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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5D_101/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. November 2015  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Verein A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Frank Th. Petermann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kanton Zürich, vertreten durch die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Vorsorgliche Massnahmen (Besitzesstörung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 22. Mai 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 24. Juni 2010 verstarben in den Räumlichkeiten des Vereines A.________ die zuletzt in Deutschland wohnhaft gewesene B.B.________ und deren Tochter C.B.________. Im Zusammenhang mit einem "Sondermitgliederbeitrag", welchen die beiden Damen vor ihrem Freitod an den Verein überwiesen hatten, nahm die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich Ermittlungen auf. Am 13. November 2013 führte sie beim Verein sowie bei deren "Generalsekretär" D.________ eine Hausdurchsuchung durch, in deren Rahmen zahlreiche Akten beschlagnahmt wurden. 
 
B.   
In der Folge verlangte der Verein bzw. D.________ mit Schreiben vom 14. Januar 2015 die Herausgabe von 106 Aktenordnern gemäss Pos. 2.1-2.106 der Beschlagnahmeverfügung vom 13. November 2013 und deren Ablieferung am Ort der Beschlagnahme. Es folgte ein Mailverkehr mit der Staatsanwaltschaft, wonach dem Anliegen grundsätzlich stattgegeben werden könne, die Ordner aber nicht zurückgebracht würden, sondern abzuholen seien. Auf Wunsch des Vereins bzw. von D.________ erliess die Staatsanwaltschaft am 16. Februar 2015 eine förmliche Herausgabeverfügung, wonach die Aktenordner Pos. 2.1-2.106 gemäss Sicherstellungsliste vom 13. November 2013 an D.________ oder an eine andere zur Vertretung des Vereins A.________ befugte Person herausgegeben würden, und zwar nach telefonischer Voranmeldung auf der Amtsstelle der Staatsanwaltschaft. 
 
C.   
Diese Verfügung wurde nicht angefochten, so dass sie in Rechtskraft erwuchs. 
Hingegen reichte der Verein A.________ gegen die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich beim Bezirksgericht Zürich ein Gesuch um Beseitigung einer Besitzesstörung (als Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO) ein. 
Mit Verfügung vom 9. März 2015 trat das Bezirksgericht Zürich auf das Gesuch mangels Zuständigkeit der Zivilgerichte nicht ein. 
Die hiergegen vom Verein erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 22. Mai 2015 ab. 
 
D.   
Gegen dieses Urteil hat der Verein A.________ am 29. Juni 2015 eine Beschwerde erhoben mit dem Begehren, die Staatsanwaltschaft sei zu verpflichten, die 106 Aktenordner umgehend an den Ort der Behändigung zurückzubringen, eventualiter sei sie zur Leistung einer Kaution für den Rücktransport zu verpflichten. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene Entscheid betrifft die Frage, ob eine zivilrechtliche Besitzesstörung vorliegt, für deren Beurteilung die Zivilgerichte zuständig sind. Die kantonalen Gerichte verneinten diese Frage mit der Begründung, die hoheitliche Beschlagnahme und Freigabe der Aktenordner sei ein öffentlich-rechtliches Verhältnis und die geltend gemachte rechtsunkonforme Rückgabe der beschlagnahmten Akten könne mit den in der Strafprozessordnung vorgesehenen Rechtsmitteln angefochten werden. 
 
2.   
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig, soweit der Beschwerdeführer auf seine kantonalen Eingaben verweist; die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 400; 140 III 115 E. 2 S. 116). 
Der Beschwerdeführer scheint inzwischen anzuerkennen, dass die strafrechtliche Beschlagnahme von Akten hoheitlich ist und in diesem Zusammenhang nicht die Zivilgerichte angerufen werden können (Art. 1 lit. a ZPO). Indes ist er der Ansicht, dass das öffentlich-rechtliche Verhältnis mit der Herausgabeverfügung in ein privatrechtliches Verhältnis übergegangen sei, weil die Staatsanwaltschaft mit der Verfügung zum Ausdruck gebracht habe, kein Interesse an den Akten mehr zu haben. Er werde deshalb durch die nunmehr verbotene Eigenmacht über die Akten in seinem Besitz und in der Ausübung seiner Eigentumsrechte gestört. 
Bei seinen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer, dass auch die Modalitäten rund um die Herausgabe der Akten öffentlich-rechtlicher Natur sind. Es stünde ihm offen bzw. wäre ihm offen gestanden, die (in seinen Augen unrechtmässige) Weigerung, die Akten an den Ort der Beschlagnahme zurückzubringen, mit den gegen die Herausgabeverfügung gegebenen Rechtsmitteln anzufechten. Soweit er dies unterlassen hat, bleiben die Akten aufgrund des öffentlich-rechtlichen Beschlagnahmeverhältnisses bis zur Abholung im Gewahrsam der Staatsanwaltschaft, ohne dass eine von den Zivilgerichten zu beurteilende Unrechtmässigkeit im sachenrechtlichen Sinn gegeben sein könnte. 
Bei diesem Ergebnis können auch die verschiedenen, sich auf das materielle Rechtsverhältnis beziehenden Verfassungsrügen (Verletzung von Art. 13 und 26 BV sowie von Art. 6 und 8 EMRK) nicht in einem zivilrechtlichen Verfahren vorgetragen werden; sie wären allesamt mit dem gehörigen Rechtsmittel gegen die Herausgabeverfügung der Staatsanwaltschaft geltend zu machen gewesen. Aus dem gleichen Grund ist ferner weder das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) noch das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Ziff. 1 EMRK) des Beschwerdeführers verletzt, wenn bereits das Obergericht nicht auf die betreffenden Rügen eingegangen ist. 
An der Sache vorbei geht sodann das Vorbringen, das Obergericht sei auf das Eventualbegehren nicht eingegangen, welches impliziere, "dass es auch noch eine andere Motivation mit einer Hauptbegründung geben müsse." Sind die Zivilgerichte nicht zuständig, um gegenüber der Staatsanwaltschaft den verlangten Rücktransport der Aktenordner anzuordnen, so können sie die Staatsanwaltschaft diesbezüglich auch nicht zur Kautionierung verpflichten. 
 
3.   
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
Die Verfahrenskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. November 2015 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli