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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1016/2020  
 
 
Urteil vom 9. Dezember 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 31. Oktober 2020 (VB.2020.00413). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1969) ist kroatischer Staatsangehöriger. Er reiste am 6. November 2005 in die Schweiz ein und heiratete eine Schweizer Bürgerin. In der Folge erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau. Diese wurde trotz der am 10. Juli 2012 erfolgten Scheidung regelmässig verlängert. Seit Juni 2014 bezieht A.________ ununterbrochen Sozialhilfe und wurde deshalb am 18. Mai 2016 verwarnt. Sein Gesuch um Leistungen der Invalidenversicherung wurde am 3. Juli 2018 abgewiesen. Am 31. Juli 2018 heiratete er eine Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, die danach um Familiennachzug ersuchte.  
 
1.2. Am 10. Januar 2019 verweigerte das Migrationsamt des Kantons Zürich die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA von A.________ wegen seiner Sozialhilfeabhängigkeit und wies ihn aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich am 18. Mai 2020 und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 31. Oktober 2020 ab.  
 
1.3. Mit Beschwerde vom 7. Dezember 2020 beantragt A.________ dem Bundesgericht, es sei festzustellen, dass er ein Anrecht auf eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz mindestens bis zum Ende der Corona-Pandemie habe. Zudem sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.  
 
2.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Sie ist ebenfalls unzulässig gegen Wegweisungsentscheide (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und 4 BGG). Die Vorinstanz hat mit ausführlicher Begründung erwogen, dass der Beschwerdeführer weder aus dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) noch aus dem Landesrecht einen Aufenthaltsanspruch ableiten könne (vgl. E. 3 und 4 des angefochtenen Urteils). Diese Erwägungen stellt der Beschwerdeführer nicht substanziiert infrage. Er beruft sich nicht in vertretbarer Weise auf einen Aufenthaltsanspruch, sondern macht lediglich geltend, dass er bis zum Ende der Covid-19-Pandemie nicht nach Kroatien zurückkehren könne. In der Sache geht es damit um die Wegweisung aus der Schweiz, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig ist. Zu prüfen ist, ob die Beschwerde als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden kann. 
 
3.  
 
3.1. Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG), wobei eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet werden muss (Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 BGG).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Rückkehr nach Kroatien bringe ihn wegen der Covid-19-Pandemie in Lebensgefahr.  
 
3.2.1. Der Vollzug der Wegweisung einer physisch oder psychisch erkrankten Person kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) den Schutzbereich von Art. 3 EMRK tangieren, wenn die Erkrankung eine gewisse Schwere erreicht und hinreichend substanziiert dargetan ist, dass die erkrankte Person im Falle einer Ausschaffung in den Heimatstaat ernsthaft und konkret Gefahr läuft, einer durch Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung ausgesetzt zu sein (Urteil des EGMR  N. gegen das Vereinigte Königreich vom 27. Mai 2008 [Nr. 26565/05], § 29 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie sich in einem lebenskritischen Zustand befindet, und der Staat, in welchen sie ausgeschafft werden soll, keine genügende medizinische Versorgung bietet und dort keine Familienangehörigen für ihre grundlegendsten Lebensbedürfnisse aufkommen können (Urteil des EGMR  N. gegen das Vereinigte Königreich vom 27. Mai 2008 [Nr. 26565/05], § 42; BGE 137 II 305 E. 4.3 S. 311 f.).  
 
3.2.2. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Vorinstanz mit den Erkrankungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und erwogen hat, dass sie einer Wegweisung nach Kroatien nicht entgegenstehen bzw. dort adäquat behandelt werden können (vgl. E. 4.3.4 des angefochtenen Urteils). Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht näher auseinander.  
 
3.2.3. Selbst wenn der Beschwerdeführer in Bezug auf eine Covid-19-Erkrankung zu einer Risikogruppe gehören sollte, ist nicht ersichtlich, inwieweit ihm in Kroatien eine grössere Gefahr als in der Schweiz drohen könnte. Unbehelflich ist sein Hinweis, Kroatien weise weit über 60 Fälle pro 100'000 Einwohner auf vierzehn Tage auf, wird doch dieser Grenzwert auch in der Schweiz seit Monaten um ein Vielfaches überschritten. Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich Kroatien noch nicht auf der Risikoliste des Bundes befindet (vgl. den Anhang der Verordnung vom 2. Juli 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus [Covid-19] im Bereich des internationalen Personenverkehrs [SR 818.101.27], in der am 23. November 2020 gültigen Fassung), sodass Reisende aus Kroatien nach wie vor ohne Quarantäne in die Schweiz gelangen können. Folglich ist Kroatien zurzeit kein Risikogebiet und waren die dortigen Fallzahlen im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils jedenfalls nicht höher als jene in der Schweiz. Dass Kroatien per 14. Dezember 2020 auf die Risikoliste gelangen wird, ist ein echtes Novum, das nach Art. 99 BGG nicht zulässig ist. Zudem kann alleine aufgrund des Umstands, dass Kroatien in einer Momentaufnahme über höhere Fallzahlen als die Schweiz verfügt, offensichtlich nicht darauf geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr an Leib und Leben gefährdet wäre. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, "Informationen aus Kroatien" zeigten, dass "das Gesundheitssystem dort überfordert" sei, substanziiert er diese Behauptung nicht näher. Dass er momentan über keine Krankenversicherung in Kroatien verfügt, liegt angesichts seines Aufenthalts in der Schweiz auf der Hand; gemäss den unbestrittenen vorinstanzlichen Ausführungen besteht in Kroatien eine staatliche Pflichtversicherung. Anzufügen ist schliesslich, dass einer allfälligen Verschlechterung der Lage in Kroatien bzw. des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers im Rahmen der Ausreisefrist Rechnung getragen werden kann (Art. 64d Abs. 1 AIG [SR 142.20]).  
 
3.3. Zusammenfassend gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine ernsthafte und konkrete Lebensgefahr im Fall einer Rückkehr nach Kroatien zu substanziieren. Seine Vorbringen genügen der qualifizierten Rügepflicht von Art. 106 Abs. 2 BGG offensichtlich nicht. Auf die Verfassungsbeschwerde kann deshalb nicht eingetreten werden, was im vereinfachten Verfahren einzelrichterlich erfolgt (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
4.   
Es rechtfertigt sich, auf eine Kostenauflage zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
 
  
 
Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Dezember 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger