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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1033/2017  
 
 
Urteil vom 9. Februar 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Bianchi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch 
Rechtsanwalt David Providoli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, 
Postfach 540, 3930 Visp, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Fahren in fahrunfähigem Zustand, Nichtbeherrschen des Fahrzeugs, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, vom 17. Juli 2017 (P1 15 25). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 23. April 2012 fuhr A.________ von Genf in Richtung Brig los. Auf seiner Fahrt stoppte er um 23:30 Uhr an der Raststätte "Le Chablais Rhône" und kurz darauf am Rastplatz "Cime de l'est N 9". Um 00:55 kam er auf der Kantonsstrasse von Siders in Richtung Susten von der Strasse ab und kollidierte mit einem Baum. Er erlitt eine Rückenwirbelfraktur und einen Bänderriss am Daumen. 
 
B.  
Das Bezirksgericht Leuk und Westlich-Raron sprach A.________ mit Urteil vom 23. März 2015 wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG) schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 150.--, wobei es den Vollzug der Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren aufschob. 
A.________ erhob Berufung an das Kantonsgericht Wallis und beantragte, er sei vom Vorwurf des Führens eines Motorfahrzeuges in fahrunfähigem Zustand (Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG) frei- und wegen Nichtbeherrschens des Motorfahrzeuges (Art. 90 Abs. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG) schuldig zu sprechen. Wegen seiner Betroffenheit durch die Tat ersuchte er das Gericht, gemäss Art. 54 StGB von einer Bestrafung abzusehen. 
Mit Urteil vom 17. Juli 2017 sprach das Kantonsgericht A.________ wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG) schuldig und bestätigte die Geldstrafe. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und er sei freizusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die Unschuldsvermutung gemäss Art. 10 Abs. 1 StPO und Art. 6 Ziff. 2 EMRK, den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 10 Abs. 2 StPO und den Grundsatz "in dubio pro reo" gemäss Art. 10 Abs. 3 StPO verletzt.  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Beweiswürdigung ist Aufgabe des Sachgerichts (Art. 10 Abs. 2 StPO). Die Feststellung des Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244 mit Hinweis). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 IV 305 E. 1.2 S. 308 f. mit Hinweisen).  
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsmaxime und der in Art. 10 Abs. 1 StPO, Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK gewährleisteten Unschuldsvermutung kommt keine über das Willkürverbot (Art. 9 BV) hinausgehende Bedeutung zu (BGE 138 V 74 E. 7 S. 82; Urteil 6B_1300/2016 vom 5. Dezember 2017 E. 1.1, zur Publikation bestimmt; mit Hinweisen). 
 
1.3. Die Vorinstanz erwägt, die Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich der polizeilichen Einvernahme in der Unfallnacht seien mangels Belehrung gemäss Art. 158 Abs. 2 StPO unverwertbar. Die später erfolgten, verwertbaren Aussagen des Beschwerdeführers würdigt die Vorinstanz aufgrund der Verlagerung des Aussageschwerpunktes als nicht glaubhaft. So habe er insbesondere in der nach der Unfallnacht an die Polizei versandten E-Mail Folgendes ausgeführt: "Au moment précédant immédiatement l'impact, je me souviens conduisant normalement et écoutant la radio. Il me semble avoir décidé à ce moment de changer de station, manipulation aisée puisque les commandes se trouvent au volant et les informations sur le tableau de bord".  
Dabei habe er nicht erwähnt, durch einen Blick auf das Radiodisplay abgelenkt gewesen zu sein. Auf Nachfrage des erstinstanzlichen Gerichts am 23. März 2015 habe er vorgebracht, seinen Blick auf das Radiodisplay gerichtet zu haben, als er einen anderen Radiosender suchte. Die Aussagen des Beschwerdeführers seien nicht übereinstimmend und es sei unverständlich, dass er nicht von Anfang an angegeben habe, wegen der Ablenkung durch die Radiobedienung von der Strasse abgekommen zu sein. Der Beschwerdeführer versuche, für den Unfall einen anderen Grund als seine Übermüdung anzugeben. Seine Aussagen seien als reine Schutzbehauptungen zu würdigen. 
Die Aussage des Beschwerdeführers, er habe keine Anzeichen der Ermüdung verspürt, erachtet die Vorinstanz als nicht glaubhaft. Sie weist auf seine Aussagen anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft vom 21. März 2013 hin (angefochtenes Urteil, E. 4.2.3 und 4.2.6). Dabei habe er insbesondere ausgesagt, sich in der Fahrtnacht zweimal ausgeruht zu haben und als mögliche Erklärung für den Unfall entweder einen Mangel an Aufmerksamkeit oder einen Sekundenschlaf angegeben. Seinen ersten Zwischenstopp habe er eingelegt, um eine Flasche zu öffnen und etwas zu trinken. Unter Berücksichtigung der Umstände sei sein Durst als Zeichen der Ermüdung zu werten. Nur 19.5 km nach dem ersten Zwischenstopp habe er erneut angehalten, was für heftige Müdigkeitserscheinungen spreche. Es sei nicht glaubhaft, dass er diese Pause zum Voraus geplant habe, sie dann aber nicht gleich beim ersten Zwischenstopp durchgeführt habe. Bei seiner zweiten Rast habe sich der Beschwerdeführer nach eigenen Aussagen auf eine Bank gesetzt, etwas gelesen, telefoniert und eine E-Mail versendet. Er habe sich jedoch keinen Schlaf gegönnt, obwohl allgemein bekannt sei, dass gegen Müdigkeit nur Schlaf helfe. Es stehe damit fest, dass der Beschwerdeführer auf seiner Fahrt von Übermüdungserscheinungen geplagt gewesen sei und den Unfall durch seine starke Übermüdung verursacht habe. 
 
1.4. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei in willkürlicher Art und Weise von einem Widerspruch in seinen Aussagen ausgegangen. Er habe in seiner E-Mail darauf hingewiesen, dass sich die zum Wechsel der Radiostation wesentlichen Informationen auf dem Radiodisplay befinden. Darin sei kein Widerspruch zu erkennen zu seiner vor dem erstinstanzlichen Gericht gemachten Aussage, er habe für einen kurzen Moment auf das Radiodisplay anstatt auf die Strasse geschaut und sei deswegen von der Fahrbahn abgekommen. Die Vorinstanz stelle auf seine Aussagen anlässlich der polizeilichen Einvernahme in der Unfallnacht ab, welche indes unverwertbar seien.  
Die Vorinstanz habe aus seinen Zwischenstopps willkürlich eine Übermüdung abgeleitet. Nach eineinhalb Stunden Fahrt habe er angehalten, um eine Flasche zu öffnen und etwas zu trinken. Daraus könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, er sei übermüdet gewesen. Sein zweiter Zwischenstopp habe es ihm ermöglicht, sich nach der Hälfte der geplanten Fahrt auszuruhen und ein Telefongespräch zu führen. Dass er diesen Zwischenstopp 19.5 km nach dem ersten Zwischenstopp eingelegt habe, bedeute nicht, dass er stark übermüdet gewesen sei. 
 
1.5. Die Vorinstanz weist auf den Aussageverlauf hinsichtlich der Radiobedienung hin und zeigt auf, dass der Beschwerdeführer diese anfänglich lediglich als Begleitumstand der Fahrt nannte, im Verlauf des Verfahrens jedoch den Schwerpunkt darauf verlegte und sie schliesslich, auf Nachfrage des erstinstanzlichen Gerichts, als Unfallursache darstellte. Mit seinen Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz nicht von einem offenen Widerspruch zwischen der E-Mail und der Aussage vor der Vorinstanz ausgeht, sondern die Aussagen aufgrund der Verlagerung seines Aussageschwerpunktes als nicht übereinstimmend wertet. Wenn sie unter Berücksichtigung des Umstands, dass er anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft vom 21. März 2013 neben der Ablenkung durch die Radiobedienung einen Sekundenschlaf als alternative Erklärung anbot, die Aussagen gesamthaft als wenig glaubhaft würdigt, ist sie nicht in Willkür verfallen. Dass der Beschwerdeführer bei seiner Fahrt gegen Mitternacht innert eines derart kurzen Streckenabschnitts die beschriebenen Zwischenstopps einlegte, lässt sich im Sinne der vorinstanzlichen Erwägungen mit einer starken Übermüdung erklären. Im dargelegten Gesamtkontext ist nicht ersichtlich, inwiefern die vorinstanzliche Feststellung, der Beschwerdeführer sei zum Unfallzeitpunkt stark übermüdet gewesen und habe deswegen den Unfall verursacht, schlichtweg unhaltbar und damit willkürlich sein soll.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer kritisiert, die Vorinstanz sehe zu Unrecht von einer Strafbefreiung nach Art. 54 StGB ab.  
 
2.2. Von einer Bestrafung wird gemäss Art. 54 StGB abgesehen, wenn der Täter durch die unmittelbaren Folgen seiner Tat so schwer betroffen ist, dass eine Strafe unangemessen wäre. Nach dem Grundsatz "a maiore minus" kann anstelle einer Strafbefreiung die Milderung der Strafe nach freiem Ermessen treten (BGE 121 IV 162 E. 2d S. 175; Urteile 6B_801/2015 vom 22. Februar 2016 E. 3.3; 6B_1159/2014 vom 1. Juni 2015 E. 4.1; vgl. auch: BGE 137 IV 105 E. 2.3 S. 108).  
 
2.3. Die Vorinstanz erwägt, dass die durch den Unfall erlittenen Verletzungen sowie seine finanzielle Betroffenheit beträchtlich gewesen seien und verweist auf die vom erstinstanzlichen Gericht deswegen gewährte Strafreduktion im Umfang von 20 Tagessätzen.  
 
2.4. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei hospitalisiert und über mehrere Monate arbeitsunfähig gewesen. Vor dem Hintergrund seiner kurz davor aufgenommenen selbständigen Erwerbstätigkeit sei er auch aus finanziellen Gründen besonders betroffen gewesen. Eine Bestrafung sei aufgrund dieser Umstände unangemessen. Inwiefern die Vorinstanz bei der Strafzumessung ihr weites Ermessen verletzt hätte, indem sie von einer Strafbefreiung abgesehen und die Betroffenheit des Beschwerdeführers strafmindernd berücksichtigt hat, vermag er damit nicht aufzuzeigen. Die Rüge erweist sich als unbegründet.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Februar 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bianchi