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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_296/2007 
 
Urteil vom 12. März 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Parteien 
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Arbeitsmarkt / Arbeitslosenversicherung, Effingerstrasse 31, 3003 Bern, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
F.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Tomas Prachensky, Dufourstrasse 165, 8008 Zürich, 
 
Arbeitslosenkasse SYNA, Zentralverwaltung, Josefstrasse 59, 8005 Zürich. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. April 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1949 geborene F.________ meldete sich am 4. Mai 2005 bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug an, nachdem er vom 1. September 2001 bis 30. April 2005 als Geschäftsführer der Firma B.________ GmbH tätig gewesen war. Mit Verfügung vom 14. November 2005 verneinte die Arbeitslosenkasse SYNA einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab Anmeldung bis 5. Juni 2005 wegen der arbeitgeberähnlichen Stellung des Versicherten bei der Firma B.________ GmbH, da erst mit Schreiben vom 6. Juni 2005 die Löschung seiner Funktion als Geschäftsführer mit Einzelunterschrift im Handelsregister beantragt worden sei. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 9. Mai 2006). 
 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher F.________ um Zusprechung von Arbeitslosenentschädigung ab 4. Mai 2005 ersuchte, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in dem Sinne gut, als es in Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids die Sache zu weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen und anschliessendem neuen Entscheid über die Anspruchsberechtigung für die Zeit vom 4. Mai bis 5. Juni 2005 an die Arbeitslosenkasse SYNA zurückwies (Entscheid vom 30. April 2007). 
 
C. 
Das Staatssekretariat für Wirtschaft führt Beschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Verfügung vom 14. November 2005 zu bestätigen. 
F.________ lässt Abweisung der Beschwerde beantragen; eventualiter sei der Leistungsanspruch für die Zeit vom 4. Mai bis 5. Juni 2005 zu bejahen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Vor dem kantonalen Gericht war die arbeitgeberähnliche Stellung des Versicherten und der damit verbundene Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung streitig. Die Vorinstanz hat die Sache zur weiteren Sachverhaltsabklärung im Hinblick auf die tatsächlich ausgeübte Funktion des Beschwerdegegners in unternehmerischer Hinsicht und dessen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Firma an die Arbeitslosenkasse SYNA zurückgewiesen. Ein solcher Entscheid stellt rechtsprechungsgemäss einen Zwischenentscheid dar, der nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der Art. 92 f. BGG selbstständig anfechtbar ist (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f. mit Hinweisen). 
 
1.2 Die Beschwerde der Aufsichtsbehörde richtet sich gegen die Rückweisung der Sache zur Vornahme weiterer Sachverhaltsabklärungen gemäss dem angefochtenen Entscheid. Ob die Voraussetzungen für ein Eintreten nach Art. 92 f. BGG gegeben sind, kann offen bleiben. Denn das Staatssekretariat für Wirtschaft konnte bei Einreichung seiner Beschwerde am 4. Juni 2007 noch nicht wissen, dass die langjährige Praxis im Sozialversicherungsverfahren, wonach ein (kantonaler) Rückweisungsentscheid einen Endentscheid darstellte (BGE 133 V 477 E. 3.1 S. 479 mit Hinweisen), nach Inkrafttreten des BGG nicht weitergeführt würde, da der die Rechtslage klärende BGE 133 V 477 erst am 25. Juli 2007 erging. Im Sinne einer rechtsschonenden Einführung des neuen Bundesrechtspflegegesetzes ist daher auf die Beschwerde einzutreten (vgl. Urteil 8C_37/2007 vom 8. Januar 2008, E. 2.3). 
 
2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007 N 24 zu Art. 97). 
 
3. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Vorschrift zum Ausschluss arbeitgeberähnlicher Personen vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) sowie die Rechtsprechung zur analogen Anwendung dieser Regelung auf arbeitgeberähnliche Personen, welche Arbeitslosenentschädigung beantragen (BGE 123 V 234 E. 7 S. 236), richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
4. 
4.1 Unbestrittenermassen war der Beschwerdegegner bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wirtschaftlichen Gründen durch die Arbeitgeberin am 30. April 2005 als Geschäftsführer der Firma B.________ GmbH tätig gewesen, obwohl er gemäss den Arbeitsverträgen vom 20. August 2001 und 18. Februar 2004 als Innen- und Aussendienstmitarbeiter im Verkauf eingestellt worden war. Ebenso steht fest, dass er erst nach entsprechendem Hinweis der Arbeitslosenkasse am 6. Juni 2005 gleichentags schriftlich um Löschung seines Eintrags als einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Firma ersuchte und die Änderung am 30. Juni 2005 im Handelsregister des Kantons X.________ eingetragen wurde. Die Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) erfolgte im Juli 2005. Weiter bot ihm die GmbH mit Schreiben vom 30. Mai 2005 an, bei Abwesenheit von Mitarbeitenden eingehende Telefonate umzuleiten, worauf der Beschwerdegegner in der Folge in der Zeit vom 1. Juni 2005 bis 30. April 2006 im Rahmen eines Zwischenverdienstes im Umfang von 12 bis 21 Stunden im Monat für die Firma tätig war, wobei sie ihn ab 1. Mai 2006 wieder festanstellte. 
 
4.2 Der beschwerdeführenden Aufsichtsbehörde ist insoweit zuzustimmen, als mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin per 30. April 2005 eine arbeitgeberähnliche Stellung des Beschwerdegegners nicht automatisch dahingefallen wäre. Gemäss vorintanzlicher Sachverhaltsfeststellung liess sich aber die Frage, ob der Versicherte nach erfolgter Kündigung als arbeitgeberähnliche Person anzusehen ist, nicht abschliessend beantworten, zumal der Beschwerdegegner bestreiten lässt, jemals die Entscheidungen der GmbH massgeblich beeinflusst zu haben, da er nur Befehlsempfänger gewesen sei. 
 
4.3 Wie die Vorinstanz bereits erkannte, beruht hier die fragliche arbeitgeberähnliche Stellung auf einer allfälligen Teilhabe an der Betriebsleitung, da ausser Frage steht, dass der Versicherte nie die Eigenschaft eines Gesellschafters inne hatte und sich aus den Akten auch keine finanzielle Beteiligung an der Firma ergibt. Richtig ist sodann die vorinstanzliche Feststellung, wonach unter den Begriff der Mitglieder eines obersten Entscheidungsgremiums nicht nur die formellen Organe eines Arbeitgeberbetriebes fallen, sondern vom materiellen Organbegriff auszugehen ist. Zu beachten ist hierbei, dass die Stellung als Organ mit dem tatsächlichen Rücktritt endet (BGE 126 V 134; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Band XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, Rz. 463 mit Hinweisen). Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde lässt sich demnach die arbeitgeberähnliche Stellung nicht einzig mit dem Handelsregistereintrag als Geschäftsführer begründen, zumal sich hier - aufgrund der fehlenden Eigenschaft als Gesellschafter - keine Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der GmbH von Gesetzes wegen ergibt. Es ist unzulässig, Angestellte in leitenden Funktionen allein deswegen generell vom Leistungsanspruch auszuschliessen, weil sie für einen Betrieb zeichnungsberechtigt und im Handelsregister eingetragen sind (BGE 122 V 272 E. 3, 120 V 521; ARV 1997 Nr. 41 S. 224, C 42/97; Thomas Nussbaumer, a.a.O., Rz. 463). Vielmehr ist zu prüfen, welche Entscheidungsbefugnisse dem Versicherten aufgrund der internen betrieblichen Struktur zukamen. Dies zumal seine Funktion gemäss den Arbeitsverträgen als Innen- und Aussendienstmitarbeiter im Verkauf umschrieben wurde, sich kein Stellenbeschrieb bei den Akten findet und er selber vorgibt, nie die üblichen Kompetenzen eines Geschäftsführeres innegehabt zu haben. Dabei wird die Verwaltung zu berücksichtigen haben, dass - laut verbindlicher vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung - der Versicherte aber bereits vor dem Stellenantritt im Bereich Verkauf als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen wurde, die einzige Gesellschafterin S.________ ab diesem Zeitpunkt ihre Funktion als Geschäftsführerin aufgegeben hatte und auch bis zum 30. Januar 2003 nicht mehr unterschriftsberechtigt war. Ebenfalls ist nicht ausser Acht zu lassen, dass der Beschwerdegegner zu keinem Zeitpunkt ganz aus der Firma ausgeschieden war und zuletzt wieder als Mitarbeiter im Verkauf Anstellung fand, wobei erschwerend hinzukommt, dass die GmbH nach der Löschung seiner Geschäftsführerfunktion solange ohne genügende Vertretung war, bis S.________ am 3. August 2005 wieder als Gesellschafterin und Geschäftsführerin mit Einzelzeichnungsbefugnis eingetragen wurde, welche Person sodann, entgegen den Behauptungen des Versicherten, insoweit in einer persönlichen Beziehung zu ihm steht, als beide dieselbe Wohnadresse besitzen. Wenn das kantonale Gericht vor diesem Hintergrund zum Schluss kam, der rechtserhebliche Sachverhalt sei nicht genügend abgeklärt, ist dies mit Blick auf die eingeschränkte Kognition nicht zu beanstanden. 
 
5. 
Das Staatssekretariat für Wirtschaft, welches nicht in seinem Vermögensinteresse handelt, trägt keine Kosten (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1500.- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 12. März 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Polla