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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1143/2018  
 
 
Urteil vom 30. April 2019  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Schulkommission U.________, 
2. Bezirksrat V._________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Linus Cantieni. 
 
Gegenstand 
Klassenzuteilung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 
4. Abteilung, vom 21. November 2018 (VB.2018.00430). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Schreiben vom 24. Mai 2018 teilte die Schulkommission U.________ A.________ mit, dass ihre Tochter B.________ (geboren im 2012) für das Schuljahr 2018/2019 einer 1. Primarklasse im Schulhaus C.________ zugeteilt worden sei. A.________ wäre es jedoch lieber gewesen, wenn ihre Tochter in die 1. Klasse des nähergelegenen Schulhaus D.________ eingeteilt worden wäre. 
 
B.  
In der Folge durchlief A.________ erfolglos den innerkantonalen Instanzenzug: Der Bezirksrat V._________ wies ihren Rekurs mit Beschluss vom 13. Juli 2018 ab und entzog der Beschwerde ans Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung. B.________ wurde folglich zu Beginn des Schuljahrs basierend auf dem Entscheid der Schulkommission U.________ eingeschult. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde von A.________ mit Urteil vom 21. November 2018 ab. 
 
C.  
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 beantragt die Beschwerdeführerin, dass das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und ihre Tochter dem Schulhaus D.________ zuzuteilen sei. Sinngemäss beantragt sie ausserdem, dass ihr die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens zu erlassen und die Kosten, welche sie für den täglichen Transport ihrer Tochter zum Schulhaus C.________ auf sich genommen hat, zu erstatten seien. 
Die Schulkommission U.________ hat sich vernehmen lassen und beantragt Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den verfahrensabschliessenden Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
1.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und uneingeschränkt (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236). Im Unterschied dazu geht das Bundesgericht der angeblichen Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (unter Einschluss der Grundrechte) und rein kantonalen Rechts nur nach, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit; BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286). An die Begründung von Laienbeschwerden werden allerdings allgemein keine allzu hohen Anforderungen gestellt (vgl. Urteile 2C_1038/2018 vom 7. Dezember 2018 E. 1.2; 2C_708/2012 vom 21. Dezember E. 1.4, nicht publ. in: BGE 139 I 64).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil nach Art. 105 Abs. 1 BGG den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die vorinstanzlichen Feststellungen können gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG nur berichtigt werden, sofern sie entweder offensichtlich unrichtig, d. h. willkürlich ermittelt worden sind (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 137 II 353 E. 5.1 S. 356) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.). Die beschwerdeführende Partei hat deshalb substanziiert darzulegen, weswegen diese Voraussetzungen gegeben sein sollen; wird sie dieser Anforderung nicht gerecht, bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass die Vorinstanz Art. 19 und Art. 62 BV verletzt habe, indem sie die Tochter der Beschwerdeführerin nicht dem näheren Schulhaus D.________ zugeteilt hat. Der weitere und überdies stellenweise gefährliche Schulweg zum Schulhaus C.________ sei ihrer Tochter nicht zumutbar und somit verfassungswidrig.  
 
2.2. Art. 19 i.V.m. Art. 62 Abs. 2 BV gewährleistet als Grundrecht einen Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht (vgl. BGE 144 I 1 E. 2.1 S. 3 f.; 140 I 153 E. 2.3.1 S. 156). Der Unterricht muss grundsätzlich am Wohnort der Schülerinnen und Schüler erteilt werden; die räumliche Distanz zwischen Wohn- und Schulort darf den Zweck der ausreichenden Grundschulausbildung nicht gefährden (BGE 140 I 153 E. 2.3.3 S. 157). Aus der in Art. 19 BV garantierten Unentgeltlichkeit ergibt sich daher auch ein Anspruch auf Übernahme der Transportkosten, wenn der Schulweg wegen übermässiger Länge oder Gefährlichkeit dem Kind nicht zugemutet werden kann (BGE 133 I 156 E. 3.1 S. 158 f mit Hinweisen).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Distanz, welche die Tochter der Beschwerdeführerin auf ihrem Schulweg zurücklegen muss, 1 km beträgt. Die auf diese Distanz zu überwindende Höhendifferenz beträgt 77 m. Dies ergibt einen Wert von 1.77 Leistungskilometern. Es sei im Kanton Zürich jedoch nicht üblich, den Schulweg in Leistungskilometern zu messen.  
 
2.3.2. Der Schulweg weist nach der Vorinstanz im Wesentlichen drei Gefahrenstellen auf: Zwei Wegstücke von 150 m und 70 m führen entlang nicht verkehrsberuhigter Strassen und an einer Stelle sei eine (verkehrsberuhigte) Strasse ohne Querungshilfe zu überqueren. Die Gefährlichkeit letzterer Stelle werde jedoch durch entsprechende Massnahmen entschärft (Markierung mit dem Hinweis "Kind" und regelmässiges Zurückschneiden der Hecke zur Verbesserung der Sichtbarkeit der Fussgänger).  
 
2.3.3. Für die Berechnung der Dauer des Schulweges und der Länge der Mittagspause ging die Vorinstanz ihrer Praxis gemäss von einer für Erstklässler typischen Gehgeschwindigkeit von 3 bis 3.5 km/h aus. Diesen Erfahrungssatz stützt die Vorinstanz auf wissenschaftliche Erkenntnisse (vgl. Nachweise im Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich VB.2017.00044 vom 29. August 2017 E. 3.3.3). Daraus resultierte eine maximale Wegdauer von 36 Minuten (Hinweg) bzw. 24 Minuten (Rückweg) und eine Mittagspause von mindestens 45 Minuten.  
 
2.3.4. Aufgrund dieser Feststellungen kam die Vorinstanz zum Schluss, dass der Schulweg der Tochter der Beschwerdeführerin zumutbar sei, unabhängig davon, ob der Schulweg in Leistungskilometern gemessen werde oder nicht.  
 
2.4.  
 
2.4.1. Die Beschwerdeführerin behauptet vor Bundesgericht erstmalig, der Schulweg sei in Wahrheit 2.043 Leistungskilometer lang, weil erstens die Höhenunterschiede zwischen Gehweg und Gebäudeeingang bzw. Klassenzimmer zu berücksichtigen seien und zweitens ihrer Tochter nicht zugemutet werden könne, das erste Teilstück auf der gefährlichen Seestrasse ganz alleine zu gehen und sie stattdessen einen Umweg zu nehmen habe. Die besondere Gefährlichkeit dieses Teilstücks auf der Seestrasse begründet die Beschwerdeführerin mit einem Beinaheunfall ihrer älteren Tochter und einem Verkehrsunfall, bei dem ein Nachbar zu Tode gekommen sein soll.  
 
2.4.2. Die Behauptungen der Beschwerdeführerin sind teilweise neu und hätten problemlos schon vor der Vorinstanz vorgebracht werden können. Zudem zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt hätte. Damit bleibt das Bundesgericht nach Art. 105 Abs. 1 BGG an den Sachverhalt gebunden, wie er von der Vorinstanz festgestellt worden ist. Dies hat zur Folge, dass von einem Schulweg von 1 km und 1.77 (Hinweg) bzw. 1.193 (Rückweg) Leistungskilometern auszugehen und für die Beurteilung der Zumutbarkeit zu unterstellen ist, dass keine der drei von der Vorinstanz ermittelten Gefahrenstellen besonders gefährlich ist.  
 
2.4.3. Auch die Kritik der Beschwerdeführerin an der Berechnung der Wegdauer und der Mittagspause überzeugt nicht. Erstens lassen sich den von ihr zitierten Behördenberichten entgegen ihrer Behauptung nicht entnehmen, dass die Geschwindigkeit von Kindern zwischen 6 und 8 Jahren zwischen 2 und 3 km/h läge (Zitat: "Es kann davon ausgegangen werden, dass 4- und 5-Jährige mit max. 1- 2 km/h unterwegs sind. Der Schulweg dauert daher bei 500 m zwischen 15 und 30 Minuten. Die 6- bis 8-Jährigen sind bereits etwas schneller. Ihnen kann deshalb ein etwas längerer Schulweg zugemutet werden. Ab dem Alter von 9 Jahren kann davon ausgegangen werden, dass Kinder mit 3-4 km/h unterwegs sind."; bfu-Fachdokumentation 2.262, Schulweg zu Fuss, 2016, S. 18 und Bundesamt für Strassen, Sichere Schulwege - Gefahrenanalyse und Massnahmenplanung, 2016, S. 96). Zweitens ist sie vor der Vorinstanz den Beweis schuldig geblieben, dass ihre Tochter sich langsamer fortbewegt, als andere Kinder in ihrem Alter. Damit sind weder der Erfahrungssatz an sich noch seine Anwendung durch die Vorinstanz im vorliegenden Fall zu beanstanden.  
 
2.4.4. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf zu behaupten, dass die Vorinstanz die Wegdistanz, die Dauer des Weges und die Dauer der Mittagspause falsch ermittelt habe. Sie behauptet hingegen zu Recht nicht, dass ihrer Tochter eine Wegdistanz von 1 km und 1.77 (Hinweg) bzw. 1.193 (Rückweg) Leistungskilometern, eine Wegdauer von 36 Minuten (Hinweg) bzw. 24 Minuten (Rückweg) und eine Mittagspause von 45 Minuten unzumutbar wären (vgl. zur zumutbaren Distanz Urteil 2C_495/2007 vom 27. März 2008 E. 2.3, in: ZBl 109/2008 S. 494 und zur zumutbaren Dauer der Mittagspause Urteil 2C_838/2017 vom 22. Februar 2018 E. 4.3). Vielmehr verweist sie selbst auf zahlreiche Gemeinden, die einen Schulweg von bis zu 2 Leistungskilometern für zulässig halten.  
 
3.  
 
3.1. Der Schulweg ist der Tochter der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Distanz, der Dauer und der darauf befindlichen Gefahrenstellen zumutbar. Es werden keine anderen Gründe geltend gemacht, welche die aktuelle Schulhaus- bzw. Klassenzuteilung der Tochter als unzumutbar erscheinen liessen. Die Vorinstanz hat folglich kein Bundesrecht verletzt, indem sie den Schulweg der Tochter und den Verbleib der Tochter in der aktuellen Klasse für zumutbar erklärte.  
 
3.2. Es kann offenbleiben, wie die Grösse und Zusammensetzung der Klassen in den verschiedenen Schulhäusern sowie der Umstand, dass die Tochter im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils bereits mehrere Monate in der zugeteilten Klasse verbracht hatte, im Rahmen einer Interessenabwägung zu berücksichtigen wären.  
 
4.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Die Kosten trägt die unterliegende Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Schulkommission U.________ und der Bezirksrat V._________ obsiegen in ihrem amtlichen Wirkungskreis, weshalb ihnen - trotz anwaltlicher Vertretung - keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. April 2019 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler