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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
K 144/03 
 
Urteil vom 18. Juni 2004 
I. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Parteien 
Visana, Weltpoststrasse 19, 3000 Bern 15, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
B.________, 1943, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 15. September 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1943 geborene B.________ war im Jahre 2002 bei der Visana nach KVG krankentaggeld- und krankenpflegeversichert. Mit drei Begehren vom 9., 10. und 11. Juli 2002 setzte sie drei Forderungen über die Beträge von Fr. 645.70 (für eine ausstehende Kostenbeteiligung vom 6. März 2002), Fr. 1238.60 (an Prämienausständen für die Krankenpflegeversicherung von Januar bis Juni 2002 zuzüglich Bearbeitungskosten von Fr. 200.-) sowie Fr. 765.- (an Prämienausständen für die Krankentaggeldversicherung von Januar bis Juni 2002) in Betreibung. Die in allen Betreibungen erhobenen Rechtsvorschläge beseitigte die Visana mit Verfügungen vom 30. September sowie 7. und 9. Oktober 2002, woran sie mit Einspracheentscheiden vom 6., 9. und 13. Dezember 2002 im Wesentlichen fest hielt. Einzig mit Einspracheentscheid vom 9. Dezember 2002 reduzierte sie ihre entsprechende Forderung um Fr. 100.- auf Fr. 1138.60. 
B. 
Die gegen alle drei Einspracheentscheide erhobene Beschwerde des B.________ hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 15. September 2003 insoweit teilweise gut, als es die geltend gemachten Bearbeitungskosten von Fr. 200.- auf den Betrag von Fr. 20.- reduzierte und diesen Betrag unter dem Titel "Spesen" in der Betreibung Nr. 22195 zusprach. Weiter stellte es fest, dass die Visana die Zahlungsbefehls- sowie Zustellkosten in den Betreibungsnummern 22199 und 22200 von je Fr. 50.- und Fr. 7.- (total demnach Fr. 114.-) selber zu übernehmen habe. 
Im Übrigen hob das kantonale Gericht in allen Betreibungen die erhobenen Rechtsvorschläge auf. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Visana, B.________ 
"sei zu verurteilen, neben den Prämien- und Kostenbeteiligungsausständen auch die Zahlungsbefehls- und die weiteren Zustellkosten in den Betreibungen Nr. 22199 und Nr. 22200 von je CHF 50.00 sowie je CHF 7.00, insgesamt ausmachend CHF 114.00, zu bezahlen." 
Während B.________ auf eine Vernehmlassung verzichtet, schliesst das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der sozialen Krankenversicherung geändert worden. Die neuen Bestimmungen sind hier nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Einspracheentscheide (hier: vom 6., 9. und 13. Dezember 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 127 V 467 Erw. 1). 
3. 
Fest steht, dass die Visana dem Versicherten die Prämienforderungen sowohl für die Krankenpflege- als auch für die Krankentaggeldversicherung im Betrag von monatlich total Fr. 356.90 von Januar bis Juni 2002 jeweils jeden Monat in Rechnung stellte und am 6. März 2002 eine Kostenbeteiligungsforderung über Fr. 645.70 fakturierte. Zudem mahnte sie den Versicherten hinsichtlich der Zahlungsrückstände im ersten Halbjahr 2002 mehrfach. Die Vorinstanz erkannte mit angefochtenem Entscheid, dass die erhobenen Rechtsvorschläge in den Betreibungen mit den Nummern 22195 (im Betrag von Fr. 1138.60 zuzüglich Fr. 20.- Bearbeitungskosten), 22199 (im Betrag von Fr. 645.70) und 22200 (im Betrag von 765.-) aufzuheben sind. Dies wird zu Recht von keiner Seite bestritten. 
4. 
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob der Versicherte - nach Massgabe der vorinstanzlich erteilten Rechtsöffnung in den Betreibungsnummern 22195, 22199 und 22200 - der Beschwerdeführerin nicht auch die auf die Verfahren mit den Nummern 22199 und 22200 entfallenden Zahlungsbefehls- und Zustellkosten von insgesamt Fr. 114.- zu ersetzen hat. 
4.1 Bei den Zahlungsbefehls- und Zustellkosten handelt es sich um ausgewiesene Betreibungskosten (vgl. Art. 16 ff. der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 23. September 1996 [GebV SchKG], SR 281.35), welche in masslicher Hinsicht im Einzelnen zu Recht unbestritten blieben. Die mit Blick auf die Kostentragung massgebende Bestimmung im Sinne von Art. 68 SchKG lautet: 
"Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen. [Abs. 1] 
Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben. [Abs. 2]" 
Art. 68 Abs. 2 SchKG ist so zu verstehen, dass diese Kosten im Ergebnis zur Schuld geschlagen werden und vom Schuldner zusätzlich zum dem Gläubiger zugesprochenen Betrag zu bezahlen sind (vgl. Amonn/Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl., Bern 2003, § 13 Rz 9; SZS 2001 S. 568 Erw. 5 mit Hinweisen). Der Schuldner haftet für die Betreibungskosten von Gesetzes wegen (Amonn/Gasser, a.a.O., § 18 Rz 25). Die Bestreitung der Betreibungskosten ist nur durch betreibungsrechtliche Beschwerde an die Aufsichtsbehörde, nicht durch Rechtsvorschlag möglich (vgl. BGE 85 III 128; Emmel, in: Staehelin/Bauer/Staehelin [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, Art. 68 N 22; Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Auflage, Zürich 1997, Art. 68 N 6; Amonn/Gasser, a.a.O., § 18 Rz 25). Steht der Gläubigerin bei erfolgreicher Betreibung der Ersatz der Betreibungskosten durch den Schuldner von Gesetzes (Art. 68 SchKG) wegen zu, braucht dafür keine Rechtsöffnung erteilt zu werden (vgl. auch SZS 2001 S. 568 Erw. 5 und Urteil I. vom 23. Juni 2003, K 99/02, Erw. 1, je mit Hinweisen). 
4.2 Das kantonale Gericht stellte im letzten Satz von Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids fest, "dass die Beschwerdegegnerin [Visana] die Zahlungsbefehls- und weiteren Zustellkosten von je Fr. 50.- sowie je Fr. 7.- in den Betreibungen Nr. 22199 und 22200 selber zu übernehmen" habe. Es begründete diese Feststellung damit, die Visana hätte am 9. Juli 2002 "gleich über den gesamten damals vorhandenen Ausstand von Fr. 2549.30 (nämlich Fr. 645.70, 1'138.60 und Fr. 765.-) die Betreibung" anheben müssen. Dadurch wären ausser dem in der Betreibungsnummer 22195 entstandenen Aufwand keine weiteren Betreibungskosten angefallen. Die unnötig verursachten Betreibungskosten (aus den Betreibungsnummern 22199 und 22200) habe die Visana daher selber zu übernehmen. Demgegenüber legt die Beschwerdeführerin in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde dar, weshalb sie die Prämienausstände aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, die Kostenbeteiligungsforderungen aus dieser Versicherung und die Prämienforderungen aus der Krankentaggeldversicherung nach KVG in drei separaten Verfahren in Betreibung setzte. Einerseits stützten sich die Prämienforderungen für die Krankenpflege- und die Krankentaggeldversicherung auf zwei verschiedene Verträge. Andererseits würden Gemeindebehörden in Fürsorgefällen nur Verlustscheine für erfolglos betriebene Grundversicherungsprämien übernehmen, nicht jedoch solche für Kostenbeteiligungsforderungen. Das BAG schliesst sich in seiner Vernehmlassung vom 13. Februar 2004 im Wesentlichen dieser Argumentation an. Ergänzend führt es aus, die Betreibungskosten seien nicht Gegenstand der Rechtsöffnung. Folgerichtig habe die Visana über die Betreibungskosten auch nicht verfügt. Somit gehörten diese Kosten auch nicht zum Anfechtungsgegenstand. 
4.3 Gemäss Art. 61 Abs. 1 KVG legt der Versicherer die Prämien für seine Versicherten fest. Nach Art. 90 KVV sind die Prämien in der Regel monatlich zu bezahlen. Entrichten Versicherte fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen trotz Mahnung nicht, hat der Versicherer laut Art. 9 Abs. 1 KVV das Vollstreckungsverfahren einzuleiten. Wenn die Visana nicht jede rückständige Monatsprämie einzeln in Betreibung setzte, sondern die Prämienausstände aus den Monaten Januar bis Juni 2002 zusammenfasste und jeweils für die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die Krankentaggeldversicherung nach KVG getrennt in Betreibung setzte, so führte dies zu Gunsten des Versicherten zu zwei statt zwölf Betreibungsverfahren sowie zu entsprechend geringeren Betreibungskosten. Das kantonale Gericht behauptet zu Recht nicht, die Beschwerdeführerin habe die vollstreckbaren Forderungen (Erw. 3 hievor) rechtsmissbräuchlich geltend gemacht. Denn nicht die Visana, sondern der in Zahlungsrückstand geratene Versicherte gab zu jedem der drei Betreibungsverfahren Anlass. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, liegt es nicht im Ermessen des Schuldners, ob verschiedene gegen ihn gerichtete vollstreckbare Forderungen in einem einzigen oder mehreren separaten Betreibungsbegehren in Betreibung gesetzt werden. Sämtliche entsprechend anfallenden Betreibungskosten sind in der Regel als vom Schuldner verursacht anzusehen, worunter alle im Interesse einer zweckentsprechenden und gesetzlichen Durchführung der Betreibung entstandenen Kosten fallen (Emmel, a.a.O., Art. 68 N 17 mit Hinweis auf BGE 37 I 585). Gestützt auf die zu Recht unbeanstandet gebliebene Aufhebung der Rechtsvorschläge in allen drei Betreibungen gemäss kantonalem Entscheid hat demnach der Versicherte der Beschwerdeführerin von Gesetzes wegen (Art. 68 SchKG; vgl. Erw. 4.1 hievor) die darauf entfallenden Betreibungskosten vollumfänglich zu ersetzen. Soweit die Vorinstanz im letzten Satz der Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids feststellte, "dass die Beschwerdegegnerin [Visana] die Zahlungsbefehls- und weiteren Zustellkosten von je Fr. 50.- sowie je Fr. 7.- in den Betreibungen Nr. 22199 und 22200 selber zu übernehmen" habe, verletzte sie Bundesrecht, weshalb die entsprechende Feststellung aufzuheben und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insoweit gutzuheissen ist. 
5. 
Da es vorliegend nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht (vgl. Erw. 1 hievor), ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende Beschwerdegegner hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. September 2003 insoweit abgeändert, als der letzte Satz der Dispositiv-Ziffer 1 aufgehoben wird. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 200.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
3. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- ist der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 18. Juni 2004 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber: