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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_144/2008 
 
Urteil vom 12. November 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, Karlen, nebenamtlicher Bundesrichter Locher, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Parteien 
Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer Schwyz, 6431 Schwyz, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
A.X.________, 
B.X.________, 
Beschwerdegegner, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Steiner. 
 
Gegenstand 
Direkte Bundessteuer 1999/2000 (Nachsteuer und Busse), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 18. Dezember 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Vertrag vom 24. Juni 1997 erwarb A.X.________ für 1,4 Millionen Franken sämtliche Aktien der Y.________ AG mit einem Nennwert von Fr. 100'000.--; am 16. August 1997 übertrug er 25 % derselben an Z.________. Seither ist A.X.________ Präsident der Gesellschaft, die Produkte im EDV-Bereich vertreibt und ihren Sitz per 23. Juni 1998 von Thalwil ZH nach Wollerau SZ verlegte. B.X.________ zeichnet als Mitglied des Verwaltungsrates. Im Geschäftsabschluss 1998 verbuchte die Y.________ AG unter der Bezeichnung "Lohnnachträge, Bonus" den Betrag von Fr. 191'500.-- erfolgswirksam (Gegenkonto: Transitorische Passiven), zahlte hingegen A.X.________ den Betrag von brutto Fr. 105'600.-- und B.X.________ denjenigen von brutto Fr. 85'600.-- erst am 31. März 1999 aus. 
 
B. 
Mit Veranlagungsverfügung 1999/2000 vom 16. Oktober 2001 wurde bei der direkten Bundessteuer das steuerbare Einkommen von A.________ und B.X.________ auf Fr. 205'700.-- (satzbestimmend Fr. 204'000.--) festgesetzt. Diese Verfügung, welche die erwähnten Zahlungen nicht berücksichtigt, ist in Rechtskraft erwachsen. 
 
Die Y.________ AG ihrerseits wurde für die Steuerperiode 1998 mit Verfügung vom 21. Mai 2002 bzw. mit berichtigter Verfügung vom 10. Dezember 2002 rechtskräftig veranlagt. 
 
C. 
Am 16. Dezember 2002 leitete die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer Schwyz gegen A.________ und B.X.________ eine Strafuntersuchung wegen vollendeter Steuerhinterziehung bezüglich der Veranlagungsperiode 1999/2000 ein. Am 18. März 2004 erliess sie folgende Verfügung: 
Steuerjahr 
Steuerbares Einkommen 
Nachsteuer 
Verzugszinsen 
Busse 80 % 
Total(Nachsteuer,Zinsen und Busse) 
1999 
Fr. 297'200.--* 
Fr. 11'920.15 
Fr. 1'951.75 
Fr. 9'536.10 
Fr. 23'408.-- 
2000 
Fr. 297'200.--* 
Fr. 11'920.15 
Fr. 1'459.90 
Fr. 9'536.10 
Fr. 22'916.15 
Total 
 
Fr. 46'324.15 
* Satzbestimmendes Einkommen je Fr. 295'500.-- 
Die von den Angeschuldigten dagegen erhobene Einsprache wies die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer Schwyz mit Entscheid vom 30. Mai 2007 ab. 
 
Eine Beschwerde von A.________ und B.X.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 18. Dezember 2007 insoweit teilweise gut, als es die Sache "unter Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheides" an die Vorinstanz zu neuem Entscheid betreffend Nach- und Strafsteuern ausschliesslich für den Autoprivatanteil von Fr. 3'000.-- zurückwies. Es ging davon aus, dass A.________ und B.X.________ die fraglichen Zahlungen erst im Jahre 1999 realisiert hatten und damit ihre Deklaration für die Steuerperiode 1999/2000 nicht unvollständig war. 
 
D. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 11. Februar 2008 stellt die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer Schwyz dem Bundesgericht den Hauptantrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 18. Dezember 2007 insoweit aufzuheben, als damit ihre Nach- und Strafsteuerverfügung vom 18. März 2004 nicht bestätigt worden ist. 
Die Steuerpflichtigen beantragen die Abweisung der Beschwerde. 
 
Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Gutheissung der Beschwerde. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hat auf einen Antrag verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich gegen einen Rückweisungsentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 bzw. Art. 86 BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG, SR 642.11]). Eine Ausnahme gemäss Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der angefochtene Entscheid beendet das Verfahren zwar nicht, sondern weist die Sache zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Solche Entscheide sind Zwischenentscheide, die nur unter der Voraussetzung von Art. 93 BGG anfechtbar sind. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil wird aber in einem Fall wie dem vorliegenden bejaht, weil die Behörde den nach den Vorgaben der oberen Instanz zu erlassenden, ihrer Auffassung widersprechenden Endentscheid mangels Beschwer nicht anfechten könnte (BGE 133 V 477 E. 5). 
 
1.2 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 85 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG), und es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde der gemäss Art. 146 Satz 2 DBG in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG legitimierten Beschwerdeführerin ist einzutreten. 
 
2. 
2.1 Nach Art. 17 Abs. 1 DBG steuerbar sind alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile. Grundsätzlich ist für die Einkommensbesteuerung der Zeitpunkt entscheidend, in welchem die steuerpflichtige Person einen festen Rechtsanspruch auf die Leistung erwirbt, über den sie tatsächlich verfügen kann. Nicht massgebend ist der Forderungserwerb, wenn die Befriedigung des Anspruchs unsicher ist; diesfalls ist mit der Besteuerung bis zur tatsächlichen Erfüllung zuzuwarten (BGE 105 Ib 238 E. 4a S. 242, mit Hinweisen). Bei Geldleistungen wird allerdings regelmässig auf den Zeitpunkt der Auszahlung abgestellt, so insbesondere für unselbständiges Erwerbseinkommen (Urteil 2A.388/1998 vom 3. Mai 2000 E. 3c, publ. in: StR 55, 509, mit Hinweis). Kann hingegen eine unselbständigerwerbende Person dank ihrer beherrschenden Stellung in der Arbeitgeberfirma den Zeitpunkt der Auszahlung oder Gutschrift ihres Arbeitsentgelts nach Belieben bestimmen, und fehlen in einem solchen Fall unternehmerische Gründe für eine Auszahlung oder Gutschrift erst nach dem Zeitraum, für den die Arbeitsleistung erbracht wurde, so ist dieser wirtschaftlich nicht einleuchtende Zeitpunkt irrelevant (Urteil 2A.471/2003 vom 16. Juni 2004 E. 2.3; vgl. auch PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Rz. 65 zu Art. 17 DBG). 
 
2.2 Während die Vorinstanz hier die Realisierung der fraglichen Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit nach Massgabe des Grundsatzes (Auszahlung im Jahre 1999) annimmt, stützen sich die Beschwerdeführerin und die Eidgenössische Steuerverwaltung auf die letztgenannte Ausnahmeregel (Entgelt für im Jahre 1998 erbrachte Arbeitsleistung, dessen Auszahlung kraft der beherrschenden Stellung willkürlich hinausgeschoben werden konnte). Diese Haltung ist vor allem auch durch den Umstand bedingt, dass die - ordentlichen - Einkünfte der Jahre 1999/2000 im Kanton Schwyz, der auf den 1. Januar 2001 bei natürlichen Personen zur einjährigen Gegenwartsbemessung wechselte, nie zur Steuerbemessung herangezogen werden. Es fragt sich allerdings, ob diese "Missbrauchsregel", die vor allem im Zusammenhang mit Zwischenveranlagungen im System der zweijährigen Vergangenheitsbemessung entwickelt wurde, hier angebracht ist. Denn es ist an sich einleuchtend, dass eine aufgrund des Geschäftsergebnisses festgesetzte Salärnach- bzw. Bonuszahlung erst nach dessen definitiver Kenntnisnahme konkretisiert werden kann. Entsprechend wurden diese Zahlungen in der Y.________ AG als transitorische Passiven (recte: antizipative Passiven, nämlich Aufwand des alten Jahres, der erst im neuen Jahr ausbezahlt wird, vgl. Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Band 1, 1998, S. 167, unter Hinweis darauf, dass die Rechnungslegungspraxis die Unterscheidung zwischen transitorischen und antizipativen Aktiven bzw. Passiven nicht macht) verbucht. Aus dieser - korrekten - Verbuchung darf aber nicht abgeleitet werden, die Beschwerdegegner hätten schon Ende 1998 hinreichend quantifizierbare Rechtsansprüche gehabt, über die sie tatsächlich verfügen konnten. Entsprechend vermag die Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung in ihrer Stellungnahme zuhanden der Vorinstanz vom 24. August 2007 (S. 3) nicht zu überzeugen, wonach in solchen Fällen "das Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des Arbeitsentgelts durch die beherrschende Stellung des Empfängers ersetzt" werde. Die Antwort, wie ein solcherart "quantifizierter" Anspruch abtretbar sein soll, bleibt sie jedenfalls schuldig (vgl. auch die Bemerkungen von MADELEINE SIMONEK, Die steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 2004, ASA 75 [2006/ 07], S. 3 f. zum Urteil 2A.471/2003 vom 16. Juni 2004). Im Urteil 2A.113/2007 vom 8. November 2007 (E. 3.1.2) wurde sogar bei zugesicherten Boni, über die vor der Fälligkeit nicht verfügt werden konnte, die Realisierung im Zeitpunkt der Auszahlung angenommen. Es kommt hinzu, dass sich der Beschwerdegegner, der erst seit 1997 Mehrheitsaktionär der Y.________ AG war, im fraglichen Zeitraum erstmals - gemeinsam mit dem Minderheitsaktionär - mit dieser Problematik auseinandersetzen musste. Diese Salärpolitik wurde in den Folgejahren konsequent weitergeführt und nicht etwa nur im Hinblick auf die Bemessungslücke in der Übergangsperiode eingeführt. Schliesslich könnte diese Ausnahmeregel wohl ohnehin nur auf den Mehrheitsaktionär selbst und dessen Bezüge, nicht aber auf die Bezüge der Ehefrau angewandt werden. Ein missbräuchliches Hinausschieben der Auszahlung von Lohnnachträgen und Boni, für welches keine unternehmerischen (d.h. sachlichen) Gründe ins Feld geführt werden können, ist mithin zu verneinen. Diese Ausnahmeregel ist auf eigentliche Missbrauchsfälle zugeschnitten, und ein solcher liegt hier nicht vor (vgl. auch SIMONEK, a.a.O., S. 4). Dass die Beschwerdegegner andererseits die systembedingte Bemessungslücke aus naheliegenden Gründen wenn möglich "ausschöpfen" wollten, liegt zwar ebenso auf der Hand, vermag aber am Ergebnis nichts zu ändern: Mangels Unterversteuerung kann daher weder eine Nachsteuer noch eine Busse erhoben werden. 
 
3. 
Dem Gesagten zufolge erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist. 
 
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin, die Vermögensinteressen verfolgt, aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Diese hat den Beschwerdegegnern zudem eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 12. November 2008 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Küng