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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_260/2022  
 
 
Urteil vom 15. Januar 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hofmann, 
Gerichtsschreiber Caprara. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Laura Jetzer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
2. B.________, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Schändung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 15. Juni 2022 (SB210502-O/U/bs). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Bülach verurteilte A.________ am 20. Mai 2021 wegen Schändung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Es verzichtete auf eine Landesverweisung. Die Genugtuung für die Privatklägerin B.________ setzte es auf Fr. 3'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 6. Oktober 2017 fest, die übrigen Zivilansprüche verwies es auf den Zivilweg. 
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Urteil vom 15. Juni 2022 den erstinstanzlichen Schuldspruch und bestrafte A.________ mit einer bedingten Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Es verwies das Schadenersatzbegehren der Privatklägerin auf den Zivilweg und bestätigte die erstinstanzlich zugesprochene Genugtuung. Weiter befand es über die Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
 
C.  
Dagegen gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 15. Juni 2022 sei aufzuheben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen und für das bundesgerichtliche Verfahren sei ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. A.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
Die kantonalen Akten wurden eingeholt, nicht jedoch Vernehmlassungen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer wurde von der letzten kantonalen Instanz strafrechtlich verurteilt und führt frist- und formgerecht Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht (Art. 42 Abs. 1, Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf seine Beschwerde ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anklagegrundsatzes. Er macht geltend, das objektive Tatbestandsmerkmal der Widerstandsunfähigkeit aufgrund des Zusammenwirkens von verschiedenen Faktoren einschliesslich der substanzbedingten Bewusstseinsbeeinträchtigung durch Cannabis und Alkohol sei nicht angeklagt. Die Vorinstanz habe diesen Teilfaktor nicht in der Summe mit anderen Faktoren zusammen werten und gestützt darauf Widerstandsunfähigkeit annehmen dürfen.  
 
2.2. Die Anklageschrift bezeichnet gemäss Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung. Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten und in Art. 9 Abs. 1 und Art. 325 StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der angeschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 147 IV 439 E. 7.2; 144 I 234 E. 5.6.1; 143 IV 63 E. 2.2; je mit Hinweisen).  
Die beschuldigte Person muss aus der Anklage ersehen können, wessen sie angeklagt ist. Das bedingt eine zureichende Umschreibung der Tat. Sie darf nicht Gefahr laufen, erst an der Gerichtsverhandlung mit neuen Anschuldigungen konfrontiert zu werden (BGE 143 IV 63 E. 2.2 mit Hinweisen). Das Gericht ist an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an die darin vorgenommene rechtliche Würdigung gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO). Das Anklageprinzip ist verletzt, wenn die angeklagte Person für Taten verurteilt wird, bezüglich welcher die Anklageschrift den inhaltlichen Anforderungen nicht genügt, oder wenn das Gericht mit seinem Schuldspruch über den angeklagten Sachverhalt hinausgeht (Urteile 6B_424/2021 vom 26. Januar 2023 E. 1.2.2; 6B_709/2021 vom 12. Mai 2022 E. 1.2; 6B_1404/2020 vom 17. Januar 2022 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 148 IV 124; je mit Hinweisen). 
Ergibt das gerichtliche Beweisverfahren, dass sich das Tatgeschehen in einzelnen Punkten anders abgespielt hat, als im Anklagesachverhalt dargestellt, so hindert der Anklagegrundsatz das Gericht nicht, die beschuldigte Person aufgrund des abgeänderten Sachverhaltes zu verurteilen, sofern die Änderungen für die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts nicht ausschlaggebende Punkte betreffen und die beschuldigte Person Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen (Urteil 6B_239/2022 vom 22. März 2023 E. 4.3 mit Hinweisen). 
 
2.3. Gemäss der Anklage betrat der Beschwerdeführer das Zimmer, in welchem die Beschwerdegegnerin 2 gerade Geschlechtsverkehr mit C.________ hatte, und begab sich neben das Bett, in welchem die beiden lagen. In der Folge streckte er der auf dem Rücken liegenden Beschwerdegegnerin 2 seinen nicht erigierten Penis in den Mund bzw. legte er diesen eventualiter auf ihre Lippen. Dabei war die Beschwerdegegnerin 2 aufgrund ihrer geschlossenen Augen und weil sie den Penis anfänglich für einen Finger von C.________ hielt, nicht fähig, einen Widerstandswillen zu fassen bzw. einen solchen kundzutun, bis sie nach ca. drei bis fünf Sekunden realisiert hatte, was vor sich ging und den Beschwerdeführer fort wies.  
Gemäss Anklage soll der Beschwerdeführer gewusst haben, dass die Beschwerdegegnerin 2 erst zum Widerstand fähig sein würde, nachdem sie vollauf begriffen hatte, was vor sich ging, und dass dies - aufgrund ihrer geschlossenen Augen und des Umstandes, dass sie derzeit Geschlechtsverkehr mit einem anderen Partner hatte und entsprechend abgelenkt war - nicht augenblicklich der Fall sein würde, was er ausnützen wollte und auch ausnützte oder zumindest billigend in Kauf nahm. 
 
2.4. Die Vorinstanz geht zusammenfassend davon aus, dass die Beschwerdegegnerin 2 aufgrund des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren, d.h. der substanzbedingten Bewusstseinsbeeinträchtigung, der Vertiefung in den Geschlechtsverkehr mit C.________ mit geschlossenen Augen und das völlig unerwartete Hinzutreten des Beschwerdeführers, situationsbedingt vollständig widerstandsunfähig war. Sowohl der Überraschungseffekt als auch der Irrtum über den Geschlechtspartner seien für die sexuelle Handlung relevant gewesen.  
 
2.5. Das angefochtene Urteil verletzt den Anklagegrundsatz und die vom Beschwerdeführer angerufenen Rechte (Art. 9 Abs. 1 StPO, Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und lit. b EMRK) nicht. Die Anklage beschreibt die sich aus der Tatsituation ergebende Widerstandsunfähigkeit der Beschwerdegegnerin 2, welche aus der Ablenkung durch den Geschlechtsverkehr mit einem anderen Sexualpartner und dem Irrtum über den Geschlechtspartner (bzw. über die Frage, wem das Körperteil auf ihrem Mund zuzuordnen sei) hervorgeht. Dass die Vorinstanz unter allen Sachverhaltselementen auch die Alkoholisierung und den Cannabiskonsum der Beschwerdegegnerin 2 als nebensächlichen Begleitumstand, wie sich die Tat konkret und im Detail abgespielt hat, in ihre Beweiswürdigung einbezieht, ändert am Kern des Tatvorwurfs nichts. Denn die Vorinstanz legt ihrer Beurteilung weder einen anderen als den angeklagten Sachverhalt zugrunde noch geht sie davon aus, der gesundheitliche Aspekt (Substanzkonsum) sei kausal bzw. entscheidend für die Widerstandsunfähigkeit gewesen. Vielmehr schreibt sie die Widerstandsunfähigkeit in objektiver Hinsicht zur Hauptsache den angeklagten Tatumständen zu, d.h. der Ablenkung durch den Sex mit einem anderen Partner und dem Irrtum über den Sexualpartner, welcher sich daraus ergibt, dass die Beschwerdegegnerin 2 die Anwesenheit des Beschwerdeführers nicht bemerkte. In Bezug auf den subjektiven Tatbestand geht die Vorinstanz sodann davon aus, dass der Beschwerdeführer die Widerstandsunfähigkeit der Beschwerdegegnerin 2 aufgrund der Tatsituation (Ablenkung durch Sexualverkehr mit geschlossenen Augen, fehlendes Bemerken des Beschwerdeführers, Irrtum über den Sexualpartner) hätte erkennen müssen. Hingegen schliesst sie in keiner Weise darauf, dass der Beschwerdeführer um den Cannabis- und Alkoholkonsum Kenntnis gehabt hätte bzw. hätte haben müssen. Der Beschwerdeführer wusste, wogegen er sich zur Wehr setzen musste, zumal er vor Vorinstanz mit keinen neuen oder überraschenden Vorwürfen konfrontiert wurde, die nicht aus der Anklage resultieren.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts. Er bestreitet nicht, das Zimmer betreten zu haben, in welchem die Beschwerdegegnerin 2 mit einem anderen Mann einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt habe, dass sie ihre Augen geschlossen und er ihr seinen nicht erigierten Penis auf die Lippen gelegt habe. Ebenso wenig stellt er in Abrede, dass die Beschwerdegegnerin 2 seinen Penis anfänglich für einen Finger von C.________ gehalten und diesen kurzzeitig in den Mund genommen habe. Hingegen beanstandet er die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung, wonach sein Penis drei Sekunden im Mund der Beschwerdegegnerin 2 gewesen sei. Vielmehr geht er von einer Sekunde aus, zumal die Beschwerdegegnerin 2 in einer WhatsApp-Nachricht an eine Freundin von einer Sekunde gesprochen habe. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz gehe willkürlich von einer Schockstarre der Beschwerdegegnerin 2 aus, zumal diese in der besagten Nachricht ausführe, sie habe sich sofort gewehrt bzw. zugebissen.  
 
3.2. Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob sein Penis eine oder drei Sekunden im Mund der Beschwerdegegnerin 2 war, ist für das Beweisergebnis als solches und dessen rechtliche Würdigung nicht relevant. Darauf ist nicht einzutreten. Nichts ableiten kann der Beschwerdeführer sodann aus den in seinen Augen widersprüchlichen Angaben der Beschwerdegegnerin 2 zur Schockstarre, da er die äusseren Tatumstände vor Bundesgericht nicht bestreitet. Auch darauf ist nicht einzutreten.  
Angesichts des Geständnisses des Beschwerdeführers hinsichtlich der äusseren Tatumstände trägt schliesslich der von der Beschwerdegegnerin 2 separat angezeigte Vorfall vom selben Abend bezüglich eines anderen Beschuldigten nichts zur Sache bei. Dies gilt auch für die Ausführungen des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin 2 habe am Tatabend dreimal geschlechtlich mit C.________ verkehrt und der angeklagte Vorfall habe sich erst beim dritten Mal ereignet. Es ist entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht ersichtlich, inwieweit dadurch die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen unhaltbar wären. 
Schliesslich setzt sich der Beschwerdeführer in seiner Kritik diesbezüglich auch nicht mit den umfassenden vorinstanzlichen Ausführungen zur personenbezogenen Glaubwürdigkeit der Beschwerdegegnerin 2 auseinander, wo weitere Elemente berücksichtigt werden, wie namentlich die vom Bundesgericht geschützte Verfahrenstrennung (Urteil 1B_524/2020 vom 28. Dezember 2020, E. 2.1-2.4 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 147 IV 188). 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Beschwerdegegnerin 2 sei nicht widerstandsunfähig im Sinne von Art. 191 StGB gewesen. Es reiche hierfür nicht aus, dass die Beschwerdegegnerin 2 zunächst den Penis in ihrem Mund geduldet habe, weil sie gedacht habe, es handle sich um einen Finger ihres Sexualpartners. Vorliegend liege eine sexuelle Belästigung nach Art. 198 Abs. 2 StGB vor, die bereits verjährt sei. Der Vergleich mit BGE 119 IV 230 sei nicht stichhaltig. Die Vorinstanz verletze mit der rechtlichen Qualifikation Art. 191 StGB.  
 
4.2. Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen der rechtlichen Würdigung von anderen Sachverhaltselementen ausgeht als die Vorinstanz, ohne Willkür zu behaupten oder zu substanziieren, ist auf seine Rüge mangels hinreichender Begründung (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht einzutreten. Dies gilt etwa für die Behauptung, die Beschwerdegegnerin 2 sei weder bekifft noch betrunken gewesen.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Gemäss Art. 191 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer eine urteilsunfähige oder zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht.  
 
4.3.2. Nach der Rechtsprechung gilt als im Sinne von Art. 191 StGB widerstandsunfähig, wer nicht imstande ist, sich gegen ungewollte sexuelle Kontakte zu wehren, weil er seinen Abwehrwillen nicht (wirksam) fassen oder äussern oder in einen Abwehrakt umsetzen kann. Die Gründe einer Widerstandsunfähigkeit können dauernd, vorübergehend oder situationsbedingt sein. Die Kasuistik umfasst etwa Fälle von schwerer geistiger Einschränkung infolge einer starken Intoxikation mit Alkohol oder Drogen, solche von fehlendem körperlichem Reaktionsvermögen (beispielsweise wegen eines Gebrechens oder einer Fesselung) und schliesslich auch besondere Konstellationen wie ein Zusammenwirken von Schläfrigkeit, Alkoholisierung und einem Irrtum über die Identität des (für den Ehemann gehaltenen) Sexualpartners. Vorausgesetzt wird, dass die Fähigkeit zu Abwehrhandlungen ganz aufgehoben und nicht nur eingeschränkt ist. Wird ein Rest von Widerstand überwunden, liegt eine Tat nach Art. 189 f. StGB vor. Die Tathandlung des Missbrauchs nach Art. 191 StGB besteht darin, dass sich der Täter die Widerstandsunfähigkeit des Opfers bewusst zunutze macht, um eine sexuelle Handlung zu vollziehen (BGE 148 IV 329 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
4.3.3. Bei der Schändung liegt der besondere Handlungsunwert im Missbrauch einer persönlich oder situativ bedingten Wehrlosigkeit des (dadurch schutzbedürftigen) Opfers. Dieses wird vom Täter als willenloses Mittel zum Zweck der eigenen sexuellen Befriedigung instrumentalisiert. Kennzeichnend - und für den Schutz durch Art. 191 StGB vorausgesetzt - ist eine in der Person des Opfers liegende dauerhafte Eigenschaft (kindliches Alter, geistige Behinderung etc.) oder eine vorübergehende körperliche oder kognitive Beeinträchtigung (durch Schlaf, Rausch etc.), d.h. ein Schwächezustand, der das dergestalt verwundbare Opfer dem Täter ausliefert (BGE 148 IV 329 E. 5.2 mit Hinweisen).  
 
Somit stellt Art. 191 StGB den Missbrauch einer vorbestehenden Urteils- oder Widerstandsunfähigkeit unter Strafe. Das Unvermögen, frei über seine Beteiligung an einer konkreten sexuellen Handlung zu entscheiden und Zustimmung oder Ablehnung zu artikulieren, begründet dann eine Wehrlosigkeit im Sinne von Art. 191 StGB, wenn dieses Defizit auf eine unabhängig von den Umständen des Sexualkontakts bestehende Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Abwehr zurückzuführen ist. Hingegen ist dieser Tatbestand nicht erfüllt, wenn die fehlende Abwehr auf andere Hindernisse beim Finden oder Betätigen des Willens betreffend den Sexualkontakt zurückzuführen ist, d.h. wenn etwa ein Irrtum über die Natur der (sexuellen) Handlung vorliegt oder eine unvermittelt mit einem Übergriff konfrontierte Person allein aufgrund des Überraschungseffekts nicht rechtzeitig reagieren kann (BGE 148 IV 329 E. 5.2 mit Hinweisen). 
 
4.3.4. Die Vorinstanz geht zutreffend von einer temporären vollumfänglichen Widerstandsunfähigkeit der Beschwerdegegnerin 2 und der bewussten Ausnützung dieser Situation durch den Beschwerdeführer aus. Die Beschwerdegegnerin 2, welche mit geschlossenen Augen den Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann vollzog, konnte sich aufgrund ihrer anderweitigen Beschäftigung weder einen Willen hinsichtlich des Sexualkontakts mit dem unbemerkt an sie heran getretenen Beschwerdeführer bilden noch sich vorgängig zur Wehr setzen. Vielmehr war sie der Handlung des Beschwerdeführers wehrlos ausgeliefert und ein wesentlicher Teil derselben mit der Positionierung des Gliedes auf ihrem Mund bereits vollzogen (analog zur Frau, welche auf einem Gynäkologenstuhl liegend missbraucht wird, weil sie aufgrund ihrer Position nicht sehen kann, vgl. BGE 103 IV 165: "Fiel aber in casu das Sehen weg, so verblieb den Frauen als anderweitige Wahrnehmung das körperliche Empfinden im Bereich des Geschlechtsteils. Das aber bedeutete in diesem Fall nichts anderes, als dass sie erst reagieren konnten, als der Täter bereits im Begriff war, sie zu missbrauchen."), dies schon bevor die Beschwerdegegnerin 2 den Penis des Beschwerdeführers kurz in den Mund nahm. Dabei erachtet die Vorinstanz den Irrtum der Beschwerdegegnerin 2 zu Recht als ausschlaggebend für das Tolerieren des Penis auf dem Mund und ihre anschliessende eigene sexuelle Betätigung. Hingegen wertet die Vorinstanz den Überraschungsmoment richtigerweise nicht als alleine entscheidend. Nichts an der Wehrlosigkeit ändert der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin 2 rein hypothetisch den Kopf hätte drehen und ihre Augen öffnen können, denn das Bundesgericht hat in der Vergangenheit zur Frage der Wehrlosigkeit nicht auf einen hypothetischen, sondern den effektiven Geschehensablauf abgestellt (vgl. BGE 103 IV 165, in welchem von der tatsächlichen physischen Position des Opfers auf dem Gynäkologenstuhl ausgegangen wurde, und BGE 119 IV 230, in welchem das Bundesgericht festhielt, dass eine Frau eine fremde Person, mit der sie in der Dunkelheit den Geschlechtsverkehr vollzog und aufgrund der physischen Merkmale für ihren Ehemann hielt, nicht als fremd erkannte).  
 
4.3.5. Ebenso lag BGE 148 IV 329 (E. 5.5) ein anderer Sachverhalt als im vorliegenden Fall zugrunde. Der Beschwerdeführer zitiert dieses Urteil verkürzt, wenn er ausführt, ein "Irrtum" reiche für die Erfüllung des Tatbestandes der Schändung nach Art. 191 StGB nicht aus. Das Bundesgericht ist dort zum Schluss gelangt, das sogenannte "Stealthing", d.h. das unbemerkte Entfernen des Kondoms während des Geschlechtsaktes, falle nicht unter Art. 191 StGB. Indessen hat das dortige Opfer den Geschlechtspartner bewusst gewählt und mit diesem auch willentlich den Geschlechtsverkehr vollzogen. Hingegen hat sich das Bundesgericht dort zum Irrtum über den Geschlechtspartner nicht geäussert. Vielmehr ist der vorliegende Fall vergleichbar mit dem BGE 119 IV 230 (E. 3a), in welchem das Opfer sich über die Identität des Geschlechtspartners irrte und fälschlicherweise annahm, es handle sich um ihren im selben Zimmer schlafenden Ehemann. Das Bundesgericht hat erwogen, "die Geschädigte befand sich in einer Situation, in der sie nicht damit rechnen musste, von einem Fremden sexuell angegangen zu werden." Gleich verhält es sich vorliegend. Nichts anderes ergibt sich auch aus den vom Beschwerdeführer zitierten weiteren Urteilen des Bundesgerichts. Gestützt auf die von ihr festgestellten Sachverhaltselemente hat die Vorinstanz in Einklang mit Bundesrecht die objektive und subjektive Tatbestandsmässigkeit der Handlung bejaht. Eine Verletzung der vom Beschwerdeführer genannten Rechte liegt nicht vor.  
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist gutzuheissen, da die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG) und seine Rechtsvertreterin ist aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 
 
2.1. Rechtsanwältin Laura Jetzer wird als unentgeltliche Rechtsvertreterin ernannt und mit Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.  
 
2.2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Januar 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Caprara