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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_517/2023  
 
 
Urteil vom 8. Februar 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Otmar Kurath, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Matthias Kradolfer, Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12 A, 8500 Frauenfeld, 
2. Irene Herzog, 
Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12 A, 8500 Frauenfeld, 
3. Andreas Hebeisen, 
Löwenstrasse 12, 8280 Kreuzlingen, 
4. Madeleine Randacher, Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12 A, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft Frauenfeld, 
Maurerstrasse 2, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Ausstand von Gerichtspersonen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 9. Juni 2023 (ZPR.2023.1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Staatsanwaltschaft Frauenfeld erhob am 21. April 2020 Anklage gegen A.________ beim Bezirksgericht Münchwilen. Sie warf ihm Vergewaltigung und Freiheitsberaubung vor, sexuelle Belästigung von zwei weiteren jungen Frauen sowie Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, kombiniert mit einer Geldstrafe, sowie die Ausfällung einer Busse. Überdies beantragte sie eine Landesverweisung des Beschuldigten für die Dauer von 15 Jahren.  
Mit Urteil vom 24. Februar 2022 sprach das Bezirksgericht Münchwilen den Beschuldigten von sämtlichen Vorwürfen frei, soweit es das Verfahren nicht infolge Verjährung einstellte. 
 
A.b. Am 17. Oktober 2022 erklärte die Staatsanwaltschaft die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Münchwilen vom 24. Februar 2022 und beantragte, der Beschuldigte sei der Vergewaltigung und der Freiheitsberaubung schuldig zu sprechen. Die Privatklägerin beantragte mit Berufungserklärung vom 19. Oktober 2022 ebenfalls einen Schuldspruch sowie die Zusprechung eines Schadenersatzes bzw. einer Genugtuung von mindestens Fr. 25'000.--.  
Der verfahrensleitende Oberrichter hiess mit Verfügung vom 22. November 2022 einen Beweisantrag vom 19. Oktober 2022 der Privatklägerin gut und stellte deren persönliche Befragung an der Berufungsverhandlung in Aussicht. 
Am 29. November 2022 lud die Verfahrensleitung die Parteien für die Berufungsverhandlung vom 13. Februar 2023 vor und nannte die voraussichtliche Gerichtsbesetzung (Oberrichter Matthias Kradolfer, Oberrichterin Irene Herzog und Ersatzrichter Andreas Hebeisen). 
 
A.c. Mit verfahrensleitendem Entscheid vom 31. Januar 2023 ordnete das Obergericht, auf Antrag des Beschuldigten vom 6. Januar 2023 hin, die Zweiteilung der Berufungsverhandlung an (sog. "Schuldinterlokut"), wonach die Verhandlung vom 13. Februar 2023 thematisch auf die Tat- und Schuldfrage, die vom Beschuldigten geltend gemachten Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche, die von der Privatklägerin geltend gemachten Zivilansprüche sowie die Kosten- und Entschädigungsfolgen beschränkt sei und über allfällige Sanktionen gegebenenfalls in einem zweiten Verfahrensteil verhandelt und entschieden werde.  
 
A.d. Am 13. Februar 2023 fand der erste Teil der Berufungsverhandlung statt. Am 14. Februar 2023 versandte das Obergericht das betreffende Urteils-Dispositiv. Es sprach den Beschuldigten der Vergewaltigung schuldig und verpflichtete ihn, der Privatklägerin eine Genugtuung von Fr. 20'000.-- zuzüglich Zins von 5 % seit 3. Juni 2018 zu bezahlen. Die Zivilansprüche des Beschuldigten wies es ab.  
 
B.  
 
B.a. Mit Gesuch vom 24. Februar 2023 beantragte der Beschuldigte beim Obergericht, Oberrichter Matthias Kradolfer, Oberrichterin Irene Herzog, Oberrichter Andreas Hebeisen und Obergerichtsschreiberin Madeleine Randacher seien (rückwirkend) ab dem 31. Januar 2023 in den Ausstand zu versetzen.  
Die betroffenen vier Gerichtspersonen beantragten mit Stellungnahmen vom 7., 8., 9. bzw. 10. März 2023 die Abweisung des Ausstandsgesuches. 
 
B.b. Mit Entscheid vom 9. Juni 2023 wies das Obergericht des Kantons Thurgau, ohne Mitwirkung der vom Ausstandsgesuch betroffenen Gerichtspersonen, das Ausstandsbegehren vom 24. Februar 2023 ab, soweit es darauf eintrat.  
 
C.  
Gegen den Entscheid des Obergerichtes vom 9. Juni 2023 gelangt der Beschuldigte mit Beschwerde vom 24. August 2023 an das Bundesgericht. Er beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides (mit Ausnahme von Ziffer 2 des Dispositives betreffend amtliche Verteidigung) und den Ausstand der vom Ausstandsbegehren betroffenen Gerichtspersonen "ab dem 31. Januar 2023, eventualiter ab dem 13. Februar 2023". 
Es wurde keine Vernehmlassungen eingeholt. Am 12. September 2023 gingen die kantonalen Akten beim Bundesgericht ein. Am 29. September 2023 reichte der private Beschwerdegegner 1 unaufgefordert eine verfahrensleitende Verfügung vom 29. September 2023 des Obergerichtspräsidiums ein, wonach er per sofort aus dem Spruchkörper des Berufungsgerichtes ausschied. Die Eingabe wurde dem Beschwerdeführer am 5. Oktober 2023 zur Kenntnisnahme zugestellt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde richtet sich insbesondere gegen die Abweisung des Ausstandsgesuches betreffend den privaten Beschwerdegegner 1. Dieser schied gemäss verfahrensleitender Verfügung des Obergerichtspräsidiums vom 29. September 2023 per sofort aus dem Spruchkörper aus. Die Beschwerde ist folglich als gegenstandslos geworden abzuschreiben, soweit sie den privaten Beschwerdegegner 1 betrifft (vgl. Art. 32 Abs. 2 BGG). Über die Kostenfolgen ist aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes zu entscheiden (vgl. Art. 72 BZP i.V.m. Art. 71 BGG). 
Einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit sie das Ausstandsgesuch gegen die privaten Beschwerdegegnerinnen 2 und 4 und den privaten Beschwerdegegner 3 betrifft. Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 92 i.V.m. Art. 78 ff. BGG sind grundsätzlich erfüllt. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen Folgendes geltend: 
Die privaten Beschwerdegegner seien für den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens als "befangen" anzusehen, weil sie mit dem Urteil über die Genugtuung der Privatklägerin am 13. Februar 2023 eine "Trendaussage über die Höhe der Strafe" getroffen hätten. Mit der Zusprechung einer Genugtuung von Fr. 20'000.-- hätten sie erkennen lassen, dass sie auch "die Strafe im oberen Bereich ansiedeln" würden. Indem die Vorinstanz auf diesen Ausstandsgrund materiell nicht eingetreten sei, habe sie insbesondere Art. 58 StPO verletzt und eine formelle Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV begangen. Erst am 15. Februar 2024 (Empfang des Urteilsdispositives) habe er von der Zusprechung der Genugtuung erfahren, weshalb erst an diesem Tag "das Fass übergelaufen" sei und er noch rechtzeitig am 24. Februar 2024 das Ausstandsgesuch gestellt habe. Vor dem 15. Februar 2024 habe er nicht wissen oder ahnen können, dass am 13. Februar 2023 über die Genugtuungsforderung der Privatklägerin entschieden würde. Die Beschwerdegegner hätten nämlich in ihrer Verfügung vom 31. Januar 2023 "nicht angekündigt", dass sie bei einem Schuldspruch im ersten Verhandlungsteil über den Bestand und die Höhe der Genugtuungsforderung der Privatklägerin nicht nur verhandeln und beraten, sondern auch "entscheiden" würden. Die gegenteiligen Feststellungen im angefochtenen Entscheid seien aktenwidrig. Die Vorinstanz habe noch allfällige weitere Ausstandsgründe geprüft (Vorbefassung, Dauer der Urteilsberatung als Befangenheitsgrund), die er ursprünglich gar nicht angerufen habe. 
Auf die ausführlichen Vorbringen des Beschwerdeführers und die Erwägungen der Vorinstanz ist, soweit notwendig, in den nachfolgenden Erwägungen näher einzugehen. 
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Justizpersonen ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Dies soll zu der für einen korrekten und fairen Prozess erforderlichen Offenheit des Verfahrens beitragen und ein gerechtes Urteil ermöglichen (BGE 140 I 240 E. 2.2; 271 E. 8.4; 326 E. 5.1; 140 III 221 E. 4.1; 137 I 227 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die grundrechtliche Garantie wird in Art. 56 StPO konkretisiert (BGE 138 I 425 E. 4.2.1 mit Hinweisen).  
 
3.2. Eine in einer Strafbehörde, etwa beim Berufungsgericht (Art. 13 lit. d StPO), tätige Person tritt in den Ausstand, wenn sie in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, in der gleichen Sache tätig war (Art. 56 lit. b StPO). Abgesehen von den in Art. 56 lit. a und lit. c-e StPO genannten Fällen tritt sie auch in den Ausstand, wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (Art. 56 lit. f StPO). Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (Art. 58 Abs. 1 StPO). Wird ein Ausstandsgesuch nach Art. 56 lit. f StPO geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Art. 56 lit. b StPO abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren und endgültig das Berufungsgericht, wenn einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind (Art. 59 Abs. 1 lit. c StPO). Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen (Art. 59 Abs. 2 StPO). Bis zum Entscheid übt die betroffene Justizperson ihr Amt weiter aus (Art. 59 Abs. 3 StPO).  
 
3.3. Eine gewisse Besorgnis der Voreingenommenheit und damit Misstrauen in das Gericht kann bei den Parteien immer dann entstehen, wenn Gerichtspersonen in einem früheren Verfahren mit der konkreten Streitsache schon einmal befasst waren. In einem solchen Fall sogenannter Vorbefassung in der gleichen Sache (Art. 56 lit. b StPO) stellt sich die Frage, ob sich eine Gerichtsperson durch ihre Mitwirkung an früheren Entscheidungen in einzelnen Punkten bereits in einem Mass festgelegt hat, die sie nicht mehr als unvoreingenommen und dementsprechend das Verfahren nicht mehr offen erscheinen lassen (BGE 143 IV E. 3.1 und 3.3; 140 I 326 E. 5.1; 131 I 24 E. 1.2; 113 E. 3.4 mit Hinweisen).  
Das Bundesgericht hat zur Beurteilung, ob eine vorbefasste Gerichtsperson im konkreten Fall in den Ausstand treten muss, Kriterien entwickelt. So fällt etwa in Betracht, welche Fragen in den fraglichen Verfahrensabschnitten zu entscheiden sind und inwiefern sie sich ähnlich sind oder miteinander zusammenhängen. Zu beachten ist ferner der Umfang des Entscheidungsspielraums bei der Beurteilung der sich in den beiden Prozessabschnitten stellenden Rechtsfragen. Massgebend ist schliesslich, mit welcher Bestimmtheit sich der Richter bei seiner ersten Befassung zu den betreffenden Fragen ausgesprochen hat (BGE 140 I 326 E. 5.1 mit Hinweisen). 
Im Strafprozessrecht wird eine unzulässige Vorbefassung namentlich bei folgenden Konstellationen grundsätzlich bejaht: Personalunion von Untersuchungsrichter und erkennendem Strafrichter (BGE 115 Ia 217 E. 6; 114 Ia 275 E. 2b; 113 Ia 72 E. 2; 112 Ia 290 E. 5b-c; Urteil des EGMR De Cubber gegen Belgien vom 26. Oktober 1984, Serie A Bd. 86 §§ 26 ff.); Personalunion zwischen dem ehemaligen Generalprokurator und dem Ersatzrichter, weil dieser während der Voruntersuchung ein Weisungsrecht gegenüber den Bezirksprokuratoren und damit eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Untersuchungsrichter besass (BGE 117 Ia 157 E. 3); Ämterkumulation bei einem Strafrichter, der vorher als Mitglied der Anklagekammer die Anklage zugelassen und den Beschuldigten ans Strafgericht überwiesen hat (BGE 114 Ia 50 E. 5; 113 Ia 72 E. 3; s. aber auch BGE 114 Ia 139 ff.); Identität zwischen haftanordnender Justizperson und Anklagevertreter (BGE 131 I 36 E. 2.5.; 117 Ia 199 E. 4 betreffend Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK; s. auch Urteile des EGMR H.B. gegen Schweiz vom 5. April 2001, VPB 65/2001 Nr. 120 S. 1292 §§ 58-63; Huber gegen Schweiz vom 23. Oktober 1990, Serie A Bd. 188 §§ 40-43); Personalunion von Strafmandatsrichter und Strafrichter in derselben Sache (BGE 114 Ia 143 E. 7); Mitwirkung eines Gerichtsschreibers zuerst in der Strafuntersuchung und nachher beim erkennenden Gericht (BGE 115 Ia 224 E. 7).  
Dagegen wurde die Vorbefassung unter anderem in folgenden Fällen als grundsätzlich zulässig erachtet: personelle Identität von Haft- und Sachrichter, da der Haftrichter nicht die gleichen Fragen wie der erkennende Richter zu behandeln hat, insbesondere nicht die für den Ausgang des Hauptverfahrens entscheidende Frage der Schuld (BGE 117 Ia 182 E. 3b; Urteile des EGMR Hauschildt gegen Dänemark vom 24. Mai 1989, Serie A Bd. 154 §§ 50-51; Nortier gegen Niederlande vom 24. August 1993, Serie A Bd. 267 §§ 33 ff.); die Ämterkumulation beim Generalprokurator, der zuerst eine Strafverfügung erlässt und im anschliessenden Einspracheverfahren die Anklage vertritt, da die Strafverfügung nur bei unterlassener Einsprache rechtskräftig wird (BGE 124 I 76 E. 2; 114 Ia 143 E. 7); die Funktion der Eidgenössischen Untersuchungsrichter/-innen als haftanordnende Justizpersonen (BGE 131 I 66 E. 4.6-4.8); die Vorbefassung eines Gerichtes, das sich nach der Hauptverhandlung von der Schuld des Angeklagten überzeugt zeigt, das Urteil aussetzt und die Anklage zur geringfügigen Verbesserung zurückweist (BGE 126 I 68 E. 4); die Anordnung von Beweisvorkehren im Hauptverfahren durch den Gerichtspräsidenten, da in diesem Verfahrensstadium nicht mehr die Untersuchungsbehörde zuständig ist, sondern das Gericht (BGE 116 Ia 135 E. 3b); die Mitwirkung der Richter, die ein Abwesenheitsurteil gefällt haben, bei der Neubeurteilung der Strafsache im ordentlichen Verfahren (BGE 116 Ia 32 E. 3; Urteil des EGMR Thomann gegen Schweiz vom 10. Juni 1996, Rec. 1996-III, S. 806 ff. §§ 35-36, VPB 60.114); die Teilnahme des Sach- bzw. Appellationsrichters am Revisionsverfahren, da die neu zu beurteilenden spezifischen Revisionsgründe nicht mit dem bisherigen relevanten Sachverhalt identisch sind (BGE 107 Ia 15 E. 3b S. 18 f.; s.a. Urteil 1B_96/2009 vom 11. August 2009 E. 2.3.3 f.); die erneute Mitwirkung als Strafrichter/-in nach einer Rückweisung der Sache durch die Rechtsmittelinstanz zur Neubeurteilung (BGE 116 Ia 28 E. 2a; 114 Ia 50 E. 3d; EGMR Ringeisen gegen Österreich vom 16. Juli 1971, Serie A Bd. 13 § 97; Urteile des Bundesgerichtes 1B_491/2017 vom 5. April 2018 E. 3.6 und 4.3; 1B_27/2016 vom 4. Juli 2016 E. 5.2.1; 1B_67/2014 vom 31. März 2014 E. 2).  
 
3.4. Auf Antrag der beschuldigten Person oder der Staatsanwaltschaft oder von Amtes wegen kann die Hauptverhandlung gemäss Art. 342 Abs. 1 StPO zweigeteilt werden; dabei kann bestimmt werden, dass in einem ersten Verfahrensteil nur die Tat- und die Schuldfrage, in einem zweiten die Folgen eines Schuld- oder Freispruchs behandelt werden (lit. a), oder in einem ersten Verfahrensteil nur die Tatfrage und in einem zweiten die Schuldfrage sowie die Folgen eines Schuld- oder Freispruchs behandelt werden (lit. b). Die Entscheidung über die Zweiteilung der Hauptverhandlung ist nicht anfechtbar (Art. 342 Abs. 2 StPO).  
 
3.5. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird verletzt, wenn bei objektiver Betrachtung Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit begründen. Voreingenommenheit und Befangenheit werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Bei der Beurteilung solcher Gegebenheiten ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.1; 140 I 240 E. 2.2; 326 E. 5.1; 138 IV 142 E. 2.1; je mit Hinweisen).  
Der Anschein von Befangenheit "aus anderen Gründen" (im Sinne von Art. 56 lit. f StPO) kann auch vorliegen, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen einer verantwortlichen Justizperson vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3; Urteile 7B_287/2023 vom 12. September 2023 E. 2.3; 1B_387/2022 vom 22. Februar 2023 E. 3.3; 1B_98/2021 vom 3. März 2022 E. 3.2-3.3). Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (vgl. BGE 143 IV 69 E. 3.2; 114 Ia 153 E. 3b/bb; je mit Hinweisen). Aus einer relativ kurzen Urteilsberatung lässt sich nicht auf eine Befangenheit der urteilenden Justizpersonen schliessen (Urteil 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 1.2; nicht amtl. publiziert in BGE 147 IV 340). 
 
3.6. Allfällige Ausstandsgründe sind von der Partei ohne Verzug geltend zu machen, sobald sie von ihnen Kenntnis hat (Art. 58 Abs. 1 StPO). Nach der Praxis des Bundesgerichtes sind Ausstandsgründe in der Regel innert etwa einer Woche geltend zu machen; ein Zuwarten während zwei oder mehr Wochen ist hingegen nicht zulässig (Urteile 1B_266/2021 vom 25. August 2021 E. 2; 1B_180/2021 vom 10. Mai 2021 E. 2.1 1B_496/2019 vom 28. Februar 2020 E. 3.3; 1B_149/2019 vom 3. September 2019 E. 2.3; 1B_76/2019 vom 2. Mai 2019 E. 2.2; 1B_357/2013 vom 24. Januar 2014 E. 5.3.3; je mit Hinweisen). Wer einen Ausstandsgrund gegen eine Justizperson kennt, diesen aber nicht unverzüglich, sondern aus prozesstaktischen Gründen erst später geltend macht, etwa bei ungünstigem Verlauf des Verfahrens, verstösst gegen Treu und Glauben und verwirkt grundsätzlich seinen Anspruch, sich auf den Ausstandsgrund berufen zu können (BGE 121 I 225 E. 3; zit. Urteile 1B_266/2021 E. 2; 1B_180/2021 E. 2.1; Urteil 1B_647/2020 vom 20. Mai 2021 E. 2).  
 
4.  
 
4.1. Zunächst ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer den Ausstandsgrund einer unzulässigen Vorbefassung bzw. einer Befangenheit wegen eines präjudizierenden Entscheides über Zivilforderungen rechtzeitig und in Nachachtung des Rechtsmissbrauchsverbotes vorgebracht hat. Vorinstanzlich bzw. in seinem Ausstandsbegehren vom 24. Februar 2023 hatte er geltend gemacht, das Berufungsgericht habe im ersten Teil der Berufungsverhandlung der Strafzumessung in unzulässiger (Art. 342 Abs. 1 StPO verletzender) Weise vorgegriffen, indem es am 13. Februar 2023 über die Genugtuungsforderung der Privatklägerin entschieden habe.  
Unbestrittenermassen hat das Obergericht den Beschwerdeführer am 13. Februar 2023 der Vergewaltigung schuldig gesprochen und über die Zivilforderungen entschieden. Für die Festlegung der strafrechtlichen Sanktionen hat es eine zweite Berufungsverhandlung vorgesehen. Dass die Spruchkammer in dieser Reihenfolge vorgehen würde, hatte sie dem Beschwerdeführer bereits mit verfahrensleitendem Entscheid vom 31. Januar 2023 mitgeteilt. Die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge aktenwidriger Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz ist unbegründet. Das Obergericht gibt das Dispositiv und die Erwägungen des verfahrensleitenden Entscheides zutreffend wie folgt wieder. 
"Der Antrag" des Beschuldigten "vom 6. Januar 2023 wird geschützt. Die Hauptverhandlung wird zweigeteilt und die Berufungsverhandlung vom 13. Februar 2023 thematisch auf die Tat- und Schuldfrage", die vom Beschuldigten "geltend gemachten Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche", die von der Privatklägerin "geltend gemachten Zivilansprüche sowie die Kosten- und Entschädigungsfolgen beschränkt. Über die Sanktion und die Landesverweisung wird gegebenenfalls in einem zweiten Teil verhandelt und entschieden". 
Der verfahrensleitende Entscheid wurde (in dessen Erwägungen) auch in diesem Sinne ausführlich begründet und erläutert. Er wurde dem Beschwerdeführer am 8. Februar 2023 eröffnet. Dieser bestreitet nicht, dass er gegen das skizzierte prozessuale Vorgehen auch anlässlich der Berufungsverhandlung vom 13. Februar 2023 keinerlei Einwendungen erhoben hat. 
Zwar möchte der Beschwerdeführer die verfahrensleitende Verfügung vom 31. Januar 2023 in der Weise interpretieren, dass am 13. Februar 2023 nur "verhandelt", aber nicht über die Zivilforderungen hätte entschieden werden sollen. Die Feststellung der Vorinstanz, das Berufungsgericht habe am 31. Januar 2023 verfügt, dass die Zivilforderungen Gegenstand des ersten Prozessteils (samt entsprechendem Teil-Urteil) sein würden, erweist sich jedoch als willkürfrei. Die Interpretation der Vorinstanz drängt sich umso mehr auf, als in der prozessleitenden Verfügung ausdrücklich präzisiert wird, es werde im allfälligen zweiten Verhandlungsteil nur noch über die Sanktion und die Landesverweisung "verhandelt und entschieden".  
Dass das Obergericht am 13. Februar 2023 nötigenfalls über die Genugtuungsforderung der Privatklägerin entscheiden würde, war dem Beschwerdeführer somit spätestens seit dem 8. Februar 2023 bekannt. Die Zweiteilung der Berufungsverhandlung hatte er am 6. Januar 2023 auch selber beantragt. Dennoch erhob er keinerlei Einwendungen gegen das mit verfahrensleitendem Entscheid vom 31. Januar 2023 festgelegte prozessuale Vorgehen. Statt dessen wartete er den Ausgang der Berufungsverhandlung vom 13. Februar 2023 ab. Wie die Vorinstanz zudem erwägt (mit Hinweisen auf die entsprechenden Protokollstellen und die Audioaufnahme der Verhandlung), erklärte der vorsitzende Oberrichter den Parteien anlässlich der Berufungsverhandlung vom 13. Februar 2023 den Verfahrensablauf. Dabei wies er auf die Zweiteilung der Berufungsverhandlung gemäss prozessleitendem Entscheid vom 31. Januar 2023 hin und wiederholte, dass allein eine allfällige Sanktion in einem späteren Verhandlungsteil zu beurteilen wäre. Gegen dieses Vorgehen habe der Beschwerdeführer erneut keinerlei Einwände erhoben. Trotz ausdrücklich eingeräumter Möglichkeit habe er ebenso wenig Vorfragen zu diesem Prozessthema aufgeworfen. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass er "am 13. Februar 2023 kein Wort zur Genugtuungsforderung der Privatklägerin" verlauten liess, während diese sich dazu "breit geäussert" habe. 
Was der Beschwerdeführer als Erklärung für dieses prozessuale Verhalten vorbringt, überzeugt nicht. Das Obergericht hat jedenfalls kein Bundesrecht verletzt, indem es die nachträglichen prozessualen Beanstandungen des Beschwerdeführers in dessen Ausstandsgesuch vom 24. Februar 2023 als verspätet (im Sinne von Art. 58 Abs. 1 StPO) und verwirkt erklärte. 
Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers erscheint es auch nicht bundesrechtswidrig, dass die Vorinstanz seine Vorbringen im Ausstandsgesuch und im erstinstanzlichen Verfahren auch noch zusätzlich unter dem Gesichtspunkt von Art. 56 lit. b StPO (Vorbefassung) prüfte. Ein prozessualer Rechtsnachteil ist in diesem Zusammenhang nicht dargetan. 
 
4.2. Rechtzeitig (sinngemäss) vorgebracht aber unbegründet ist schliesslich noch der Vorwurf der Befangenheit im Hinblick auf die Dauer der Urteilsberatung vom 13. Februar 2023. Der Beschwerdeführer hat nach den Feststellungen der Vorinstanz geltend gemacht, das Berufungsgericht habe - angesicht des Endes der Parteiverhandlung um 20.15 Uhr - für die Urteilsberatung und die Formulierung des am 14. Februar 2023 versendeten Urteils-Dispositives höchstens noch vier Stunden beansprucht. Dies erwecke seiner Ansicht nach den Anschein, dass die Beschwerdegegner ihre Meinungen schon vor der Berufungsverhandlung gebildet oder die Sache anlässlich der Beratung nicht mehr vertieft genug und ergebnisoffen geprüft hätten.  
Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass sich mit blossem Hinweis auf den Schluss der Berufungs-Parteiverhandlung um 20.15 Uhr keine Befangenheit des Gerichtsgremiums objektiv begründen lässt; dies umso weniger, als nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht bekannt ist, wie viele Stunden an jenem Abend (bzw. in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 2023) die Beratung des Berufungsgerichtes nach 20.15 Uhr noch dauerte. Berücksichtigen durfte die Vorinstanz auch, dass die Beratung sich auf die Tat- und Schuldfrage und die Genugtuung zugunsten der Privatklägerin beschränkte; Fragen zu den strafrechtlichen Sanktionen, darunter eine allfällige Landesverweisung, waren nicht zu prüfen. Hinzu kommt, dass der Urteilsberatung eine mehrstündige Parteiverhandlung unmittelbar vorausgegangen ist, während der die Beschwerdegegner sich bereits eine vorläufige persönliche Meinung hatten bilden können. Dass bei der Urteilsberatung am Berufungsgericht das Referentensystem zur Anwendung gelangte, ist von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Dass die Vorinstanz in diesem Zusammenhang einen Ausstandsgrund wegen Befangenheit verneinte, erweist sich als bundesrechtskonform. 
Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, er habe diesen Ausstandsgrund ursprünglich gar nicht ausdrücklich angerufen. Dass die Vorinstanz auch diese Vorbringen unter dem Gesichtspunkt von Art. 56 lit. f StPO (materiell) prüfte, führt jedoch zu keinem nachvollziehbaren prozessualen Rechtsnachteil des Beschwerdeführers. 
 
5.  
Der Beschwerdeführer ficht schliesslich noch Ziffer 4 des Dispositives des angefochtenen Entscheides an. 
Dort verfügte die Vorinstanz Folgendes: "Der Staat (Obergericht) entschädigt die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin (...) für das Ausstandsverfahren mit Fr. 600.-- (einschliesslich Barauslagen und zuzüglich 7,7 % Mehrwertsteuer), unter Einräumung des Rückgriffsrechts auf den Gesuchsteller, sofern sich dessen finanzielle Verhältnisse verbessern". Der Beschwerdeführer beantragt: "Stattdessen sei die Rechtsbeiständin der Privatklägerin für das Ausstandsverfahren mit Fr. 600.-- (einschliesslich Barauslagen und zuzüglich 7,7 % Mehrwertsteuer) vom Staat Thurgau zu entschädigen, ohne Rückgriffsrecht auf den Beschuldigten" (Rechtsbegehren Ziff. 3). 
Das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers wendet sich folglich gegen das diesbezügliche Regressrecht des kantonalen Fiskus auf ihn, sofern sich seine finanziellen Verhältnisse verbessern sollten. 
Die Beschwerdeschrift enthält keine substanziierten Rügen zum angeordneten Kostenregress. Es werden auch keine angeblich verletzten Rechtsnormen genannt. Auf Ziffer 3 des Rechtsbegehrens der Beschwerdeschrift ist daher nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 1-2 i.V.m. Art. 95 BGG). 
 
6.  
Die weiteren Vorbringen und Rügen des Beschwerdeführers haben keine über das bereits Dargelegte hinausgehende selbstständige Bedeutung. 
 
7.  
Die Beschwerde ist als gegenstandslos geworden abzuschreiben, soweit sie den privaten Beschwerdegegner 1 betrifft. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Gemäss diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG; Art. 72 BZP i.V.m. Art. 71 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben, soweit sie den privaten Beschwerdegegner 1 betrifft. 
 
2.  
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Februar 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster