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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
C 186/06 
 
Urteil vom 4. April 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Leuzinger, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Parteien 
F.________, 1980, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit, Abt. Arbeitslosenkasse, Zürcherstrasse 285, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung vom 12. Juni 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1980 geborene F.________ meldete sich am 9. März 2004 zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung an. Am 20. September 2004 trat er eine Arbeitsstelle im Zwischenverdienst bei der Firma X.________ Personalberatung AG und in diesem Rahmen einen Einsatz bei der Firma Y.________ AG an. Daraufhin kündigte F.________ das Arbeitsverhältnis, welches am 5. November 2004 endete. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau stellte ihn deswegen mit Verfügung vom 14. Januar 2005 ab 8. November 2004 für die Dauer von 36 Tagen ein. Mit Einspracheentscheid vom 24. November 2005 hiess die Arbeitslosenkasse die hiegegen erhobene Einsprache teilweise gut und stellte den Versicherten für nunmehr 31 Tagen in der Anspruchsberechtigung ein, wobei er hievon lediglich 18,6 Tage zu bestehen hatte. 
B. 
Die dagegen geführte Beschwerde wies die Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung mit Entscheid vom 12. Juni 2006 ab. 
C. 
F.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, es seien der kantonale Entscheid und der Einspracheentscheid aufzuheben. 
Arbeitslosenkasse und Vorinstanz schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid ist indessen vorher ergangen, weshalb sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
 
2. 
Im Einspracheentscheid vom 24. November 2005 werden die Bestimmungen über die Pflichten des Versicherten (Art. 17 und 16 AVIG), die Voraussetzungen der Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV), insbesondere bei Aufgabe eines Zwischenverdienstes (Art. 24 AVIG; vgl. ARV 1998 Nr. 9 S. 41, C 104/02) und die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG, Art. 45 Abs. 2 AVIV) korrekt dargelegt. Darauf wird verwiesen. Ergänzend ist festzuhalten, dass dem konkreten Sachverhalt für die Verschuldensbeurteilung beim Einstellungsgrund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Zusicherung einer neuen Stelle im Allgemeinen grössere Bedeutung zukommt als bei der Ablehnung einer zumutbaren Arbeit, wo Tatsache und Schwere des Verschuldens meist klar feststehen. Art. 45 Abs. 3 AVIV kann deshalb, bei Einstellungen nach Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV lediglich die Regel bilden, von welcher beim Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall abgewichen werden darf. Massgebend für eine allfällige Milderung der Sanktion ist das Vorliegen entschuldbarer Gründe im Sinne von Art. 45 Abs. 3 AVIV, sofern solche eine Sanktion nicht geradezu ausschliessen. Diese im konkreten Einzelfall liegenden Gründe können sich - wie etwa gesundheitliche Probleme - auf die Situation der betroffenen Person oder auf eine objektive Gegebenheit beziehen (BGE 130 V 125 E. 3.2 - 3.5 mit Hinweisen; ARV 2000 Nr. 8 S. 41 E. 2c; Nr. 9 S. 49 E. 4b/aa; Urteil C 213/03 vom 6. Januar 2004, E. 4). 
3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer zu Recht wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit für die Dauer von 31 Tagen in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden ist. 
3.1 In tatbeständlicher Hinsicht steht fest, dass der Versicherte am 20. September 2004 bei der Firma X.________ Personalberatung AG eine Zwischenverdiensttätigkeit als Hilfsarbeiter aufnahm, welche er - gemäss Arbeitgeberin - mit der Begründung, die Arbeit gefalle ihm nicht mehr, beendet hatte. Dass dem gelernten Chemielaborant diese Tätigkeit im Rahmen eines befristeten Zwischenverdienstes nicht zumutbar gewesen sei, wird zu Recht nicht geltend gemacht, wobei es sich in lohnmässiger Hinsicht bei einem Zwischenverdienst immer um unzumutbare Arbeit handelt, die dem Versicherten für die Dauer der Kompensationszahlungen zugemutet wird (Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, 2. Auflage, Basel 2007, Rz 410 f. mit Hinweisen). Mit der verschuldeten Auflösung der Zwischenverdiensttätigkeit hat der Beschwerdeführer seine in Art. 17 Abs. 1 AVIG statuierte Schadenminderungspflicht verletzt, was grundsätzlich eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 lit. b AVIV zur Folge hat. Daran ändert auch seine sinngemässe Berufung auf eine Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung des Versicherungsträgers nach Art. 27 ATSG nichts, indem er geltend macht, die Verwaltung habe ihn zum einen nicht ausdrücklich auf die Sanktionsfolge bei Aufgabe eines Zwischenverdienstes aufmerksam gemacht und zum anderen habe ihm eine Mitarbeiterin der Firma X.________ Personalberatung AG sogar die Auskunft erteilt, die Aufgabe des Zwischenverdienstes hätte für ihn keine (rechtlichen) Folgen. Entgegen der beschwerdeführerischen Ansicht ist die Behörde mit der Durchführung einer Informationsveranstaltung, die den Versicherten u.a. über seine Rechte und Pflichten aufklärt und mit der Abgabe (oder Auflage) von Informationsbroschüren ihrer Aufklärungs- und Beratungspflicht gemäss Art. 27 ATSG hier genügend nachgekommen (Nussbaumer, a.a. O., Rz 324). Nach glaubhafter Darlegung des RAV-Personalberaters in seiner Stellungnahme von 14. Juni 2005 boten zudem die Aussagen oder Verhaltensweisen des Versicherten aufgrund der konstruktiven Gespräche keinen Anlass, auf die Sanktionsfolgen bei Aufgabe der Tätigkeit hinzuweisen (vgl. Nussbaumer, a.a. O. Rz 325). Sodann lässt sich auch kein öffentlich-rechtlicher Vertrauensschutz durch die behauptete Zusicherung der Mitarbeiterin der Firma X.________ Personalberatung AG begründen, da sie offensichtlich keine zuständige Behörde war, welche für die Organe der Arbeitslosenversicherung bindende Auskünfte erteilen konnte, wie bereits die Vorinstanz zutreffend dargetan hat. Damit scheitert die Berufung auf eine rechtlich geschützte Vertrauensstellung (BGE 131 V 480 E. 5 mit Hinweisen). 
3.2 Mit Blick auf die Bemessung der Sanktionsdauer ist festzuhalten, dass ein vermeidbares und vorwerfbares Verhalten des Beschwerdeführers ausgewiesen ist. Die mutmassliche Dauer der abgebrochenen Zwischenverdiensttätigkeit kann aber schuldmildernd wirken (BGE 130 V 126 mit Hinweis; ARV 2005 S. 215 E. 2.3, C 10/04). Die Arbeitgeberfirma gab an, der Zwischenverdienst wäre bis Ende Dezember 2004 befristet gewesen. Der Versicherte hat diesen am 5. November 2004 beendet und wollte ab Januar 2005 in Wien eine Tanzausbildung beginnen. Ein lediglich noch rund sieben Wochen länger ausübbarer Zwischenverdienst lässt das Verschulden objektiv in einem milderen Licht erscheinen, sodass die von der Arbeitslosenkasse gemäss Einspracheentscheid vom 24. November 2005 unter Annahme eines schweren Verschuldens (Art. 45 Abs. 2 lit. b AVIV) auf 31 Tage festgelegte Einstellungsdauer den konkreten Umständen insofern nicht angemessen Rechnung trägt. Es rechtfertigt sich eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung im mittleren Verschuldensbereich für die Dauer von 25 Tagen (Art. 132 OG). 
3.3 Da die Dauer der Einstellung einzig nach Massgabe des Verschuldens zu bemessen ist, kann der vorinstanzlich bestätigten Reduktion der Sanktionsdauer auf 18,6 Tagen (60 % von 31 Einstelltagen), weil der Versicherte im Vergleich zu seinem versicherten Verdienst ein anteilmässiges Einkommen von 60% erzielt hätte, nicht gefolgt werden. Die Verwaltung wird die höchstrichterliche Rechtsprechung vielmehr in dem Sinne zu beachten haben, als die Arbeitslosenentschädigung (Taggelder, Differenzausgleich; vgl. BGE 125 V 487 Erw. 4b), die dem Beschwerdeführer auch bei Annahme und Ausübung der Zwischenverdiensttätigkeit ausgerichtet worden wäre, nicht der Einstellung unterliegt (BGE 122 V 34 E. 4c/bb S. 40; ARV 1999 Nr. 32 S. 184 E. 4c, C 14/97; Urteil C 65/06 vom 27. April 2006, E. 5). Die 25 Tage sind somit wertmässig nicht mit 25 vollen Taggeldern zu bestehen, da die Einstellung in der Anspruchsberechtigung lediglich die Differenz zwischen dem Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung und demjenigen auf Kompensationszahlung betrifft (BGE 124 V 377, 122 V 40 E. 4c/bb; ARV 1998 Nr. 9 S. 47 f.; Nussbaumer, a.a. O. Rz 427). Auf diesem Differenzbetrag ist der Beschwerdeführer für die seinem Verschulden entsprechende Dauer von 25 Tagen in der Anspruchsberechtigung einzustellen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung vom 12. Juni 2006 und der Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau vom 24. November 2005 dahingehend abgeändert, dass die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 31 Tagen auf 25 Tage herabgesetzt wird. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 4. April 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: