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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
{T 0/2}  
 
2C_870/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. April 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, handelnd durch A.A.________, Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Advokat Dieter Roth, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 23. Juli 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1975 geborene kosovarische Staatsangehörige A.A.________ heiratete am 23. Oktober 2009 eine damals in der Schweiz aufenthaltsberechtigte Portugiesin, worauf ihm eine bis zum 26. Juni 2013 gültig gewesene Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA erteilt wurde. Im Rahmen des Familiennachzugs reisten im Jahr 2011 auch die beiden Söhne von A.A.________ aus einer früheren Ehe in die Schweiz ein. Die Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA des jüngeren Sohnes B.A.________ (geb. 1997) hatte ebenfalls eine Gültigkeit bis zum 26. Juni 2013. Der ältere Sohn C.A.________ (geb. 1994) erhielt mit seiner Volljährigkeit im Jahr 2012 eine eigenständige Aufenthaltsbewilligung. 
 
B.   
Nachdem A.A.________ am 1. Juli 2013 auf Rückfrage des Migrationsamtes des Kantons Zürich bekannt gab, dass seine Ehefrau bereits im April 2012 nach Portugal ausgereist ist und sich seither wieder in ihrem Heimatland aufhält, verweigerte das Amt mit Verfügung vom 14. Februar 2014 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligungen von A.A.________ und seines damals noch minderjährigen jüngeren Sohnes B.A.________. Die hiergegen von den Betroffenen ergriffenen kantonalen Rechtsmittel wurden von der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Rekursentscheid vom 20. Mai 2014) sowie vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Urteil vom 23. Juli 2014) abgewiesen. 
 
C.   
Mit Eingabe vom 25. September 2014 führen A.A.________ und B.A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht und beantragen im Wesentlichen, es seien ihre Aufenthaltsbewilligungen zu verlängern. 
Während die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich auf eine Vernehmlassung verzichtet, schliessen das damalige Bundesamt für Migration (seit 1. Januar 2015: Staatssekretariat für Migration) sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich auf Abweisung der Beschwerde. 
Mit Verfügung vom 29. September 2014 erkannte der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Im vorliegenden Fall berufen sich die Beschwerdeführer unter anderem auf Art. 50 Abs. 1 lit. a und lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20), wonach der Bewilligungsanspruch des Ehegatten nach Auflösung der Ehe oder Familiengemeinschaft fortbesteht, wenn (lit. a) "die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht" oder (lit. b) "wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen". Sie behaupten, gestützt auf diese Bestimmung einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligungen zu haben. Diese Behauptung ist im Nachfolgenden näher zu prüfen. Ob die Bewilligung tatsächlich zu erteilen ist, bildet nicht Eintretensfrage, sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 128 II 145 E. 1.1.5 S. 150). Insofern erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als zulässig und es kann auf das im Übrigen form- und fristgerecht (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Rechtsmittel eingetreten werden, zumal die Beschwerdeführer als Adressaten des angefochtenen Urteils ohne Weiteres hierzu legitimiert sind (Art. 89 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Familienangehörige einer hier wohnhaften EU-Bürgerin haben gestützt auf das Freizügigkeitsrecht grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (Art. 7 lit. d des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681] i.V.m. Art. 3 Anhang I FZA). Im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens hat das Ausländergesetz nur insoweit Geltung, als Ersteres keine abweichenden Bestimmungen enthält oder Letzteres günstigere Bestimmungen vorsieht (Art. 2 Abs. 2 AuG).  
Gemäss Art. 3 Abs. 4 Anhang I FZA hat die einem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltserlaubnis die gleiche Gültigkeit wie die der Person, von der das Recht hergeleitet ist. Aufenthaltsbewilligungen von EU-Bürgern erlöschen u.a. nach einer Aufenthaltsunterbrechung von sechs aufeinander folgenden Monaten (Art. 6 Abs. 5 Anhang I FZA i.V.m. Art. 61 Abs. 2 AuG). Im vorliegenden Fall ist die Ehefrau des Beschwerdeführers 1 gemäss dessen eigenen Angaben im April 2012 nach Portugal ausgereist und seither nicht in die Schweiz zurückgekehrt. Ihre Aufenthaltsbewilligung ist demnach spätestens im Oktober 2012 erloschen. Aus diesem Grund können sich auch die Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt nicht mehr auf abgeleitete Anwesenheitsansprüche aus dem Freizügigkeitsabkommen berufen. 
 
2.2. Die Beschwerdeführer berufen sich auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG (vgl. E. 1 hiervor) und behaupten, die Voraussetzungen für ein Fortbestehen des Bewilligungsanspruchs, namentlich das Erfordernis der mindestens dreijährigen Ehegemeinschaft seien erfüllt.  
Diese Auffassung erweist sich jedoch als unzutreffend: Der massgebliche Zeitpunkt für die retrospektive Berechnung der Dauer der ehelichen Gemeinschaft ist in der Regel die Aufgabe der Haushaltsgemeinschaft (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 117). Wie bereits ausgeführt, reiste die Gattin des Beschwerdeführers 1 im April 2012 in ihr Heimatland aus und kehrte seither nicht wieder in die Schweiz zurück. Somit hatte das eheliche Zusammenleben seit der Heirat am 23. Oktober 2009 bei Auflösung der Haushaltsgemeinschaft keine drei Jahre gedauert. Das Vorliegen von wichtigen Gründe für getrennte Wohnsitze gemäss Art. 49 AuG wird von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Eine Anrufung von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG scheidet mithin aus. 
 
2.3. Schliesslich behaupten die Beschwerdeführer auch, dass wichtige persönliche Gründe ihren weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG). Sie verweisen in diesem Zusammenhang vor allem auf die Interessen des Beschwerdeführers 2: Dieser habe am 13. Januar 2014 eine einjährige IV-gestützte berufliche Integrationsmassnahme mit Begleitung durch den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst des Kantons Zürich begonnen, in welcher er eine Anlehre als Elektropraktiker absolvieren könne; müsste er diese abbrechen, so stelle dies eine unzumutbare persönliche Härte dar. Bei einer Rückkehr in den Kosovo würde ihm zudem drohen, keine auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnittene Stelle zu finden und wirtschaftlich von seinen Verwandten abhängig zu bleiben. Eine Ausweisung käme aus diesen Gründen auch einer Verletzung des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention; SR 0.107) gleich. Sodann würde auch die Familie der Beschwerdeführer auseinandergerissen, zumal der von der angefochtenen Massnahme nicht betroffene ältere Sohn C.A.________ nach wie vor im gleichen Haushalt wie die beiden Beschwerdeführer lebe und der Beschwerdeführer 2 noch sehr auf dessen Beistand angewiesen sei.  
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden: Das Bundesgericht hat bereits mehrfach festgehalten, dass die Bestimmungen der Kinderrechtskonvention keinen unmittelbaren Anspruch auf die Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung gewähren; in Frage kommt bloss eine mittelbare Berücksichtigung im Rahmen der Auslegung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG (BGE 139 I 315 E. 2.4 S. 321; 126 II 377 E. 5 S. 391 f.; 124 II 361 E. 3b S. 367). Diesbezüglich ist indes zu beachten, dass die Ausbildung des Beschwerdeführers 2 erst begonnen wurde, als die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführer abgelaufen war und sie aufgrund der vom Migrationsamt eingeleiteten Abklärungen mit einer Nichtverlängerung rechnen mussten. Zudem ist die einjährige Ausbildung inzwischen bereits abgeschlossen. Der blosse Umstand, dass die wirtschaftlichen Aussichten im Kosovo weniger gut sein mögen als in der Schweiz, stellt keinen wichtigen persönlichen Grund für einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz dar, zumal von der Wirtschaftslage im Kosovo sämtliche dort lebenden Einwohner in gleicher Weise betroffen sind. Ebensowenig vermögen die Beschwerdeführer ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zum hier weiterhin anwesenheitsberechtigten älteren Sohn bzw. Bruder C.A.________ aufzuzeigen, welches über die normalen familiären Bindungen hinausgehen würde (vgl. BGE 137 I 154 E. 3.4.2 S. 159). Inwiefern den beiden Beschwerdeführern, die den grössten Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht haben, eine Rückkehr in ihr Heimatland unzumutbar sein sollte, ist umso weniger ersichtlich, als dort gemäss Aktenlage nach wie vor die Eltern des Beschwerdeführers 1 resp. die Mutter und die Grosseltern des Beschwerdeführers 2 leben. 
Somit sind keine wichtigen persönlichen Gründe des Beschwerdeführers 1 für einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz ersichtlich. Der im massgeblichen Zeitpunkt minderjährig gewesene Beschwerdeführer 2 teilt das ausländerrechtliche Schicksal des sorgeberechtigten Vaters und hat mit diesem das Land zu verlassen (Urteil 2C_359/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 5.4 m.H.). 
 
3.   
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde unbegründet und somit abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang tragen die Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. April 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler