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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 309/02 
 
Urteil vom 16. April 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin Polla 
 
Parteien 
M.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit, Abt. Arbeitslosenkasse, Zürcherstrasse 285, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung, Eschlikon 
 
(Entscheid vom 3. September 2002) 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1973 geborene M.________ arbeitete vom 27. Dezember 2000 bis zum 31. Oktober 2001 als Hauswart bei der Q.________ GmbH. Nachdem er die Stelle per 31. Oktober 2001 kündigte, meldete er sich am 12. November 2001 zum Bezug von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung an. Mit Verfügung vom 11. Januar 2002 stellte ihn das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Thurgau ab 1. November 2001 für die Dauer von 35 Tagen wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit in der Anspruchsberechtigung ein, da es ihm zumutbar gewesen sei, bis zum Antritt einer neuen Stelle bei der Q.________ GmbH zu verbleiben. 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies die Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung mit Entscheid vom 3. September 2002 ab. 
C. 
M.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei von einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung abzusehen. 
 
Rekurskommission und AWA schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Nach dem in Art. 17 Abs. 1 AVIG verankerten, im Sozialversicherungsrecht allgemein geltenden Grundsatz der Schadenminderungspflicht (vgl. dazu BGE 114 V 285 Erw. 3, 111 V 239 Erw. 2a, 108 V 165 mit Hinweis) hat die versicherte Person alles Zumutbare zu unternehmen, um den Eintritt der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Am Gedanken der Zumutbarkeit findet die Schadenminderungspflicht ihre Grenze (Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, N 13 zu Art. 30). Eine versicherte Person, die durch eigenes Verschulden arbeitslos wird, weil sie das Arbeitsverhältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihr eine andere Stelle zugesichert war, ist in der Anspruchsberechtigung einzustellen, ausser wenn ihr das Verbleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV; BGE 124 239 Erw. 4b/bb; ARV 2000 Nr. 8 S. 40f Erw. 2b, 1986 Nr. 23 S. 92 Erw. 2b, Nr. 24 S. 95 Erw. 2, je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist bei der Frage der Unzumutbarkeit des Verbleibens am Arbeitsplatz ein strenger Massstab anzulegen (BGE 124 V 239 Erw. 4b/bb; ARV 1989 Nr. 7 S. 89 Erw. 1a; vgl. auch Gerhards, a.a.O., N 14 zu Art. 30). Eine in gegenseitigem Einvernehmen erfolgte Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist als solche durch die versicherte Person zu werten, sofern diese nicht gezwungen war, ihr Einverständnis zu geben, um zum Beispiel einer drohenden Kündigung zuvorzukommenen (ARV 1979 Nr. 23 S. 120 Erw. 3 mit Hinweis; Urteil F. vom 21. Februar 2001, C 348/00; vgl. auch ARV 1980 Nr. 6 S. 15 Erw. 2a mit Hinweisen). Die Dauer der Einstellung bemisst sich nach dem Grad des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG) und beträgt 1-15 Tage bei leichtem, 16-30 Tage bei mittelschwerem und 31−60 Tage bei schwerem Verschulden (Art. 45 Abs. 2 AVIV). 
1.2 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Arbeitslosenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 11. Januar 2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
2. 
Gemäss Aktenlage kündigte der Beschwerdeführer seine Stelle mündlich am 11. September 2001, was die Q.________ GmbH mit Schreiben vom 28. September 2001 bestätigte. Wie die Vorinstanz richtig ausführte, ändert daran auch der Umstand nichts, dass später im Rahmen eines aufgrund streitiger Lohnforderungen und hinsichtlich der Abfassung eines Arbeitszeugnisses geführten Prozesses das Arbeitsgericht Winterthur verfügungsweise am 6. Februar 2002 festhielt, die Parteien hätten die Vereinbarung getroffen, dass die Arbeitgeberin eine Arbeitsbestätigung u.a. mit dem Hinweis auszustellen habe, das Arbeitsverhältnis sei in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst worden. Dies zumal der Beschwerdeführer unter Hinweis, er habe eine neue Herausforderung zu bewältigen, seine Kündigung am 28. September 2001 seinerseits bestätigte und sich aus den Akten kein Hinweis ergibt, dass dieser in irgend einer Weise gezwungen war, sein Einverständnis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu geben (Erw. 1.1). Da dem Versicherten keine Anschlussstelle zugesichert war, nahm er damit das Risiko nachfolgender Arbeitslosigkeit in Kauf. Es bleibt daher zu prüfen, ob der Tatbestand des Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV wegen Unzumutbarkeit des Verbleibens an der Arbeitsstelle entfällt. 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer bejaht die Unzumutbarkeit aufgrund der täglichen Schikanen und des gegen ihn gerichteten Mobbings, obwohl er sauber und exakt gearbeitet habe. Bei der Vermieter- und Mieterschaft sei er aber immer beliebt gewesen, worin er eine mögliche Ursache des Mobbings sähe. Zudem handle es sich bei seinem ehemaligen Vorgesetzten um einen unprofessionell und unkorrekt handelnden Menschen, was die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zeigten. Das schlechte und unerträgliche Arbeitsklima würde durch den Umstand belegt, dass im gleichen Zeitraum zwei andere gute Mitarbeiter die Firma verlassen hätten. Seine zu dieser Zeit bestehende psychische Angeschlagenheit sei auch ohne Arztzeugnis offensichtlich, welche Beschaffung nur wieder mit Unkosten verbunden gewesen wäre. 
3.2 Bei dieser Argumentation verkennt der Beschwerdeführer, dass Unzumutbarkeit des Verbleibens an der Arbeitsstelle aus vorwiegend gesundheitlichen Gründen durch ein eindeutiges ärztliches Zeugnis (oder allenfalls durch andere geeignete Beweismittel) belegt sein muss, auch wenn der Versicherte selber zu wissen glaubt, einen seelischen Schaden zurückbehalten zu haben. Denn aus Gründen der Rechtssicherheit darf sich die Arbeitslosenkasse nicht mit blossen Behauptungen begnügen, sondern sie benötigt zweckdienliche Beweismittel, die der Versicherte im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht beim Abklären des Sachverhalts beizubringen hat (BGE 124 V 239 Erw. 4 b/bb). Das letztinstanzlich eingereichte Attest des Hausarztes Dr. med. A.________, vom 15. Dezember 2002, belegt dies jedoch nicht eindeutig. Dieser beschränkt sich hauptsächlich darauf, die subjektiven Angaben des Versicherten zu wiederholen und hält lediglich vage fest, dass diese der Wahrheit zu entsprechen scheinen und er ein psychiatrisches Gutachten als wahrscheinlich sinnvoll erachte. Der Einwand, die Tätigkeit bei der Q.________ GmbH hätte zu einem seelischen Schaden geführt, vermag aber insbesondere auch deshalb nicht zu überzeugen, da dieser erst im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht vorgebracht wurde. Wäre der Versicherte ernsthaft in seiner Gesundheit gefährdet gewesen, hätte er dieses Argument zweifellos bereits gegenüber der Verwaltung oder spätestens im vorinstanzlichen Verfahren vorgebracht. Daher kann von der Einholung eines - im weiteren auch nicht beantragten - psychiatrischen Gutachtens abgesehen werden. 
3.3 Mit der Vorinstanz ist nochmals festzuhalten, dass ein schlechtes Arbeitsklima oder auch Meinungsverschiedenheiten mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen nach ständiger Rechtsprechung nicht genügen, eine Stelle als unzumutbar erscheinen zu lassen (ARV 1986 Nr. 23 S. 92 Erw. 2b; SVR 1997 ALV Nr. 105 S. 324 Erw. 2a; vgl. BGE 124 V 239 Erw. 4b/bb). Inwieweit das Verhältnis zu seinem Vorgesetzten in Mobbing endete, welches das Verbleiben am Arbeitsplatz verunmöglichte, vermag der Versicherte nicht mit dem notwenigen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit darzulegen. Münden arbeitsvertragliche Streitigkeiten bezüglich Lohnforderungen und Arbeitszeugnis in ein arbeitsgerichtliches Verfahren, ist dies zwar bedauerlich, daraus kann jedoch kein gegen den Versicherten gerichtetes Mobbing abgeleitet werden. Weitere Gründe, welche das Verbleiben am Arbeitsplatz unzumutbar erscheinen lassen, werden nicht vorgebracht. Auch aus dem Umstand, dass - laut Angaben des Beschwerdeführers - zwei oder drei Personen im gleichen Zeitraum die Firma verlassen haben, lässt sich nichts zu seinen Gunsten ableiten, da hier nur seine konkrete Situation massgebend ist, weshalb der Versicherte zu Recht wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde. 
4. 
Gemäss Art. 45 Abs. 3 AVIV liegt bei Aufgabe einer zumutbaren Stelle ohne Zusicherung einer neuen ein schweres Verschulden vor. Die im unteren Bereich des schweren Verschuldens liegende Einstellungsdauer von 35 Tagen trägt den gesamten Umständen angemessen Rechnung. Die von der Verwaltung und Vorinstanz vertretene Rechtsfolge ist daher auch bezüglich des Einstellmasses im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 OG) nicht zu beanstanden. 
 
Demnach beschliesst das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieser Entscheid wird den Parteien, der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Abt. Rechtsdienst und Entscheide, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
 
Luzern, 16. April 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: