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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_202/2013 
 
Urteil vom 28. Mai 2013 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
M.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
beco Berner Wirtschaft, 
Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, 
Lagerhausweg 10, 3018 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung 
(Arbeitsmarktliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 11. Februar 2013. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1961 geborene M.________ war zuletzt vom 1. April 2007 bis 31. Dezember 2011 bei der eidgenössischen Behörde X.________ in leitender Funktion angestellt. Ab 1. Januar 2012 bezog er Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Sein Gesuch vom 25. Juni 2012 um Übernahme der Kosten von Fr. 3'065.- für die Absolvierung des Kurses "Lernveranstaltungen mit Erwachsenen durchführen" (mit SVEB-Zertifikat; nachfolgend SVEB-Kurs) hiess das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) mit Verfügung vom 27. Juni 2012 gut. Den nachfolgenden Antrag des M.________ vom 8. Juli 2012, stattdessen die Kosten von Fr. 6'000.- für den Kurs "CAS Hochschuldidaktik und E-Learning" (nachfolgend: CAS-Lehrgang) zu übernehmen, lehnte das RAV mit der Begründung ab, die Vermittelbarkeit sei weder unmöglich noch stark erschwert (Verfügung vom 12. Juli 2012). Dies bestätigte das beco Berner Wirtschaft mit Einspracheentscheid vom 30. August 2012. 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 11. Februar 2013). 
 
C. 
M.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und stellt das Rechtsbegehren, anstelle der Kosten für den SVEB-Kurs seien die Kosten für den CAS-Lehrgang vollständig (von der Arbeitslosenversicherung) zu übernehmen; ausserdem schlägt er vor, sein "Anliegen in Luzern auch noch mündlich" darzulegen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Das Verfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 58 Abs. 2 und Art. 102 BGG grundsätzlich schriftlich; eine Verhandlung findet nicht statt. Die Durchführung einer mündlichen Parteiverhandlung gemäss Art. 57 BGG ist dem Ermessen des Abteilungspräsidenten oder der Abteilungspräsidentin anheim gestellt. Ein Anspruch darauf kann sich ausnahmsweise aus Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergeben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Bundesgericht als einzige Instanz entscheidet und Rechte im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK betroffen sind (Urteil 9C_357/2011 vom 23. November 2011 E. 1.1). Der Beschwerdeführer hat seinen Standpunkt in seiner Rechtsschrift ausführlich dargetan. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich ausnahmsweise eine öffentliche Parteiverhandlung im Sinne von Art. 57 BGG aufdrängen würde. 
 
1.2 Selbst wenn die Voraussetzungen des Art. 6 Ziff. 1 EMRK erfüllt sind, haben primär die erstinstanzlichen Gerichte die durch diese Bestimmung garantierte Öffentlichkeit der Verhandlung zu gewährleisten (vgl. Art. 61 lit. a ATSG). Voraussetzung ist ein im erstinstanzlichen Verfahren zu stellender klarer und unmissverständlicher Parteiantrag (BGE 122 V 47 E. 3a S. 55 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 37 E. 2 S. 38). Versäumt eine Partei die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs auf öffentliche Verhandlung, hat dieser grundsätzlich als verwirkt zu gelten (BGE 122 V 47 E. 3b/bb S. 56 mit Hinweisen), weil nur so der geforderte einfache und rasche Verfahrensablauf gewährleistet bleibt (bereits erwähntes Urteil 9C_357/2011 E. 1.2). Der Beschwerdeführer hat im vorinstanzlichen Verfahren keinen Antrag auf parteiöffentliche Verhandlung gestellt. Soweit sein Angebot, er könne sein "Anliegen in Luzern auch noch mündlich darlegen", als Begehren um Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu verstehen ist, ist dieses daher verspätet und abzuweisen. 
Ebenso wenig ist eine öffentliche Beratung durchzuführen. Das Bundesgericht berät seine Entscheide nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen - und nicht auf entsprechenden Parteiantrag hin - mündlich bzw. öffentlich (Art. 58 f. BGG; Urteil 2C_665/2010 vom 24. Mai 2011 E. 7). 
 
2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer konnte am 1. Dezember 2012 eine auf zwei Jahre befristete 80 %-Stelle im Eidgenössischen Departement Y.________ antreten. Mit Blick darauf erachtete es das kantonale Gericht als fraglich, ob hinsichtlich der anbegehrten Übernahme der Kurskosten noch ein unmittelbares und konkretes, mithin schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 59 ATSG gegeben sei. Es liess die Frage jedoch offen, weil es zum Schluss gelangte, die Beschwerde sei ohnehin aus materiellen Gründen abzuweisen. 
 
3.2 Es erübrigt sich bei der vorliegenden Ausgangslage, dass das Bundesgericht erstmals auf die Frage des schutzwürdigen Interesses eingeht, da - wie sich zeigen wird (E. 5.2 hiernach) - die Vorinstanz in materieller Hinsicht die Voraussetzungen zur Übernahme der Kurskosten zu Recht verneint hat. Ob das kantonale Gericht auf die Beschwerde überhaupt eintreten durfte, kann deshalb ausnahmsweise offen bleiben. 
 
4. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Vorschriften zum Anspruch auf arbeitsmarktliche Massnahmen (Art. 59 Abs. 1 und 2 AVIG), insbesondere individuelle oder kollektive Kurse zur Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung (Art. 60 Abs. 1 AVIG), sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (vgl. auch BGE 112 V 397 E. 1b S. 399, 111 V 271 E. 2 S. 274 ff. und 398 E. 2b S. 400 f.; ARV 2005 S. 280 E. 1.2, C 48/05), namentlich zur erforderlichen arbeitsmarktlichen Indikation der Absolvierung eines bestimmten Lehrganges (BGE 111 V 271 E. 2d S. 276) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
5. 
5.1 Ausgehend von der Tatsache, dass der Beschwerdeführer sich über eine universitäre Ausbildung mit Lizentiat der Staatswissenschaften, über absolvierte Lehrgänge in den Bereichen Internationale Beziehungen/Sicherheitspolitik und diverse Führungskurse sowie Seminare zu Finanzmarktthemen ausweisen kann und aufgrund mannigfaltiger beruflicher Erfahrungen im strategischen Management des öffentlichen Sektors ein umfangreiches Fachwissen aufweist, nimmt das kantonale Gericht an, es stehe ihm ein breites Angebot an Stellen zur Auswahl, deren Anforderungsprofil er auch ohne Absolvierung des beantragten Kurses zu erfüllen vermöge. So habe er denn auch per 1. Dezember 2012 wieder eine Stelle im angestammten bzw. einem verwandten Tätigkeitsbereich antreten können, wobei der Umstand der zeitlichen Befristung auf zwei Jahre mangels entsprechender Hinweise nicht mit allenfalls noch fehlenden fachlichen Fähigkeiten oder Qualifikationen des Versicherten zusammenhänge. Auch aus den Nachweisen der persönlichen Arbeitsbemühungen sei ersichtlich, dass durchaus Stellen vorhanden seien, welche seinem Profil entsprechen würden. Deshalb sei eine erschwerte oder gar unmögliche Vermittelbarkeit aus Gründen des Arbeitsmarktes von vornherein zu verneinen. 
 
5.2 Es ist dem Beschwerdeführer zwar beizupflichten, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Massnahmen nach Art. 59 AVIG nicht aus nachträglicher Sicht (zur Zeit des Stellenantritts am 1. Dezember 2012) zu beurteilen sind, sondern dafür - wie im Sozialversicherungsrecht die Regel - prospektiv die aufgrund der im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung (8. Juli 2012) vorgelegenen und bis zum Erlass der Ablehnungsverfügung bzw. des Einspracheentscheides (12. Juli bzw. 30. August 2012) eingetretenen Verhältnisse massgebend sind (BGE 120 V 385 E. 2 S. 387; 112 V 397 E. 1a S. 398). Daraus kann er allerdings für den vorliegenden Fall nichts zu seinen Gunsten ableiten. Soweit die Vorinstanz nämlich annimmt, dem Versicherten stehe mit seiner Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung - auch ohne Absolvierung des CAS-Lehrganges - ein breites Spektrum an möglichen Arbeitsstellen offen, kann ihr keine unrichtige Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 2 BGG) vorgeworfen werden. Damit fehlte schon im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung die Notwendigkeit des Kursbesuchs, um die damalige Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Der Besuch des CAS-Lehrganges konnte nicht als Vorkehr gesehen werden, um sich dem industriellen oder technischen Fortschritt anzupassen. Der Versicherte, welcher über eine ausserordentlich breit gefächerte Ausbildung und grosse berufliche Erfahrung verfügt, wäre auch ohne Absolvierung des Kurses in der Lage gewesen, seine bereits vorhandenen beruflichen Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten. Die Voraussetzungen für die Übernahme der Kurskosten durch die Arbeitslosenversicherung waren demgemäss nicht gegeben, weshalb der angefochtene Gerichtsentscheid im Ergebnis nicht als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheint. 
5.2.1 Daran ändert nichts, dass das RAV mit Verfügung vom 27. Juni 2012 das Gesuch um Teilnahme am SVEB-Kurs gutgeheissen hatte. Ob dieser Verwaltungsakt richtig war, kann im vorliegenden Verfahren nicht überprüft werden, weil er nicht Streitgegenstand bildet. Deshalb kann der Versicherte aus dieser Zusage nicht ableiten, anstelle des SVEB-Kurses hätte ihm nunmehr der CAS-Lehrgang bewilligt werden müssen. 
5.2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er sich seit seiner Jugendzeit für den Lehrerberuf interessiere und sich nach sechs Monaten erfolgloser Stellensuche dazu entschieden habe, inskünftig als Dozent oder Gymnasiallehrer tätig zu werden. Da ihm für diesen Weg die entsprechende Ausbildung fehle, absolviere er den CAS-Lehrgang. Dadurch steigere er seine Chancen auf eine Anstellung beim Kursanbieter, sobald bei diesem eine Vakanz im Wirtschaftsbereich entstehe. Diese Argumentation ist nachvollziehbar. Es ist durchaus möglich, dass sich der Besuch des Lehrganges - wie im Übrigen jede andere berufliche Weiterbildung auch (vgl. ARV 1999 Nr. 12 S. 64 E. 2, C 342/97) - positiv auf die Vermittlungsfähigkeit auswirkt. Dieser ist, wie der Versicherte geltend macht, für die Förderung der Vermittlungsfähigkeit bestimmt geeignet. Von einer Notwendigkeit für das Finden einer neuen Stelle kann jedoch entgegen seiner Ansicht nicht gesprochen werden, da er keineswegs nur auf ganz spezielle Tätigkeitsbereiche ("Nischen") eingeschränkt war (vgl. THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2388 Rz. 688). Deshalb kann auch nicht ausschlaggebend sein, dass ihm die Dozententätigkeit vom RAV, von einem persönlichen Coach der A.________ AG und der B.________ GmbH, im Rahmen eines durch das RAV empfohlenen Implacement-Kurses, nahegelegt worden ist. 
 
6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 28. Mai 2013 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz