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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5D_131/2022  
 
 
Urteil vom 26. September 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
Einzelrichterin des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden, Landsgemeindeplatz 2, 9043 Trogen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ausstand (negative Feststellungsklagen nach Art. 85a SchKG), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Präsidenten des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 16. August 2022 (ERZ 22 34). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Am 8. Juni 2022 erhob der Beschwerdeführer in den zwei Betreibungen Nrn. xxx und yyy des Betreibungsamtes Appenzeller Vorderland negative Feststellungsklagen nach Art. 85a SchKG, nachdem in diesen Betreibungen zuvor die definitive Rechtsöffnung für Fr. 6'396.35 bzw. Fr. 363.10, jeweils nebst Zins und Mahnkosten, erteilt worden war. B.________ als Einzelrichterin des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden eröffnete zwei Verfahren (ZE2 22 8 und ZE2 22 9), verpflichtete den Beschwerdeführer mit Verfügungen vom 26. Juli 2022 zur Bezahlung von Kostenvorschüssen von Fr. 600.-- bzw. Fr. 400.-- und räumte ihm eine Frist zur Behebung von Mängeln der Klagen ein. Am 28. Juli 2022 stellte der Beschwerdeführer ein Ausstandsbegehren gegen B.________. Sie bestritt das Vorliegen eines Ausstandsgrundes und leitete die Sache zum Entscheid an den Präsidenten des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden weiter. Der Präsident des Obergerichts behandelte das Ausstandsgesuch in den Verfahren ZE2 22 8 und ZE2 22 9 in einem Verfahren (ERZ 22 34) und wies es mit Verfügung vom 16. August 2022 ab. 
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 9. September 2022 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. In derselben Beschwerdeschrift erhebt der Beschwerdeführer zudem Beschwerde gegen das Urteil ERZ 22 32 vom 12. August 2022, das die erstinstanzlichen Verfügungen vom 26. Juli 2022 betrifft (dazu Verfahren 5D_130/2022). Mit Verfügung vom 12. September 2022 hat das Bundesgericht das Gesuch um superprovisorische Massnahmen abgewiesen. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer beantragt eine mündliche Verhandlung "für alle Prozesse". Vor Bundesgericht besteht kein Anspruch auf eine mündliche Parteiverhandlung (Art. 57 BGG) oder eine öffentliche Beratung (Art. 58 BGG). Das vorliegende Urteil kann ohne weiteres anhand der Akten und auf dem Zirkulationsweg gefällt werden. 
 
3.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine bei ihm eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1; 141 III 395 E. 2.1). 
 
3.1. Der Streitwert liegt unter Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG, da der urteilende Richter gegen die konstante Rechtsprechung zu Art. 85 SchKG (gemeint wohl: Art. 85a SchKG) verstosse und Rechtsirrtümern aufsitze. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist jedoch nur zurückhaltend anzunehmen. Sie liegt vor, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 146 III 237 E. 1 mit Hinweisen). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist einzig die Verfügung ERZ 22 34 und damit die Beurteilung des Ausstandsgesuchs gegen die Einzelrichterin am Kantonsgericht. Dass sich in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellen könnte, ist weder hinreichend dargetan (Art. 42 Abs. 2 BGG) noch ersichtlich. Die Beschwerde vom 9. September 2022 ist demnach im vorliegenden Verfahren als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln (Art. 113 ff. BGG).  
Angefochten ist ein selbständig eröffneter Zwischenentscheid über den Ausstand, womit die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht grundsätzlich gegeben ist (Art. 117 i.V.m. Art. 92 BGG). Indes ist die Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 114 i.V.m. Art. 75 Abs. 2 BGG nur gegen Entscheide zulässig, die ein oberes kantonales Gericht als Rechtsmittelinstanz gefällt hat (Prinzip der "double instance"). Vorbehalten sind die in Art. 75 Abs. 2 lit. a bis c BGG genannten Fälle (zum Ganzen BGE 139 III 252 E. 1.6 mit Hinweisen). 
Das Erfordernis des doppelten Instanzenzuges gilt grundsätzlich auch für die Anfechtung von Zwischenentscheiden. Ausnahmen von diesem Erfordernis (nebst den in Art. 75 Abs. 2 lit. a bis c BGG genannten) sind zugelassen, wenn das obere kantonale Gericht mit einem Rechtsmittel befasst ist und in diesem Rahmen einen Zwischenentscheid, z.B. über den Ausstand eines seiner Mitglieder, fällt (BGE 143 III 140 E. 1.2; Urteil 4A_520/2020 vom 28. Januar 2021 E. 3.1). 
 
3.2. Das Obergericht hat vorliegend nicht als Rechtsmittelinstanz über den Ausstand der Einzelrichterin am Kantonsgericht entschieden, sondern als erste und einzige Instanz. Der Präsident des Obergerichts stützt seine Zuständigkeit auf Art. 47 lit. a des Justizgesetzes des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 13. September 2010 (bGS 145.31). Nach dieser Norm entscheidet der Präsident oder die Präsidentin des Obergerichts über Ausstandsgesuche gegen einen Einzelrichter oder eine Einzelrichterin des Kantonsgerichts.  
 
3.3. Der angefochtene Entscheid des Obergerichts fällt unter keinen der im Ausnahmekatalog von Art. 75 Abs. 2 lit. a bis c BGG erwähnten Gründe. Insbesondere liegt kein Fall von lit. a der genannten Norm vor. Art. 50 Abs. 2 ZPO sieht im Gegenteil sogar ausdrücklich die Anfechtbarkeit des Ausstandsentscheids mit Beschwerde vor, womit die Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO gemeint ist (vgl. BGE 145 III 469 E. 3; Urteil 4A_520/2020 vom 28. Januar 2021 E. 3.4). Sodann geht es vorliegend nicht um einen Zwischenentscheid im Rahmen eines obergerichtlichen Rechtsmittelverfahrens. Das Bundesgericht kann demnach auf die Beschwerde infolge Verletzung des Prinzips der "double instance" nicht eintreten.  
An alldem ändert nichts, dass das Obergericht in seiner Rechtsmittelbelehrung sowie in seinen Erwägungen (lit. H) auf die Beschwerde in Zivilsachen, die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sowie Art. 92 BGG hingewiesen hat. Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nunmehr zusätzlich den Ausstand des Obergerichtspräsidenten verlangt und alle Richter im Kanton Appenzell Ausserrhoden für befangen hält. Der Obergerichtspräsident hat im Ausstandsverfahren als erstinstanzlicher Richter entschieden, womit die gegen ihn geltend gemachten Ausstandsgründe nicht direkt dem Bundesgericht vorgetragen werden können (vgl. BGE 139 III 120 E. 3.1). 
 
3.4. Nach dem Gesagten ist der Kanton Appenzell Ausserrhoden verpflichtet, ein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung zu stellen, um den Anforderungen des BGG gerecht zu werden (BGE 139 III 252 E. 1.6; Urteil 5A_697/2016 vom 25. November 2016 E. 2.4). Nach konstanter Praxis gehen die Akten in Fällen wie dem vorliegenden zur weiteren Behandlung an das Obergericht zurück (BGE 139 III 252 E. 1.6; Urteil 5A_697/2016 vom 25. November 2016 E. 2.4 mit Hinweisen). Zwar ist der Kanton und nicht das Gericht verpflichtet, ein kantonales Rechtsmittel zu ermöglichen. Praktisch lässt sich dies aber, soweit bereits das Obergericht als Erstinstanz geurteilt hat, nicht anders handhaben, als dass das Obergericht in anderer Besetzung die Rechtsmitteleingabe beurteilt und einen zweitinstanzlichen Entscheid fällt (Urteile 4A_520/2020 vom 28. Januar 2021 E. 3.4; 5A_697/2016 vom 25. November 2016 E. 2.4; je mit Hinweisen).  
 
4.  
Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer ist nicht für die Mängel der Gerichtsorganisation des Kantons Appenzell Ausserrhoden und die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung verantwortlich. Dem Kanton sind sodann grundsätzlich keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um Verzicht auf Kostenerhebung wird damit in Bezug auf das vorliegende bundesgerichtliche Verfahren gegenstandslos. Die Parteikosten sind praxisgemäss im Rahmen des zweitinstanzlichen kantonalen Entscheides zu liquidieren (Urteil 4A_520/2020 vom 28. Januar 2021 E. 4 mit Hinweisen). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Beschwerde vom 9. September 2022 wird - soweit sie das obergerichtliche Verfahren ERZ 22 34 betrifft - an das Obergericht Appenzell Ausserrhoden zur weiteren Behandlung und Entscheidfindung überwiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. September 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg