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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 125/04 
 
Urteil vom 21. Juli 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Parteien 
S.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, Lagerhausweg 10, 3018 Bern, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 18. Mai 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
S.________, geboren 1939 und seit 1955 für die Fabrik L.________ AG arbeitend, wurde aus wirtschaftlichen Gründen auf den 30. November 2000 vorzeitig pensioniert. Er bezieht seither eine Überbrückungsrente der Wohlfahrtsstiftung der Arbeitgeberfirma in Höhe von monatlich Fr. 2'010.-- sowie gemäss eigenen Angaben zusätzlich eine jährliche Rente von Fr. 4'000.-- (bis Ende März 2004); das Kapital der zweiten Säule in Höhe von insgesamt Fr. 205'663.-- liess er sich auszahlen und amortisierte damit die Hypothek seines Hauses. Am 20. Juni 2001 meldete sich S.________ bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung und am 10. September 2001 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Mit Verfügung vom 4. März 2003 lehnte die Arbeitslosenkasse des Kantons Bern den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab, da die anrechenbaren Altersleistungen höher als die möglichen Taggelder seien. Dies wurde durch Einspracheentscheid vom 7. Juli 2003 bestätigt. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 18. Mai 2004 gut, hob den Einspracheentscheid von Juli 2003 auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung und zu neuer Verfügung an die Arbeitslosenkasse zurück. 
C. 
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides seien ihm Arbeitslosenentschädigungen in Höhe der Differenz zwischen der Überbrückungsrente und dem früheren Lohn zuzusprechen. 
 
Die Arbeitslosenkasse schliesst sinngemäss auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
D. 
Obwohl der kantonale Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten worden ist, hat die Arbeitslosenkasse die vom Verwaltungsgericht angeordneten Abklärungen vorgenommen und für die Monate Januar, März, April und Mai 2002 Taggelder von insgesamt Fr. 672.50 ausbezahlt. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Altersleistungen der beruflichen Vorsorge sind von den Arbeitslosenentschädigungen abzuziehen (Art. 18 Abs. 4 AVIG [in Kraft gestanden bis Ende Juni 2003] und Art. 18c Abs. 1 AVIG [in Kraft getreten am 1. Juli 2003]). Als Altersleistungen gelten dabei Leistungen der obligatorischen und weitergehenden beruflichen Vorsorge, auf die bei Erreichen der reglementarischen Altersgrenze für die vorzeitige Pensionierung ein Anspruch erworben wurde (Art. 32 AVIV in den vor und nach dem 1. Juli 2003 geltenden Fassungen). 
2. 
Streitig ist der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigungen und dabei die Frage, ob - und gegebenenfalls welche - Leistungen der beruflichen Vorsorge infolge der vorzeitigen Pensionierung bei der Bemessung der Taggelder zu berücksichtigen sind. Demgegenüber ergibt sich aus den Akten und ist unbestritten, dass der Versicherte aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig pensioniert worden ist (vgl. Art. 12 Abs. 2 lit. a AVIV). 
2.1 Das kantonale Gericht geht davon aus, dass der Kapitalbezug der zweiten Säule berücksichtigt werden müsse, wobei aber unklar sei, in welchem Umfang dies zu geschehen habe, da es sich dabei teilweise um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers handeln könnte. Weiter sei nicht abgeklärt worden, aus welchen Gründen und bis zu welchem Zeitpunkt die vom Versicherten erwähnte zusätzliche Rente von jährlich Fr. 4'000.-- bezahlt worden sei. Die Verwaltung habe deshalb die notwendigen Abklärungen vorzunehmen. 
 
Der Beschwerdeführer ist demgegenüber im Wesentlichen der Ansicht, das Geld der Pensionskasse sei erst ab dem 65. Lebensjahr zu verbrauchen und deshalb von der Arbeitslosenentschädigung nicht abzuziehen. 
2.2 Zu Recht nicht bestritten ist, dass die von der Wohlfahrtsstiftung ausgerichtete Überbrückungsrente in Höhe von Fr. 2'010.-- von der Arbeitslosenentschädigung abzuziehen ist (Art. 18 Abs. 4 AVIG [in Kraft gestanden bis Ende Juni 2003] resp. ab 1. Juli 2003 Art. 18c Abs. 1 AVIG). 
2.3 Aufgrund der Akten ist erstellt und auch nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer vorzeitig pensioniert worden ist und im Rahmen der beruflichen Vorsorge einen Betrag von insgesamt Fr. 205'663.-- bezogen hat. Da der Versicherte diese Leistung nur deshalb erhalten hat, weil er gemäss Reglement seiner Vorsorgestiftung darauf ein Anrecht hatte (vgl. Art. 32 AVIV), stellt diese Leistung eine Altersleistung im Sinne des Art. 18 Abs. 4 AVIG (in Kraft gestanden bis Ende Juni 2003) und des Art. 18c Abs. 1 AVIG (in Kraft getreten am 1. Juli 2003) dar; sie ist deshalb bei der Bemessung der Arbeitslosenentschädigung grundsätzlich zu berücksichtigen. Daran ändert nichts, dass hier eine Leistung in Form einer Kapitalauszahlung und nicht in Rentenform erfolgt ist; denn der Auszahlungsmodus (Rente oder Kapital; vgl. Art. 37 BVG) ändert nichts am Charakter der Leistung als Vorsorgeleistung. Damit ist der Vorsorgefall eingetreten, d.h. das in der zweiten Säule versicherte Risiko "Alter" hat sich verwirklicht, indem der Versicherte das reglementarische Pensionierungsalter erreicht hat. Dies ist hier zwar zeitlich vor dem ordentlichen Rentenalter von 65 Jahren für Männer (vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. a AHVG und Art. 13 Abs. 1 lit. a BVG) geschehen, ändert jedoch nichts am Charakter des eingetretenen Versicherungsfalles, da eben eine vorzeitige Pensionierung reglementarisch möglich ist (andernfalls hätte der Beschwerdeführer das Kapital der zweiten Säule nicht beziehen können, sondern es wäre ein Freizügigkeitsfall eingetreten). Entgegen der Auffassung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb das Kapital aus der beruflichen Vorsorge nicht erst ab dem 65. Lebensjahr, sondern bereits ab der früher erfolgten vorzeitigen Pensionierung zu verbrauchen; denn dieses Geld ist gerade dafür angespart worden, um nach Eintritt des versicherten Risikos "Alter" über ein Ersatzeinkommen zu verfügen (vgl. Art. 113 Abs. 2 lit. a BV), auch wenn dies zeitlich vor dem ordentlichen Rentenalter der Fall gewesen ist. 
 
Das ausbezahlte Kapital der zweiten Säule - umgerechnet auf einen monatlichen Betrag - ist deshalb grundsätzlich von der Arbeitslosenentschädigung abzuziehen; dass der Versicherte dieses Geld praktisch vollständig zur Amortisation der Hypothek seines Hauses verwendet hat, ändert nichts an der Natur der Vorsorgeleistung; denn ohne Eintritt des Versicherungsfalles hätte der Beschwerdeführer über dieses Geld nicht verfügen können. Im Übrigen liegt auch nicht etwa ein Vorbezug für den Erwerb von Wohneigentum vor (Art. 30c BVG), ist doch ein solcher nach Eintritt des Vorsorgefalles ausgeschlossen. 
 
Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, ist jedoch ungenügend abgeklärt, ob wirklich das ganze Kapital ausbezahlt worden und ob dieser Betrag vollständig anzurechnen ist, da allenfalls freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers sowie Zinszahlungen, die bereits im Umwandlungssatz für die monatliche Anrechenbarkeit des Kapitals enthalten sind, in diesem Betrag berücksichtigt sind. Der kantonale Entscheid ist deshalb als rechtens. 
2.4 Weiter abzuklären ist, von wem, aus welchen Gründen und bis zu welchem Zeitpunkt die vom Versicherten erwähnte zusätzliche Rente von jährlich Fr. 4'000.-- bezahlt worden ist; dies hat das kantonale Gericht ebenfalls zu Recht erkannt. Auch in dieser Hinsicht ist der vorinstanzliche Entscheid nicht zu beanstanden. 
2.5 Schliesslich wird abzuklären sein, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 12 AVIV (Mindestbetragszeit) erfüllt hat. 
2.6 Nicht Streitgegenstand des letztinstanzlichen Verfahrens sind im Übrigen die von der Arbeitslosenkasse bereits vorgenommenen Abklärungen aufgrund des kantonalen Entscheids und die Höhe der für die Monate Januar, März, April und Mai 2002 ausbezahlten Taggelder von insgesamt Fr. 672.50. Sollte der Versicherte damit nicht einverstanden sein, hatte er in dieser Hinsicht ein neues Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren anzustrengen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 21. Juli 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: