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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
K 93/03 
 
Urteil vom 9. Juni 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Kopp Käch 
 
Parteien 
K.________, 1937, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Birmensdorferstrasse 94, 8003 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 29. Juli 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1937 geborene K.________ ist bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend Helsana) obligatorisch krankenpflegeversichert. Am 4. September 2001 gelangte er wegen einer am 12. September 2001 geplanten Kieferknochenrekonstruktion in der Klinik X.________ an die Krankenkasse. Mit Verfügung vom 17. Oktober 2001 teilte die Helsana K.________ mit, dass Anzeichen für eine Kiefergelenksarthrose bestünden und deshalb die Behandlung durch Prof. Dr. med. S.________ in der Zeit vom 22. Mai bis 2. Juni 2001 über den Betrag von Fr. 991.70 als Pflichtleistung übernommen werde. Gleichzeitig lehnte sie es jedoch ab, Leistungen an die Behandlungskosten des Dr. med. dent. Y.________ im Betrag von Fr. 20'295.- und Fr. 7936.15 sowie an diejenigen des Dr. med. dent. R.________ in der Höhe von Fr. 1117.- und des Prof. Dr. med. S.________ im Betrag von Fr. 32'300.- (recte Fr. 32'553.30) zu erbringen. Mit Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2001 hielt die Helsana nach Beizug der vertrauensärztlichen Kieferchirurgin Dr. med. M.________ an ihrem Standpunkt fest. Eine dagegen eingereichte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 6. September 2002 in dem Sinne gut, dass es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und die Sache zu ergänzenden medizinischen Abklärungen sowie zu anschliessender Neuverfügung an die Krankenkasse zurückwies. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme der vertrauensärztlichen Kieferchirurgin vom 5. März 2003 hielt die Helsana mit Verfügung vom 24. März 2003 und Einspracheentscheid vom 8. Mai 2003 am ursprünglichen Entscheid fest. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher K.________ die Übernahme von Behandlungskosten im Betrag von Fr. 72'450.20 nebst Verzugszins von 5 % seit 1. August 2001 beantragte, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. Juli 2003 ab, soweit es darauf eintrat. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert K.________ das im vorinstanzlichen Verfahren gestellte Rechtsbegehren. 
Die Helsana schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat zunächst zutreffend dargelegt, dass im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen sind, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und dass im vorliegenden Verfahren kein Anlass besteht, von diesem Grundsatz abzuweichen (BGE 122 V 36 Erw. 2a mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut die Übernahme von zahnärztlichen Behandlungskosten beantragt, die weder Gegenstand der Verfügung vom 24. März 2003 noch des Einspracheentscheids vom 8. Mai 2003 bildeten, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten. 
 
Streitig und zu prüfen ist jedoch die Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezüglich der Behandlungskosten des Dr. med. dent. Y.________ von Fr. 20'295.- und Fr. 7936.15 (Kostenschätzungen vom 17. Juli 2001), des Dr. med. dent. R.________ in der Höhe von Fr. 1117.- (Honorarrechnung vom 29. August 2001) sowie des Prof. Dr. med. S.________ im Betrag von Fr. 32'553.30 (Schlussrechnung vom 9. Oktober 2001). 
2. 
Im vorinstanzlichen Entscheid sind die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf Leistungen der sozialen Krankenversicherung für zahnärztliche Behandlungen bei Krankheit (Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [KVG], Art. 33 Abs. 2 und 5 KVG in Verbindung mit Art. 33 lit. d der Verordnung über die Krankenversicherung [KVV] sowie Art. 17 ff. der Verordnung über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Krankenpflege-Leistungsverordnung [KLV])) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen) und zum Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. Zutreffend ist schliesslich, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht anwendbar ist. 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer beantragt die Kostenübernahme durch die Krankenkasse im wesentlichen mit der Begründung, er leide an einer vertikalen Atrophie sowie an einer Osteopathie, weshalb eine Pflichtleistung gemäss Art. 17-19 KLV und Art. 25 KVG vorliege. 
3.2 Die Krankenkasse demgegenüber verneint nach Beizug ihrer Vertrauenskieferchirurgin Dr. med. M.________ das Vorliegen einer Osteopathie, einer Osteomyelitis sowie einer andern Erkrankung im Sinne von Art. 17-19 KLV und somit eine Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. 
3.3 Die Vorinstanz stellt auf die Beurteilungen der von der Beschwerdegegnerin beigezogenen Kieferchirurgin ab und verneint ebenfalls eine Leistungspflicht der Krankenversicherung. 
4. 
4.1 Bezüglich Begründung der Leistungspflicht der Krankenversicherung durch den Beschwerdeführer ist zunächst klarzustellen, dass sich Art. 25 KVG, welcher u.a. als Grundlage für die behauptete Leistungspflicht aufgeführt wird, lediglich auf ärztliche Behandlungen bezieht, wohingegen sich die Leistungspflicht für zahnärztliche Behandlungen, zu welchen die vorgenommene Kieferknochenaufbauoperation und Implantatsetzung unbestrittenermassen gehört, auf Art. 31 KVG stützt. Die Kosten der zahnärztlichen Behandlungen sollen im Krankheitsfalle der obligatorischen Krankenpflegeversicherung - wie die Vorinstanz zutreffend darlegt - nur in eingeschränktem Masse überbunden werden, u.a. wenn die zahnärztliche Behandlung durch eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung des Kausystems bedingt ist (Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG). Die schweren, nicht vermeidbaren Erkrankungen des Kausystems, welche eine von der Versicherung zu übernehmende zahnärztliche Behandlung bedingen, sind in Art. 17 KLV abschliessend aufgezählt (BGE 129 V 83 Erw. 1.3 und 279 Erw. 3.2). 
4.2 Krankenkasse und Vorinstanz verneinen eine Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gestützt auf zwei Berichte der Vertrauenskieferchirurgin Dr. med. M.________, nämlich gestützt auf den Bericht vom 22. November 2001, welcher das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nicht zu überzeugen vermochte, weshalb es die Sache zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen hatte, und auf den Bericht vom 5. März 2003 als Ergebnis dieser weiteren Abklärung. 
4.3 Diese beiden Berichte, jeder für sich und gemeinsam betrachtet, sind sowohl in ihren Schlussfolgerungen wie auch in der Begründung nicht überzeugend und erfüllen die im vorinstanzlichen Entscheid dargelegten Anforderungen nicht. Auch wenn es sich nicht um eigentliche Gutachten handelt, müssen sie minimale Erfordernisse erfüllen und, um schlüssig zu sein, so begründet sein, dass die rechtsanwendende Behörde die Schlussfolgerungen überprüfend nachvollziehen kann. 
 
Im ersten Bericht vom 22. November 2001 schrieb Frau Dr. med. M.________, eine Osteopathie (d.h. Osteoporose, Osteomalazie etc.) müsste von einem Internisten oder Rheumatologen bestätigt werden. Eine Osteopathie im Sinne einer pathologischen Atrophie könne aufgrund der vorhandenen Röntgenbilder ausgeschlossen werden. Im aufgrund der Rückweisung eingeholten zweiten Bericht vom 5. März 2003 hielt die Kieferchirurgin fest, auf Grund der vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Röntgenbilder, könne eine Osteopathie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Der Knochen sowohl des Ober- wie auch des Unterkiefers sei bezüglich Struktur und Knochenverlauf, ausser einem leichten horizontalen Knochenabbau, unauffällig. Im Oberkiefer sei die Knochenhöhe erhalten. Die Frage nach möglichen Zusatzuntersuchungen beantwortete sie damit, dass einzig eine Knochendichtemessung die Sicherheit der Aussage relevant erhöhen könnte. Auf eine internistische oder rheumatologische Untersuchung könne verzichtet werden, da in den vorliegenden Unterlagen keine Hinweise auf eine Knochenerkrankung vorhanden seien. Bezüglich Osteomyelitis hält Frau Dr. med. M.________ fest, eine solche würde sich als Verschattung, als Aufhellung oder als Kombination von beidem auf dem Röntgenbild zeigen. Vorliegend bestünden keinerlei entsprechende Hinweise und es seien keine weiteren Untersuchungen erforderlich. Schliesslich fänden sich auch keine Hinweise auf andere mögliche Ursachen der Kieferatrophie im Sinne von Art. 17-19 KLV. Vielmehr sei anzunehmen, dass im Bereich der zahnlosen Kieferabschnitte im Oberkiefer ein transversaler Knochenabbau stattgefunden habe, wie er nach jedem Zahnverlust eintrete. Mit 99%iger Wahrscheinlichkeit sei die transversale Atrophie auf den Zahnverlust zurückzuführen; eine vertikale Atrophie liege nicht vor. 
 
Die Begründung in den erwähnten Berichten ist zu dürftig, als dass das Gericht die Schlussfolgerung überprüfen könnte. Der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgte Ausschluss einer Osteopathie, deren Prüfung im Vordergrund stand, fusst auf der Begründung, der Knochen sei bezüglich Struktur wie Knochenverlauf, ausser einem leichten Knochenabbau, unauffällig. Weshalb der Knochen unauffällig ist und wie er sein müsste, um auffällig zu sein, wird nicht gesagt. Wird zudem ausgeführt, die Aussage - unklar bleibt dabei, ob damit die Begründung, die Schlussfolgerung oder beides gemeint ist - könnte durch eine Knochendichtemessung "relevant" verbessert werden, ist nicht einzusehen, weshalb diese Untersuchung nicht vorgenommen wird. Des weiteren erstaunt die Feststellung, auf eine internistische oder rheumatologische Untersuchung könne mangels Hinweise auf eine Knochenerkrankung verzichtet werden, war es doch gerade Zweck der vom kantonalen Gericht verlangten weiteren Abklärung zu prüfen, ob die Kauunfähigkeit des Beschwerdeführers auf eine Knochenerkrankung zurückzuführen ist. Selbst wenn das Nichtvorliegen einer Knochenerkrankung wahrscheinlicher sein mag als deren Vorliegen, ist auf eine so einfache Abklärung wie das Messen der Knochendichte oder aber auf eine internistische oder rheumatologische Untersuchung zum Nachweis einer Erkrankung des Knochens nicht zu verzichten. Eine genauere Abklärung rechtfertigt sich schliesslich auch deshalb, weil der Beschwerdeführer an einer Kieferarthrose leidet, derentwegen die Beschwerdegegnerin bereits Leistungen erbracht hat. Wenn das Kiefergelenk krank ist, erscheint es von besonderem Interesse, ob nicht auch der übrige Teil des Kiefers gesundheitlich beeinträchtigt ist und bejahendenfalls weshalb. 
 
Die Sache ist daher an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie im Sinne der Erwägungen die Abklärungen durch einen aussenstehenden Gutachter oder eine aussenstehende Gutachterin ergänze und anschliessend neu entscheide. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juli 2003 und der Einspracheentscheid der Helsana Versicherungen AG vom 8. Mai 2003 aufgehoben werden und die Sache an die Helsana Versicherungen AG zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch des Beschwerdeführers neu verfüge. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 9. Juni 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: