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[AZA] 
I 612/99 Vr 
 
IV. Kammer  
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiberin Keel 
 
Urteil vom 1. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 33, Bern, 
Beschwerdeführer, 
gegen 
 
Z.________, 1954, Beschwerdegegner, vertreten durch 
Fürsprecher Dr. W.________, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn 
 
    A.- Der 1954 geborene Z.________ leidet seit einem 
1978 erlittenen Unfall an einer kompletten Paraplegie un- 
terhalb des ersten Lendenwirbels mit einer vollständigen 
Lähmung der unteren Extremitäten. Die Invalidenversicherung 
erbrachte verschiedene Leistungen, unter anderem bis 
31. März 1995 ambulante Physiotherapie als medizinische 
Massnahme. Ein erneutes Gesuch um Kostengutsprache für am- 
bulante Physiotherapie lehnte die IV-Stelle des Kantons So- 
lothurn, nach Einholung eines Berichtes des Dr. med. 
C.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 31. August 1998 und 
Durchführung des Vorbescheidverfahrens, mit Verfügung vom 
11. November 1998 ab. 
 
    B.- Die von Z.________ hiegegen mit dem Antrag auf 
Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Zusprechung der 
medizinischen Massnahme erhobene Beschwerde hiess das Ver- 
sicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 
17. September 1999 in dem Sinne gut, dass es die Verwal- 
tungsverfügung aufhob und die Sache an die IV-Stelle zu- 
rückwies, damit diese im Sinne der Erwägungen über den 
Leistungsanspruch neu verfüge. 
 
    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das 
Bundesamt für Sozialversicherung die Aufhebung des kantona- 
len Entscheides. 
    Während Z.________ sich mit dem Antrag auf Abweisung 
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen lässt, 
schliesst die IV-Stelle auf deren Gutheissung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Im angefochtenen Entscheid werden die nach Gesetz 
(Art. 12 IVG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und 3 IVV) und 
Rechtsprechung (BGE 120 V 279 Erw. 3a, 108 V 217 Erw. 1a, 
je mit weiteren Hinweisen) massgebenden Voraussetzungen für 
den Anspruch auf medizinische Massnahmen physiotherapeuti- 
scher Art bei Lähmungen und anderen motorischen Funktions- 
ausfällen zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere 
auch der Hinweis, dass therapeutische Vorkehren, die konti- 
nuierlich notwendig sind, um das Fortschreiten eines Lei- 
dens zu verhindern, sich gegen labiles pathologisches Ge- 
schehen richten und als Behandlung des Leidens an sich gel- 
ten, weshalb sie nicht als medizinische Eingliederungsmass- 
nahme im Sinne von Art. 12 IVG qualifiziert werden können 
(AHI 1999 S. 127 Erw. 2d). 
    2.- a) Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, die 
für den Anspruch auf Physiotherapie entscheidende Frage, 
welcher Teil der Therapie - die Behandlung sekundären pa- 
thologischen Geschehens oder die unmittelbare Beeinflussung 
motorischer Funktionen - überwiege, lasse sich auf Grund 
der zur Verfügung stehenden Akten nicht beantworten. Aus 
diesem Grunde wies das Gericht die Sache an die IV-Stelle 
zurück, damit diese abkläre, welche Massnahmen die verord- 
nete Physiotherapie umfasst, mit besonderem Augenmerk da- 
rauf, inwieweit die nicht gelähmten Körperteile einbezogen 
würden. 
 
    b) Das Beschwerde führende Bundesamt wendet hiegegen 
zu Recht ein, diese Abklärung erübrige sich, weil ein An- 
spruch schon auf Grund der dauernden Notwendigkeit der an- 
begehrten Massnahme entfalle. Denn es steht fest und wird 
von keiner Seite bestritten, dass die therapeutischen Vor- 
kehren beim Beschwerdegegner voraussichtlich dauernd not- 
wendig sind, um der bestehenden grossen Rezidivgefahr vor- 
zubeugen und den Status quo einigermassen zu bewahren. Un- 
ter diesen Umständen ist die in Frage stehende Vorkehr 
nicht auf stabile Folgen der Lähmung und damit auch nicht 
auf einen zumindest relativ stabilisierten Zustand gerich- 
tet. Vielmehr geht es bei der Therapie primär darum, eine 
Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern, 
indem mit kontinuierlicher Behandlung zur Aufrechterhaltung 
des stationären Zustandes beigetragen wird. Bei diesen Ge- 
gebenheiten kann die Physiotherapie rechtsprechungsgemäss 
(vgl. Erw. 1 hievor) nicht als medizinische Eingliederungs- 
massnahme im Sinne von Art. 12 IVG in Verbindung mit Art. 2 
Abs. 3 IVV qualifiziert werden. Soweit der Beschwerdegegner 
unter Hinweis auf das ihn betreffende Urteil vom 18. Okto- 
ber 1995, I 147/95, und das nicht veröffentlichte Urteil L. 
vom 21. August 1995, I 360/94, etwas anderes geltend macht, 
stützt er sich auf eine überholte Rechtsprechung (vgl. ins- 
besondere AHI 1999 S. 125). Zu keiner anderen Beurteilung 
gibt schliesslich Anlass, dass die vorgenommenen Behandlun- 
gen sich günstig auf die Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit 
auswirken bzw. für die Erhaltung derselben wesentlich sind. 
Denn ein - in der Regel mit jeder Therapie verbundener - 
Eingliederungserfolg ist nicht entscheidend dafür, ob eine 
medizinische Vorkehr als Eingliederungsmassnahme im Sinne 
des Art. 12 Abs. 1 IVG anerkannt werden kann (BGE 120 V 279 
Erw. 3a, 115 V 194 Erw. 3, 112 V 349 Erw. 2). Unter diesen 
Umständen muss es bei der Feststellung sein Bewenden haben, 
dass die Invalidenversicherung die anbegehrte, an sich 
zweckmässige und sinnvolle Physiotherapie gleichwohl nicht 
zu übernehmen hat, indem die Massnahme in den Bereich der 
Krankenversicherung gehört (BGE 104 V 81 Erw. 1; AHI 1999 
S. 126 Erw. 2b). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
    der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons 
    Solothurn vom 17. September 1999 aufgehoben. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs- 
    gericht des Kantons Solothurn, der IV-Stelle des 
    Kantons Solothurn und der Ausgleichskasse des Kantons 
    Solothurn zugestellt. 
 
 
Luzern, 1. Mai 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: