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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_441/2022  
 
 
Urteil vom 1. Juni 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente, Wiedererwägung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 24. Mai 2022 (S 2021 37). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1947 geborene A.________ war seit 1. Dezember 1989 als Schulabwart in der Gemeinde B.________ angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Elvia Schweizerische Versicherungsgesellschaft Zürich (nachfolgend: Elvia; heute: Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, nachfolgend: Allianz) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Mit Bagatellunfall-Meldung vom 3. November 1999 teilte die Arbeitgeberin der Elvia mit, A.________ habe sich am 23. Oktober 1999 als Beifahrer bei einem Verkehrsunfall eine Verletzung am Kopf bzw. Nacken zugezogen. Die Elvia anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte Versicherungsleistungen. Am 29. Mai 2002 sprach die Allianz A.________ rückwirkend ab 1. April 2001 eine Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 20 % und eine Integritätsentschädigung von 10 % zu. Dieser nahm in der Folge während Jahren therapeutische Behandlungen bei C.________, Praxis für Akupressur TCM, in Anspruch. Mit Verfügung vom 14. September 2015 stellte die Allianz die Übernahme dieser Heilbehandlungskosten per 31. Dezember 2015 ein. Am 13. Oktober 2020 zog die Allianz die Verfügung vom 29. Mai 2002 infolge unterlassener Adäquanzprüfung in Wiedererwägung und stellte die Rentenleistungen auf den 31. Oktober 2020 ein. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 3. Februar 2021 fest. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Urteil vom 24. Mai 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Urteils seien ihm die bisherigen Leistungen weiterhin auszurichten. 
Die Allianz beantragt, es sei auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Das Bundesamt für Gesundheit hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. a BGG geltend, indem er vorbringt, eine Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG sei ab Erreichen des ordentlichen AHV-Pensionsalters (vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. a AHVG) unverhältnismässig, widerspreche Treu und Glauben und stehe in einem erheblichen Wertungswiderspruch zu Art. 22 UVG, der vielmehr analog anzuwenden sei.  
Anders als die Beschwerdegegnerin annimmt, sind damit die inhaltlichen Mindestanforderungen an die allgemeine Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie unter Annahme eines Wiedererwägungsgrunds im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG die Einstellung der Invalidenrente gemäss Einspracheentscheid vom 3. Februar 2021 bestätigte.  
 
2.3. Bezüglich des in zeitlicher Hinsicht massgebenden Rechts hat die Vorinstanz richtig erkannt, dass mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) auf den 1. Januar 2003 keine substanzielle Änderung der für die Beurteilung der Streitsache erforderlichen Rechtsgrundlagen verbunden war. Obschon sich der zur Diskussion stehende rechtserhebliche Sachverhalt teils vor, teils nach dem Inkrafttreten des ATSG verwirklicht hat und dementsprechend sowohl das vor dem 1. Januar 2003 geltende Recht wie auch die seither massgeblichen Normen zu beachten sind, hat daher keine getrennte Anspruchsprüfung für die Zeit vor und die Zeit nach dem 1. Januar 2003 zu erfolgen.  
 
2.4. Im angefochtenen Urteil sind die Bestimmungen und Grundsätze über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden im Allgemeinen (BGE 134 V 109 E. 2.1) sowie bei Folgen eines Unfalls mit Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) oder äquivalenter Verletzung ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle im Besonderen (BGE 134 V 109) richtig dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich des Beweiswerts von ärztlichen Berichten und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a mit Hinweisen) und bezüglich der Voraussetzungen der Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 2 ATSG). Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz bejahte die Voraussetzungen der Wiedererwägung wegen zweifelloser Rechtsfehlerhaftigkeit der Verfügung vom 29. Mai 2002 infolge unterlassener Adäquanzprüfung der damals geklagten Beschwerden. Gemäss dem der Verfügung vom 29. Mai 2002 zugrunde liegenden Gutachten des Dr. med. D.________, Facharzt für Chirurgie, vom 29. März 2001, seien chronische mittelstarke Kopfschmerzen im Sinne einer Funktionsstörung nach durchgemachter Beschleunigungsverletzung der HWS und des Kopfes diagnostiziert worden. Organisch objektiv ausgewiesene Unfallfolgen lägen nach Untersuchung der Kopforgane, der HWS sowie der Brust- und Lendenwirbelsäule (BWS und LWS) nicht vor. Die Unfalladäquanz der somatisch nicht hinreichend erklärbaren Beschwerden wäre nach der Schleudertrauma-Praxis gemäss BGE 117 V 359 zu prüfen gewesen, was die Beschwerdegegnerin unterlassen habe. Eine Adäquanzbeurteilung habe sie weder explizit noch implizit vorgenommen. Die Verfügung vom 29. Mai 2002 sei daher zweifellos unrichtig im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG. Dass der Beschwerdeführer das Pensionsalter erreicht habe, stehe dem nicht entgegen. Der angerufene Art. 22 UVG komme nur bei einer Rentenrevision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG zum Tragen, nicht aber bei einer Wiedererwägung, auch nicht per analogiam. In der Folge beurteilte die Vorinstanz den Rentenanspruch praxisgemäss umfassend ("allseitig") und ohne Bindung an frühere Beurteilungen neu (vgl. nachstehende E. 4.2.2).  
 
3.2. Das Ereignis stufte die Vorinstanz als mittelschweren Unfall im Grenzbereich zu den leichten ein, sodass sie die Adäquanz praxisgemäss nur dann hätte bejahen können, wenn ein Kriterium in besonders ausgeprägter Weise oder mindestens vier Kriterien in einfacher Form gegeben wären (BGE 134 V 109 E. 10.3; SVR 2020 UV Nr. 27 S. 110, 8C_493/2018 vom 12. September 2018 E. 5.3.1), was sie verneinte.  
 
4.  
 
4.1. In Bezug auf formell rechtskräftige Verfügungen über Dauerrechtsverhältnisse ist folgendes zu wiederholen: Eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung (anfängliche tatsächliche Unrichtigkeit) lässt sich unter bestimmten Voraussetzungen durch eine prozessuale Revision (Art. 53 Abs. 1 ATSG) korrigieren. Tritt nach dem Erlass einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung eine anspruchsrelevante Änderung des Sachverhalts ein (nachträgliche tatsächliche Unrichtigkeit), hat gegebenenfalls eine Anpassung im Rahmen einer Revision nach Art. 17 ATSG stattzufinden. Falls die Verfügung auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht (anfängliche rechtliche Unrichtigkeit), ist ein Rückkommen unter dem Titel der Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 2 ATSG) zu prüfen. Nicht gesetzlich geregelt ist der Tatbestand der nachträglichen rechtlichen Unrichtigkeit infolge einer nach dem Verfügungserlass eintretenden Änderung der massgebenden Rechtsgrundlagen (BGE 146 V 364 E. 4.2).  
 
4.2.  
 
4.2.1. Das Bundesgericht führte wiederholt aus, dass das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit in der Regel erfüllt ist, wenn eine Leistungszusprechung aufgrund falsch oder unzutreffend verstandener Rechtsregeln erfolgt war oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig angewandt wurden (in BGE 147 V 55 nicht, aber in SVR 2021 UV Nr. 1 S. 1 veröffentlichte E. 6. 1; SVR 2019 UV Nr. 11 S. 41, 8C_525/2017 E. 7.1). Anders verhält es sich, wenn der Wiedererwägungsgrund im Bereich materieller Anspruchsvoraussetzungen liegt, deren Beurteilung notwendigerweise Ermessenszüge aufweist. Erscheint die Beurteilung einzelner Schritte bei der Feststellung solcher Anspruchsvoraussetzungen (Invaliditätsbemessung, Arbeitsunfähigkeitsschätzung, Beweiswürdigung, Zumutbarkeitsfragen) vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung darbot, als vertretbar, scheidet die Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus. Zweifellos ist die Unrichtigkeit, wenn kein vernünftiger Zweifel daran möglich ist, dass die Verfügung unrichtig war. Es ist nur ein einziger Schluss - derjenige auf die Unrichtigkeit der Verfügung - denkbar (BGE 138 V 324 E. 3.3; in BGE 140 V 15 nicht, aber in SVR 2014 IV Nr. 10 S. 39 publizierte E. 4.1 des Urteils 9C_125/2013 vom 12. Februar 2014; vgl. zum Ganzen SVR 2017 UV Nr. 16 S. 53, 8C_425/2016, E. 2.2).  
 
4.2.2. In der nicht veröffentlichten Erwägung 3.2 des zur Publikation bestimmten Urteils 8C_616/2022 vom 15. März 2023 bekräftigte das Bundesgericht jüngst, dass eine Rentenzusprechung ohne explizite oder wenigstens implizite Prüfung der Adäquanz - gleich wie bei der (klaren) Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder der Ausserachtlassung der bei unklaren Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage massgeblichen spezifischen Rechtsprechung von BGE 130 V 352 (nunmehr: BGE 141 V 281) - eine Leistungszusprechung auf Grund falscher Rechtsanwendung und damit eine zweifellos rechtsfehlerhafte Verfügung darstellt. Damit ist der Unfallversicherer berechtigt, darauf zurückzukommen (SVR 2017 UV Nr. 8, 8C_193/2016 E. 4.3; Urteil 8C_363/2021 vom 25. November 2021 E. 6.3). Gestützt auf diese zweifellose Unrichtigkeit kann eine Überprüfung erfolgen, ohne dass gefragt werden muss, ob die ursprüngliche Verfügung auch im Ergebnis, d.h. im Dispositiv zweifellos unrichtig ist. Dadurch soll mit Wirkung ex nunc et pro futuro ein rechtskonformer Zustand hergestellt werden (SVR 2019 UV Nr. 11 S. 41, 8C_525/2017 E. 7.3 mit Hinweis). Dabei ist wie bei einer materiellen Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG auf der Grundlage eines richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts der Invaliditätsgrad im Zeitpunkt der Verfügung über die Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente zu ermitteln (SVR 2021 UV Nr. 1 S. 1, 8C_72/2020 E. 6.1; 2020 UV Nr. 1. S. 1, 8C_117/2019 E. 6.1; 2019 UV Nr. 11 S. 41, 8C_525/2017 E. 7.3 mit Hinweis; 2017 UV Nr. 8 S. 27, 8C_193/2016 E. 4.3; Urteil 8C_763/2020 vom 22. Februar 2021 E. 5.1 mit Hinweisen).  
 
4.2.3. Der Beschwerdeführer kritisiert diese Rechtsprechung. Wenn die damalige Rentenzusprache ohne explizite oder implizite Adäquanzprüfung erfolgt sei, liege ein Rechtsfehler vor. Bei einem Rechtsfehler sei aber danach zu Fragen, ob die Beurteilung nach damaligen Massstäben offensichtlich unrichtig erscheine. Er verweist auf THOMAS FLÜCKIGER, in: Frésard-Fellay/Klett/Leuzinger [Hrsg.], Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, Basel 2020, N. 66 zu Art. 53 ATSG), wonach ein Wiedererwägungsgrund nur vorliege, wenn der Entscheid auch im Ergebnis offensichtlich unrichtig sei. Es überzeuge nicht, die Wiedererwägung bei unterlassener Adäquanzprüfung selbst dann zuzulassen, wenn die Adäquanz nach damaliger Praxis zu bejahen wäre.  
 
4.2.4. Ernsthafte sachliche Gründe für eine Rechtsprechungsänderung dieser mehrfach bestätigten Rechtsprechung, zuletzt mit den Urteilen 8C_616/2022 vom 15. März 2023 E. 3.2 und 6.4.1 sowie 8C_552/2022 vom 9. Mai 2023 E. 4.3.3), ergeben sich hieraus nicht (zu den Voraussetzungen: BGE 145 V 304 E. 4.4; 141 II 297 E. 5.5.1; 137 V 417 E. 2.2.2).  
Überdies kam mit Blick auf die geklagte Symptomatik bei Status nach Schleudertrauma dem adäquaten Kausalzusammenhang als Voraussetzung der Leistungspflicht des Unfallversicherers schon damals rechtsprechungsgemäss ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. BGE 115 V 133 E. 4a; 117 V 359 E. 4b und 5a sowie 5d/aa; je mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_763/2020 vom 22. Februar 2021 E. 5.2 i.f. mit Hinweisen). Bereits zum damaligen Verfügungszeitpunkt war klar, dass sich die Adäquanz allein nach rechtlichen Gesichtspunkten beurteilt (BGE 123 V 98 E. 3a). Kommt hinzu, dass der medizinische Gutachter Dr. med. D.________ von einer vollen Arbeitsfähigkeit ausging und eine Leistungseinschränkung einzig von einem Schadensinspektor der Elvia anlässlich eines Gesprächs mit dem Beschwerdeführer auf 20 % festgesetzt wurde. Damit ist mehr als fraglich, ob die ursprüngliche Verfügung nicht auch im Ergebnis, d.h. im Dispositiv zweifellos unrichtig ist. Weiterungen hierzu erübrigen sich indessen nach dem Gesagten. 
 
4.2.5.  
 
4.2.5.1. Wie der Beschwerdeführer zutreffend anmerkt, verneinte das Bundesgericht in BGE 140 V 514 E. 3.5 die in BGE 97 V 144 aufgeworfene Frage der Befristung einer Wiedererwägung. Es stellte klar, dass die Wiedererwägung nicht nur innerhalb der für das Revisionsbegehren im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG geltenden Fristen (Art. 67 Abs. 1 und 2 VwVG) zulässig ist. Es erkannte, dass die Verwaltung auch mehr als zehn Jahre nach Erlass einer zweifellos unrichtigen Verfügung zu einem wiedererwägungsweisen Rückkommen auf diese befugt ist ohne sich explizit zur Frage zu äussern, wie es sich mit längeren Zeitspannen von 15 Jahren und mehr verhält. In SVR 2018 IV Nr. 59 S. 190, 8C_680/2017 E. 4.1 verneinte das Bundesgericht die Notwendigkeit einer Präzisierung der Rechtsprechung und wiederholte, dass eine Wiedererwägung der Rentenzusprache trotz langer Dauer des Leistungsbezugs möglich ist, weil es schwierig zu rechtfertigen wäre, wenn einer versicherten Person für die Zukunft eine zweifellos nicht geschuldete Leistung weiterhin ausbezahlt würde, nur weil der Fehler der Verwaltung schon Jahre zurückliegt. Fallbezogen bejahte es die Zulässigkeit einer Wiedererwägung bei einer Bezugsdauer von mehr als zwanzig Jahren. Im bereits zitierten Urteil 8C_616/2022 wurde in der zur Veröffentlichung vorgesehenen E. 7.1 bekräftigt, dass nach der Rechtsprechung keine zeitliche Befristung der Wiedererwägungsmöglichkeit besteht.  
 
4.2.5.2. Wie die Vorinstanz bereits darlegte schliessen auch die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtsbeständigkeit und der Rechtssicherheit eine Wiedererwägung der Rentenzusprache trotz langer Bezugsdauer nicht aus (vgl. BGE 140 V 514 E. 3.5 und SVR 2018 IV Nr. 59 S. 190, 8C_680/2017 E. 4.1; Urteil 8C_552/2022 vom 9. Mai 2023 E. 4.3.1). Eine Güterabwägung und Verhältnismässigkeitsprüfung im Einzelfall erfolgt damit nicht. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer das AHV-Rentenalter bereits erreicht hat, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Vorbehalten bleiben jene Situationen, in denen sämtliche Voraussetzungen für eine - gestützt auf den Vertrauensschutz - vom Gesetz abweichende Behandlung gegeben sind (BGE 116 V 298 und seitherige Rechtsprechung; zum Ganzen vgl. Urteile U 378/05 vom 10. Mai 2006 E. 4.5 und 9C_29/2022 vom 6. Dezember 2022 E. 4.2). Dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt wären, legt der Beschwerdeführer nicht dar.  
 
4.3. Nicht durchzudringen vermag der Beschwerdeführer sodann mit der postulierten analogen Anwendung von Art. 22 UVG. Danach kann in Abweichung von Art. 17 Abs. 1 ATSG die Rente ab dem Monat nicht mehr revidiert werden, in dem die berechtigte Person eine Altersrente der AHV bezieht, spätestens jedoch ab Erreichen des Rentenalters nach Art. 21 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung. Mit Urteil 8C_616/2022 verneinte das Bundesgericht in E. 7 eine analoge Anwendung von Art. 22 UVG für die Wiedererwägung. Unter Hinweis auf die Unterschiede der zwei Rückkommenstitel der prozessualen Revision und der Wiedererwägung zur materiellen Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG schloss es, dass Art. 22 UVG einer wiedererwägungsweisen Rentenaufhebung nach Erreichen des AHV-Rentenalters nicht entgegen steht. Es kann vollumfänglich auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.  
 
4.4. In Bezug auf die Frage der Adäquanzprüfung erkannte die Vorinstanz richtig, dass sich weder in der Verfügung vom 29. Mai 2002 noch in jener vom 14. September 2015 (die sich mit der Einstellung der Heilbehandlungskosten befasst) oder in den übrigen echtzeitlichen Akten ein Hinweis auf eine vorgenommene Adäquanzprüfung findet. Auch für eine implizite Prüfung, wie sie der Beschwerdeführer ohne stichhaltige Begründung geltend macht, bestehen keine Anhaltspunkte. Wie die Vorinstanz bereits feststellte, ändert daran nichts, dass Dr. med. D.________ in der Expertise vom 29. Mai 2002 die Rechtsfrage der Adäquanz erwähnte, aber korrekterweise festhielt, seine Einschätzung berücksichtige naturgemäss die juristische Frage der Adäquanz nicht, da diese nicht in den ärztlichen Kompetenzbereich falle. Denn obwohl damit Anlass für die Beschwerdegegnerin bestanden hätte, sich mit dem adäquaten Kausalzusammenhang in der Folge rechtlich auseinanderzusetzen, ergibt sich solches mit der Vorinstanz nicht aus den Akten.  
 
4.5. Zu keinem anderen Ergebnis führt schliesslich der Einwand, die Vorinstanz habe fälschlicherweise angenommen, es läge kein Vergleich (im Sinne von Art. 50 Abs. 1 ATSG) vor. Dem Beschwerdeführer wurde, anders als im Urteil 8C_612/2022, kein Vergleichsvorschlag unterbreitet, Vergleichsgespräche fanden keine statt. Dem Beschwerdeführer wurde einzig die vorgesehene Leistungszusprechung hinsichtlich Rente und Integritätsentschädigung vor Erlass der Rentenverfügung zur Stellungnahme zugestellt. Die Vorinstanz schloss hieraus bundesrechtskonform, dass keine vergleichsweise Leistungszusprechung erfolgte. Die Wiedererwägung wäre aber auch dann rechtmässig, wenn es sich bei der Verfügung vom 29. Mai 2002 um einen Vergleich handeln würde, da die Verwaltung im Rahmen eines Vergleichs keine rechtswidrige Vereinbarung abschliessen darf (bereits zitiertes Urteil 8C_616/2022 E. 6.3).  
 
4.6. Weil auch das Erfordernis der erheblichen Bedeutung erfüllt ist (BGE 140 V 85 E. 4.4), ist es nicht bundesrechtswidrig, dass die Vorinstanz die Voraussetzungen der Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG angesichts der bei Rentenzusprache unterlassenen Adäquanzprüfung bejahte.  
 
5.  
Gegen die von der Vorinstanz bestätigte Adäquanzprüfung der Beschwerdegegnerin nach der Schleudertrauma-Praxis (BGE 117 V 359; 137 V 109 V 133) erhebt der Beschwerdeführer schliesslich zu Recht keine Einwände. Demnach bleibt es dabei, dass die massgeblichen Adäquanzkriterien nicht in hinreichender Anzahl gegeben sind (vgl. vorstehende E. 3.2). Die Beschwerde ist damit unbegründet und folglich abzuweisen. 
 
6.  
Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 2 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Juni 2023 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla