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[AZA] 
C 182/99 Gi 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl 
 
Urteil vom 8. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
T.________, 1954, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts- 
anwalt H.________, 
 
gegen 
 
Kantonale Arbeitslosenkasse Schwyz, Bahnhofstrasse 15, 
Schwyz, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz 
 
    A.- Der 1954 geborene T.________ war per 1. Juni 1996 
als Geschäftsführer bei der Firma A.________ AG mit Sitz in 
L.________ angestellt worden. Am 25. Juni 1998 wurde nebst 
ihm die übrige Belegschaft des Unternehmens, bestehend aus 
einem weiteren Mitarbeiter sowie dem einzigen Verwaltungs- 
ratsmitglied W.________, wegen Verdachts auf Begehung von 
Vermögensdelikten in Untersuchungshaft genommen. Der am 
27. Oktober 1998 über die Gesellschaft eröffnete Konkurs 
wurde am 19. November 1998 mangels Aktiven eingestellt. 
    Nachdem T.________ am 2. Oktober 1998 aus der Untersu- 
chungshaft entlassen worden war, hatte er sich am 7. Okto- 
ber 1998 bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet und um 
Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung ab 2. Oktober 
1998 ersucht. Die Kantonale Arbeitslosenkasse Schwyz bejah- 
te in der Folge das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen 
ab 6. Oktober 1998, stellte den Versicherten mit Verfügung 
vom 13. Januar 1999 indes wegen selbstverschuldeter Ar- 
beitslosigkeit für die Dauer von 52 Tagen ab 1. Juli 1998 
in der Anspruchsberechtigung ein. 
 
    B.- Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Ver- 
waltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 
21. April 1999 ab. 
 
    C.- T.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
führen und beantragen, der angefochtene Entscheid sowie die 
Verwaltungsverfügung seien aufzuheben; eventualiter sei er 
lediglich für zehn Tage in der Anspruchsberechtigung einzu- 
stellen. Subeventualiter sei die Arbeitslosenkasse anzuwei- 
sen, nach vorgenommener Ergänzung des Sachverhaltes neu zu 
verfügen. 
    Während das kantonale Gericht auf Abweisung der Ver- 
waltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet die Ar- 
beitslosenkasse auf eine Stellungnahme und lässt sich das 
Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen 
über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen 
selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit infolge Verletzung ar- 
beitsvertraglicher Pflichten (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in 
Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV) sowie über die 
Bemessung der Einstellungsdauer nach dem Grad des Verschul- 
dens (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 
AVIV) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig sind die Aus- 
führungen zum im Sozialversicherungsrecht im Allgemeinen 
erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlich- 
keit (BGE 115 V 142 Erw. 8; vgl. auch BGE 125 V 195 
Erw. 2). Darauf kann verwiesen werden. Beizufügen ist, dass 
der Versicherte gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. b AVIG in der 
Anspruchsberechtigung auch einzustellen ist, wenn er zu 
Lasten der Arbeitslosenversicherung auf Lohn- oder Entschä- 
digungsansprüche gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber ver- 
zichtet hat. 
 
    2.- Streitig ist, ob die Arbeitslosenkasse den Be- 
schwerdeführer zu Recht für 52 Tage in der Anspruchsberech- 
tigung eingestellt hat. 
    Im angefochtenen Entscheid und in der Verfügung der 
Arbeitslosenkasse vom 13. Januar 1999 wird die Auffassung 
vertreten, das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers sei 
auf Grund seiner Inhaftierung am 25. Juni 1998 seitens der 
ehemaligen Arbeitgeberfirma fristlos aufgelöst und der Lohn 
nurmehr bis 30. Juni 1998 ausbezahlt worden. Da sich der 
Beschwerdeführer hiegegen nicht durch die Geltendmachung 
von Entschädigungsansprüchen wegen ungerechtfertigter Ent- 
lassung zur Wehr gesetzt und insbesondere keine Entlas- 
tungsgründe vorgebracht habe, sei von einem Akzept der 
fristlosen Kündigung und damit von einem Verschuldensein- 
geständnis auszugehen. Die nachfolgende Arbeitslosigkeit 
sei deshalb im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Ver- 
bindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV selbstverschuldet. 
Unter Berufung auf Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG hat die Ar- 
beitslosenkasse im kantonalen Beschwerdeverfahren vernehm- 
lassungsweise die Einstellung in der Anspruchsberechtigung 
zudem mit dem Argument begründet, da der Beschwerdeführer, 
nachdem er in Untersuchungshaft genommen worden sei, keine 
Lohnforderungen mehr gestellt habe, sei von einer vorzeiti- 
gen Auflösung des Arbeitsverhältnisses in gegenseitigem 
Einvernehmen auszugehen. Damit habe der Beschwerdeführer 
indes auf die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zu- 
mindest bis zum Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist 
verzichtet. Ferner machen Vorinstanz und Verwaltung, letz- 
tere unter Berufung auf Art. 30 Abs. 1 lit. b AVIG, gel- 
tend, falls das Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt der 
Inhaftierung hinaus Bestand gehabt habe, müsse von einem 
Verzicht des Beschwerdeführers auf ihm zustehende Lohn- 
oder Entschädigungsansprüche gegenüber der A.________ AG 
ausgegangen werden. 
 
    3.- Am 25. Juni 1998 wurden nicht nur der Beschwerde- 
führer, sondern auch die übrigen Mitarbeiter der A.________ 
AG verhaftet. Als einziges Verwaltungsratsmitglied wäre 
lediglich W.________ befugt gewesen, die Kündigung gegen- 
über dem Beschwerdeführer in dessen Funktion als Geschäfts- 
führer auszusprechen oder das Arbeitsverhältnis im Einver- 
nehmen mit diesem aufzulösen. Auf Grund der Akten bestehen 
indes keine Anhaltspunkte, dass W.________ während seiner 
eigenen Untersuchungshaft bis Mitte Juli 1998 oder in der 
Zeit bis zu seinem Tod Ende Juli 1998 das Arbeitsverhältnis 
in irgendeiner Form aufgelöst hätte. Der einzige Kontakt 
zwischen W.________ und dem Beschwerdeführer während dieser 
Zeit bestand nach den Ausführungen in der Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde in einem Telefongespräch zwischen Erstge- 
nanntem und dem Verteidiger des Beschwerdeführers, welches 
sich indes angesichts der Lage, in welcher sich die Betei- 
ligten befanden, kaum mit der Auflösung des Arbeitsverhält- 
nisses befasst haben dürfte. In Anbetracht der gesamten Um- 
stände erscheint eine derartige Handlung denn auch als sehr 
unwahrscheinlich. Vielmehr muss mit dem Beschwerdeführer 
davon ausgegangen werden, dass das Arbeitsverhältnis bis 
zur Haftentlassung anfangs Oktober 1998 weiterhin aufrecht 
erhalten blieb, wenn auch ohne Leistungserbringung seitens 
beider Vertragsparteien. Diese Schlussfolgerung wird auch 
durch den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 7. Okto- 
ber 1998 sowie die Arbeitgeberbescheinigung vom 12. Oktober 
1998 erhärtet, worin die Fragen nach der Auflösung des Ar- 
beitsverhältnisses ("Wer hat gekündigt?", "Wann?", "Auf 
welchen Zeitpunkt?", "In welcher Form [mündlich oder 
schriftlich]?") offen gelassen wurden. An diesem Ergebnis 
vermag der im angefochtenen Entscheid betonte Umstand, dass 
der Beschwerdeführer gleichenorts auf die Fragen nach der 
Dauer des Arbeitsverhältnisses den 25. Juni 1998 genannt 
hat, nichts zu ändern. Diese Aussage bezieht sich offen- 
sichtlich auf den letzten, tatsächlich gearbeiteten Tag und 
ist nicht als Hinweis auf die rechtliche Beendigung der ar- 
beitsvertraglichen Beziehung zu verstehen. Der Einwand so- 
dann, falls das Arbeitsverhältnis auch während der Untersu- 
chungshaft weitergeführt worden wäre, hätte der Beschwerde- 
führer im gegen ihn erhobenen Pfändungsverfahren Lohnan- 
sprüche gegenüber der A.________ AG deklariert, geht mit 
Blick auf die in dieser Zeit bereits prekäre finanzielle 
Situation der Gesellschaft und der Aussichtslosigkeit der 
Geltendmachung von derartigen Forderungen fehl. 
    Auf Grund des Gesagten kann dem Beschwerdeführer weder 
ein Verschulden nach Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbin- 
dung mit Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV noch nach Art. 30 
Abs. 1 lit. b AVIG vorgeworfen werden. 
 
    4.- a) Zu prüfen ist indes im Weiteren, ob die Ar- 
beitslosigkeit allenfalls im Sinne von Art. 30 Abs. 1 
lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV 
als selbstverschuldet zu gelten hat. Nach letztgenannter 
Norm trifft dies zu, wenn der Versicherte das Arbeitsver- 
hältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihm eine an- 
dere Stelle zugesichert war, es sei denn, dass ihm das Ver- 
bleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte. 
Es stellt sich namentlich die Frage, ob dem Beschwerdefüh- 
rer nach seiner Haftentlassung anfangs Oktober 1998 das 
Verbleiben an seinem bisherigen Arbeitsplatz zugemutet wer- 
den konnte. 
 
    b) Gemäss Art. 337a OR kann der Arbeitnehmer das Ar- 
beitsverhältnis fristlos auflösen, wenn der Arbeitgeber 
zahlungsunfähig wird und dem Arbeitnehmer für seine (künf- 
tigen) Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht innert 
angemessener Frist Sicherheit geleistet wird. Zahlungsun- 
fähigkeit des Arbeitgebers liegt vor, wenn dieser "offenbar 
nicht mehr im Stande ist, seinen finanziellen Verpflichtun- 
gen nachzukommen" (Rehbinder, Berner Kommentar, N 1 und 2 
zu Art. 337a OR). 
    Nachdem der Beschwerdeführer aus der Untersuchungshaft 
entlassen worden war, musste er feststellen, dass der Ge- 
schäftsbetrieb der A.________ AG seit längerem eingestellt 
war. Angesichts dieser Verhältnisse kam für den Beschwerde- 
führer eine Fortführung seiner Arbeitstätigkeit verständ- 
licherweise nicht weiter in Frage, zumal das vormals ein- 
zige Verwaltungsratsmitglied verstorben war und damit keine 
Ansprechperson mehr existierte. Zudem befand sich die 
A.________ AG bereits seit einiger Zeit in einer desolaten 
Finanzlage, welche keine Lohnzahlungen mehr erlaubte und 
schliesslich zum Konkurs sowie am 19. November 1998 zu des- 
sen Einstellung mangels Aktiven führte. Die Aussage des Be- 
schwerdeführers, er habe das Arbeitsverhältnis anfangs 
Oktober fristlos aufgelöst, erscheint in Anbetracht dieser 
Situation als glaubhaft. Es kann ihm alsdann nicht vorge- 
worfen werden, er habe es pflichtwidrig unterlassen, nach 
Massgabe des Art. 337a OR vorgängig Sicherheitsleistungen 
für seine künftigen Lohnforderungen zu verlangen, war eine 
derartige Massnahme doch zum einen im Hinblick auf die 
wirtschaftliche Situation offenkundig aussichtslos und zum 
anderen bereits auf Grund des Fehlens eines Ansprechpart- 
ners unmöglich. Im Übrigen berechtigen Zahlungsrückstände 
des Arbeitgebers den Arbeitnehmer auch zu einer ausseror- 
dentlichen Kündigung nach Art. 337 OR, und zwar ohne vor- 
gängiges Begehren nach Sicherheiten (Rehbinder, a.a.O., N 6 
zu Art. 337a OR sowie N 10 und 11 zu Art. 337 OR). 
 
    c) Angesichts der konkreten Umstände war es dem Be- 
schwerdeführer nicht länger zumutbar, an seinem Arbeits- 
platz auszuharren. Da er demnach befugt war, das Arbeits- 
verhältnis ohne Zusicherung einer neuen Stelle aufzulösen, 
kann die in der Folge eingetretene Arbeitslosigkeit nicht 
als selbstverschuldet im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. a 
AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV bezeich- 
net werden. Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung 
ist daher vollumfänglich aufzuheben. 
 
    5.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem 
Ausgang des Verfahrens entsprechend steht dem Beschwer- 
deführer eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 in 
Verbindung mit Art. 135 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wer-  
    den der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons 
    Schwyz vom 21. April 1999 und die Verfügung der Kanto- 
    nalen Arbeitslosenkasse Schwyz vom 13. Januar 1999 
    aufgehoben. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
III. Die Kantonale Ausgleichskasse Schwyz hat dem Beschwer-  
    deführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen 
    Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von 
    Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezah- 
    len. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- 
    richt des Kantons Schwyz und dem Staatssekretariat für 
    Wirtschaft zugestellt. 
 
 
Luzern, 8. Mai 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: