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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_393/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 18. September 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Hablützel, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. März 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1966 geborene A.________ erlitt im September 2008 bei einem Unfall eine Rotatorenmanschettenruptur. Im April 2009 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 8. Oktober 2012 eine vom 1. Oktober 2009 bis am 30. November 2011 befristete ganze Invalidenrente zu. Bei einem Invaliditätsgrad von nunmehr 28 % verneinte sie einen weitergehenden Rentenanspruch. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. März 2014 ab. 
 
C.   
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 5. März 2014 sei ihm auch weiterhin, über den 30. November 2011 hinaus, eine Invalidenrente zu gewähren; eventuell sei die Sache zur Neuabklärung mittels gerichtlichem polydisziplinärem Gutachten (aus den Disziplinen der Psychiatrie, Neuropsychologie, Rheumatologie und Orthopädie) und anschliessender Leistungsbeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat festgestellt, der Versicherte habe sich nach dem im September 2008 erfolgten Unfall dreimal einer Operation unterzogen und sei in diesem Rahmen weitgehend arbeitsunfähig gewesen. Nach der letzten Operation habe sich sein Zustand indessen insoweit gebessert, als seit Juli 2011 für angepasste Tätigkeiten wieder eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit bestehe. Für den Einkommensvergleich hat sie das Valideneinkommen auf Fr. 81'366.- und das Invalideneinkommen auf Fr. 55'719.30 festgesetzt. Beim resultierenden Invaliditätsgrad von 32 % hat sie den Anspruch auf eine Invalidenrente verneint resp. deren Aufhebung auf den 30. November 2011 bestätigt. 
 
3.   
 
3.1.  
 
3.1.1. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 1). Die konkrete Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 4 mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1 BGG).  
 
3.1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153; Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338; MARKUS SCHOTT, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 9 f. zu Art. 97 BGG). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (Urteil 9C_570/2007 vom 5. März 2008 E. 4.2). Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteile 9C_851/2012 vom 5. März 2013 E. 2.3.2; 8C_5/2010 vom 24. März 2010 E. 1.2).  
 
3.1.3. Sowohl das Verwaltungsverfahren wie auch der kantonale Sozialversicherungsprozess sind vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG [SR 830.1]). Danach haben Verwaltung und Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht. Der Untersuchungsgrundsatz weist enge Bezüge zum - auf Verwaltungs- und Gerichtsstufe geltenden - Grundsatz der freien Beweiswürdigung auf. Führen die im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes von Amtes wegen vorzunehmenden Abklärungen den Versicherungsträger oder das Gericht bei umfassender, sorgfältiger, objektiver und inhaltsbezogener Beweiswürdigung (BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400) zur Überzeugung, ein bestimmter Sachverhalt sei als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten und es könnten weitere Beweismassnahmen an diesem feststehenden Ergebnis nichts mehr ändern, so liegt im Verzicht auf die Abnahme weiterer Beweise keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (antizipierende Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94). Bleiben jedoch erhebliche Zweifel an Vollständigkeit und/oder Richtigkeit der bisher getroffenen Tatsachenfeststellung bestehen, ist weiter zu ermitteln, soweit von zusätzlichen Abklärungsmassnahmen noch neue wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind (Urteil 8C_47/2012 vom 12. November 2012 E. 4 mit weiteren Hinweisen).  
 
3.2. Die vorinstanzliche Feststellung der Arbeitsfähigkeit ab Juli 2011 beruht auf dem Bericht des SUVA-Kreisarztes Dr. med. B.________ vom 25. Juli 2011, den das kantonale Gericht für nachvollziehbar begründet gehalten hat. Der Kreisarzt habe u.a. explizit festgehalten, die unfallfremden Rückenbeschwerden führten nicht zu wesentlichen zusätzlichen Beeinträchtigungen. Seine Einschätzung stimme mit jener der behandelnden Ärzte von der Klinik C.________ überein, die nach einer Untersuchung der Wirbelsäule eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit für leichte Tätigkeiten attestierten (Bericht vom 4. Mai 2011). Im Bericht der Rheumaklinik des Spitals D.________ vom 22. März 2012, der eine um 25 % eingeschränkte Arbeitsfähigkeit ausweist, seien keine neuen relevanten Befunde ersichtlich. Indessen sei darin festgehalten worden, bei optimaler Kooperations- und Leistungsbereitschaft sei längerfristig eine volle Arbeitsfähigkeit erreichbar; zudem beziehe sich die attestierte Einschränkung auf leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, während der Kreisarzt lediglich körperlich leichte Arbeiten für vollumfänglich zumutbar erachtet habe. Dr. med. E.________, Facharzt für Neurologie, habe im Bericht vom 14. August 2012 in Bezug auf die Unfallfolgen eine Einschränkung von 50 % attestiert, indessen fehle eine Begründung für diese von der bisherigen Aktenlage abweichende Auffassung.  
 
Was psychische Beeinträchtigungen anbelangt, so sei in den Berichten der Rheumaklinik des Spitals D.________ vom 22. März und 25. Juli 2012 eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10: F32.11) und im Bericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Spitals D.________ vom 17. September 2012 eine leichte depressive Episode (ICD-10: F32.0) diagnostiziert worden. Bei einer depressiven Episode handle es sich definitionsgemäss um ein vorübergehendes Leiden, das nicht geeignet sei, eine leistungsspezifische Invalidität zu begründen. Mit Blick auf die fehlende Behandlung und die aktive Freizeitgestaltung des Beschwerdeführers sei eine invalidenversicherungsrechtlich relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit nicht überwiegend wahrscheinlich und bestehe auch keine Veranlassung zu weiteren Abklärungen. 
 
3.3. Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die daraus gezogenen Schlüsse offensichtlich unrichtig (vgl. E. 3.1.2) sein sollen, wird nicht qualifiziert (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Im Gegenteil hat das kantonale Gericht einleuchtend begründet, weshalb es auf die Einschätzung des Kreisarztes und nicht auf jene anderer Ärzte abgestellt hat. Soweit sich der Beschwerdeführer auf den Untersuchungsgrundsatz und einen "Anspruch auf ein Gutachten gem. Art. 44 ATSG" beruft, kann er nichts für sich ableiten: Einerseits besteht auch im Rahmen der Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen nicht von vornherein ein Anspruch auf Anordnung einer Expertise. Anderseits ist nicht ersichtlich, weshalb der vorinstanzliche Verzicht auf weitere Abklärungen nicht in pflichtgemässer antizipierender Beweiswürdigung (E. 3.1.3) erfolgt sein soll. Ohnehin beschränkt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf, lediglich die medizinischen Unterlagen abweichend von der Vorinstanz zu würdigen und daraus andere Schlüsse zu ziehen, was nicht ausreicht (Urteile 9C_688/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.3 und 4A_28/2007 vom 30. Mai 2007 E. 1.3 [in BGE 133 III 421 nicht publiziert]).  
 
3.4. Nach dem Gesagten bleiben die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die darauf beruhenden Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit für das Bundesgericht verbindlich (E. 1). Damit ist auch ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG ausgewiesen, weshalb die Befristung der rückwirkend zugesprochenen Rente zulässig ist (vgl. BGE 133 V 263 E. 6.1 S. 263 f.).  
 
4.  
 
4.1.  
 
4.1.1. Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Art. 16 ATSG). Wird - wie im konkreten Fall - das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert (Tabellenlohn) um maximal 25 % zu kürzen, wenn persönliche und berufliche Merkmale wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität resp. Aufenthaltskategorie oder Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben und die versicherte Person deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301; 126 V 75 E. 5b/aa-cc S. 80).  
 
4.1.2. Die Frage, ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vorzunehmen sei, ist eine Rechtsfrage, während jene nach der Höhe des Abzuges eine typische Ermessensfrage darstellt, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vorliegt (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S. 399; Urteil 9C_973/2008 vom 19. Januar 2009 E. 3).  
 
4.2. Die Vorinstanz hat für die Ermittlung des Invalideneinkommens einen Tabellenlohn herangezogen (LSE 2010, Tabelle TA1, Total Männer, Anforderungsniveau 4) und u.a. einen leidensbedingten Abzug von 10 % vorgenommen. Für dessen Festsetzung hat sie - nebst den gesundheitlichen Einschränkungen - das Alter, den Beschäftigungsgrad resp. das zumutbare Arbeitspensum, die Aufenthaltskategorie, die Sprachkenntnisse und die Dauer der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt.  
 
4.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, ein Abzug von weiteren 10 % sei angebracht, da er während rund 17 Jahren beim gleichen Arbeitgeber tätig gewesen sei. Weshalb dieser Umstand eine deutlich unterdurchschnittliche Entlöhnung nach sich ziehen soll, ist indessen nicht nachvollziehbar (vgl. Urteil 9C_386/2012 vom 18. September 2012 E. 5.2) und wird auch nicht dargelegt. Eine rechtsfehlerhafte Ermessensausübung durch die Vorinstanz ist somit nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet. Die übrigen Faktoren der Invaliditätsbemessung werden nicht beanstandet; es besteht kein Anlass für eine nähere Prüfung von Amtes wegen (BGE 125 V 413 E. 1b und 2c S. 415 ff.; 110 V 48 E. 4a S. 53).  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. September 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann