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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_151/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 19. Februar 2014  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.X.________, 
2. B.X.________, 
3. C.X.________, handelnd durch B.X.________, 
Beschwerdeführer, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald, 
 
gegen  
 
Amt für Migration des Kantons Luzern,  
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern.  
 
Gegenstand 
Ausländerrecht, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 6. Januar 2014. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.X.________ stammt aus Italien und wurde am 31. Januar 1971 in der Schweiz geboren. Er heiratete am 5. Dezember 1997 eine Schweizerin (geb. 1972). Aus der Ehe ist ein gemeinsamer Sohn hervorgegangen (geb. 2002). A.X.________ wurde seit 1991 wiederholt straffällig (insgesamt 13 mal). Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte ihn am 6. Juni 2011 wegen qualifizierten Betäubungsmittelhandels und mehrfacher Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren.  
 
1.2. Am 8. Oktober 2012 widerrief das Amt für Migration Luzern die Niederlassungsbewilligung EU/EFTA von A.X.________ und wies ihn auf den 4. März 2016 weg. Die kantonalen Rechtsmittelbehörden bestätigten die entsprechende Verfügung am 18. Juli 2013 (Justiz- und Sicherheitsdepartement) bzw. 6. Januar 2014 (Kantonsgericht).  
 
1.3. A.X.________ und seine Angehörigen beantragen vor Bundesgericht, das kantonsgerichtliche Urteil bzw. die Verfügung des Amtes für Migration aufzuheben und vom Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung bzw. der Wegweisung abzusehen.  
 
2.  
 
 Nach Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben die Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In dieser ist in gedrängter Form darzutun,  inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die Begründung muss sachbezogen sein, d.h. den Gegenstand des angefochtenen Entscheids betreffen. Es ist dabei in gezielter Form auf die für das Ergebnis des Verfahrens massgeblichen Ausführungen der Vorinstanz im Einzelnen einzugehen (BGE 134 II 244 E. 2.1 - 2.3). Soweit die Beschwerdeführer lediglich wiederholen, was sie bereits vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt haben, und sich mit dessen Überlegungen nicht weiter auseinandersetzen bzw. nicht darlegen, inwiefern das angefochtene Urteil gegen Bundesrecht verstossen oder die einschlägige bundesgerichtliche Praxis verkennen würde, ist auf ihre Ausführungen nicht weiter einzugehen. Es genügt vor Bundesgericht nicht, lediglich auf die Eingaben und die Akten im kantonalen Verfahren zu verweisen; erforderlich sind  sachbezogene Darlegungen und nicht blosse Bestreitungen der rechtlichen Überlegungen oder der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Soweit die Beschwerdeführer ihre Begründung mit neuen Dokumenten, welche sie im kantonalen Verfahren nicht eingereicht haben, zu belegen versuchen, handelt es sich um vor Bundesgericht unzulässige Noven (vgl. Art. 99 BGG). Da keine rechtsgenügend begründeten Verfassungsrügen hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz erhoben wurden, ist diese der bundesgerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legen (Art. 105 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2) oder wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat bzw. diese gefährdet (Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG). Das ist anzunehmen, wenn er durch seine Handlungen besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr bringt oder er sich von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und damit zeigt, dass er auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an die Rechtsordnung zu halten, was jeweils im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu prüfen ist (BGE 139 I 16 E. 2, 31 E. 2, 145 E. 2; 137 II 297 E. 3 S. 302 ff.; Urteile 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.2 und 2C_310/2011 vom 17. November 2011 E. 5). Die genannten Widerrufsgründe gelten auch bei Niederlassungsbewilligungen ausländischer Personen, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten (Art. 63 Abs. 2 AuG). Für den Widerruf einer Bewilligung von EU- und EFTA-Angehörigen ist eine tatsächliche und hinreichend schwere, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich. Auf eine strafrechtliche Verurteilung darf abgestellt werden, wenn in dem ihr zugrunde liegenden persönlichen Verhalten eine entsprechende Gefährdung zum Ausdruck kommt (vgl. BGE 137 II 233 ff. und die Übersicht über die Rechtsprechung bei: ZÜND/HUGI YAR, Aufenthaltsbeendende Massnahmen im schweizerischen Ausländerrecht, insbesondere unter dem Aspekt des Privat- und Familienlebens, in: EuGRZ 40/2014 S. 1 ff., N. 12 und 38 ff.).  
 
3.2. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss zudem verhältnismässig sein (vgl. dazu BGE 139 I 16 E. 2.2.2; 135 II 377 E. 4.3 und 4.5). Dabei sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3; vgl. auch das Urteil des EGMR i.S.  Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr. 41548/06], Ziff. 53 ff. bezüglich der Ausweisung eines in Deutschland geborenen, wiederholt straffällig gewordenen Tunesiers). Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll aus Gründen der Verhältnismässigkeit nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit ist dies jedoch selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 [Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines hier geborenen 43-jährigen Türken] und das bereits zitierte EGMR-Urteil  Trabelsi ). Bei schweren Straftaten und bei Rückfall bzw. wiederholter Delinquenz besteht regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse daran, die Anwesenheit eines Ausländers zu beenden, der die Sicherheit und Ordnung in dieser Art beeinträchtigt (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.4 und 2.5; das Urteil 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in BGE 137 II 233; BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190).  
 
3.3.  
 
3.3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet im vorliegenden Fall nur die Interessenabwägung und Verhältnismässigkeitsprüfung, wie sie die Vorinstanz vorgenommen hat. Zu Unrecht: Der Beschwerdeführer ist zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden. Er war auf mittlerer Hierarchiestufe banden- und gewerbsmässig am Import eines Kokaingemischs von 600 Kilogramm beteiligt, was einer reinen Drogenmenge von 360 bis 420 Kilogramm entspricht. Sein Verschulden wiegt schwer, zumal er nach Erliegen der Bandenaktivitäten mit einem Mittäter in eigener Regie noch einmal den Import von 8,5 Kilogramm Kokain organisierte. Seine leichte Heroinabhängigkeit und gesundheitliche Situation (inoperabler Tumor an der vorderen Schädel-/Sehregion) wurden im Strafurteil bereits strafmildernd berücksichtigt. Der Beschwerdeführer ist seit 1991 immer schwerer straffällig geworden; sein strafbares Verhalten, welches der Hauptverurteilung zugrunde liegt, dauerte von 2004 bis 2008.  
 
3.3.2. Zwar wurde er in der Schweiz geboren und hält er sich schon seit Jahrzehnten hier auf, doch hat er sich weder beruflich noch sozial zu integrieren vermocht. Soweit er darauf hinweist, dass die Familie zu ihm stehe, was gegen eine Rückfallgefahr spreche, übersieht er, dass weder die Beziehung zu seiner Frau noch die Geburt seines Sohnes ihn davon abhalten konnten, aus rein finanziellen Gründen die Gesundheit zahlreicher Menschen massiv zu gefährden (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.5 mit Hinweisen). Dass er sich im Strafvollzug wohl verhält, darf von ihm erwartet werden und fällt bei der Interessenabwägung nicht massgebend ins Gewicht. Wie das Kantonsgericht zu Recht festgestellt hat, erwarten den Beschwerdeführer nach der Haftentlassung erhebliche berufliche, familiäre, gesundheitliche und finanzielle Probleme, wobei gestützt auf sein bisheriges Verhalten nicht auszuschliessen ist, dass er wieder zu Drogen greifen und aus finanziellen Motiven mit solchen handeln wird; er bildet deshalb eine hinreichend schwere tatsächliche, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne der Rechtsprechung zum Freizügigkeitsabkommen.  
 
3.3.3. Der Beschwerdeführer spricht Italienisch; gewisse Familienangehörige von ihm halten sich nach wie vor in der Heimat auf. Sollte seine Kernfamilie (Gattin und Sohn), zu denen er seit seiner Verhaftung nur beschränkt Kontakte pflegt, nicht mit ihm ausreisen wollen, kann er die entsprechenden Kontakte grenzüberschreitend pflegen (vgl. das EGMR-Urteil  Shala gegen Schweiz vom 15. November 2012 [Nr. 52873/09] § 52 ff.). Soweit die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers weitere Behandlungen in der Schweiz nötig machen sollten, ist hierfür kein Daueraufenthalt erforderlich.  
 
4.  
 
4.1. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht und entspricht der bundesgerichtlichen Praxis. Die Beschwerde ist ohne Weiterungen mit summarischer Begründung im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Ergänzend kann auf die detaillierte Interessenabwägung im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
4.2. Da die Eingabe gestützt auf die publizierte Praxis als zum Vornherein aussichtslos zu gelten hatte, ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen (Art. 64 BGG). Die unterliegenden Beschwerdeführer haben die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren solidarisch zu tragen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
 Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.  
 
2.2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.  
 
3.  
 
 Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Februar 2014 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar