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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.123/2004 /pai 
 
Urteil vom 19. Juli 2004 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiberin Müller. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reinhold Nussmüller, 
 
gegen 
 
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, 8500 Frauenfeld, 
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Frauenfelderstrasse 16, 8570 Weinfelden. 
 
Gegenstand 
Familiennachzug, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 17. Dezember 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die am ........ 1949 geborene Schweizer Bürgerin A.________ geb. B.________ war in erster Ehe mit C.________ verheiratet. Dieser verstarb am ........ 1987. Am ... Oktober 1988 heiratete A.________ den 1963 geborenen vietnamesischen Staatsangehörigen D.________. Die Ehe wurde am ... März 1993 geschieden; am ... Juni 1993 heirateten die beiden jedoch ein zweites Mal. D.________ erwarb am ........ 1994 das Schweizer Bürgerrecht. Die Ehe zwischen ihm und A.________ wurde am ........ 1996 erneut geschieden. 
B. 
Der am ........ 1966 geborene mazedonische Staatsangehörige X.________ war bis zum ... Juni 2001 in Mazedonien mit E.________ geb. F.________ verheiratet; aus dieser Ehe gingen die drei Kinder G.________, H.________ und I.________ hervor, die gemäss den Angaben von X.________ im Januar 2002 11, 7 und 4 Jahre alt waren. X.________ arbeitete zwischen 1986 und 1992 jeweils für vier Monate während der Saison als Landarbeiter im Kanton Thurgau. Im Jahre 1993 erhielt er zu diesem Zweck eine Kurzaufenthalterbewilligung vom 1. August bis zum 30. November 1993. Am ... Oktober 1993 erlitt er bei der Arbeit eine Verletzung des Mittel- und Ringfingers der linken Hand, wobei die Endglieder in einem Hydraulikzylinder eingequetscht wurden. Es wurde eine Kuppenamputation vorgenommen; die postoperative Therapie dauerte bis 1994. In der Folge erhielt X.________ eine Kurzaufenthalterbewilligung für ärztliche Behandlung, die regelmässig verlängert wurde. Zuletzt wurde ihm eine Kurzaufenthalterbewilligung für die Arbeit als Landarbeiter im Rahmen einer Arbeitstherapie für den Zeitraum vom 1. Mai 1995 bis zum 30. November 1995 erteilt. Mit Verfügung vom 5. Januar 1996 wies die Fremdenpolizei des Kantons Thurgau ein Gesuch von X.________ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ab. Den dagegen erhobenen Rekurs wies das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 20. Juni 1996 ab. Mit Entscheid vom 17. Januar 1997 wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ab. Zu diesem Zeitpunkt war X.________ schon nach Mazedonien zurückgekehrt. 
C. 
Im Verlaufe des Jahres 2001 lernte X.________ J.________ geb. B.________ kennen; am ... Juni 2001 liess er sich von seiner mazedonischen Ehefrau E.________ geb. F.________ scheiden; das Urteil erwuchs am ... Juni 2001 in Rechtskraft. Am 6. November 2001 heiratete er in Z.________ (Mazedonien) J.________. Am 19. Dezember 2001 ersuchte A.________ geb. B.________ um eine Aufenthaltsbewilligung für ihren Ehemann. Das Ausländeramt des Kantons Thurgau teilte ihr am 25. Februar 2002 mit, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an ihren Ehegatten seien nicht erfüllt; sie könne eine beschwerdefähige Verfügung verlangen. Mit Gesuch vom 18. April 2002 ersuchten A.________ und X.________ noch einmal um eine Aufenthaltsbewilligung für X.________. Das Ausländeramt des Kantons Thurgau wies das Gesuch mit Verfügung vom 26. April 2002 ab. Dagegen erhoben A.________ und X.________ Rekurs beim Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau. Dieses wies den Rekurs mit Entscheid vom 28. Juli 2003 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 17. Dezember 2003 ab. 
D. 
Dagegen hat X.________ am 2. März 2004 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Er beantragt, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. 
 
Das Departement für Justiz und Sicherheit und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Den gleichen Antrag stellt das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Nach Art. 7 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Abs. 1 Satz 1). Für das Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (vgl. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG in Verbindung mit Art. 4 ANAG) ist lediglich entscheidend, ob formell eine eheliche Beziehung besteht; anders als bei Art. 8 EMRK ist nicht erforderlich, dass diese auch intakt ist und tatsächlich gelebt wird (BGE 126 II 265 E. 1b S. 266; 122 II 289 E. 1b S. 292). Auf die Beschwerde gegen die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung an den mazedonischen Ehegatten einer Schweizer Bürgerin ist daher einzutreten. Die Frage, ob die Bewilligung verweigert werden muss, weil einer der in Art. 7 ANAG vorbehaltenen Ausnahmetatbestände oder ein Verstoss gegen das Rechtsmissbrauchsverbot vorliegt, betrifft nicht das Eintreten, sondern bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 126 II 265 E. 1b S. 266; 124 II 289 E. 2b S. 291). 
1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. a und b OG), nicht jedoch die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheids (vgl. Art. 104 lit. c OG) gerügt werden (vgl. BGE 125 II 105 E. 2a S. 107, 521 E. 2a S. 523, mit Hinweisen). Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht an deren Sachverhaltsfeststellung gebunden, sofern diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist (Art. 105 Abs. 2 OG). 
1.3 Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (BGE 128 II 145 E. 1.2.2 S. 150 f.; 127 II 264 E. 1b S. 268, mit Hinweisen). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers keinen Anspruch auf die ihm nach Absatz 1 grundsätzlich zustehende Aufenthaltsbewilligung, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen. Erfasst wird davon die sog. Scheinehe bzw. Ausländerrechtsehe, bei der die Ehegatten von vornherein keine echte eheliche Gemeinschaft beabsichtigen (BGE 128 II 145 E. 2.1 S. 151, mit Hinweis). 
2.2 Dass Ehegatten mit der Heirat nicht eine eheliche Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern umgehen wollen, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und kann insofern nur durch Indizien nachgewiesen werden. Ein solches Indiz lässt sich darin erblicken, dass dem Ausländer die Wegweisung drohte, etwa weil er ohne Heirat keine Aufenthaltsbewilligung erhalten hätte oder sie ihm nicht verlängert worden wäre. Für das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe können sodann die Umstände und die kurze Dauer der Bekanntschaft sprechen sowie insbesondere die Tatsache, dass die Ehegatten eine Wohngemeinschaft gar nie aufgenommen haben. Dasselbe gilt, wenn für die Heirat eine Bezahlung vereinbart wurde. Dass die Begründung einer wirklichen Lebensgemeinschaft gewollt war, kann umgekehrt nicht schon daraus abgeleitet werden, dass die Ehegatten während einer gewissen Zeit zusammen lebten und intime Beziehungen unterhielten; ein derartiges Verhalten kann auch nur vorgespiegelt sein, um die Behörden zu täuschen (BGE 122 II 289 E. 2b S. 295, mit Hinweisen). Für die Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 2 ANAG reicht es freilich nicht aus, dass die Ehe abgeschlossen wurde, um dem ausländischen Ehegatten den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen; erforderlich ist vielmehr, dass die eheliche Gemeinschaft nicht wirklich gewollt war; auf die Motive der Heirat kommt es mit andern Worten nicht an, sofern der Wille vorhanden ist, eine Lebensgemeinschaft zu begründen (BGE 121 II 97 E. 3b in fine S.102; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember 2000 [2A.397/2000] E. 3a infine). 
 
Für die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung genügt es, dass der ausländische Ehepartner die Ehe einzig aus ausländerrechtlichen Motiven geschlossen hat und keine Lebensgemeinschaft anstrebte; dass seine schweizerische Lebenspartnerin allenfalls eine echte Lebensgemeinschaft beabsichtigt hat, hindert die Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 2 ANAG nicht (vgl. unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 27. August 1999 [2A. 250/1999], E. 2b). 
3. 
3.1 Das Verwaltungsgericht sieht zu Recht ein Indiz für das Vorliegen einer Scheinehe darin, dass die Heirat die einzige Möglichkeit für den Beschwerdeführer darstellte, um in der Schweiz wieder zu einer Aufenthaltsbewilligung zu gelangen. Sodann ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht im Umstand, dass der Beschwerdeführer 17 Jahre jünger ist als seine Ehefrau, mit ein Indiz für das Vorliegen einer Scheinehe erblickt. Zwar mag es zutreffen, dass auch Ehen, bei denen die Partner altersmässig weit auseinander liegen, tatsächlich gelebt werden. Im Allgemeinen bilden jedoch solche Ehen, bei denen die Ehefrau bedeutend älter ist als der Ehemann, die Ausnahme, weshalb ein entsprechender Altersunterschied ein - wenn auch nicht für sich allein ausschlaggebendes, so doch in Verbindung mit anderen Anzeichen - gewichtiges Indiz dafür darstellt, dass die Ehe zur Umgehung von ausländerrechtlichen Vorschriften eingegangen worden ist (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 13. Februar 2001 [2A.424/2000], E. 3c). Ein weiteres Indiz für eine Scheinehe stellt die kurze Bekanntschaftsdauer der Ehepartner dar: will man der Darstellung des Ehemannes glauben, so haben sich die beiden im März 2001 in einem Restaurant kennen gelernt; zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer noch mit seiner ersten Frau in Mazedonien verheiratet, mit der er drei Kinder hat; im Juni desselben Jahres liess er sich scheiden, und schon ein paar Monate später fand die Hochzeit mit seiner heutigen Frau statt. Sollte hingegen die ursprüngliche Aussage der Ehefrau zutreffen, so haben sich die beiden im September 2001 kennen gelernt, also knapp zwei Monate vor der Hochzeit; eine solche, äusserst kurze Bekanntschaftsdauer stellte schon als solche ein starkes Indiz für eine Ausländerrechtsehe dar. Ein weiteres Zeichen für eine Ausländerrechtsehe sieht das Verwaltungsgericht darin, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers für die Hochzeitsfeierlichkeiten nicht in den Kreis der Familie aufgenommen worden ist, sondern vielmehr in einem Hotel absteigen musste. 
 
All diese Indizien führen in ihrer Gesamtheit zum Schluss, dass jedenfalls von Seiten des Beschwerdeführers - und nur auf seine Sicht kommt es hier an (vgl. E. 2.2 oben) - die Ehe einzig geschlossen wurde, um zu einer Aufenthaltsbewilligung zu kommen; dass der Beschwerdeführer mit seiner Schweizer Gattin tatsächlich eine Lebensgemeinschaft aufbauen will, die diesen Namen verdient, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen. 
3.2 Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen: 
3.2.1 Dass die Gattin des Beschwerdeführers gemäss seiner Darstellung durch die Heirat auf monatliche Rentenansprüche von Fr. 3'120.-- verzichtete (Verlust der Witwenrenten infolge Wiederverheiratung), mag zwar darauf hindeuten, dass sie es mit der Heirat ernst gemeint hat und eine Lebensgemeinschaft begründen möchte. Massgebend ist jedoch, wie erwähnt, die Sicht des ausländischen Ehepartners, der, wenn er keine wirkliche Lebensgemeinschaft begründen will, sondern die Gutgläubigkeit seiner Partnerin ausnützt, aus Art. 7 ANAG keinen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung herleiten kann. 
3.2.2 Dass den Eheleuten, wie es der Beschwerdeführer ausdrückt, "die verwandtschaftlichen Bande über ihre Partnerschaft hinaus eher egal" waren, mag zwar damit zusammenhängen, dass sie aus verschiedenen Kulturkreisen stammen. Dass aber die Ehefrau, die für die Heirat immerhin nach Mazedonien gereist ist, in einem Hotel absteigen musste, spricht für das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe, ebenso wie der Umstand, dass die Ehefrau anlässlich der Befragung durch das Ausländeramt im Februar 2002 nur gerade darüber Auskunft geben konnte, dass ihr Mann geschieden war und drei Kinder hat; hingegen kannte sie nicht einmal den Namen seiner ersten Ehefrau; sie wusste auch nicht, ob die Personen, mit denen sie anschliessend an die Hochzeitsformalitäten essen ging, bloss Bekannte ihres Mannes waren, oder ob es auch Verwandte darunter hatte. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Beschwerdeführer seine Verwandtschaft der Ehefrau nicht vorgestellt hat, was ebenfalls dafür spricht, dass es ihm keinesfalls darum ging, mit dieser Schweizerin eine echte Lebensgemeinschaft aufzubauen. 
3.3 Die dargelegten Indizien rechtfertigen klarerweise den Schluss auf das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe, weshalb dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsbewilligung zulässigerweise verweigert wurde. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. 
4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 19. Juli 2004 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: