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[AZA 0/2] 
5P.117/2001/ZBE/bnm 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
21. August 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Raselli sowie 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
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In Sachen 
 
1. Z.________, Paraguay, 
2. Y._________, Paraguay, Beschwerdeführer, beide vertreten durch Fürsprecher Gregor Marcolli, Bahnhofplatz 5, Postfach 6233, 3001 Bern, 
 
gegen 
 
1. X.________ AG, 
2. Bank W.________, Beschwerdegegnerinnen, beide vertreten durch Fürsprecher Markus Häusermann, Schwanengasse 5-7, Postfach 6519, 3001 Bern, Appellationshof des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern, 
 
betreffend 
Art. 9 BV (Arresteinsprache), hat sich ergeben: 
 
A.-Z._______ und Y.________ wohnen im Ausland unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft im Sinne von Art. 221 ff. ZGB. Sie sind Eigentümer eines (Eigentümer)Schuldbriefes lautend auf Fr. 50'000.--, lastend auf Gbbl. A.________ Nr. .... Auf Gesuch der X._______ AG und der Bank W.________ verarrestierte der Gerichtspräsident 4 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen den Schuldbrief mit Arrestbefehl vom 8. November 2000 gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4SchKG. 
 
 
B.-Die von Z.________ und Y.________ gegen den Arrestbefehl erhobene Einsprache wies der Gerichtspräsident 4 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen am 19. Januar 2001 ab; demgegenüber erkannte der Appellationshof des Kantons Bern auf Appellation der Einsprecher, in teilweiser Gutheissung der Einsprache werde der Arrestbefehl auf den der Einsprecherin zustehenden Anteil am Arrestgegenstand (Schuldbrief, lautend auf Fr. 50'000.-- lastend auf Gbbl. A.________ Nr. ...) beschränkt. 
 
C.-Die Einsprecher führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV mit dem Antrag, den Entscheid des Appellationshofs aufzuheben. Die Einsprachegegnerinnen schliessen dahin, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Appellationshof hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.-a) Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend Einsprache gegen einen Arrestbefehl ist die staatsrechtliche Beschwerde zulässig (Art. 86 Abs. 1 OG; nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts vom 13. Januar 2000 i.S. X. gegen Credit Suisse AG, E. 1a, vom 28. November 2000 i.S. X. AG gegen Institution Y, E. 1). 
 
b) Die Beschwerdeführer leben unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft (Art. 221 ff. ZGB), wobei der mit Arrest belegte Vermögenswert nach den Feststellungen des Appellationshofs gemäss gesetzlicher Vermutung (Art. 226 ZGB) zum Gesamtgut gehört (Art. 222 ZGB). Die Beschwerdeführer verfügen mithin über ein rechtlich geschütztes Interesse und sind folglich zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG; BGE 119 Ia 433 E. 2a S. 435 f.; 120 Ia 110 E. 1a S. 111). 
 
2.-Die Beschwerdeführer machen geltend, der Appellationshof habe Art. 272 SchKG (SR 281. 1) und Art. 2 der Verordnung des Bundesgerichtes vom 17. Januar 1923 über die Pfändung und Verwertung von Anteilen des Gemeinschaftsvermögens (SR 281. 41; VVAG) willkürlich angewendet, indem er die schweizerische Zuständigkeit anerkannt habe, obwohl beide Beschwerdeführer ihren Wohnsitz im Ausland hätten. Ob diese Rüge nicht mit betreibungsrechtlicher Beschwerde gegen den Arrestvollzug hätte vorgetragen werden müssen und auf die staatsrechtliche Beschwerde somit bereits aufgrund ihrer Subsidiarität nicht eingetreten werden könnte (Art. 84 Abs. 2 OG; in diesem Sinne: BGE 118 III 7), kann offen bleiben. Für den Fall, dass die Rüge im Einspracheverfahren geltend gemacht werden könnte, wäre sie auf jeden Fall verspätet, da sie vor Bundesgericht erstmals erhoben worden ist. Der angefochtene Entscheid wäre demnach insoweit nicht letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 OG; BGE 118 III 37 E. 2a S. 39 mit Hinweisen; 126 I 258 E. 1a), so dass auf die Rüge ohnehin nicht eingetreten werden könnte. 
 
3.-Dem angefochtenen Entscheid nach stehen die Beschwerdeführer unbestrittenermassen unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft im Sinne der Art. 221 ff. ZGB, wobei der strittige Schuldbrief gemäss gesetzlicher Vermutung zum Gesamtgut gehört (Art. 226 ZGB). Der Appellationshof hat im Weiteren dafürgehalten, die Forderung aus unerlaubter Handlung, welche dem Arrestverfahren zu Grunde liege, bilde eine Eigenschuld der Beschwerdeführerin (Art. 234 ZGB), wofür deren Eigengut sowie die Hälfte des Gesamtgutes hafte (Art. 234 Abs. 1 ZGB). Liege Gesamteigentum nach Art. 652 ZGB vor, so gehe das Recht eines jeden Gesamteigentümers auf die ganze Sache; es existierten keine selbstständigen Bruch- oder Quotenteile des Einzelnen, über welche dieser allein verfügen könne. Gegenüber der Gemeinschaft bestünden jedoch Anrechte der einzelnen Gesamteigentümer, die als Anteile bezeichnet werden könnten. Liege - wie im vorliegenden Fall - eine Eigenschuld vor, so dürfe nebst dem Eigengut der Beschwerdeführerin nur deren rechnerischer Anteil am Gesamtgut, nicht jedoch der einzelne Gegenstand des Gesamtgutes gepfändet und verarrestiert werden. Dennoch gelangt der Appellationshof zum Schluss, der Eigentümerschuldbrief könne nicht herausgegeben werden. Immerhin sei der Arrest im Sinne einer Präzisierung des Arrestbefehls auf den Anteil der Beschwerdeführerin am Arrestgegenstand zu beschränken. 
 
Die Beschwerdeführer erachten den angefochtenen Entscheid als willkürlich, weil der Appellationshof einerseits betone, dass der Schuldbrief als solcher nicht Arrestgegenstand bilde, ihn aber anderseits dennoch nicht aus dem Arrestbeschlag entlasse. 
a) Es trifft zu, dass ein zum Gesamtgut gehörender Gegenstand Gesamteigentum (Art. 652 ZGB) beider Ehegatten bildet und demzufolge kein Ehegatte allein darüber verfügen kann. Zwar verkennt der Appellationshof nicht, dass ein Gegenstand, der sich nicht im Alleineigentum des Schuldners befindet, nicht gepfändet und damit auch nicht verarrestiert werden darf (Art. 275 SchKG; BGE 82 III 63 E. 3 S. 72; 91 III 19 E. 4 S. 26; 118 III 62 E. 2b S. 66) und dass nebst dem Eigengut der Beschwerdeführerin nur deren rechnerischer Anteil am Gesamtgut, nicht jedoch der einzelne Gegenstand des Gesamtgutes der Pfändung bzw. dem Arrest unterliegt (vgl. dazu auch Hausheer/Reusser/Geiser, Berner Kommentar, N. 16 zu Art. 189 und 190 ZGB; Deschenaux/Steinauer/Baddeley, Les effets du mariage, Bern 2000, S. 636 f. Rz. 1608 f.; Art. 132 SchKG i.V.m. Art. 1 und 3 VVAG). Im Widerspruch zu den zutreffenden rechtlichen Ausführungen verfügt er jedoch im Dispositiv, dass der Arrest auf den der Beschwerdeführerin zustehenden Anteil am Arrestgegenstand beschränkt werde, wobei sich dem angefochtenen Entscheid keine nachvollziehbare Begründung für dieses Vorgehen entnehmen lässt. Die vom Appellationshof gewählte Lösung widerspricht somit - ohne nachvollziehbaren Grund - den in den Erwägungen richtig wiedergegebenen rechtlichen Grundsätzen. Der angefochtene Entscheid erweist sich damit in dieser Form als unhaltbar (zum Willkürbegriff: 
BGE 118 Ia 129 E. 2; 119 Ia 113 E. 3a; 121 I 113 E. 3a; 125 II 10 E. 3a; 127 I 54 E. 2b S. 56; 127 I 60 E. 5a S. 70). 
 
b) Unter Hinweis auf Hegnauer/Breitschmid (Grundriss des Eherechts, 4. Aufl. 2000, Rz. 28.35) halten die Beschwerdegegnerinnen dafür, auch Gegenstände des Gesamtgutes könnten mit Arrestbeschlag belegt werden. 
 
Gemäss Art. 68b Abs. 2 SchKG kann sich jeder Ehegatte im Widerspruchsverfahren (Art. 106-109 SchKG) der Pfändung von Gegenständen des Gesamtgutes widersetzen, wenn sich die Betreibung neben dem Eigentum auf den Anteil des Schuldners am Gesamtgut beschränkt. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung kann ohne Willkür geschlossen werden, es obliege den Ehegatten, sich gegen eine Pfändung von Gegenständen des Gesamtgutes zur Wehr zu setzen. In der Lehre wird denn auch verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass sich der Betreibungsbeamte bei der Betreibung eines Ehegatten für eine Eigenschuld grundsätzlich nicht darum zu kümmern habe, ob ein pfändbarer Gegenstand zum Eigengut des betriebenen Ehegatten oder zum Gesamtgut beider Ehegatten gehört. Es seien demnach auch einzelne Gegenstände des Gesamtgutes pfändbar. Die Ehegatten könnten alsdann entscheiden, ob sie vom Recht des Art. 68b Abs. 2 SchKG Gebrauch machen und sich im Widerspruchsverfahren der Pfändung von Gegenständen des Gesamtgutes widersetzen wollten. Unterliessen sie den Widerspruch, so werde die Pfändung wirksam (vgl. dazu etwa: Hegnauer, Die Gütergemeinschaft des neuen Eherechts, ZBGR 67/1986, 233. 2 S. 283; Rudolf Schwager, Der ausserordentliche Güterstand/Die Betreibung der Ehegatten/Der Schutz der Gläubiger gemäss Art. 193 ZGB, in: Das neue Eherecht, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der Hochschule St. Gallen, 1987, S. 237 f.; Eduard Brand, Anpassung der Schuldbetreibung an das neue Eherecht, Wegleitung für den Betreibungsbeamten des Kantons Zürich, 1988, S. 81 5.4.3. 
lit. b; Marlies Näf/Heinz Näf-Hofmann, Schweizerisches Ehe- und Erbrecht, 1998, S. 633 Rz. 2356 f.). Etwas nuancierter äussert sich Isaak Meier (Neues Eherecht und Schuldbetreibungsrecht, 1987, S. 109 f.): In einer Eigenschuldbetreibung sei lediglich dann von einer unbeschränkten Pfändung als Eigengut des betriebenen Ehegatten abzusehen, wenn die Zugehörigkeit zum Gesamtgut offensichtlich ist, wobei der Betreibungsbeamte angesichts der gesetzlichen Vermutung des Art. 226 ZGB eher davon ausgehen dürfe, es liege offensichtlich Gesamtgut vor. 
Ob ein gemäss gesetzlicher Vermutung zum Gesamtgut gehörender Gegenstand aufgrund dieser Lehrmeinungen ohne Willkür verarrestiert werden kann, muss hier offen bleiben. 
Laut Dispositiv ist nicht der Gegenstand als Ganzes, sondern nur ein der Beschwerdeführerin zustehender Anteil daran verarrestiert worden. Somit wäre das Bundesgericht nicht in der Lage, den angefochtenen Entscheid mit einer verfassungskonformen Begründung zu halten, wenn sich ein Arrestbeschlag auf dem strittigen Gegenstand als Ganzem allenfalls aufgrund der zitierten Lehrmeinungen ohne Willkür durchführen liesse. In Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde ist der angefochtene Entscheid folglich aufzuheben. 
 
4.-Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdegegnerinnen kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Der gesetzlichen Ordnung entsprechend tragen sie Kosten und Entschädigung zu gleichen Teilen, haften aber für den Gesamtbetrag solidarisch (Art. 156 Abs. 7 und Art. 159 Abs. 5 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und der Entscheid des Appellationshofs des Kantons Bern, 
1. Zivilkammer, vom 5. März 2001 wird aufgehoben. 
 
2.-Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdegegnerinnen auferlegt. 
 
3.-Die Beschwerdegegnerinnen haben die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen. 
 
4.-Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationshof des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 21. August 2001 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: