Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 0} 
H 105/05 
 
Urteil vom 19. Januar 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiberin Keel Baumann 
 
Parteien 
R.________, Beschwerdeführer, vertreten durch die Treuhand AG X.________, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 26. Mai 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 15. Januar 2004 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zürich R.________ als ehemaligen Verwaltungsrat der (der Kasse ab 1. Juli 1995 als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossenen) Firma A.________ mit Sitz in Y.________ zur Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 173'592.25 für in den Jahren 1998 bis 2001 entgangene AHV/IV/EO/ALV/FAK-Beiträge. Auf Einsprache des R.________ hin reduzierte sie die Schadenersatzforderung auf Fr. 121'396.80 (Entscheid vom 20. April 2004). 
B. 
R.________ erhob mit Eingabe vom 19. Mai 2004 Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Einspracheentscheides. Im Juni 2004 wurde über die Firma A.________ der Konkurs eröffnet und im August 2004 mangels Aktiven wieder eingestellt. Mit Verfügung vom 1. Oktober 2004 wurde dem allenfalls mitinteressierten E.________ (ehemals Geschäftsführer und später Verwaltungsrat der Firma A.________) vom Beschwerdeverfahren Kenntnis gegeben und Frist angesetzt, um sich dazu zu äussern, ob er dem Prozess beitreten wolle, wovon dieser indessen keinen Gebrauch machte. Mit Entscheid vom 26. Mai 2005 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab. 
C. 
R.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Entscheides. 
 
Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als Sozialversicherungsbeiträge kraft Bundesrechts streitig sind. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es sich bezüglich der Beitragsschuld gegenüber der Ausgleichskasse für kantonale Familienzulagen verhält (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis). 
2. 
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
3. 
3.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Nach den anwendbaren intertemporalrechtlichen Grundsätzen (BGE 131 V 243 Erw. 2.1, 130 V 259 Erw. 3.5, 333 Erw. 2.3, 425 Erw. 1.1, 447 Erw. 1.2.1, je mit Hinweisen) ist im Falle einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen diejenige Ordnung massgebend, die zur Zeit galt, als sich der zu Rechtsfolgen führende Sachverhalt verwirklicht hat. Damit findet hier die seit 1. Januar 2003 geltende Regelung Anwendung. Denn der Gegenstand der Schadenersatzverfügung, des Einspracheentscheides und des vorinstanzlichen Erkenntnisses bildende Schaden ist am 3. März 2003 eingetreten, zu welchem Zeitpunkt nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Erw. 2 hievor) der vom Beschwerdeführer formal verwalteten Firma A.________ fünf (die Beitragsjahre 1998 bis 2001 betreffende) definitive Pfändungsverlustscheine im Sinne von Art. 149 SchKG ausgestellt worden sind (BGE 129 V 195 Erw. 2.2, 123 V 15 Erw. 5b, 113 V 257 f.). 
3.2 Im angefochtenen Entscheid werden die rechtlichen Grundlagen (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) und die zur subsidiären Haftbarkeit der Organe (vgl. statt vieler BGE 123 V 15 Erw. 5b und 129 V 11) sowie zur Haftungsvoraussetzung des zumindest grobfahrlässigen Verschuldens (BGE 108 V 186 Erw. 1b, 193 Erw. 2b) ergangene Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Richtig ist nach den dargelegten intertemporalrechtlichen Grundsätzen (Erw. 3.1) auch der Hinweis, dass der mit der Einführung des ATSG der Bestimmung des Art. 52 AHVG beigefügte Absatz 3 Anwendung findet, welcher das alte einjährige Verwirkungsregime gemäss aArt. 82 AHVV durch Einführung einer neuen zweijährigen relativen Verjährungsfrist ab zumutbarer Schadenskenntnis (zur Kenntnis des Schadens im Falle der Betreibung auf Pfändung: BGE 113 V 257 f.; ZAK 1991 S. 127 Erw. 2a) ersetzt. 
4. 
4.1 Die zweijährige Verjährungsfrist gemäss Art. 52 Abs. 3 AHVG begann mit der Ausstellung der fünf erwähnten Verlustscheine am 3. März 2003 zu laufen, weshalb der Schadenersatzanspruch mit der Verfügung vom 15. Januar 2004 rechtzeitig geltend gemacht worden ist. Die Versuche in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, einen früheren, die zumutbare Schadenskenntnis auslösenden Zeitpunkt zu begründen, gehen fehl: Abgesehen davon, dass der Ausgleichskasse bis zur Ausstellung der definitiven Pfändungsverlustscheine noch gar kein Schaden erwachsen war - die Firma fiel erst im Juni 2004 in Konkurs -, vermögen chronische Zahlungsschwierigkeiten, welche seitens der Ausgleichskasse Inkassomassnahmen erforderlich machen, praxisgemäss keine zumutbare Schadenskenntnis zu begründen, weil sie allein nicht dazu führen, dass die Ausgleichskasse alle tatsächlichen Umstände über die Existenz, die Beschaffenheit und die wesentlichen Merkmale des Schadens kennt und in der Lage ist, die Höhe der Forderung zu beziffern (vgl. BGE 129 V 195 Erw. 2.1, 128 V 12 Erw. 5a, 116 V 76 Erw. 3b). 
4.2 Nach den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid (Erw. 2 hievor) hat die nachmals konkursite Arbeitgeberfirma in den Jahren 1998 bis 2001 eine Lohnsumme von Fr. 1'468'966.60 ausbezahlt und ist im gleichen Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von Fr. 121'396.80 schuldig geblieben, was sowohl in zeitlicher als auch in betraglicher Hinsicht einen erheblichen Beitragsausstand darstellt. Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, ist die Arbeitgeberin der ihr obliegenden Beitragsablieferungspflicht (Art. 14 Abs. 1 AHVG) während längerer Zeit in widerrechtlicher und schuldhafter Weise nicht nachgekommen, was sich der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen (Kleinfirma, überschaubare Verhältnisse, wenige Angestellte) als grobfahrlässige Verletzung der Beitragszahlungspflicht gegenüber der AHV anrechnen lassen muss (vgl. BGE 108 V 203 Erw. 3b; vgl. auch Thomas Nussbaumer, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG, in: AJP 1996 S. 1078). An der Verletzung der AHV-rechtlichen Zahlungspflichten ändert nichts, dass seitens der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, noch ein Guthaben zu erwarten war (das offenbar bis heute nicht ausbezahlt worden ist). Nicht zu entlasten vermag den Beschwerdeführer sodann praxisgemäss (BGE 112 V 3; Urteil N. vom 10. Juni 2005, H 198/04, Erw. 6, und Urteil W. und S. vom 23. Juni 2003, H 217/02, Erw. 5.3 [Zusammenfassung publiziert in HAVE 2003 S. 251]), dass er gemäss dem bei den Akten liegenden Auftrag vom 3. September 1996 seine Verwaltungsratsstellung nur treuhänderisch bekleidete - auf Geheiss des im Hintergrund agierenden, wohl faktische Organstellung einnehmenden E.________. 
 
Schliesslich ist der Einwand eines erheblichen, die Haftung des Beschwerdeführers reduzierenden Mitverschuldens der Ausgleichskasse (BGE 122 V 189 Erw. 3c; SVR 2000 AHV Nr. 16 S. 50 Erw. 7a) nicht stichhaltig: Wenn die Ausgleichskasse unter anderem im März und August 2001 der Firma eine Stundung gewährte, kann dies im Hinblick darauf, dass es noch (nahezu) zwei Jahre bis zur Ausstellung der definitiven Pfändungsverlustscheine dauerte, nicht als grobfahrlässiges, für den Schadenseintritt kausales Mitverschulden betrachtet werden. Eine weitere Stundung datiert vom April 2003 - somit nach Ausstellung der fünf Verlustscheine - und konnte folglich für den eingetretenen Schaden von Vornherein nicht ursächlich gewesen sein. 
5. 
Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit zulässig (vgl. Erw. 1 hievor), offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 36a OG erledigt. 
6. 
Der Prozess ist kostenpflichtig, weil er nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand hat (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 5'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 19. Januar 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: