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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
8C_101/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 3. April 2014  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Ursprung, Maillard, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Altermatt, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 19. Dezember 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1967 geborene B.________ war bis Ende März 2008 Chauffeur bei der A.________ AG. Danach war er arbeitslos. Am 15. Oktober 2009 meldete er sich bei der IV-Stelle des Kantons Solothurn zum Leistungsbezug an. Diese holte diverse Arztberichte, einen beruflichen Abklärungsbericht des Spitals X.________ vom 28. April 2010 und ein Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ vom 25. November 2011 ein. Hierin wurde folgende Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: Peripher-vestibuläre Funktionsstörung links mit persistierendem erstgradigem Spontannystagmus nach links ohne Fixation. Ohne Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit seien: 1. Verdacht auf chronischen Missbrauch von Alkohol (ICD-10 F10.1); 2. Verdacht auf Abhängigkeitssyndrom (Alkohol) mit psychischen und Verhaltensstörungen (ICD-10 F10.8); 3. Leichtgradiger, kompensierter Tinnitus beidseits; 4. Normakusis; 5. Arterielle Hypertonie; 6. Status nach Gallenoperation vom 23. Februar 2005. Mit Verfügung vom 9. Juli 2012 verneinte die IV-Stelle den Anspruch auf berufliche Massnahmen und Invalidenrente. 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 19. Dezember 2013 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihm mit Wirkung ab 1. Oktober 2008 eine ganze Rente zuzusprechen. 
 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund dieser Berichte gerichtlich festgestellte Gesundheitslage bzw. Arbeitsfähigkeit und die konkrete Beweiswürdigung sind Sachverhaltsfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9). Diese Grundsätze gelten auch bei der konkreten Beweiswürdigung, bei welcher dem kantonalen Versicherungsgericht ein erheblicher Ermessensspielraum zusteht. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn es diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche willkürlich ausser Acht gelassen hat (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5; Urteil 9C_1019/2012 vom 23. August 2013 E. 1.2.3). Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261; SVR 2013 BVG Nr. 40 S. 174 E. 1.2 [9C_592/2012]; Urteil 8C_847/2013 vom 14. Februar 2014 E. 1.2).  
 
2.   
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über die Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), den Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 f., Art. 29 Abs. 1 IVG), die Invaliditätsbemessung nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), den Untersuchungsgrundsatz, den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit und die freie Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) sowie den Beweiswert von Arztberichten (E. 1.1 hievor) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Akten mit einlässlicher Begründung - auf die verwiesen wird - erwogen, dass das interdisziplinäre (internistische, psychiatrische, neurologische sowie Hals-/ Nasen- und Ohren- [HNO]-ärztliche) Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ vom 25. November 2011 die Anforderungen an eine rechtsgenügliche medizinische Beurteilungsgrundlage erfülle. Gestützt hierauf sei der Versicherte in der angestammten Arbeit nicht mehr arbeitsfähig. In einer Verweisungstätigkeit, in der er nicht sturzgefährdet sei, sei er zu 80 % arbeitsfähig. 
 
4.   
Der Versicherte legt letztinstanzlich neu ein Mail seines Rechtsvertreters an die medizinische Abklärungsstelle Z.________ vom 3. November 2012 auf. Er macht hiefür aber keine nach Art. 99 Abs. 1 BGG relevanten Gründe (hierzu vgl. nicht publ. E. 1.3 des Urteils BGE 138 V 286, in SVR 2012 FZ Nr. 3 S. 7 [8C_690/2011]) geltend. Hievon abgesehen könnte er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten (vgl. E. 5.4 hienach). 
 
5.  
 
5.1. Der Versicherte bringt vor, die Behauptung, dass er einzig keine Tätigkeiten mit Sturzgefahr ausüben könne, sei willkürlich. Vielmehr seien ihm beim Auftreten von Schwindelattacken jegliche Arbeiten unmöglich. Der Schwankschwindel mache z.B. ein normales Gehen unmöglich; er bestehe auch im Sitzen und verunmögliche auch so eine Arbeitstätigkeit. Im Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ sei er dahin gehend zitiert worden, dass er den Wänden nach gehe, um Stürze zu vermeiden; er müsse sehr langsam gehen und könne sich so kontrollieren; Sitzen sei verbessernd für den Schwindel, noch besser jedoch Abliegen. Betreffend Häufigkeit und Ausmass der Beschwerden beruft sich der Versicherte auf von ihm erstellte "Kalenderblätter/Schwindelprotokolle", woraus hervorgehe, dass er nicht mehr arbeitsfähig sei.  
 
Dem ist entgegenzuhalten, dass er im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ angab, er habe noch seinen Führerschein und fahre Auto; er sei auch jetzt mit dem Auto zur Untersuchung gekommen. Auf die Nachfrage des psychiatrischen Gutachters, ob er auch Auto fahre, wenn ihm schwindlig sei, gab er er an, wenn er einen guten Tag habe, fahre er Auto. Wenn er unterwegs sei und Schwindel einsetze, dann fahre er noch nach Hause, was immer noch reiche. Wenn der Versicherte mithin trotz bzw. während den Schwindelattacken noch Auto fahren kann, korreliert dies nicht mit seinen obigen Ausführungen zu deren Schwere. In diesem Lichte sind seine Angaben widersprüchlich. Festzuhalten ist denn auch, dass seine rein subjektive Einschätzung betreffend seine Arbeitsfähigkeit nicht massgebend ist. Vielmehr ist es primär ärztliche Aufgabe, anhand der objektiven Befunderhebung die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit zu bestimmen (Urteile 9C_319/2011 vom 11. Juli 2011 E. 3.2 und 8C_611/2007 vom 23. April 2009 E. 4). 
 
5.2.  
 
5.2.1. Die HNO-Gutachterin der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ legte dar, theoretisch sei es denkbar, dass sich die peripher-vestibuläre Funktionsstörung verschlechtere oder aber auch die zumindest teilweise erfolgte zentrale Kompensation vorübergehend schlechter werde, so dass die subjektiven Beschwerden zunähmen. Ein genaue Vorhersage darüber, ob und wann derartige Verschlechterungen einträfen, sei nicht möglich. Auch längere stationäre Verläufe seien bekannt und möglich. Dies sei der Grund dafür, dass sie den Versicherten grundsätzlich aus HNO-ärztlicher Sicht in Tätigkeiten, bei denen er nicht sturzgefährdet sei, für 80 % arbeitsfähig halte, wobei möglicherweise immer wieder mit kurzzeitigen Ausfällen zu rechnen sei.  
 
5.2.2. Der Versicherte macht geltend, diese Aussage sei widersprüchlich und willkürlich. Die Gutachterin führe selber aus, dass eine genaue Prognose darüber, ob und wann eine Verschlechterung eintrete, nicht möglich sei. Zudem gebe sie an, angeblich solle (nur) mit kurzzeitigen Ausfällen zu rechnen sein; gerade im vorangehenden Satz werde aber festgehalten, dass auch längere stationäre Verläufe möglich seien. Trotzdem masse sich die Gutachterin an, eine (überdies nach ihrer Auffassung erst künftig eintretende) Arbeitsunfähigkeit zu quantifizieren.  
 
Hierzu ist festzuhalten, dass eine ärztliche Prognose zur Arbeitsfähigkeit zulässig und üblich ist und eine Sachverhaltsfrage betrifft (E. 1.1 hievor; BGE 132 V 393 E. 3.2. S. 398; Urteil 8C_199/2011 vom 9. August 2011 E. 6.3). Wenn im Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ unter Berücksichtigung der möglichen Einschränkungen und Ausfälle des Versicherten eine 80%ige Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Arbeiten prognostisch festgestellt wurde und die Vorinstanz hierauf abgestellt hat, kann dies - wie sich auch aus E. 5.3 f. hienach ergibt - weder als widersprüchlich noch als willkürlich angesehen werden. 
 
5.3. Der Versicherte wendet ein, gemäss Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ vom 25. November 2011 könne für eine Verweisungstätigkeit nach Angewöhnung an die Symptome und zumindest teilweiser zentraler Kompensation ab ca. 10/2008 von einer 80%igen Arbeitsfähigkeit ausgegangen werden. Nun sei es aber unbestritten, dass die peripher-vestibuläre Funktionsstörung nach wie vor bestehe, und bis heute eben gerade keine zentrale Kompensation eingetreten sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass die HNO-Teilgutachterin der medizinischen Abklärungsstelle Y.________ davon ausging, eine zentrale Kompensation sei zumindest teilweise erfolgt (vgl. E. 5.2.1 hievor). In diesem Lichte ist ihre Annahme einer Teilarbeitsfähigkeit des Versicherten nicht zu beanstanden.  
 
5.4. Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Versicherte aus dem von ihm in Auftrag gegebenen Bericht der medizinischen Abklärungsstelle Z.________ vom 10. Januar 2013, worin von einer nicht kompensierten peripher vestibulären Störung ausgegangen wurde. Denn dieser Bericht enthält keine Angaben zu seiner Arbeitsfähigkeit. Für die Bestimmung des Rentenanspruchs ist es jedoch - grundsätzlich unabhängig von der Diagnose und unbesehen der Ätiologie - massgebend, ob und in welchem Ausmass eine Beeinträchtigung der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit vorliegt (BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281; Urteile 8C_901/2013 vom 27. Februar 2014 E. 3.3 Ingress und 8C_825/2013 vom 21. Januar 2014 E. 3.4). Unbehelflich ist der Einwand des Versicherten, die medizinische Abklärungsstelle Z.________ sei von ihm im Mail vom 3. November 2012 nicht beauftragt worden, zu seiner Arbeitsfähigkeit Stellung zu nehmen.  
 
5.5. Insgesamt zeigt der Versicherte nicht auf und ist auch nicht ersichtlich, dass und inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung im Lichte der in E. 1.2 hievor dargelegten Grundsätze mangelhaft sein oder eine Bundesrechtsverletzung vorliegen soll.  
 
6.   
Der vorinstanzliche Einkommensvergleich (zur diesbezüglichen bundesgerichtlichen Kognition siehe BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399), der zu einem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 34 % führt (Art. 28 Abs. 2 IVG), ist unbestritten, weshalb der kantonale Entscheid zu bestätigen ist. 
 
7.   
Der unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. April 2014 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar