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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_299/2017  
 
 
Urteil vom 24. April 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless. 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Lampert, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Pensionskasse des Bundes PUBLICA, Eigerstrasse 57, 3007 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Februar 2017 (BV.2015.00058). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1965 geborene C.A.________ war bei der Pensionskasse des Bundes PUBLICA (nachfolgend: Publica) berufsvorsorgeversichert. Aufgrund einer Krebserkrankung sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Zürich ab 1. Februar 2014 mit Verfügungen vom 17. und 28. April 2014 eine ganze Invalidenrente zu (Invaliditätsgrad: 70 %). Mitte Juni 2014 ersuchte die Versicherte um Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge. Am 13. November 2014 verstarb C.A.________. 
Mit Schreiben vom 18. Februar und 15. April 2015 wies die Publica das Gesuch der Eltern der C.A.________, A.A.________ und B.A.________, um Ausrichtung eines Todesfallkapitals ab. 
 
B.   
Dagegen erhoben A.A.________ und B.A.________ am 16. September 2015 Klage mit dem Rechtsbegehren, die Publica sei zu verpflichten, ihnen unter Berücksichtigung der bis zum Tode der Versicherten erfolgten Beitragszahlungen ein reglementarisches Todesfallkapital auszurichten, zuzüglich Verzugszins ab 9. Mai 2015. Mit Entscheid vom 28. Februar 2017 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erneuern A.A.________ und B.A.________ das vorinstanzliche Klagebegehren. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Ermittlung des reglementarischen Todesfallkapitals an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 142 II 369 E. 4.3 S. 380; 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_101/2015 vom 30. November 2015 E. 1.1). Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_753/2015 vom 20. April 2016 E. 1).  
 
2.   
Gemäss Art. 26 Abs. 1 BVG beginnt der Anspruch auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge mit der Entstehung des Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung nach Art. 29 Abs. 1 IVG (statt vieler: BGE 140 V 470 E. 3.2 S. 473). 
Die Vorsorgeeinrichtung kann - und konnte seit jeher - in ihren reglementarischen Bestimmungen vorsehen, dass der Anspruch aufgeschoben wird, solange die versicherte Person den vollen Lohn erhält (Art. 26 Abs. 2 BVG). Dabei hat ein allfälliger Rentenaufschub wegen Lohnfortzahlung des Arbeitgebers nicht die Entstehung des Anspruchs auf eine Invalidenrente nach Ablauf einer bestimmten Karenzzeit zum Gegenstand, sondern sieht einzig vor, dass die Vorsorgeeinrichtung die Erfüllung des Anspruchs aufschieben kann. Art. 26 Abs. 2 BVG ist eine Koordinationsnorm und will verhindern, dass die versicherte Person nach Eintritt des Invaliditätsfalles wirtschaftlich besser gestellt wird, als wenn sie weiterhin voll arbeitsfähig wäre (BGE 142 V 419 E. 4.3.2 S. 422 f. mit weiteren Hinweisen). 
 
 
3.   
 
3.1. Nach Art. 49 Abs. 1 des Vorsorgereglements des Vorsorgewerks ETH-Bereich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ETH-Bereichs vom 3. Dezember 2007 (SR 172.220.142.1; nachfolgend: VR-ETH1), zahlt Publica ein Todesfallkapital aus, wenn eine versicherte Person stirbt und kein Anspruch nach den Artikeln 44 und 45 entsteht. Anspruchsberechtigt sind, unabhängig vom Erbrecht, unter anderen die Eltern der versicherten Person (lit. d).  
 
3.2. Art. 52 Abs. 1 VR-ETH1 bestimmt betreffend den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen was folgt:  
 
" 1 Für den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen gelten sinngemäss die entsprechenden Bestimmungen des IVG (Art. 26 Abs. 1 BVG). 
2 [...]." 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat erwogen, Art. 52 Abs. 1 VR-ETH1 sei identisch mit Art. 26 Abs. 1 BVG, wonach der Anspruch auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge mit der Entstehung des Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung nach Art. 29 Abs. 1 IVG beginne. Die vollständige Kürzung des BVG-Invalidenrentenanspruchs zufolge Überschreitens des mutmasslich entgangenen Verdienstes ändere nichts daran, dass der Vorsorgefall Invalidität vorliegend am 1. Februar 2014 eingetreten sei. Somit sei C.A.________ im Zeitpunkt ihres Todes am 13. November 2014 Rentenbezügerin gewesen. Weiter ist das kantonale Gericht in überzeugender Auslegung des Art. 49 Abs. 1 VR-ETH1 zum Schluss gelangt, die Ausrichtung eines Todesfallkapitals setze voraus, dass es sich bei der verstorbenen um eine versicherte Person handle, mithin um eine solche, die noch keinen Rentenanspruch habe. Gestützt darauf hat es einen Leistungsanspruch verneint.  
 
4.2. Die Beschwerdeführer rügen, ein Anspruch auf eine BVG-Invalidenrente habe zu Lebzeiten der C.A.________ nicht entstehen können. Dies wäre gemäss gesetzlicher Regelung frühestens sechs Monate nach erfolgter Anmeldung bei der Vorsorgeeinrichtung, nämlich am 19. Dezember 2014, möglich gewesen. Damit habe C.A.________ im Zeitpunkt ihres Todes gegenüber der Beschwerdegegnerin als versicherte und nicht als rentenbeziehende Person zu gelten, weshalb nach Art. 49 VR-ETH1 Anspruch auf Ausrichtung eines Todesfallkapitals bestehe. Überdies liege kein Anwendungsfall einer Überentschädigungsregelung vor.  
 
5.  
 
5.1. Triftige Gründe für eine Abkehr von der gefestigten Rechtsprechung über die gleichzeitige Anspruchsentstehung in der beruflichen Vorsorge und der Invalidenversicherung (E. 2) werden in der Beschwerde nicht dargelegt und sind auch nicht erkennbar (zu den Voraussetzungen für eine Praxisänderung vgl. BGE 141 II 297 E. 5.5.1 S. 303; 137 V 417 E. 2.2.2 S. 422). Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdegegnerin reglementarisch keinen eigenständigen Invaliditätsbegriff vorgesehen hat. So stimmt Art. 52 Abs. 1 VR-ETH1, wie die Beschwerdeführer selber einräumen, inhaltlich mit Art. 26 Abs. 1 BVG überein (zum Rentenanspruch als solchem vgl. Art. 51 Abs. 2 lit. a VR-ETH1 mit Verweis auf Art. 23 lit. a BVG). Inwieweit die Anmeldung bei der Vorsorgeeinrichtung für den Anspruchsbeginn massgebend sein sollte, worauf sich die Beschwerde hauptsächlich stützt, ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich. Dass Art. 26 Abs. 1 BVG bloss eine sinngemässe Anwendung des Art. 29 IVG vorsieht, vermag dies jedenfalls nicht zu begründen. Auch die Bindung der Vorsorgeeinrichtungen an die Feststellungen der IV-Organe (primär) im Bereich der gesetzlichen Mindestvorsorge (statt vieler: BGE 130 V 270 E. 3.1 S. 273; zur Bindungswirkung im Überobligatorium vgl. Urteil 9C_315/2016 vom 25. Januar 2017 E. 3.1 mit Hinweisen) steht der Auffassung der Vorinstanz nicht entgegen, zumal sie diesem Punkt keine zentrale Bedeutung beigemessen hat. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich daher.  
 
5.2.  
 
5.2.1. Was die Überentschädigung betrifft, hat das kantonale Gericht festgestellt, die Arbeitgeberin habe C.A.________ bis zu deren Tod weiterhin den um den Betrag der IV-Rente gekürzten Lohn ausbezahlt. Inwiefern diese Feststellung offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen soll, ist nicht ersichtlich. Sie bleibt daher für das Bundesgericht verbindlich (E. 1.1). Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, die Vorinstanz habe den Sachverhalt in Bezug auf die Überentschädigung und die Prämienbefreiung "unrichtig festgestellt", genügt dies mit Blick auf die erforderliche Tragweite von Willkür zum vornherein nicht (E. 1.2).  
 
5.2.2. Gestützt darauf kann - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - ohne Weiteres von der vollständigen Kürzung des am 1. Februar 2014 entstandenen (E. 5.1) BVG-Rentenanspruchs und damit von einer Überentschädigungsregelung ausgegangen werden (vgl. Art. 77 VR-ETH1). Denn bei Auszahlung der Rentenleistungen wäre die Versicherte nach Eintritt des Invaliditätsfalles wirtschaftlich besser gestellt gewesen, als wenn sie weiterhin über eine volle Arbeitsfähigkeit verfügt hätte. Dies soll im Lichte der Leistungskoordination gerade verhindert werden (E. 2). Das kantonale Gericht hat vor diesem Hintergrund zu Recht auf BGE 142 V 419 verwiesen, wonach die vollständige Kürzung eines Anspruchs auf eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge zufolge Überentschädigung nichts am Eintritt des Vorsorgefalles Invalidität nach Massgabe der ersten Säule ändert (vorinstanzliche Erwägung 3.3.2). Die in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände helfen nicht weiter. Wohl mag sich die Publica nicht stringent verhalten haben, wenn sie zu Lebzeiten der C.A.________ weiterhin Lohnabzüge vorgenommen hat, obschon der Anspruch auf Invalidenleistungen bereits entstanden war (vgl. Art. 53 VR-ETH1). Inwieweit dies den Eintritt des Vorsorgefalles am 1. Februar 2014 beeinflussen soll, wird in der Beschwerde jedoch nicht (substanziiert) dargelegt. Gleiches gilt für den Umstand, dass eine Überentschädigung von der Beschwerdegegnerin nie konkret thematisiert worden ist. Auch im Übrigen vermögen die Beschwerdeführer keine Rechtsverletzung aufzuzeigen. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend haben die Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. April 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder