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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_539/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. November 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Schär. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ GmbH & Co. KG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Robert Vogel, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
2. Bank X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Anne-Catherine Hahn, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Einstellung (Veruntreuung, ungetreue Geschäftsführung, Betrug), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 13. März 2017 (UE160278-O/U/HEI). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 27. März 2014 erstattete die A.________ GmbH & Co. KG Strafanzeige gegen die Bank X.________ sowie Unbekannt wegen Betrugs, Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung etc. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren am 29. September 2016 ein, wogegen die A.________ GmbH & Co. KG Beschwerde erhob. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde am 13. März 2017 ab. 
 
B.   
Die A.________ GmbH & Co. KG führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, der Beschluss des Obergerichts vom 13. März 2017 sei aufzuheben. Die Angelegenheit sei zur Durchführung der Strafuntersuchung, Ergänzung der Beweiserhebung und Anklageerhebung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, die Editionsverfügungen vom 23. Februar 2016 und 22. Juli 2016 durchzusetzen und die Bank X.________ zur Herausgabe der darin erwähnten Unterlagen zu verpflichten. Eventualiter sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, eine Hausdurchsuchung bei der Bank X.________ durchzuführen. 
 
C.   
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft verzichten auf eine Vernehmlassung. Die Bank X.________ ersucht um Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Legitimiert ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG insbesondere die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin bzw. -kläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden (Art. 115 Abs. 1 StPO), das heisst wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsgutes ist.  
 
Die Privatklägerschaft ist legitimiert, wenn sie bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Sie muss sich mithin im Strafverfahren nicht nur als Strafklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO), sondern auch als Zivilklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO) konstituieren (vgl. etwa Urteil 6B_1162/2016 vom 27. April 2017 E. 1.1 mit Hinweisen). Als Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR. Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, wird die Privatklägerschaft vor den kantonalen Behörden indessen oftmals noch keine Zivilforderung angehoben haben. In diesen Fällen muss sie im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, welche Zivilforderungen sie gegen die beschuldigte Person geltend machen will und aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid auf diese auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht, tritt es auf das Rechtsmittel nur ein, wenn aufgrund der Natur der in Frage stehenden Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, welcher Art die Zivilforderung ist (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). 
 
1.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie bzw. der für sie handelnde B.________ habe am 31. August 2012 bei der Beschwerdegegnerin 2 ein Konto eröffnet, mit dem Zweck, auf dem Depotkonto Feingold als Sicherheit für die Deckung von Ansprüchen der Beschwerdegegnerin 2 gegenüber der im Goldhandel tätigen C.________ Ltd einzulagern. Zu diesem Zweck seien rund 150 kg Gold auf ein Depot bei der Beschwerdegegnerin 2 transferiert worden. Gleichzeitig sei zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin 2 ein Pfandvertrag zugunsten der C.________ Ltd abgeschlossen worden. Die Zusammenarbeit zwischen der Beschwerdeführerin und der C.________ Ltd wiederum sei in einem separaten Trade-Management-Contract geregelt worden. Der Verwendungszweck des Pfandes sei klar festgelegt worden. Entgegen dieser Regelung habe die Beschwerdegegnerin 2 auf das Pfand der Beschwerdeführerin zurückgegriffen. Sie habe damit eine Unterdeckung der C.________ Ltd ausgeglichen, welche nicht in Zusammenhang mit den vertraglich vereinbarten Goldhandelsgeschäften entstanden sei. Aufgrund dessen habe sie Strafanzeige erstattet. Konkret macht die Beschwerdeführerin gegenüber der Beschwerdegegnerin 2 eine Forderung von USD 4'932'123.00 geltend. Dabei handle es sich um den Betrag, welcher ihr durch das deliktische Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 bzw. ihrer Angestellten entzogen worden sei. Die Beschwerdeführerin gab bereits mit der Strafanzeige bekannt, dass sie sich als Zivilklägerin konstituieren und adhäsionsweise zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beschwerdegegnerin 2 geltend machen wolle. Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert.  
 
2.  
 
2.1.   
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro duriore". Mit der von der Vorinstanz vorgenommenen Vertragsauslegung sei erwiesen, dass das Gold ausschliesslich hinsichtlich der in Zusammenhang mit den vertraglich vereinbarten Goldkäufen der C.________ Ltd, an welchen die Beschwerdeführerin gemäss Trade-Management-Contract finanziell profitierte, als Pfand dienen sollte. Aus strafrechtlicher Sicht wäre zumindest abzuklären, ob sich die Beschwerdegegnerin 2 durch den Verkauf des Goldes fremde Vermögenswerte angeeignet oder in Verletzung einer vertraglichen Pflicht zur Vermögensverwaltung eine Vermögensschädigung der Beschwerdeführerin bewirkt habe. Abgesehen vom Betrug seien allerdings keine Straftatbestände geprüft worden. Auch sei der Sachverhalt nicht umfassend abgeklärt worden. So habe die Staatsanwaltschaft von der Beschwerdegegnerin 2 mittels Editionsverfügungen mehrmals Unterlagen eingefordert. Die Beschwerdegegnerin 2 habe deren Herausgabe trotz Bestehens einer gesetzlichen Aufbewahrungspflicht mit der Begründung verweigert, entsprechende Unterlagen seien nicht vorhanden. Dennoch sei die Staatsanwaltschaft plötzlich in der Lage gewesen, den Sachverhalt auch ohne die einverlangten Unterlagen zu beurteilen. Die Vorinstanz äussere sich zu diesen Einwänden nicht und verletze damit auch das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin. 
 
2.2. Die Staatsanwaltschaft verfügt gemäss Art. 319 Abs. 1 StPO u.a. die Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), wenn kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b) oder wenn Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen (lit. c). Der Entscheid über die Einstellung eines Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz "in dubio pro duriore" zu richten. Danach darf eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit oder offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen angeordnet werden. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Ist ein Freispruch genauso wahrscheinlich wie eine Verurteilung, drängt sich in der Regel, insbesondere bei schweren Delikten, eine Anklageerhebung auf. Bei zweifelhafter Beweis- oder Rechtslage hat nicht die Staatsanwaltschaft über die Stichhaltigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs zu entscheiden, sondern das zur materiellen Beurteilung zuständige Gericht. Der Grundsatz, dass im Zweifel nicht eingestellt werden darf, ist auch bei der Überprüfung von Einstellungsverfügungen zu beachten (BGE 143 IV 241 E. 2.2.1; 138 IV 186 E. 4.1, 86 E. 4.1; je mit Hinweisen).  
 
2.3. Die Staatsanwaltschaft gelangte in der Einstellungsverfügung zum Schluss, gemäss dem Wortlaut des in Frage stehenden Pfandvertrags sei für den Fall einer Unterdeckung eine umfassende Haftung vereinbart worden ("...nachstehende Werte zur Deckung sämtlicher Ansprüche der Bank gegen den Pfandgeber oder gegen die C.________ Ltd..."). In Anbetracht dessen lasse sich kein strafrechtlich relevantes, insbesondere kein arglistiges Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 oder ihrer Vertreter erstellen. Die Vorinstanz ist im Grunde ebenfalls dieser Auffassung. Sie erwägt jedoch weiter, im Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der C.________ Ltd sei gemäss Trade-Management-Contract keine umfassende Pfandhaftung vereinbart worden. Diverse Kundenberater der Beschwerdegegnerin 2 hätten Kenntnis vom Inhalt des Trade-Management-Contracts gehabt. Sie hätten daher gewusst, dass das fragliche Gold der Beschwerdeführerin ausschliesslich in Zusammenhang mit den vertraglich vereinbarten Goldkäufen der C.________ Ltd als Pfand dienen sollte. Aus einer allfälligen Vertragsverletzung lasse sich allerdings nicht ableiten, dass sich die Beschwerdegegnerin 2 bzw. einer ihrer Mitarbeiter strafbar gemacht habe. Konkrete Anhaltspunkte, die auf ein deliktisches Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 schliessen liessen, gingen aus den Akten nicht hervor. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren zu Recht einge stellt.  
 
2.4. Die vorinstanzliche Begründung, dass es sich um ein rein vertragliches bzw. zivilrechtliches Problem handelt, greift zu kurz. Die Missachtung vertraglicher Pflichten kann durchaus gleichzeitig ein strafrechtlich relevantes Verhalten darstellen. Dennoch verletzt die Verfahrenseinstellung vorliegend kein Bundesrecht. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen vereinbarte die Beschwerdeführerin mit der C.________ Ltd im Trade-Management-Contract eine im Vergleich zum Wortlaut des Pfandvertrags einschränkendere Regelung hinsichtlich des Umfangs der Pfandhaft. Auch die Vorinstanz geht allerdings davon aus, dass im mit der Beschwerdegegnerin 2 abgeschlossenen Pfandvertrag von einer unbeschränkten Pfandhaftung die Rede war. Jedenfalls sind dem Pfandvertrag keinerlei Einschränkungen zu entnehmen, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird. Dass sich unter den genannten Umständen die Beschwerdegegnerin 2 bzw. einer ihrer Mitarbeiter strafbar gemacht hat und ein Schuldspruch wahrscheinlicher wäre als ein Freispruch, liegt nicht auf der Hand. Die Vorinstanz respektive die Staatsanwaltschaft überschritt das ihr hinsichtlich der Verfahrenseinstellung zustehende Ermessen nicht. Unerheblich ist nach dem Gesagten auch, wie die Unterdeckung zustande gekommen ist. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern die Edition von Bankunterlagen bezüglich des Zustandekommens der Unterdeckung oder der Inanspruchnahme des Pfandrechts wesentlich gewesen wäre. Indem die Vorinstanz auf weiterführende Erwägungen zu dieser Frage verzichtet, verletzt sie das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin nicht, zumal auch nicht ersichtlich ist, inwiefern diese den Entscheid nicht sachgerecht hätte anfechten können (vgl. BGE 142 II 49 E. 9.2 mit Hinweisen). Ihren Antrag betreffend Durchführung einer Hausdurchsuchung bei der Beschwerdegegnerin 2 begründet die Beschwerdeführerin nicht. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Kosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin 2 hat Anspruch auf eine angemessene Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG). Dem Kanton steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
  
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin 2 für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. November 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schär