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[AZA] 
I 490/99 Ca 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer und nebenamtli- 
cher Richter Maeschi; Gerichtsschreiberin Glanzmann 
 
Urteil vom 9. März 2000  
 
in Sachen 
 
Bundesamt für Sozialversicherung, Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
G.________, 1972, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechts- 
anwalt E.________, 
 
und 
 
Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die 
IV-Stellen, Basel 
 
    A.- Der 1972 geborene G.________ absolvierte von 1989 
bis 1991 eine Bäckerlehre, welche er wegen allergischer 
Konjunktivitis und Asthma bronchiale per Ende Mai 1991 auf- 
geben musste. Dennoch konnte er die Lehre am 13. August 
1991 mit der gesetzlichen Prüfung erfolgreich abschliessen. 
Bereits am 22. April 1991 hatte er sich wegen Bäckerasthma 
zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung angemel- 
det. Bevor die beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten ab- 
geklärt waren, nahm er am 1. September 1991 eine Tätigkeit 
als Kranführer bei der N.________ AG auf. Ende Februar 1995 
erkundigte er sich nach einer möglichen neuen Lehre. Mit 
Verfügung vom 25. Juni 1998 leistete die IV-Stelle Basel- 
Stadt Kostengutsprache für die erstmalige Ausbildung zum 
Koch in der Zeit vom 1. August 1998 bis 31. Juli 2001. Fer- 
ner sprach sie G.________ am 9. Juli 1998 verfügungsweise 
für die Dauer der Eingliederungsmassnahme ein sogenanntes 
kleines Taggeld zu. 
 
    B.- In teilweiser Gutheissung der gegen die Taggeld- 
verfügung der IV-Stelle vom 9. Juli 1998 eingereichten 
Beschwerde hob die Kantonale Rekurskommission für die Aus- 
gleichskassen und die IV-Stellen, Basel, die angefochtene 
Verfügung mit Entscheid vom 21. Mai 1999 auf und wies die 
Sache zur Neuberechnung des Taggeldanspruchs an die Verwal- 
tung zurück. In der Begründung führte sie im Wesentlichen 
aus, der Versicherte habe invaliditätsbedingt auch die Tä- 
tigkeit als Kranführer aufgeben müssen, weshalb die Ausbil- 
dung zum Koch als Umschulung zu qualifizieren sei mit der 
Folge, dass Anspruch auf das "grosse" Taggeld bestehe. 
 
    C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, der kanto- 
nale Entscheid sei aufzuheben. 
    Der Versicherte lässt auf Abweisung der Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde schliessen. Die IV-Stelle beantragt Gut- 
heissung der Beschwerde. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen 
über den Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung 
(Art. 16 IVG) und Umschulung (Art. 17 IVG) sowie die dies- 
bezüglich unterschiedlichen Taggeldbemessungsgrundlagen 
(Art. 22 Abs. 1, Art. 24 Abs. 2 und 2bis IVG; Art. 21 
Abs. 2 und Art. 21bis IVV) richtig dargelegt. Darauf kann 
verwiesen werden. 
 
    2.- Es steht fest, dass der Versicherte wegen seiner 
Berufskrankheit bereits während der Ausbildung zum Bäcker 
arbeitsunfähig war und die Lehre aus gesundheitlichen 
Gründen vorzeitig abbrechen musste. Nach Art. 6 Abs. 2 IVV 
kann in solchen Fällen eine neue berufliche Ausbildung nur 
dann einer Umschulung gleichgestellt werden, wenn das 
während der abgebrochenen Ausbildung zuletzt erzielte 
Erwerbseinkommen höher war als das nach Art. 24 Abs. 2bis  
IVG zulässige Höchsttaggeld für Alleinstehende mit den 
vollen Zuschlägen nach Art. 24bis und 25 IVG. Diese Voraus- 
setzung ist im vorliegenden Fall unbestrittenermassen nicht 
erfüllt; es kann auf Erwägung 2b des vorinstanzlichen Ent- 
scheides verwiesen werden. Unerheblich ist, dass der Ver- 
sicherte die abgebrochene Lehre nach Eintritt des Versi- 
cherungsfalles noch abschliessen konnte (BGE 121 V 186
bestätigt im nicht veröffentlichten Urteil K. vom 1. Juli 
1997, I 116/96). 
    Fraglich ist dagegen, welche Bedeutung dem Umstand 
zukommt, dass der Beschwerdegegner auch die in der Folge 
bei der N.________ AG ausgeübte Tätigkeit als Kranführer 
auf Grund seines asthmatischen Leidens aufgeben musste. Die 
Vorinstanz geht diesbezüglich von einem neuen Versiche- 
rungsfall aus, was das BSV als unzutreffend betrachtet. 
    3.- Aus den Akten geht hervor, dass der Versicherte im 
September 1991 von sich aus die Beschäftigung als Kranfüh- 
rer angenommen und gegenüber der IV-Regionalstelle Basel 
für berufliche Eingliederung ausdrücklich gesagt hatte, 
dass er eine "Umschulung" im Sinne einer zweiten Lehre je- 
denfalls zur Zeit nicht absolvieren wolle (Bericht vom 
19. November 1991). Erst am 24. Februar 1995 teilte er der 
Invalidenversicherung mit, dass er nun eine neue Lehre be- 
ginnen möchte. In einem Bericht vom 28. Juni 1995 bezeich- 
net die Allergologische Poliklinik des Kantonsspitals 
Y.________ die Umschulung auf einen andern Beruf als ange- 
zeigt, weil bei der Arbeit im Rheinhafen in nächster Nähe 
des Versicherten auch Getreide gelöscht werde, worauf es 
jeweils zu einer Verschlechterung des Asthmas komme und die 
ganztägige Arbeit draussen während der Pollensaison zusätz- 
liche rhinokonjunktivale und asthmatische Beschwerden ver- 
ursache. Es besteht kein Grund, diese ärztlichen Angaben in 
Frage zu stellen, auch wenn festzuhalten ist, dass der Ver- 
sicherte die Tätigkeit als Kranführer während mehr als fünf 
Jahren ausgeübt hat, bevor er sich erneut bei der Invali- 
denversicherung meldete. Den Akten lässt sich zudem entneh- 
men, dass er in einer Lagerhalle und nicht im Freien arbei- 
tete. Anderseits liegen aber auch keine Anhaltspunkte dafür 
vor, dass sich das Allergieproblem während der Tätigkeit 
als Kranführer in einer für den Anspruch auf berufliche 
Eingliederungsmassnahmen relevanten Weise verschlimmert 
hätte. Insbesondere war schon vor Aufnahme der Tätigkeit 
als Kranführer eine latente Sensibilisierung auf Gräser- 
und Roggenpollen bekannt (Arztberichte des Dr. B.________ 
vom 15. Mai und 24. Juni 1991). Ausserdem wurde von der 
Dermatologischen Klinik des Kantonsspitals Y.________ be- 
reits am 16. Mai 1991 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass 
der Versicherte einen Beruf ergreifen sollte, welcher keine 
Kontakte mit organischen oder anorganischen Stäuben, Tier- 
haaren oder Pflanzen mit sich bringe. 
    Soweit die Tätigkeit als Kranführer für den Beschwer- 
degegner in gesundheitlicher Hinsicht ungeeignet war, war 
sie es somit von Anfang an, so dass kein neuer Versiche- 
rungsfall gegeben ist. Entgegen seinen Ausführungen in der 
Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat der 
Versicherte die Tätigkeit als Kranführer nicht auf Anraten 
der Invalidenversicherung aufgenommen. Aus den Akten ist 
vielmehr ersichtlich, dass er offenbar aus finanziellen 
Erwägungen von sich aus die zunächst in Betracht gezogene 
zweite Berufslehre als Koch, Metzger oder Käser zugunsten 
einer sofortigen Erwerbstätigkeit zurückstellte. Wenn er 
nunmehr eine Berufslehre als Koch antritt, unternimmt er 
nichts anderes als die bereits anlässlich der invaliditäts- 
bedingten Aufgabe der Bäckerlehre angezeigt gewesene beruf- 
liche Ausbildung. Nachdem die massgebende Invalidität schon 
vor Abschluss der erstmaligen beruflichen Ausbildung einge- 
treten ist und der Versicherte nach dem invaliditätsbeding- 
ten Abbruch der Lehre eine ungeeignete und auf die Dauer 
unzumutbare Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, ist die Aus- 
bildung zum Koch als berufliche Neuausbildung gemäss 
Art. 16 Abs. 2 lit. b IVG zu qualifizieren. Dem Versicher- 
ten steht daher lediglich das "kleine" Taggeld gemäss 
Art. 22 IVG in Verbindung mit Art. 21bis Abs. 1 IVV zu, wie 
die Verwaltung zu Recht festgestellt hat. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
    der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für die 
    Ausgleichskassen und die IV-Stellen, Basel, vom 
    21. Mai 1999 aufgehoben. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, der Kantonalen Re- 
    kurskommission für die Ausgleichskassen und die IV- 
    Stellen, Basel, der IV-Stelle Basel-Stadt und der 
    Ausgleichskasse Basel-Stadt zugestellt. 
 
 
Luzern, 9. März 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: 
 
i.V.