Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_199/2023  
 
 
Urteil vom 30. August 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Franziska Ryser-Zwygart, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Invalidenrente; Massnahme beruflicher Art), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 24. Februar 2023 (200 21 879 IV und 200 22 188 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1970 geborene A.________, zuletzt als ungelernte Tankstellenangestellte tätig, meldete sich am 3. Juli 2020 unter Hinweis auf chronische Rücken- und Hüftschmerzen, Knieschmerzen durch Meniskusläsion und Arthrose, Bronchiektasen mit Atemnot, eine Thalassämie minor, ein Karpaltunnelsyndrom beidseits und Handgelenksschmerzen rechts bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. In der Folge tätigte die IV-Stelle Bern erwerbliche und medizinische Abklärungen. Gestützt auf eine Aktenbeurteilung des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 22. Februar 2021 kündigte sie A.________ mit Vorbescheid vom 2. Juni 2021 die Abweisung des Leistungsgesuchs an. Nach erhobenem Einwand und eingeholten Stellungnahmen des RAD vom 14. Oktober 2021 entschied die IV-Stelle mit Verfügung vom 22. November 2021 im Sinne des Vorbescheids. Mit Verfügung vom 1. März 2022 verneinte sie zudem - nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren - einen Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen. 
 
B.  
A.________ liess gegen die beiden Verfügungen der IV-Stelle vom 22. November 2021 und 1. März 2022 Beschwerde erheben. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern vereinigte die beiden Verfahren und wies die beiden Beschwerden mit Urteil vom 24. Februar 2023 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, es seien ihr in Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 24. Februar 2023 eine ganze Invalidenrente, eventualiter eine Dreiviertelsrente, subeventualiter eine halbe Invalidenrente, und Eingliederungsmassnahmen, insbesondere Arbeitsvermittlung, zuzusprechen. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
Nach Beizug der Akten der Vorinstanz verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
1.3. Die gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit sowie die konkrete Beweiswürdigung sind für das Bundesgericht, da sie Tatfragen betreffen, grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1.2 sowie BGE 132 V 393 E. 3.2). Um frei überprüfbare Rechtsfragen geht es hingegen, soweit die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen, die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) und die Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten beanstandet werden (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a; Urteil 8C_225/2021 vom 10. Juni 2021 E. 1.2).  
 
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht liess mangels Relevanz für das Ergebnis offen, ob die IV-Stelle mit Verfügung vom 1. März 2022 überhaupt noch (separat) über den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Beschwerdeführerin habe entscheiden dürfen, nachdem sie mit Verfügung vom 22. November 2021 bereits einen invalidisierenden Gesundheitsschaden verneint gehabt habe, was auch einen Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen ausschliesse.  
Die Frage braucht auch hier nicht abschliessend geklärt zu werden. Denn so oder anders bleibt streitig und zu prüfen, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenrente und Eingliederungsmassnahmen (Arbeitsvermittlung) verneint hat. 
 
2.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung vom 22. November 2021, mit welcher das Leistungsbegehren der Beschwerdeführerin abgewiesen worden war, erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, ist in Bezug auf den streitigen Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen (Arbeitsvermittlung) nicht entscheidend, ob altes oder neues Recht zur Anwendung kommt. Denn die Voraussetzungen für die Zusprache der Arbeitsvermittlung haben sich nicht geändert (vgl. Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [Weiterentwicklung der IV] vom 15. Februar 2017, BBl 2017 2657 Ziff. 2 zu Art. 18 Abs. 1 IVG). 
 
2.3. Die Vorinstanz legte die massgebenden Rechtsgrundlagen zur Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zur Invalidität (Art. 8 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) und zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) zutreffend dar. Ebenfalls richtig sind die vorinstanzlichen Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten im Allgemeinen, Berichten versicherungsinterner Ärzte im Besonderen sowie medizinischer Aktenbeurteilungen (vgl. BGE 145 V 97 E. 8.5; 143 V 124 E. 2.2.2; 137 V 210 E. 6.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a und 3b/ee; Urteil 9C_309/2015 vom 27. Oktober 2015 E. 1). Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz mass den Aktenbeurteilungen der beiden RAD-Ärzte Dres. med. B.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, und C.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, vom 22. Februar 2021 und 14. Oktober 2021 Beweiskraft bei. Diese hätten nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass der Beschwerdeführerin eine leidensangepasste körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere wechselbelastende Tätigkeit mit einer Gewichtsbelastung von maximal 10-15 kg ganztags ab 1. Januar 2021 zumutbar sei. Es bestünden keine divergierenden Arztberichte, die geeignet wären, auch nur geringe Zweifel an den Beurteilungen der RAD-Ärzte zu begründen. Die Vorinstanz ermittelte sodann im Rahmen eines Einkommensvergleichs einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 13 %, wobei sie einen Abzug vom Tabellenlohn von 10 % berücksichtigte und im Übrigen offen liess, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich - wie von dieser geltend gemacht - im Gesundheitsfall in einem Vollzeitpensum einer Erwerbstätigkeit nachginge. Sie verneinte zudem einen gesundheitsbedingt fehlenden Zugang der Beschwerdeführerin zum Arbeitsmarkt und damit deren Anspruch auf Arbeitsvermittlung.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz und eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Sie macht im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz hätte nicht auf die Aktenbeurteilungen der RAD-Ärzte abstellen dürfen und stattdessen eine polydisziplinäre Begutachtung veranlassen müssen.  
 
4.  
 
4.1. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die RAD-Ärzte hätten sich nicht mit ihren Hüft- und Rückenbeschwerden auseinandergesetzt, kann ihr nicht gefolgt werden. Aus der Beurteilung des Dr. med. B.________ vom 22. Februar 2021 geht hervor, dass dieser sowohl die BWK (Brustwirbelkörper) -12-Fraktur als auch die LWS (Lendenwirbelsäule) -Veränderungen mit chronisch wiederkehrenden Schmerzen sowie die Impingement-Konstellation an der linken Hüfte berücksichtigte und den dadurch bedingten Einschränkungen durch entsprechende Formulierung des Zumutbarkeitsprofils Rechnung trug. Eine eingehendere Auseinandersetzung des RAD-Arztes oder der Vorinstanz mit den medizinischen Berichten aus dem Jahr 2014 war nicht angezeigt. Die Beschwerdeführerin macht im Übrigen auch nicht geltend, in jüngerer Zeit aufgrund der LWS-Beschwerden in Behandlung gewesen zu sein. Betreffend die BWK-12-Fraktur hielt der behandelnde Neurochirurg in seinem Bericht vom 4. September 2018 fest, es bestehe noch bis zum 14. Oktober 2018 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit mit anschliessender Steigerung der Arbeitsfähigkeit. Weitere Verlaufskontrollen seien nicht mehr erforderlich. Die Vorinstanz stellte zudem verbindlich (vgl. E. 1.1 hiervor) fest, dass die Beschwerdeführerin nach verheilter Fraktur wieder in der Lage gewesen sei, ihre Tätigkeit als Tankstellenmitarbeiterin auszuüben. Wenn sie bei dieser Ausgangslage einen weiteren Abklärungsbedarf betreffend Rückenbeschwerden verneinte, verfiel sie nicht in Willkür (vgl. E. 1.2 hiervor). Ebenso wenig verletzte sie dadurch den Untersuchungsgrundsatz.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Hinsichtlich ihrer Kniebeschwerden links macht die Beschwerdeführerin geltend, es liege kein lückenloses Bild vor, welches eine reine Aktenbeurteilung des RAD-Arztes erlauben würde. So habe ihr behandelnder Arzt Dr. med. D.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, am 9. Juni 2020 gegenüber dem Krankentaggeldversicherer bestätigt, dass eine angepasste (sitzende administrative) Tätigkeit zu lediglich 50 % (4,5 Stunden pro Tag) zumutbar sei. Diese Einschätzung habe er am 21. Dezember 2021 bestätigt, was die Vorinstanz in willkürlicher Art unberücksichtigt gelassen habe.  
 
4.2.2. Die Vorinstanz stellte in diesem Zusammenhang fest, Dr. med. D.________ habe gut vier Monate nach der Knieoperation vom 23. Januar 2020 von einem komplikationslosen sich in Besserung befindlichen Verlauf gesprochen und der Beschwerdeführerin in einer sitzenden administrativen Tätigkeit ab sofort eine 50%ige Arbeitsfähigkeit attestiert. Die Beschwerdeführerin zeige nicht auf, inwiefern sich dieser Verlauf hinsichtlich einer leidensangepassten Tätigkeit entgegen der Prognose des behandelnden Arztes ungünstig entwickelt haben sollte. Zwar habe Dr. med. D.________ am 9. Juli 2020 erwähnt, dass die Beschwerdeführerin weiterhin sehr sensibel auf Belastungssteigerungen mit Ergussbildung und Schmerzen reagiere. Im Rahmen der Befunderhebung habe er jedoch keinen Erguss festgestellt und einen hinkfreien Gang sowie eine normale Temperatur des linken Kniegelenks festgestellt. Eine das linke Kniegelenk betreffende Nachbehandlung durch Dr. med. E.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, sei aktenmässig sodann nicht ausgewiesen. Dieser habe bezüglich der geklagten linksseitigen Hüftbeschwerden im Bericht vom 10. Juli 2020 regrediente Beschwerden festgehalten und darauf hingewiesen, dass betreffend das Hüftgelenk eine Arbeitsfähigkeit gegeben sei. Eine Verschlechterung diesbezüglich ergebe sich auch nicht aus dem Bericht des Dr. med. E.________ vom 14. April 2021. Darin habe dieser lediglich ISG- und Hüftschmerzen vor allem beim Liegen und beim Dehnen des Tractus erwähnt und weiterhin eine konservative Therapie empfohlen.  
 
4.2.3. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin hat sich die Vorinstanz demnach sehr wohl zur Arbeitsfähigkeitsschätzung des Dr. med. D.________ geäussert. Dass dieser am 9. Juni 2020 und am 21. Dezember 2020 für leidensangepasste Tätigkeiten lediglich eine 50%ige Arbeitsfähigkeit attestierte, lässt noch keine Lücke in den medizinischen Abklärungen erkennen. Die Beschwerdeführerin macht denn auch nicht geltend, in diagnostischer Hinsicht bestünden Divergenzen zwischen den Einschätzungen des RAD-Arztes und des behandelnden Facharztes. Wohl trifft zu, dass Dr. med. D.________ von einer höheren Einschränkung der Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit ausging. Er begründete aber nicht näher, weshalb eine den Kniebeschwerden optimal angepasste Tätigkeit nur reduziert zumutbar sein soll. Insoweit war eine eingehendere Befassung des RAD-Arztes mit dem Bericht des behandelnden Arztes auch nicht angezeigt. In Bezug auf die Beurteilung des Dr. med. D.________ vom 21. Dezember 2020 wies Dr. med. B.________ zudem darauf hin, dass darin keinerlei Befunde oder Diagnosen erwähnt worden seien, welche noch nicht berücksichtigt worden wären. Sodann hielt der nachbehandelnde Orthopäde Dr. med. E.________ am 1. Dezember 2020 fest, der Verlauf sei sehr erfreulich. Es bestehe noch eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Dezember 2020, dann sei eine volle Reintegration in den Arbeitsprozess wieder möglich. Der Beschwerdeführerin ist zwar insofern beizupflichten, als der behandelnde Arzt damit in erster Linie auf den Status nach Ulna-Verkürzungsosteotomie rechts am 7. September 2020 bei Ulna-Impaktionssyndrom rechts Bezug nahm. Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass er von einer vollen Reintegration in den Arbeitsprozess gesprochen hätte, wenn andere von ihm behandelte Beschwerden dieser Einschätzung entgegengestanden hätten. Dass er bei seiner optimistischen Prognose das gesamte sein Fachgebiet betreffende Beschwerdebild im Blick gehabt haben dürfte, ergibt sich auch aus seinem Bericht vom 10. Juli 2020, wo er betreffend Hüftbeschwerden angab, der weitere spontane Heilverlauf bleibe abzuwarten aufgrund der Knieproblematik und der Handgelenksprobleme. Die Beschwerdeführerin behauptet im Übrigen nicht und es ist auch nicht ersichtlich, dass Dr. med. E.________ ab 1. Januar 2021 eine Arbeitsunfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten attestiert hätte.  
 
4.2.4. Wenn die Vorinstanz zum Schluss gelangt ist, weder die Berichte des Dr. med. D.________ vom 9. Juni 2020 und 21. Dezember 2020 noch diejenigen des Dr. med. E.________ vermöchten auch nur geringe Zweifel an der Beurteilung des RAD-Arztes Dr. med. B.________ zu begründen (zur Aufgabe des RAD, die funktionelle Leistungsfähigkeit der versicherten Person zu beurteilen vgl. Art. 59 Abs. 2 und 2bis IVG; Art. 49 IVV; BGE 137 V 210 E. 1.2.1; 135 V 254 E. 3.3.2), so hat sie damit nach dem Gesagten weder Beweise willkürlich (vgl. E. 1.2 hiervor) gewürdigt noch sonstwie Bundesrecht verletzt.  
Soweit sich die Beschwerdeführerin ferner auf einen weiteren Bericht des Dr. med. D.________ vom 20. Dezember 2021 beruft, ist Folgendes festzuhalten: Es handelt sich dabei um ein unechtes Novum, dessen Einbringung vor Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig ist. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass für die Zulässigkeit unechter Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2). Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass ihr die Einreichung dieses Berichts bei der Vorinstanz trotz hinreichender Sorgfalt prozessual unmöglich und objektiv unzumutbar gewesen wäre. Er ist somit unbeachtlich (vgl. Urteile 8C_73/2023 vom 28. Juni 2023 E. 8.2.1; 8C_643/2021 vom 26. April 2022 E. 4.1). 
 
4.3. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, die Prognose des Dr. med. E.________ vom 1. Dezember 2020, wonach eine volle Arbeitsintegration ab 1. Januar 2021 wieder möglich sei, habe sich nicht bewahrheitet. Sie stützt sich dabei auf einen Bericht der Dr. med. F.________, Fachärztin für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 31. März 2021.  
 
Es mag zwar zutreffen, dass die Operateurin anlässlich ihrer Verlaufskontrolle vom 30. März 2021 eine Schwellung ulnocarpal feststellte. Die Beschwerdeführerin habe zudem angegeben, noch nicht die Kraft in der Hand zu haben, die sie gerne hätte. Dass sie überhaupt keine Kraft in der Hand habe und deshalb keine Arbeiten ausüben könne, bei denen sie beide Hände brauche, ergibt sich aus dem Bericht der Handchirurgin vom 31. März 2021 indessen nicht. Vielmehr hielt Dr. med. F.________ fest, aus ihrer Sicht könne sich die Beschwerdeführerin durchaus für Stellen mit mässiger manueller Belastung bewerben. Die Beschwerdeführerin lässt ausserdem unerwähnt, dass die Handchirurgin die Beschwerden als massiv viel besser als präoperativ bezeichnete. Sie sprach zudem unter Verweis auf eine bildgebende Abklärung von einer "wunderschönen" Heilung der Osteotomie und wies darauf hin, dass eine Metallentfernung frühestens nach eineinhalb bis zwei Jahren anzustreben sei. Die entsprechende Operation fand dann am 30. Mai 2022 statt (vgl. Operationsbericht vom 7. Juni 2022). Soweit die Beschwerdeführerin eine Verschlechterung des Gesundheitszustands nach jenem Eingriff geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, dass die rentenablehnende Verfügung vom 22. November 2021 die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (vgl. BGE 144 V 224 E. 6.1.1 mit Hinweis), mithin bildet die weitere Entwicklung des Gesundheitszustands nach Erlass der Verfügung nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. 
Demnach ergibt sich auch aus der Beurteilung der Dr. med. F.________ nichts, was zumindest geringe Zweifel an der Einschätzung des Dr. med. B.________ begründen würde, wie die Vorinstanz willkürfrei feststellte. 
 
4.4. Hinsichtlich der weiteren gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführerin betreffend die Lunge, die Anämie, die Augen und das Handekzem hielt die Vorinstanz fest, die Beurteilung des RAD-Arztes Dr. med. C.________ vom 14. Oktober 2021 korreliere mit den Berichten der behandelnden Arztpersonen. Der RAD-Arzt erachtete körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselbelastender Position mit einer Gewichtsbelastung von maximal 10 bis 15 kg ganztags über 8,5 Stunden ohne weitere Leistungsminderung für zumutbar.  
Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang einzig geltend, es sei auch eine Begutachtung in den Bereichen Ophthalmologie und Dermatologie/Allergologie zu veranlassen, um die entsprechenden Beschwerden und die dadurch bedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit abzuklären. Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich (vgl. E. 1.2 hiervor) sein soll, vermag sie damit nicht aufzuzeigen. Auf Weiterungen kann deshalb verzichtet werden (zur Begründungspflicht vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
4.5. Zusammenfassend hat die Vorinstanz weder Beweise willkürlich gewürdigt noch den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie auf die Aktenbeurteilungen der beiden RAD-Ärzte abgestellt und von weiteren medizinischen Abklärungen in antizipierter Beweiswürdigung abgesehen hat. Damit steht fest, dass der Beschwerdeführerin eine leidensangepasste Tätigkeit zu 100 % zumutbar wäre.  
 
5.  
In Bezug auf den vom kantonalen Gericht vorgenommenen Einkommensvergleich moniert die Beschwerdeführerin einzig die Höhe des Abzugs vom Tabellenlohn auf Seiten des Invalideneinkommens. Während die Vorinstanz einen Abzug von höchstens 10 % zuliess, verlangt die Beschwerdeführerin den Maximalabzug von 25 %. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. Denn ausgehend von den unbestritten gebliebenen Vergleichseinkommen von Fr. 58'205.60 (Valideneinkommen) und Fr. 56'075.35 (Invalideneinkommen) würde selbst bei Gewährung des Maximalabzugs (Fr. 56'075.35 x 0,75 = Fr. 42'056.50) kein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultieren (Fr. 58'205.60 : [Fr. 58'205.60 - Fr. 42'056.50] x 100 = 27,74 %). Bei diesem Ergebnis braucht auch die Statusfrage nicht weiter thematisiert zu werden. 
 
6.  
Umstritten ist schliesslich der Anspruch auf berufliche Massnahmen, wobei die Beschwerdeführerin in erster Linie Arbeitsvermittlung verlangt. 
 
6.1. Die Vorinstanz stellte in diesem Zusammenhang fest, unter Beachtung des von den RAD-Ärzten formulierten Zumutbarkeitsprofils liege bei der Beschwerdeführerin eine vollständige Arbeitsfähigkeit in einer körperlich leichten bis gelegentlich mittelschweren, wechselbelastenden oder überwiegend sitzenden, adaptierten Tätigkeit ab 1. Januar 2021 vor. Konkrete Anhaltspunkte, welche auf eine bevorstehende signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustands schliessen liessen, seien aufgrund der Akten nicht ersichtlich. Das kantonale Gericht kam zum Schluss, das Zumutbarkeitsprofil sei nicht derart eingeschränkt, dass eine entsprechende Arbeitsgelegenheit auf dem ausgeglichenen hypothetischen Arbeitsmarkt praktisch nicht existierte oder dass sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre. Ein gesundheitlich bedingter fehlender Zugang der Beschwerdeführerin zum Arbeitsmarkt sei zu verneinen. Damit bestehe kein Anspruch auf Arbeitsvermittlung.  
 
6.2. Art. 18 Abs. 1 IVG setzt als Anspruchsvoraussetzung eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 6 ATSG voraus. Damit ist nicht nur dessen erster Satz gemeint, sondern ist auch auf den zweiten verwiesen: "Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt." Bei - qualitativ und quantitativ - voller Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit besteht mit Blick auf Art. 6 zweiter Satz ATSG keine Arbeitsunfähigkeit und mithin auch kein Anspruch auf Arbeitsvermittlung. Ein solcher setzt auch nach Inkrafttreten der 5. IV-Revision (am 1. Januar 2008, AS 2007 5147) bei voller Zumutbarkeit leichter Tätigkeiten zusätzlich eine spezifische Einschränkung gesundheitlicher Art voraus. Ist die fehlende berufliche Eingliederung nicht auf gesundheitlich bedingte Schwierigkeiten bei der Stellensuche zurückzuführen, sondern auf invaliditätsfremde Probleme, sind die Voraussetzungen für Arbeitsvermittlung durch die Invalidenversicherung nicht erfüllt (zum Ganzen: SVR 2021 IV Nr. 9 S. 25, 9C_329/2020 E. 3.2.3 mit Hinweisen; Urteil 9C_184/2022 vom 6. Februar 2023 E. 3.2).  
Die leistungsspezifische Invalidität des Anspruchs liegt vor, wenn die Behinderung Probleme bei der Stellensuche verursacht. Dies trifft z.B. zu, wenn die versicherte Person sich wegen Stummheit oder mangelnder Mobilität ausserstande sieht, ein Bewerbungsgespräch zu führen, oder dem potenziellen Arbeitgeber die besonderen Möglichkeiten und Grenzen der versicherten Person erläutert werden müssen (z.B. welche Tätigkeiten trotz Sehbehinderung erledigt werden können), damit die Person mit Behinderung überhaupt eine Chance hat, den gewünschten Arbeitsplatz zu erhalten. Es genügt nicht, dass der versicherten Person die Arbeitsstelle aus gesundheitlichen Gründen gekündigt worden ist (Urteil 9C_184/2022 vom 6. Februar 2023 E. 2.3 mit Hinweisen). 
 
6.3. Die RAD-Ärzte definierten das Zumutbarkeitsprofil wie folgt: Zumutbar seien körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselbelastender oder überwiegend sitzender Position mit einer Gewichtsbelastung von maximal 10-15 kg ganztags über 8.5 Stunden ohne weitere Leistungsminderung. Zu vermeiden seien für das rechte Handgelenk und die rechte Hand monotone repetitive Belastungen, Arbeiten, bei denen Stoss- und Stauchungsbelastungen aufträten, sowie Tätigkeiten mit Vibrationsbelastungen durch Maschinenbedienung. Zu vermeiden seien zudem Zwangshaltungen des Oberkörpers (z.B. längeres Verharren in vornüber geneigter Haltung, ob stehend oder sitzend), Arbeiten mit repetitiven Rotationsbewegungen des Oberkörpers, das Heben von Lasten körperfern, Überkopfarbeiten, überwiegendes Stehen und Gehen, Arbeiten in gebückter Haltung, Hocken und Knien, Gehen auf unebenem Gelände und auch längeres Abwärtsgehen, Hinunterspringen, Steigen auf Leitern und Gerüste, häufiges Treppensteigen sowie Kälte-, Nässe- und Zugluftexpositionen. Im Hinblick auf ein chronisches Handekzem empfahl Dr. med. C.________ ausserdem, ein feuchtes Milieu zu meiden und bei Kontaktsensibilisierung auf Duftstoffe Allergenkarenz einzuhalten.  
 
6.4. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Zumutbarkeitsprofil sei derart einschränkend, dass sie auf Arbeitsvermittlung angewiesen sei.  
Es trifft zwar zu, dass eine angepasste Stelle einige Anforderungen erfüllen muss. Die Vorinstanz hat aber bundesrechtskonform erkannt, dass entsprechende Arbeitsgelegenheiten auf dem ausgeglichenen hypothetischen Arbeitsmarkt genügend verfügbar sind. Entsprechend adaptierte Tätigkeiten sind der Beschwerdeführerin gemäss beweiskräftiger Beurteilung der RAD-Ärzte zu 100 % zumutbar, und zwar ohne Leistungsminderung. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar und es ist auch nicht erkennbar, inwiefern bei der Suche nach einer geeigneten, auf ihr Anforderungsprofil zugeschnittenen Arbeitsstelle zusätzliche krankheitsbedingte Erschwernisse bestehen sollten (vgl. E. 6.2 hiervor). Die Vorinstanz hat demnach Art. 18 IVG nicht verletzt, indem sie einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitsvermittlung verneinte. Dass die Voraussetzungen anderer Massnahmen beruflicher Art erfüllt wären, zeigt die Beschwerdeführerin im Übrigen nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. 
 
7.  
Zusammenfassend lassen die Einwendungen der Beschwerdeführerin weder die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig, als Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen, noch zeigen sie sonst wie eine Bundesrechtsverletzung auf. Damit hat es beim angefochtenen Urteil - auch im Kosten- und Entschädigungspunkt - sein Bewenden. 
 
8.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Ihrem Ersuchen um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) ist jedoch zu entsprechen, da die Bedürftigkeit auf Grund der eingereichten Unterlagen als ausgewiesen gelten kann und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin geboten erscheint (BGE 129 I 129 E. 2.3.1; 128 I 225 E. 2.5.3). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Rechtsanwältin Dr. Franziska Ryser-Zwygart wird als unentgeltliche Anwältin der Beschwerdeführerin bestellt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. August 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest