Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.70/2006 /bnm 
 
Urteil vom 16. Juni 2006 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Otto Mauchle, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde 
in Betreibungs- und Konkurssachen, Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Einkommenspfändung; Berechnung des Existenzminimums, 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 25. April 2006. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 In der Betreibung Nr. 1 vollzog das Betreibungsamt A.________ die Pfändung gegenüber dem Schuldner X.________ (Pfändungsprotokoll vom 12. Dezember 2005). Am 5. Januar 2006 wurde sein Existenzminimum (Fr. 1'710.--) festgestellt und der überschiessende Anteil seines variablen Einkommens als Taxifahrer bei der Y.________ AG gepfändet (Pfändungsurkunde vom 18. Januar 2006). Mit rechtzeitiger Beschwerde vom 1. Februar 2006 beantragte X.________ eine Reduktion der Lohnpfändung durch Ergänzung des Existenzminimums. Er machte Zuschläge für BVG-Arbeitnehmerbeiträge (Fr. 45.--) sowie für auswärtige Verpflegung (Fr. 120.--) und Arbeitsplatzfahrten (Fr. 92.50) geltend, Letztere beiden aufgrund der erschwerten Arbeitsbedingungen bei Nachtdienst. 
 
Mit Entscheid vom 25. April 2006 wies das Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, die Beschwerde ab. 
1.2 Mit Eingabe vom 8. Mai 2006 hat X.________ die Sache an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Lohnpfändung sei neu festzusetzen, indem ein Existenzminimum von Fr. 1'965.-- berücksichtigt werde, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. 
 
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenübersendung auf Gegenbemerkungen verzichtet (Art. 80 OG). Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt. 
2. 
2.1 Die Vorinstanz führt aus, für die Ermittlung des pfändbaren Einkommens seien die Umstände zur Zeit der Vornahme der Einkommenspfändung massgebend (BGE 102 III 10 E. 4). Zu diesem Zeitpunkt (12. Dezember 2005) habe der Beschwerdeführer nur Wohnungs- und Krankenversicherungskosten und keine der in der Beschwerde verlangten weiteren Zuschläge geltend gemacht. Insoweit liege daher keine Unangemessenheit der Pfändung vor, was zur Abweisung der Beschwerde führe. Veränderte oder neue Umstände oder Beweismittel könnten aber dennoch eine Anpassung des Existenzminimums rechtfertigen. Das hierfür vorgesehene Verfahren sei jedoch nicht das Beschwerdeverfahren gemäss Art. 17 SchKG, sondern das Revisionsverfahren gemäss Art. 93 Abs. 3 SchKG (BGE 108 III 10 E. 4 S. 12). Ein begründetes Gesuch um Revision der Lohnpfändung könne direkt bei der zuständigen Dienststelle Bern eingereicht werden. 
2.2 Der Betreibungsbeamte hat die tatsächlichen Verhältnisse, die zur Ermittlung des pfändbaren Erwerbseinkommens nötig sind, von Amtes wegen abzuklären. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Schuldner hier von jeder Mitwirkungspflicht befreit ist. Es obliegt ihm im Gegenteil, die Behörde über die wesentlichen Tatsachen zu unterrichten und die ihm zugänglichen Beweise anzugeben; dies hat bereits anlässlich der Pfändung und nicht erst im anschliessenden Beschwerdeverfahren zu geschehen (BGE 119 III 70 E. 1 mit Hinweisen). 
2.2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, mit Bezug auf die vor der Aufsichtsbehörde geltend gemachten Zuschläge hätte es dem Betreibungsamt obgelegen, entsprechende Abklärungen vorzunehmen. Von vornherein nicht eingetreten werden kann auf den Einwand, es sei bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer als Taxichauffeur in der Nacht arbeite; denn im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 79 Abs. 1 SchKG ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 124 III 286 E. 3b) und neue Tatsachen können vor Bundesgericht nicht angeführt werden (Art. 79 Abs. 1 OG). Gestützt darauf ist nicht zu entscheiden, ob betreffend die Zuschläge für auswärtige Verpflegung und Arbeitsplatzfahrten, welche gemäss dem angefochtenen Entscheid aufgrund der erschwerten Arbeitsbedingungen bei Nachtdienst geltend gemacht worden sind, für das Betreibungsamt eine Abklärungspflicht bestanden hat. Im Übrigen legt der Beschwerdeführer überhaupt nicht näher dar, warum die Berücksichtigung dieser Auslagen gerechtfertigt sein soll (Art. 79 Abs. 1 OG; BGE 119 III 49 E. 1). Eine Abklärungspflicht seitens des Amtes betreffend den Zuschlag für den BVG-Arbeitnehmerbeitrag ist indessen zu verneinen, denn die Sozialbeiträge werden in der Regel vom Lohn direkt abgezogen. Dass der Beschwerdeführer diese Prämien seinem Arbeitgeber quartalsweise zu bezahlen hat, ist ungewöhnlich, weshalb er den Betreibungsbeamten darauf hätte aufmerksam machen müssen. 
2.2.2 Als Nächstes rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe verkannt, dass es im zitierten BGE 108 III 10 um einen Fall gegangen sei, bei welchem eine untere und eine obere kantonale Aufsichtsbehörde bestanden hätten und dass dabei zu Recht entschieden worden sei, dass auch vor der oberen Aufsichtsbehörde auf neu vorgebrachte Vorbringen nicht eingetreten werden könne, wenn diese bereits vor der unteren Aufsichtsbehörde hätten vorgebracht werden können. Im Kanton Bern bestehe jedoch nur eine kantonale Aufsichtsbehörde. Die Vorinstanz könne sich daher nicht darauf berufen, dass der Beschwerdeführer seine Vorbringen nicht bereits vor einer unteren Instanz hätte vorbringen können und daher verpflichtet gewesen wäre, die Einwände des Beschwerdeführers von Amtes wegen abzuklären. 
 
Der Vorwurf geht fehl. Wie in E. 2.2 hiervor erwähnt, hat der Schuldner anlässlich der Pfändung und nicht erst im anschliessenden Beschwerdeverfahren Einwendungen bei der Feststellung seines Existenzminimums vorzubringen (BGE 119 III 70 E. 1); auch in diesem Fall - den Kanton Basel-Stadt betreffend - bestand nur eine Aufsichtsbehörde. Dieser Grundsatz ist zudem bereits in BGE 108 III 10 E. 4 S. 13 festgehalten worden - wo zwei kantonale Aufsichtsbehörden bestanden - und der Schuldner für nachträgliche Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen auf das Gesuch um Revision der Einkommenspfändung verwiesen wurde. Das Betreibungsamt war somit auch nicht gehalten, als es von der Vorinstanz zur Vernehmlassung aufgefordert wurde, von sich aus eine Änderung des Notbedarfs vorzunehmen; und desgleichen musste sich auch die Aufsichtsbehörde damit nicht befassen. 
3. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a SchKG und Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt A.________ und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. Juni 2006 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: