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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_579/2021  
 
 
Urteil vom 6. Oktober 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, 
Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern, 
 
Gegenstand 
Auslieferung an die Tschechische Republik; Haftbefehl, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 13. September 2021 (RH.2021.11). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Justizbehörden der Tschechischen Republik ersuchten die Schweiz mit Ausschreibung vom 18. Juni 2021 im Schengener Informationssystem und gestützt auf einen Haftbefehl vom 16. Juni 2021 des Bezirksgerichtes Cesky Krumlov um Fahndung nach dem und Festnahme des tschechischen Staatsangehörigen A.________ im Hinblick auf ein Auslieferungsersuchen. Der Verfolgte wurde am 22. August 2021 von der Kantonspolizei Zürich im Rahmen einer Intervention wegen Ladendiebstahls festgenommen und gleichentags, gestützt auf die entsprechende Haftanordnung des Bundesamtes für Justiz (BJ), in provisorische Auslieferungshaft versetzt. 
 
B.  
Am 24. August 2021 erliess das BJ den förmlichen Auslieferungshaftbefehl, der der Rechtsvertreterin des Verfolgten am 25. August 2021 zugestellt wurde. Am 2. September 2021 ersuchten die Justizbehörden der Tschechischen Republik die Schweiz um seine Auslieferung wegen des Vorwurfes von sexuellen Handlungen mit Kindern. 
 
C.  
Eine vom Verfolgten in englischer Sprache eingereichte Beschwerde gegen den Auslieferungshaftbefehl vom 24. August 2021 wies das Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, mit Entscheid vom 13. September 2021 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
D.  
Am 26. September 2021 reichte der Verfolgte beim Bundesstrafgericht eine (erneut auf Englisch verfasste) Rechtsschrift ein, in der er sinngemäss Beschwerde gegen den Entscheid der Beschwerdekammer vom 13. September 2021 erhob. 
Das Bundesstrafgericht übermittelte die Beschwerdeeingabe am 28. September 2021 zuständigkeitshalber an das Bundesgericht. Nach Ablauf der Beschwerdefrist reichte der Beschwerdeführer eine zweite Eingabe ein. Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Verfahren vor Bundesgericht wird in einer Schweizer Amtssprache geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheides (Art. 54 Abs. 1 BGG). Der angefochtene Entscheid erging auf Deutsch. Die Beschwerdeschrift ist zwar auf Englisch verfasst. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine schweizerische Amtssprache. Aus den vorliegenden Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer (bzw. seine Rechtsvertretung) offenbar ausreichend Deutsch versteht, hat er doch sowohl gegen den deutschsprachigen Auslieferungshaftbefehl als auch gegen den vorinstanzlichen Beschwerdeentscheid je ein Rechtsmittel erhoben und, soweit ersichtlich, keine Übersetzung von Verfügungen ins Englische beantragt. Im vorliegenden Fall kann im Übrigen darauf verzichtet werden, die nicht in einer Amtssprache verfasste Beschwerdeschrift zur Änderung zurückzuweisen (Art. 42 Abs. 6 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Der angefochtene Haftprüfungsentscheid schliesst das Auslieferungsverfahren nicht ab. Gemäss Art. 93 Abs. 2 BGG sind auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar. Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide unter anderem über die Auslieferungshaft, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.  
Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Ein solcher Nachteil ist bei Entscheiden über die Auslieferungshaft regelmässig zu bejahen, da auch mit einem für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid - der Ablehnung der Auslieferung - der von ihm aufgrund der Auslieferungshaft erlittene Freiheitsentzug nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte (BGE 136 IV 20 E. 1.1 S. 22; vgl. Marc Forster, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 84 N. 24-27; Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock, Praxiskommentar BGG, 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 84 N. 6). 
 
2.2. Auch gegen Auslieferungshaftentscheide ist die Beschwerde nur zulässig, wenn ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 1 BGG gegeben ist (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22 mit Hinweisen; Urteile 1C_113/2018 vom 26. März 2018 E. 2; 1C_639/2015 vom 16. Dezember 2015 E. 3). Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG).  
Wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt, enthält das Gesetz eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen, sondern überdies auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind. Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.1-1.2 S. 104 mit Hinweisen). 
 
2.3. Auch bei Auslieferungshaftentscheiden kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich namentlich keine wichtigen bzw. erstmals zu beurteilenden Rechtsfragen, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedürften (BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22; 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161; vgl. Forster, a.a.O., Art. 84 N. 29-32a; Alain Wurzburger, in: Corboz/Wurzburger/Ferrari/Frésard/Aubry Girardin [Hrsg.], Commentaire de la LTF, 2. Aufl., Bern 2014, Art. 84 N. 8). Das blosse Vorbringen des Rechtsuchenden, die Behörden hätten sein rechtliches Gehör oder andere elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, lässt einen Rechtshilfefall noch nicht als besonders bedeutend erscheinen. Vielmehr müssen dafür ernsthafte Anhaltspunkte objektiv vorliegen (BGE 145 IV 99 E. 1.4 S. 106 f. mit Hinweisen).  
 
2.4. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Tragweite stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist von der beschwerdeführenden Partei (innert der 10-tägigen Beschwerdefrist von Art. 100 Abs. 2 lit. b BGG) auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG). Nach Art. 109 Abs. 1 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über das Nichteintreten auf eine Beschwerde, wenn kein besonders bedeutender Fall vorliegt. Wird der besonders bedeutende Fall offensichtlich nicht ausreichend substanziiert, ist auf die Beschwerde im vereinfachten einzelrichterlichen Verfahren nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG; BGE 133 IV 125 E. 1.2 S. 128).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer beanstandet die Untersuchungsführung durch die tschechischen Strafbehörden. Er macht insbesondere geltend, die gegen ihn erhobenen Beweismittel seien fingiert bzw. unverwertbar. Diese pauschale, nicht näher substanziierte Kritik begründet keine objektiven Anhaltspunkte für schwere Mängel des ausländischen Verfahrens. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht die Aufgabe des Bundesgerichtes, Abklärungen zu treffen über Einzelheiten der Untersuchungsführung und Beweiserhebung der tschechischen Strafbehörden. 
Ebenso wenig bestehen objektive Anhaltspunkte für eine Verletzung elementarer Verfahrensrechte im Rechtshilfeverfahren, das zum hier streitigen Auslieferungshaftbefehl geführt hat: 
Inwiefern die Vorinstanz die Unschuldsvermutung verletzt habe, legt der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dar und wird auch aus dem angefochtenen Entscheid nicht ersichtlich. Dort wird nicht über Schuld oder Unschuld des Verfolgten entschieden, sondern geprüft, ob die internationalstrafrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Auslieferungshaft erfüllt sind. Der Beschwerdeführer legt auch keine objektiven Anhaltspunkte für eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Insbesondere bestreitet er die Feststellungen der Vorinstanz nicht, dass er am 23. August 2021 zur Rechtshilfesache einvernommen wurde und sich mit einer vereinfachten Auslieferung in sein Heimatland nicht einverstanden erklärte, dass der Auslieferungshaftbefehl am 25. August 2021 seiner Rechtsvertreterin zugestellt wurde und dass die Vorinstanz seine gegen den Auslieferungshaftbefehl erhobene Beschwerde materiell prüfte, soweit sie darauf eintreten konnte. Zwar erwähnt er, dass seine Rechtsvertreterin ihm den angefochtenen Entscheid nur in deutscher Sprache übergeben habe. Er bestreitet jedoch nicht, dass seine deutschsprachige Anwältin auch der englischen Sprache mächtig ist und durchaus in der Lage war, ihm den Inhalt des Entscheides zu erläutern. 
Die Frage, ob die materiellen Auslieferungsvoraussetzungen erfüllt sind oder nicht, bildet nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides, sondern des noch hängigen Auslieferungsverfahrens. Auch das vom Beschwerdeführer separat gestellte Asylgesuch war nicht von der Vorinstanz zu prüfen. 
Auch sonst liegt kein besonders bedeutender Rechtshilfefall vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite stellen sich nicht. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die massgeblichen Rechtsquellen und die einschlägige bundesgerichtliche Praxis, auf die zurückzukommen hier kein Anlass besteht. 
 
4.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Es rechtfertigt sich im vorliegenden Fall, auf die Erhebung von Gerichtskosten ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Oktober 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster