Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_525/2023  
 
 
Urteil vom 26. Oktober 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterinnen Moser-Szeless, Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Bögli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Rufener, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 12. Juli 2023 (VV.2023.25/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1964 geborene A.________ meldete sich im Juli 2018 erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an, nachdem ein erstes Leistungsbegehren mit Verfügung vom 17. August 2016 abgewiesen worden war. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau klärte die medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab, veranlasste eine polidisziplinäre Begutachtung durch das Gutachtenzentrum B.________ und führte mehrere Abklärungen im Haushalt durch. Gestützt darauf sprach sie - nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren - mit Verfügung vom 21. Dezember 2022 A.________ eine ganze Rente vom 1. August 2019 bis 31. Januar 2020 sowie eine Viertelsrente vom 1. Februar 2020 bis 31. Dezember 2021 zu. Mit Verfügung vom 22. Dezember 2022 verneinte sie einen Anspruch auf berufliche Massnahmen. 
 
B.  
Die von A.________ gegen diese Verfügungen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 12. Juli 2023 teilweise gut, hob die angefochtene Verfügung vom 22. Dezember 2022 betreffend berufliche Massnahmen auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung und neuem Entscheid an die IV-Stelle zurück. Soweit die Beschwerde gegen die Rentenverfügung vom 21. Dezember 2022 gerichtet war, wies das Verwaltungsgericht sie ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es sei Ziffer 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 12. Juni 2023 teilweise aufzuheben und es sei ihr ab 1. Februar 2020 eine IV-Rente basierend auf einem IV-Grad von mehr als 40 % auszurichten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet zwar das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Zudem legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, welchen die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Eine Sachverhaltsfeststellung ist offensichtlich unrichtig, wenn sie sich als willkürlich erweist. Das ist der Fall, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Noch keine offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als plausibler erscheint. Sachverhaltsrügen sind auf Grund des strengen Rügeprinzips klar und detailliert in der Beschwerdeschrift aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist nicht einzugehen (BGE 144 V 50 E. 4.2; Urteile 9C_415/2022 vom 14. November 2022 E. 1.2; 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2). 
 
1.2. Die auf einen Abklärungsbericht gestützten vorinstanzlichen Feststellungen zu Art und Ausmass der Einschränkung in den einzelnen Haushaltsbereichen sind tatsächlicher Natur und vom Bundesgericht lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüfbar (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; Urteil 9C_842/2014 vom 9. März 2015 E. 3.3 mit Hinweisen).  
 
1.3. Am 1. Januar 2022 trat die Änderung des IVG («Weiterentwicklung der IV») mit der Einführung des stufenlosen Rentensystems in Kraft. In zeitlicher Hinsicht sind - vorbehältlich besonderer übergangs-rechtlicher Regelungen - grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestands Geltung haben (BGE 146 V 364 E. 7.1, 144 V 210 E. 4.3.1, je mit Hinweisen). Rentenansprüche, die vor dem 1. Januar 2022 entstanden sind, werden somit nach im damaligen Zeitpunkt gültigem Recht beurteilt. Zu beurteilen ist ein Rentenanspruch ab 1. August 2019. Vorliegend gelangen somit die bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Bestimmungen zur Anwendung und werden in dieser Fassung zitiert.  
 
1.4. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG) sowie zur Neuanmeldung und Befristung der Rente (analog zur Rentenrevision nach Art. 17 ATSG) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.  
 
2.  
Die Beschwerdeführerin rügt in Bezug auf den Sachverhalt, im Abklärungsbericht werde weder festgehalten, welche Familienangehörigen welche Tätigkeiten in welchem Pensum und welchem Umfang erledigt hätten, noch in welchem Rahmen die Schadenminderungspflicht berücksichtigt worden sei. Allerdings macht sie nicht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt rechtsfehlerhaft im Sinne von Art. 95 BGG festgestellt. Da die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz auch nicht offensichtlich unrichtig sind, ist auf diese abzustellen. 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin beantragt eine Rentenzusprache ab dem 1. Februar 2020, basierend auf einem IV-Grad von mehr als 40 %. Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ab dem 13. August 2019 zu 20 % im Haushalt und zu 80 % erwerblich tätig wäre. Dementsprechend hat die Vorinstanz für die Bemessung des Invaliditätsgrades zu Recht die gemischte Methode (Art. 28a Abs. 3 IVG) angewendet.  
 
3.2. Nicht strittig ist ebenfalls, dass die Beschwerdeführerin seit November 2018 zu 80 % (bei einer vollen Stundenpräsenz) in einer angepassten Tätigkeit arbeitsfähig ist (Arbeitsunfähigkeit 20 %). Der Invaliditätsgrad in Bezug auf ihre Erwerbstätigkeit beträgt ab dem 1. Februar 2020 43.92 %. Im Rahmen einer postoperativen Rehabilitation war sie von Mai bis November 2019 vorübergehend zu 100 % arbeitsunfähig. Strittig und damit zu prüfen ist, in welchem Umfang die Beschwerdeführerin ab dem 1. Oktober 2021 in ihrem Aufgabenbereich eingeschränkt ist, respektive in welchem Umfang sie ihren Ehemann zur Mithilfe bei der Hausarbeit hinzuziehen muss.  
 
3.3. Im Abklärungsbericht Haushalt vom 6. Mai 2022 wurden ab 1. Oktober 2020 folgende (grundsätzlich unbestrittenen) Behinderungen festgehalten: Ernährung 4 % (Gewichtung 40 %, Einschränkung 10 %). Wohnungs- und Hauspflege 15 % (Gewichtung 30 %, Einschränkung 50 %), Einkauf 1 % (Gewichtung 10 %, Einschränkung 10 %), Wäsche- und Kleiderpflege 2 % (Gewichtung 20 %, Einschränkung 10 %), Pflege und Betreuung von Kindern und/oder Angehörigen 0 %. Da der Ehemann der Beschwerdeführerin per Ende September 2021 pensioniert wurde, wurde im Rahmen der Schadenminderungspflicht eine erweiterte Mithilfe ab 1. Oktober 2021 angerechnet, wodurch die Einschränkung in den Bereichen Ernährung, Einkauf, Wäsche- und Kleiderpflege gänzlich wegfiel und im Bereich Wohnungs- und Hauspflege auf 20 % reduziert wurde; daraus resultierte eine Invalidität im Aufgabenbereich von 6 %.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, lediglich die versicherte Person sei gemäss Art. 7 Abs. 1 IVG zur Schadenminderung verpflichtet. Für die Berücksichtigung der Mitarbeit der Familienangehörigen im Haushalt bestehe hingegen keine gesetzliche Grundlage. Die Mitwirkungspflicht der Angehörigen könne daher nur insoweit bestehen, als diese bereits vor Eintritt der Invalidität im Haushalt tätig gewesen seien.  
 
4.2. Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit zu verringern und den Eintritt einer Invalidität zu verhindern (Art. 7 Abs. 1 IVG). Praxisgemäss ist vom Grundsatz auszugehen, dass einem Leistungsansprecher im Rahmen der Schadenminderungspflicht Massnahmen zuzumuten sind, die ein vernünftiger Mensch in der gleichen Lage ergreifen würde, wenn er keinerlei Entschädigung zu erwarten hätte. Für die im Haushalt tätigen Versicherten bedeutet dies, dass sie Verhaltensweisen zu entwickeln haben, welche die Auswirkungen der Behinderung im hauswirtschaftlichen Bereich reduzieren und ihnen eine möglichst vollständige und unabhängige Erledigung der Haushaltsarbeiten ermöglichen. Kann die versicherte Person wegen ihrer Behinderung gewisse Haushaltsarbeiten nur noch mühsam und mit viel höherem Zeitaufwand erledigen, so muss sie in erster Linie ihre Arbeit einteilen und in üblichem Umfang die Mithilfe von Familienangehörigen in Anspruch nehmen. Für deren Umfang ist sodann nicht die rechtliche Durchsetzbarkeit massgebend, sondern das was in der sozialen Realität üblich und zumutbar ist. Ein invaliditätsbedingter Ausfall darf nur insoweit angenommen werden, als die Aufgaben, welche nicht mehr erfüllt werden können, durch Drittpersonen gegen Entlöhnung oder durch Angehörige verrichtet werden, denen dadurch nachgewiesenermassen eine Erwerbseinbusse oder eine unverhältnismässige Belastung entsteht (BGE 133 V 504 E. 4.2 mit Hinweisen; Urteil 8C_91/2016 vom 13. Juni 2016).  
 
4.3. Bei der Schadenminderungspflicht der versicherten Person handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts (BGE 145 V 2 E. 4.2.2). Danach sind die Auswirkungen des Gesundheitsschadens auf die Einsatzfähigkeit durch geeignete organisatorische Massnahmen und die Mithilfe der Familienangehörigen - denen dadurch keine unverhältnismässige Belastung entstehen darf - möglichst zu mildern. Diese Mithilfe geht weiter als die ohne Gesundheitsschaden üblicherweise zu erwartende Unterstützung. Geht es um die Mitarbeit von Familienangehörigen, ist stets danach zu fragen, wie sich eine vernünftige Familiengemeinschaft einrichten würde, sofern keine Versicherungsleistungen zu erwarten wären (BGE 141 V 642 E. 4.3.2 mit Hinweisen). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht schliessen, dass die Hilfe von Angehörigen zur Schadenminderung ausschliesslich dann in Anspruch genommen werden muss, wenn diese bereits vor Eintritt der Invalidität Haushaltsarbeiten übernommen haben. Im Gegenteil ist gerade in Fällen wie dem Vorliegenden, wenn der bisherige Hauptverdiener bereits pensioniert ist und der andere Ehepartner weiterhin (im Gesundheitsfall) in einem hohen Pensum ausser Haus erwerbstätig ist (respektive wäre) davon auszugehen, dass sich die bisherige Verteilung der Haushaltsarbeiten ändert. In einer Lebenssituation, in der keiner der Partner einer Erwerbsarbeit nachgeht, darf als Ausdruck des Gebotes der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau ohne weiteres von einer grundsätzlich je hälftigen Aufteilung der für die Gemeinschaft anfallenden Arbeiten ausgegangen werden. Das gilt umso mehr, wenn ein Mitglied der Lebensgemeinschaft erkrankt ist (Urteil 8C_828/2011 vom 27. Juli 2012, E. 4.1.2).  
 
4.4. Wie die Beschwerdeführerin korrekt anmerkt, darf nach der Rechtsprechung unter dem Titel der Schadenminderungspflicht nicht etwa die Bewältigung der Haushalttätigkeit in einzelnen Funktionen oder insgesamt auf die übrigen Familienmitglieder überwälzt werden mit der Folge, dass gleichsam bei jeder festgestellten Einschränkung danach gefragt werden müsste, ob sich ein Familienmitglied finden lässt, das allenfalls für eine ersatzweise Ausführung der entsprechenden Teilfunktion in Frage kommt (BGE 133 V 504 E. 4.2). Vorliegend wird jedoch vom Ehemann der Beschwerdeführerin nicht verlangt, dass er den Haushalt in einzelnen Funktionen oder insgesamt alleine übernimmt. Die Beschwerdeführerin ist in den einzelnen Funktionen zu 10 - 50 % eingeschränkt (vgl. vorne, E. 2.3) und kann demnach in allen Bereichen mindestens die Hälfte aller anfallenden Tätigkeiten selbständig erledigen. Vom Ehemann wird demnach im Rahmen der Schadenminderungspflicht eine Übernahme von deutlich weniger als der Hälfte der Tätigkeiten erwartet.  
 
5.  
Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, die Mithilfe ihrer Schwester und ihres Bruders dürfe nicht berücksichtigt werden, da diese mangels eines gemeinsamen Haushalts keine Mitwirkungs- respektive Schadenminderungspflicht treffe, ist festzuhalten, dass eine solche Mithilfe gemäss Abklärungsbericht vom 6. Mai 2022 nicht in die Beurteilung des Invaliditätsgrades einbezogen wurde. Lediglich bei der Berufswahl der Kinder wird die Mithilfe einer Schwester erwähnt. Die Kinderbetreuung wird aufgrund des Alters der Kinder jedoch seit 1. Oktober 2020 nicht mehr berücksichtigt, weshalb diese Mithilfe keinen Einfluss auf den Invaliditätsgrad ab dem 1. Oktober 2021 hat. 
 
6.  
 
6.1. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, falls der Rechtsprechung von Urteil 8C_828/2011 vom 27. Juli 2012 uneingeschränkt gefolgt würde, so stelle dies eine Verletzung von Art. 8 und 9 BV dar. Die Pensionierung eines Ehegatten stelle keinen Revisionsgrund dar, weshalb die Berücksichtigung der Mitwirkungspflichten je nach Zeitpunkt der Berücksichtigung zu zufälligen Ergebnissen führen würde. Die Mitwirkungspflicht ihres Ehemannes dürfe daher nicht über den bisherigen (d.h. vor der Pensionierung bestehenden) Umfang hinaus angerechnet werden.  
 
6.2. Nach der Rechtsprechung ist bei rückwirkender Zusprechung einer abgestuften oder befristeten Invalidenrente nebst der Revisionsbestimmung des Art. 17 Abs. 1 ATSG die Regelung in Art. 88a Abs. 1 IVV über die Änderung des Leistungsanspruchs bei einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit analog anzuwenden, wenn noch vor Erlass der ersten Rentenverfügung eine anspruchsbeeinflussende Änderung eingetreten ist (Urteil 8C_36/2019 vom 30 April 2019 E. 5). Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Dabei ist die Rente nicht nur bei einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes revidierbar, sondern beispielsweise auch bei einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit durch eine Anpassung an die Behinderung (BGE 141 V 9 E. 2.3). Vorliegend haben sich die tatsächlichen Verhältnisse durch die Pensionierung des Ehemannes der Beschwerdeführerin wesentlich geändert, indem dieser nun langfristig über erweiterte Kapazitäten zur Mithilfe im Haushalt verfügt. Wieso eine solche Veränderung keinen Revisionsgrund darstellen sollte, wird von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt und ist nicht zu erkennen. Eine Verletzung von Art. 8 und 9 BV liegt demnach nicht vor.  
 
7.  
 
7.1. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts sei EMRK-widrig. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 2. Februar 2016 in Sachen Di Trizio gegen die Schweiz (7186/09) habe der EGMR die Anwendung der gemischten Methode zur Berechnung des Invaliditätsgrades als diskriminierend bezeichnet, da davon überwiegend Frauen betroffen seien und damit teilerwerbstätige Personen gegenüber solchen, die Vollzeit oder gar nicht erwerbstätig seien, benachteiligt sein könnten. Gleiches müsse für die Schadenminderungspflicht der Angehörigen gelten, da diese einseitig Frauen treffe und nur im Rahmen des Betätigungsvergleichs (Haushaltsarbeit) berücksichtigt werde.  
 
7.2. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die Rechtsprechung des EGMR beruft, verkennt sie, dass im vorliegenden Fall nicht ein aus familiären Gründen reduziertes Erwerbspensum zum Verlust der Rente führt, sondern die Pensionierung ihres Ehemannes. Während die Beschwerdeführerin vorliegend bei einer hypothetischen Vollzeittätigkeit weiterhin eine Invalidenrente erhalten würde, so wäre dies bei einer ausschliesslichen Betätigung im Aufgabenbereich auch dann nicht der Fall, wenn keine Mithilfe ihres Ehemannes angerechnet würde. Dass eine umfangreichere Mithilfe des Ehemannes nach dessen Pensionierung angerechnet wird, geschieht gerade im Hinblick auf die Gleichstellung von Mann und Frau (vgl. vorne E. 4.3). Eine Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts, wie es die Beschwerdeführerin geltend macht, ist nicht zu erkennen, wie das Bundesgericht bereits im Urteil 8C_828/2011 vom 27. Juli 2012 festgehalten und im Urteil 9C_248/2022 vom 23. April 2023 jüngst bestätigt hat.  
 
8.  
Zusammenfassend hat die Vorinstanz zu Recht eine erweiterte Mithilfe des Ehemannes der Beschwerdeführerin angerechnet und damit einen Invaliditätsgrad im Tätigkeitsbereich von 6 % ab dem 1. Januar 2022 (drei Monate nach der Verbesserung der Einschränkung durch die Pensionierung des Ehemannes) errechnet. Insgesamt ergibt sich mit der gewichteten Teilinvalidität im Erwerbsbereich ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 36.34 % ab dem 1. Januar 2022. Die Beschwerde ist entsprechend abzuweisen. 
 
9.  
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Oktober 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bögli