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht zulässig ist (vgl. BGE 139 II 121, nicht publ. E. 1.1; 131 II 352 E. 1; Urteile 2C_1020/2019 vom 31. März 2020 E. 1.3; 2C_365/2018 vom 1. April 2019 E. 1). 
Da nach dem Gesagten der Entscheid, dessen Verzögerung bzw. Verweigerung gerügt wird, ein beim Bundesgericht unmittelbar anfechtbarer Entscheid darstellt, ist die Beschwerde auch als Rechtsverweigerungsbeschwerde zulässig (vgl. Urteil 2C_269/2022 vom 6. April 2022 E. 2.2 und 2.3; Verfügung 2C_1028/2020 vom 4. März 2021 E. 1.1). 
 
3.2. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich nur legitimiert, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).  
Das Interesse an der Beschwerdeführung muss im Zeitpunkt der Beurteilung der Angelegenheit durch das Bundesgericht aktuell sein (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1; Urteil 2C_932/2021 vom 12. Mai 2022 E. 1.2). Fehlte das aktuelle Interesse bereits im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde, ist auf die Eingabe nicht einzutreten. Fällt es im Verlaufe des bundesgerichtlichen Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP [SR 273]; BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 137 I 23 E. 1.3.1; jeweils mit Hinweisen). 
 
3.3. Mit der Gutheissung seiner Beschwerde gegen das Einreiseverbot durch das Bundesverwaltungsgericht ist das Interesse des Beschwerdeführers an der Behandlung der vorliegenden Beschwerde im Verlaufe des bundesgerichtlichen Verfahrens dahingefallen. Es sind keine Umstände ersichtlich, die es rechtfertigen würden, ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen (vgl. dazu BGE 148 I 89, nicht publ. E. 1.3; 146 II 335 E. 1.3). Das Verfahren kann deshalb durch die instruierenden Präsidentin als gegenstandslos abgeschrieben werden (Art. 32 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
4.  
 
4.1. Über die Kosten- und Entschädigungsfrage ist gestützt auf eine summarische Prüfung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP) zu entscheiden. Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen, soweit sich dieser ohne Weiteres feststellen lässt. Andernfalls ist auf allgemein zivilprozessrechtliche Kriterien zurückzugreifen. Danach wird jene Partei kosten- und entschädigungspflichtig, welche das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat oder in welcher die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass der Prozess gegenstandslos geworden ist (BGE 118 Ia 488 E. 4a; Urteil 2C_622/2016 vom 31. März 2017 E. 3.1; Verfügung 2C_778/2021 vom 17. Dezember 2021 E. 3.1).  
 
4.2. Vorliegend richtete sich die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts, mit welchem ein Gesuch des Beschwerdeführers um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in einem Verfahren betreffend ein zweijähriges Einreiseverbot abgewiesen worden war. In der gleichen Eingabe hatte der Beschwerdeführer Rechtsverzögerung- bzw. Rechtsverweigerungsbeschwerde erhoben. Damit hatte er namentlich die Dauer des Hauptverfahrens betreffend das Einreiseverbot beanstandet, die gemäss dem angefochtenen Urteil im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde an das Bundesgericht acht Monate betragen hatte.  
Während Rechtshängigkeit des bundesgerichtlichen Verfahrens hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde betreffend das Einreiseverbot sodann gut, was die Gegenstandslosigkeit des vorliegenden Verfahrens bewirkte. 
Angesichts der konkreten Umstände ist gestützt auf eine summarische Prüfung davon auszugehen, dass die vorliegende Beschwerde voraussichtlich gutgeheissen worden wäre. 
 
4.3. Dementsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Das SEM hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG) auszurichten, welche dem Rechtsvertreter auszuzahlen ist (vgl. Urteil 2C_1062/2019 vom 5. Mai 2020 E. 7.2). Damit wird sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos.  
Die vom Rechtsvertreter eingereichte Honorarnote erscheint mit Blick auf den nach der Aktenlage gebotenen Aufwand überhöht und ist entsprechend angemessen zu kürzen (vgl. Art. 6 des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor Bundesgericht [SR 173.110.210.3]). 
 
 
Demnach verfügt die Präsidentin:  
 
1.  
Das Verfahren wird infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Das Staatssekretariat für Migration SEM hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Jean-Nicolas Roud, eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
 
4.  
Diese Verfügung wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. September 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov