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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_234/2007 
 
Urteil vom 31. Januar 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Reeb, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Thönen. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, 
 
gegen 
 
Dr. Leo Scherrer, Jugendanwaltschaft, Kasernenplatz 4, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Ausstand, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 13. September 2007 des Präsidenten der Anklagekammer des Kantons Thurgau. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ (geb. 1989) erhob am 19. September 2006 bei der Kantonspolizei Thurgau Strafanzeige gegen Y.________ (geb. 1989) wegen Verdachts der Vergewaltigung, eventuell sexueller Nötigung. X.________ wurde am 18. Oktober 2006 durch die Kantonspolizei St. Gallen befragt (Videobefragung). Y.________ wurde am 2. Dezember 2006 durch die Kantonspolizei Thurgau und am 19. Januar 2007 durch die Jugendanwaltschaft des Kantons Thurgau einvernommen. 
 
Mit Einstellungsverfügung vom 14. Februar 2007 stellte die Jugendanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen Y.________ mangels zureichender Gründe für eine weitere Strafverfolgung (§ 137 Abs. 1 StPO/TG) ein. 
 
Mit Entscheid vom 11. September 2007, spediert am 22. Oktober 2007, hiess die Anklagekammer des Kantons Thurgau die Beschwerde von X.________ gegen die Einstellungsverfügung gut und wies die Jugendanwaltschaft an, die Strafuntersuchung im Sinne der Erwägungen fortzusetzen. 
 
B. 
Mit Eingabe vom 9. Februar 2007 stellte X.________ bei der Anklagekammer des Kantons Thurgau ein Ausstandsbegehren gegen den Jugendanwalt. Der Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau wies das Ausstandsgesuch mit Verfügung vom 13. September 2007 ab. Er hielt dafür, der Jugendanwalt habe im Strafverfahren gegen Y.________ Verfahrensfehler gemacht. Diese seien aber nicht derart gravierend, dass sie einer Amtspflichtverletzung gleichzusetzen wären. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Verfahrensfehler wiederholt begangen worden wären. 
 
C. 
Mit Beschwerde an das Bundesgericht vom 17. Oktober 2007 beantragt X.________ die Aufhebung der Verfügung vom 13. September 2007. Der Jugendanwalt sei zu verpflichten, für die weitere Strafuntersuchung gegen Y.________ in den Ausstand zu treten, und die weitere Strafuntersuchung sei einem unbefangenen Untersuchungsrichter zu übertragen. Die Verfahrenskosten von Fr. 400.-- für das Ausstandsverfahren (vor der Anklagekammer) seien auf die Staatskasse zu nehmen, und die Anklagekammer sei zu verpflichten, die Beschwerdeführerin für das Ausstandsverfahren angemessen zu entschädigen. Sie ersucht überdies um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
Mit Eingabe vom 24. Oktober 2007 übersandte X.________ dem Bundesgericht den inzwischen zugestellten Entscheid der Anklagekammer vom 11. September 2007 betreffend Einstellung der Strafuntersuchung und stellte ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen. 
 
D. 
In der Vernehmlassung beantragt der Präsident der Anklagekammer die Abweisung der Beschwerde. Der Jugendanwalt habe Verfahrensfehler gemacht, die von der Anklagekammer mit Entscheid vom 11. September 2007 korrigiert worden seien. Dies bedeute aber nicht, dass der Jugendanwalt auch voreingenommen sei und in den Ausstand treten müsse. 
 
Der Jugendanwalt hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
E. 
Mit Präsidialverfügung vom 14. November 2007 hat das Bundesgericht dem Gesuch von X.________ vom 24. Oktober 2007 entsprochen, wonach die Jugendanwaltschaft anzuweisen sei, bis zum Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens keine weiteren Untersuchungshandlungen im Strafverfahren gegen Y.________ vorzunehmen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG). Es untersucht deshalb grundsätzlich von Amtes wegen, ob und inwiefern auf eine Beschwerde eingetreten werden kann (BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251). 
 
1.2 Bei der angefochtenen Verfügung des Präsidenten der Anklagekammer vom 13. September 2007 handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren (Art. 92 BGG), der sich auf kantonales Strafprozessrecht abstützt (Art. 78 Abs. 1 BGG, Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001, S. 4313). Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG zulässig. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben (Art. 100 Abs. 1 BGG). 
 
1.3 Der Präsident der Anklagekammer hat das Ausstandsgesuch als erste und - gemäss seiner Angabe in der Vernehmlassung - einzige kantonale Instanz behandelt. Für das Verfahren betreffend den Ausstand ist auch in Zukunft nur eine kantonale Instanz vorgesehen (Art. 59 Abs. 1 der am 5. Oktober 2007 beschlossenen, aber noch nicht in Kraft getretenen Schweizerischen Strafprozessordnung, BBl 2007, S. 6992). Das Prinzip der "double instance", wonach die Kantone für das Strafverfahren - auf einen späteren Zeitpunkt hin - obere Gerichte als Rechtsmittelinstanzen einzusetzen haben (Art. 80 Abs. 2 und Art. 130 Abs. 1 BGG), ist hier nicht einschlägig. Die angefochtene Verfügung ist gemäss Art. 80 Abs. 1 BGG letztinstanzlich. 
 
1.4 Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a); und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat, insbesondere das Opfer, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann (lit. b Ziff. 5). 
 
Zur Beschwerdelegitimation des Opfers ist die altrechtliche Praxis zu Art. 270 lit. e BStP und Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG weiterzuführen (Urteil 6B_127/2007 vom 23. Juli 2007 E. 2). Das Beschwerderecht ist namentlich gegeben, wenn sich der Sachlage und insbesondere der Art des in Frage kommenden Delikts unmittelbar und ohne Zweifel entnehmen lässt, welche Zivilforderungen das Opfer geltend machen könnte, und auch klar ersichtlich ist, inwiefern der angefochtene Entscheid sich negativ auf diese Forderungen auswirken kann (BGE 131 IV 195 E. 1.1.1 S. 196 f.; 127 IV 185 E. 1a S. 187; Urteil 6P.48/2005 vom 18. August 2005 E. 1). Im vorliegenden Fall sind diese Eintretensvoraussetzungen erfüllt. 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Anspruchs auf einen verfassungsmässigen Richter (Art. 30 Abs. 1 BV), der Verfahrensgarantien gemäss Art. 29 BV, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, und des Willkürverbots (Art. 9 BV). Der Präsident der Anklagekammer ist der Ansicht, die Prüfung der vorliegenden Beschwerde beschränke sich darauf, ob die kantonale Ausstandsbestimmung (§ 32 StPO/TG) willkürlich angewandt worden sei (Vernehmlassung vom 21. November 2007). 
 
2.1 Für die vorliegende Beschwerde in Strafsachen ergeben sich die zulässigen Beschwerdegründe aus Art. 95-98 BGG. Gemäss Art. 95 lit. a BGG kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Der Begriff des Bundesrechts umfasst auch Bundesverfassungsrecht (zur Publikation bestimmtes Urteil 6B_89/2007 vom 24. Oktober 2007 E. 1.4.1; Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001, S. 4335). Demnach ist die Beschwerde nicht auf die Willkürrüge beschränkt. Es ist zulässig, die Verletzung weiterer Grundrechte zu rügen. 
 
2.2 Die Beschwerdeführerin hat im kantonalen Verfahren nur die Verletzung der kantonalen Ausstandsvorschriften gerügt. Vor Bundesgericht rügt sie neu die Verletzung von Verfassungsrecht. Diese neuen rechtlichen Vorbringen sind zulässig, da sie den Streitgegenstand des Ausstandes betreffen (vgl. Art. 99 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), soweit die Beschwerde den Begründungs- und Rügeanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG entspricht (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). 
 
3. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Jugendanwalt habe den Angezeigten am 19. Januar 2007 einvernommen, ohne dies der Beschwerdeführerin mitzuteilen; er habe die Beschwerdeführerin konsequent nicht ins Verfahren einbezogen; er habe im Telefongespräch mit der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin vom 6. Februar 2007 gesagt, für ihn sei klar, dass an den Vorwürfen der Beschwerdeführerin nichts dran sei und dass er das Verfahren abschliessen werde; weiter habe der Jugendanwalt der Rechtsvertreterin telefonisch zugesagt, er werde die Einvernahme des Angezeigten wiederholen und die Beschwerdeführerin untersuchungsrichterlich einvernehmen; er habe trotz hängigem Ausstandsbegehren die Einstellungsverfügung am 14. Februar 2007 erlassen und der Beschwerdeführerin dazu das rechtliche Gehör nicht gewährt. 
 
4. 
4.1 Nach Art. 30 Abs. 1 BV hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem durch Gesetz geschaffenen, zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Ob die Garantie verletzt ist, prüft das Bundesgericht frei. 
 
4.2 Nach der Rechtsprechung findet Art. 30 Abs. 1 BV auf Untersuchungsbehörden nur Anwendung, sofern diese in richterlicher Funktion tätig sind. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn ein Untersuchungsrichter einen Strafbefehl erlässt oder ein Strafverfahren einstellt (BGE 112 Ia 142 E. 2b S. 145 f.). Handelt er jedoch in seiner übrigen Funktion als Strafuntersuchungs- oder Anklagebehörde, ist die Ausstandspflicht gemäss Art. 29 Abs. 1 BV zu beurteilen (BGE 127 I 196 E. 2b S. 198). Der vorliegende Fall des Jugendanwalts, der eine Einstellungsverfügung erlassen hat, beurteilt sich nach Art. 30 Abs. 1 BV
 
4.3 Art. 30 Abs. 1 BV ist verletzt, wenn bei einem Richter - objektiv betrachtet - Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen (BGE 131 I 113 E. 3.4 S. 116 mit Hinweisen). Solche Umstände können entweder in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Für den Ausstand wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken (BGE 131 I 24 E. 1.1 S. 25 mit Hinweisen). Mit anderen Worten muss gewährleistet sein, dass der Prozess aus Sicht aller Beteiligten als offen erscheint (BGE 133 I 1 E. 6.2 S. 6). 
 
4.4 Verfahrens- und Einschätzungsfehler und falsche Sachentscheide sind für sich allein nicht Ausdruck einer Voreingenommenheit. Es müssen objektiv gerechtfertigte Gründe dafür bestehen, dass sich in Fachfehlern gleichzeitig eine Haltung zeigt, die auf fehlender Distanz und Neutralität beruht (Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Bern 2001, S. 105 f.). Verstösse gegen materielles Recht oder gegen die Verfahrensordnung sind in erster Linie in dem dazu vorgesehenen Rechtsmittelverfahren bei der übergeordneten Gerichtsinstanz zu rügen. Deren Aufgabe besteht gerade darin, entsprechende Mängel zu beheben und auf diese Weise für ein faires Verfahren zu sorgen. Bejaht das Gericht entsprechende Mängel und weist daher in Gutheissung einer Beschwerde die Sache an die Vorinstanz zurück, so erscheint diese denn im allgemeinen trotz ihrer Vorbefassung nicht als voreingenommen (BGE 116 Ia 28 E. 2a S. 30 mit Hinweis). Anders verhält es sich lediglich, wenn besonders krasse und wiederholte Irrtümer vorliegen, diese einer schweren Amtspflichtverletzung gleichkommen und sich einseitig zu Lasten einer der Prozessparteien auswirken können (BGE 125 I 119 E. 3e S. 124; Urteil 1P.548/2005 vom 22. November 2005 E. 2.2; beide Zitate sind obiter dicta). 
 
5. 
5.1 Die Anklagekammer hat die Einstellungsverfügung der Jugendanwaltschaft vom 14. Februar 2007 wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgehoben. Gemäss dem - hier nicht angefochtenen - Entscheid der Anklagekammer vom 11. September 2007 wäre der Jugendanwalt verpflichtet gewesen, der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Einvernahme des Angezeigten vom 19. Januar 2007 das rechtliche Gehör zu gewähren. Überdies hätte er im Anschluss an des Telefongespräch vom 6. Februar 2007 die Beschwerdeführerin untersuchungsrichterlich befragen müssen. Es geht somit bereits aus der angefochtenen Verfügung hervor, dass der Untersuchungsrichter nicht nur einen, sondern mehrere Verfahrensfehler gemacht hat. 
 
5.2 Es fragt sich jedoch, ob diese Fehler - gesamthaft und objektiv betrachtet - derart schwer wiegen, dass sie einer schweren Amtspflichtverletzung bzw. einem besonders krassen Fehlverhalten gleichkommen (hiervor E. 4.4). Aufgrund der Akten ist davon auszugehen, dass dem Jugendanwalt, als er die Einstellungsverfügung erliess, die Strafanzeige und das Protokoll der polizeilichen Befragung der Beschwerdeführerin zur Verfügung standen. Er gibt in der Einstellungsverfügung die Vorwürfe der Beschwerdeführerin wieder. Der Jugendanwalt hat also die Aussagen der Beschwerdeführerin berücksichtigt, ist aber, aufgrund einer Würdigung der Aussagen beider Seiten (der Beschwerdeführerin und des Angezeigten), wie sie ihm im damaligen Zeitpunkt vorlagen, zum Schluss gekommen, es fehle an Beweisen für die Belastungen. Die Verfahrenseinstellung beruht auf seiner damaligen Einschätzung der Beweislage und kann nicht als Parteilichkeit gegenüber der Beschwerdeführerin gedeutet werden. 
 
5.3 Aufgrund der - unwidersprochenen - Behauptungen der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass der Jugendanwalt die Einstellungsverfügung vorbereitete, als er am 6. Februar 2007 mit der Anwältin der Beschwerdeführerin telefonierte. Er soll ihr damals mitgeteilt haben, dass das Verfahren eingestellt werde. Die Ankündigung der Verfahrenseinstellung am Telefon ist gleich zu beurteilen wie die Einstellungsverfügung, nämlich als Kundgabe der damaligen Einschätzung des Jugendanwalts gestützt auf die damalige Beweislage, aber nicht als Zeichen der Abneigung gegenüber der Beschwerdeführerin. 
 
5.4 Im Ergebnis ist mit dem Präsidenten der Anklagekammer festzuhalten, dass die Fehlleistungen des Jugendanwalts nicht derart schwer sind, dass sie einen Ausstand begründen. Der Jugendanwalt wird das Verfahren im Sinne des Entscheides der Anklagekammer weiterführen und danach erneut über den Fortgang des Verfahrens entscheiden. 
 
6. 
Die Beschwerdeführerin will einen weiteren Ausstandsgrund darin erkennen, dass der Jugendanwalt die Einstellungsverfügung vom 14. Februar 2007 erlassen hat, obwohl sie ihn bereits abgelehnt hatte. 
 
Das Ausstandsgesuch vom 9. Februar 2007 ist an die Anklagekammer in Bischofszell gerichtet. Wann der Jugendanwalt - mit Adresse in Frauenfeld - davon Kenntnis erhielt, ist nicht erstellt. Der Jugendanwalt äusserte gegenüber der Vertreterin der Beschwerdeführerin bereits zuvor die Absicht, das Verfahren einzustellen. Dieser Umstand lässt nach dem Gesagten nicht auf fehlende Distanz und Neutralität schliessen (hiervor E. 5). Der kurz darauf erfolgte Erlass der Einstellungsverfügung ist gleich zu beurteilen. Da diese Einstellungsverfügung überdies von der Anklagekammer aufgehoben wurde und die Strafuntersuchung fortzusetzen ist, wurden allfällige Nachteile behoben, die eine verfrühte Verfahrenseinstellung nach sich ziehen kann. Die Rüge ist unbegründet. 
 
7. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch unzureichende Begründung der angefochtenen Verfügung. 
 
7.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rechtliches Gehör. Daraus fliesst - nach Massgabe der einschlägigen Rechtsprechung - das Recht, sich im Verfahren zu äussern und einen begründeten Entscheid zu erhalten. In der Entscheidbegründung müssen jedenfalls kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Die Behörde muss sich allerdings nicht mit jeder Behauptung und jedem Einwand auseinandersetzen, sondern kann sich auf jene Gesichtspunkte beschränken, die für den Entscheid wesentlich sind (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242 f.; 126 I 97 E. 2 S. 102 f.). 
 
7.2 Der Präsident der Anklagekammer hat die Vorbringen der Beschwerdeführerin in der angefochtenen Verfügung wiedergegeben; ihre Einwände waren ihm also bekannt. Er wies das Ausstandsgesuch mit der Begründung ab, wonach die Fehler des Jugendanwalts nicht derart krass sind, dass deshalb eine Parteilichkeit anzunehmen wäre. Diese entscheidwesentliche Erwägung ist - wie gesehen - verfassungsrechtlich haltbar. Sie reicht als Begründung für die angefochtene Verfügung aus. Die Gehörsrüge geht fehl. 
 
8. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei besonders stossend, dass die Vorinstanz (der Präsident der Anklagekammer) der Beschwerdeführerin Kosten auferlegte und die Zusprache einer Entschädigung verweigerte. Das Verfahren sei offensichtlich durch das Verhalten des Jugendanwalts ausgelöst worden. 
 
8.1 Der angefochtene Kostenentscheid untersteht dem kantonalen Recht. Das Bundesgericht überprüft angefochtene Entscheide nicht lückenlos. Die richtige Anwendung kantonalen Rechts über Verfahrenskosten und Entschädigungen ist kein Beschwerdegrund (vgl. Art. 95 lit. c und d BGG). Zwar kann diesbezüglich die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. In Frage kämen hier allenfalls Grundrechtsverletzungen. Diese sind jedoch nach Vorschrift des Gesetzes nur insofern zu prüfen, als solche Rügen in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG). Es gilt diesbezüglich das qualifizierte Rügeprinzip; die Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde ist fortzuführen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
8.2 Die Beschwerdeführerin rügt bezüglich des Kostenentscheides keine konkrete Rechtsverletzung und zeigt namentlich nicht auf, inwiefern der Kostenentscheid verfassungswidrig sein soll. Auf das Vorbringen ist nicht einzutreten. 
 
9. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die übrigen Vorbringen, namentlich die Willkürrüge, gehen nicht über das bereits Behandelte hinaus, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen. 
 
Die Beschwerdeführerin ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin ist gemäss der angefochtenen Verfügung "ohne Zweifel ausgewiesen", und die Beschwerde ans Bundesgericht kann nicht als aussichtslos bezeichnet werden. Das Gesuch ist daher zu bewilligen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben, und der Vertreterin der Beschwerdeführerin ist eine Entschädigung auszurichten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird bewilligt. 
 
3. 
Es werden für das Verfahren vor Bundesgericht keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4. 
Der Vertreterin der Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet. 
 
5. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Jugendanwalt und dem Präsidenten der Anklagekammer des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 31. Januar 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Thönen