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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.431/2002 /kra 
 
Urteil vom 11. März 2003 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, 
Gerichtsschreiberin Angéloz. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Bruno M. Bernasconi, Rütihaldenstrasse 12, 8956 Killwangen, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB), 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, vom 12. September 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 12. August 1997 legte X.________ seinem Freund A.________ seine geschäftlichen Expansionspläne dar. Er erklärte, er brauche für den kommerziellen Bereich seiner B.________-Gruppe einen EDV-Spezialisten wie A.________. Anlässlich eines Treffens in D.________ am 20. August 1997 führte X.________ aus, er müsse rasch eine Anzahlung von Fr. 80'000.-- für den Erwerb einer Liegenschaft auf dem C.________ leisten, welche als Schulungszentrum für die B.________-Gruppe dienen sollte. Er fragte A.________, ob er ihm nicht als Freund und im Hinblick auf seine zukünftige Tätigkeit in der B.________-Gruppe diese Summe ausleihen könne. Den ausgeliehenen Betrag von Fr. 75'000.-- erstattete X.________ nach wiederholten Mahnungen nur teilweise (Fr. 23'000.--) zurück. 
B. 
Das Bezirksgericht Bremgarten erkannte X.________ am 4. Dezember 2001 des Betrugs schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 4 Monaten und zu einer Busse von Fr. 2'000.--. 
C. 
Das Obergericht des Kantons Aargau wies die Berufung von X.________ am 12. September 2002 ab. 
D. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben. 
E. 
Das Bundesgericht hat mit heutigem Datum eine staatsrechtliche Beschwerde von X.________ abgewiesen, soweit es darauf eintrat. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Der Kassationshof ist im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an den von den kantonalen Behörden festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Daher sind Ausführungen, die der Beschwerdeführer gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides vorbringt, unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP; BGE 126 IV 65 E. 1 S. 66 f.). 
2. 
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 277 BStP und macht geltend, der Sachverhalt sei ungenügend erstellt, so dass die Frage, ob er arglistig gehandelt habe, nicht überprüft werden könne. Die Vorinstanz habe angenommen, auf Grund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und dem Geschädigten werde dieser eine Überprüfung seiner Angaben unterlassen. Das Obergericht stelle jedoch nicht fest, ob der Beschwerdeführer damit gerechnet habe, der Geschädigte werde seine Bonität nicht überprüfen. 
 
Art. 277 BStP umschreibt als prozessuale Regelung keinen selbständigen Beschwerdegrund. Er kann nur zum Tragen kommen, wenn und soweit wegen Verletzung materieller Normen Beschwerde geführt wird. Er dient nicht dazu, tatsächliche Feststellungen, die im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden können (vgl. E. 1), zu hinterfragen. Soweit der Beschwerdeführer mit der Rüge des ungenügend festgestellten Sachverhalts eine Verletzung von Art. 277 BStP geltend macht, kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 117 Ia 1 E. 1b S.2 mit Hinweisen). 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt die Annahme von Arglist. Er macht geltend, sein mangelnder Erfüllungswille sei, zumindest während der vereinbarten Frist von 6 Wochen, für den Geschädigten leicht überprüf- und erkennbar gewesen. Das gelte um so mehr, als dieser eine sehr gute Ausbildung habe und im Bereich der Liquiditätsprüfung bewandert sei. 
3.1 Die Täuschung gilt als arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses, mises en scène) bedient. Bei einfachen falschen Angaben kann unter Umständen Arglist vorliegen, so etwa, wenn der Täter voraussieht, dass der Getäuschte die Überprüfung der Angaben unterlassen werde. Bei der Prüfung der Arglist ist nicht auf die rein objektive Betrachtungsweise abzustellen, wie ein durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert hätte. Vielmehr sind die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kennt und ausnützt. Für die Erfüllung des Tatbestands ist nicht erforderlich, dass der Getäuschte die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Arglist scheidet lediglich aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (BGE 128 IV 18 E. 3a S. 20; 126 IV 165 E. 2a S. 171 mit Hinweisen). 
3.2 Die Erwägung der Vorinstanz, der Geschädigte hätte die falschen Behauptungen des Beschwerdeführers nur mit Mühe überprüfen können, begründet weder für sich allein noch hauptsächlich den Entscheid, die Täuschung als arglistig zu qualifizieren. Diese Qualifizierung stützt sich vielmehr auf die Begründung, dass es für den Beschwerdeführer voraussehbar war, der Geschädigte werde auf Grund des besonderen Vertrauensverhältnisses zu ihm die falschen Behauptungen nicht überprüfen. Angesichts der willkürfreien tatsächlichen Feststellungen durfte dieser Schluss ohne Bundesrechtsverletzung gezogen werden. 
 
Aus dem angefochtenen Urteil erhellt, dass der Beschwerdeführer und der Geschädigte ehemalige Studienkollegen waren, die damals enge Beziehungen pflegten. Nachdem der Beschwerdeführer wieder näheren Kontakt mit dem Geschädigten geknüpft hatte, bemühte er sich darum, dessen Vertrauen zu gewinnen, indem er ihn zu sich nach Hause einlud, ihm seine geschäftlichen Pläne darlegte und ihn sogar ermutigte, die Arbeitsstelle aufzugeben, um in seiner Gesellschaft einen wichtigen Posten zu bekleiden. In diesem Zusammenhang behauptete er, eine Liegenschaft für seine Gesellschaft erwerben zu können und hierzu kurzfristig die nötigen Mittel zu brauchen. Er berief sich insbesondere auf das Vertrauens- und Freundschaftsverhältnis zum Geschädigten, um diesen dazu zu bringen, ihm das Geld vorzuschiessen, angeblich nur für sechs Wochen. Das Darlehen wurde somit unter Ausnützung des besonderen Vertrauensverhältnisses, das der Beschwerdeführer geschaffen hatte, gewährt. Aus dem angefochtenen Urteil ist nicht ersichtlich, dass der Geschädigte über Indizien verfügte, die sein Vertrauen hätten erschüttern sollen. Er hatte keinen Anlass, die vorgebrachten Expansionspläne des Beschwerdeführers in Frage zu stellen. Ebenso hatte er keinen Anlass, an der Rückzahlungsfähigkeit und am Erfüllungswillen zu zweifeln. Unter diesen Umständen kann dem Geschädigten nicht vorgeworfen werden, die Behauptungen des Beschwerdeführers nicht überprüft zu haben. Dass dieser dies wusste und die Situation bewusst ausnutzte, ergibt sich im Übrigen aus dem Sachverhalt. 
 
Da Arglist auf Grund der Hauptbegründung ohne Bundesrechtsverletzung angenommen wurde, braucht die Nebenbegründung (angefochtener Entscheid, S. 12 Abs. 2) nicht geprüft zu werden. 
 
Im Übrigen ist zu Recht unbestritten, dass die anderen Tatbestandselemente des Betrugs erfüllt sind. Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Betrugs verletzt daher kein Bundesrecht. 
4. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war, ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 152 Abs.1 OG), und der Beschwerdeführer ist kostenpflichtig (Art. 278 Abs. 1 BStP). Seinen finanziellen Verhältnissen wird bei der Festlegung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. März 2003 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: