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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1B_303/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. März 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Vera Delnon, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstraffälle und Organisierte Kriminalität des Kantons Thurgau.  
 
Gegenstand 
Entsiegelung von Bankunterlagen, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 5. August 2013 des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Thurgau. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstraffälle und Organisierte Kriminalität des Kantons Thurgau führt eine Strafuntersuchung gegen Y.________ wegen des Verdachts der Veruntreuung und Geldwäscherei. Im gleichen Zusammenhang hat die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen Rechtsanwalt Dr. X.________ (nachfolgend: Beschuldigter) eröffnet. Ihm werden im betreffenden Verfahren Urkundenfälschung, Geldwäscherei sowie Gehilfenschaft zu Veruntreuung zur Last gelegt. 
 
B.   
Mit Editionsverfügung vom 23. Mai 2013 wies die Staatsanwaltschaft die Bank Z.________ an, ihr Detailbelege von spezifischen Kontenbewegungen zu übermitteln. Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 stellte der beschuldigte Anwalt als betroffener Konteninhaber diesbezüglich ein Siegelungsgesuch. Am 7. Juni 2013 reichte die Bank beim Zwangsmassnahmengericht des Kantons Thurgau diverse Detailbelege für Banktransaktionen in versiegelter Form ein. 
 
C.   
Die Staatsanwaltschaft stellte am 13. Juni 2013 das Entsiegelungsgesuch. Mit Verfügung vom 5. August 2013 bewilligte das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Thurgau die Entsiegelung. 
 
D.   
Gegen den Entsiegelungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 5. September 2013 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. 
 
Die Staatsanwaltschaft beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, das Zwangsmassnahmengericht, sie sei abzuweisen. Der Beschwerdeführer replizierte am 2. Oktober 2013. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass. 
 
 
2.   
Im angefochtenen Entscheid wird Folgendes erwogen: Der Editionsverfügung vom 23. Mai 2013 (und der hier streitigen Siegelung) hätten bereits ausgewertete Bankunterlagen der Rechtsvorgängerin der edierenden Bank zugrunde gelegen, welche schon im Jahre 2010 ediert und anschliessend rechtskräftig entsiegelt und durchsucht worden waren. In ihrem Entsiegelungsgesuch vom 13. Juni 2013 habe die Staatsanwaltschaft dargelegt, dass die 2010 edierten Kontenauszüge für die Untersuchung untauglich bzw. unvollständig gewesen seien, da die jeweiligen Absender und Empfänger von Zahlungen nicht ersichtlich gewesen seien. Deshalb habe es sich als nötig erwiesen, im Mai 2013 die Herausgabe von Detailbelegen zu verfügen. Erst mit der im Juni 2013 erfolgten Edition dieser 141 Belege sei die Bank ihren Editionspflichten vollständig nachgekommen. Der Tatverdacht von Geldwäscherei bzw. der Teilnahme an weiteren Delikten sei vom Zwangsmassnahmengericht, vom Thurgauer Obergericht und vom Bundesgericht mehrfach bestätigt worden. Der am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO begründe im vorliegenden Zusammenhang kein Entsiegelungshindernis. Die edierten Detailbelege seien untersuchungsrelevant. Das Zwangsmassnahmengericht habe nicht von Amtes wegen nach allfälligen (nicht näher benannten) geheimnisgeschützten oder irrelevanten Dokumenten zu forschen. Den Beschwerdeführer treffe diesbezüglich eine Mitwirkungs- und Substanzierungsobliegenheit. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer wendet (im Wesentlichen zusammengefasst) Folgendes ein: Er sei mehrere Wochen hospitalisiert bzw. vom 6. Mai bis 30. Juni 2013 zu 100% krankgeschrieben gewesen. Trotzdem habe ihm die Vorinstanz eine einmalige nicht erstreckbare Frist zur Stellungnahme bis zum 1. Juli 2013 angesetzt. Da seine Rechtsvertreterin zudem für 14 Tage "büroabwesend" gewesen sei, habe sie die Stellungnahme am letzten Arbeitstag vor Ablauf der Frist einreichen müssen. In dieser Situation sei sie nicht in der Lage gewesen, zu den ihr unbekannten und versiegelten Bankunterlagen substanziierte Erläuterungen abzugeben. Dies umso weniger, als er, der Beschwerdeführer, auch ihr gegenüber (hinsichtlich seiner Klienten) das Anwaltsgeheimnis habe wahren müssen. Der angefochtene Entscheid verletze insofern das strafprozessuale Fairnessgebot. Ausserdem hätte die Vorinstanz seinen allfällig mitbetroffenen (in den Bankunterlagen erwähnten) Klienten "je einzeln Gelegenheit" geben müssen, ihre Geheimnisinteressen zu wahren. Seinen entsprechenden Verfahrensanträgen sei die Vorinstanz zu Unrecht nicht gefolgt. In seinem konnexen Urteil 1B_567/2012 vom 26. Februar 2013 habe das Bundesgericht noch nicht über die Entsiegelung der hier streitigen Detailbelege rechtskräftig entschieden und insbesondere deren Deliktskonnexität nicht bejaht. Der angefochtene Entscheid verletze insbesondere Art. 6 Ziff. 1 und Art. 8 EMRK, das Willkürverbot von Art. 9 BV, Art. 13 BV sowie Art. 248 StPO
 
4.   
Zwangsmassnahmen setzen voraus, dass ein hinreichender Tatverdacht vorliegt und die streitige Untersuchungshandlung verhältnismässig erscheint (Art. 197 Abs. 1 lit. b-d und Abs. 2 StPO). Macht eine berechtigte Person geltend, eine Beschlagnahme von Gegenständen und Vermögenswerten sei wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht zulässig, so gehen die Strafbehörden nach den Vorschriften über die Siegelung vor (Art. 264 Abs. 3 StPO). Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, sind zu versiegeln und dürfen von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden (Art. 248 Abs. 1 StPO). 
 
5.   
Sowohl die kantonalen Instanzen als auch das Bundesgericht haben den hinreichenden Tatverdacht bereits in mehreren konnexen Urteilen geprüft und bejaht (Urteil 1B_713/2012 vom 21. Mai 2013 E. 3.3-3.5; nicht amtl. publ. E. 5 von BGE 138 IV 225; s. auch Urteile 1B_517/2012 vom 27. Februar 2013 E. 3.1-3.2, 5.2; 1B_27/2012 vom 27. Juni 2012 E. 7.6). Im aktuellen Verfahrensstadium hält die Annahme eines hinreichenden Tatverdachtes (insbesondere von Geldwäscherei) weiterhin vor dem Bundesrecht stand. 
 
6.   
Für die versiegelten Kontenunterlagen (des für anwaltliche Transaktionen geführten Kontos) besteht kein absolutes Beschlagnahme- bzw. Entsiegelungshindernis. Zwar wird im neuen Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO (in Kraft seit 1. Mai 2013, AS 2013 849) präzisiert, dass das grundsätzliche Verbot der Beschlagnahme von anwaltlichen Gegenständen und Unterlagen nicht nur für den anwaltlichen Verkehr mit der  beschuldigten Person (vgl. Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO) gilt, sondern auch für den Verkehr einer  anderen (nicht beschuldigten) Person mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt. Auch Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO schränkt jedoch (wie lit. c) ausdrücklich ein, dass dieses Beschlagnahmehindernis nur besteht, sofern die betroffene Anwältin oder der Anwalt im gleichen Zusammenhang nicht selber beschuldigt ist. Dass alle Beschlagnahmehindernisse ungeachtet des Ortes, wo sich die geschützten Gegenstände und Aufzeichnungen befinden, zu beachten sind, ergibt sich bereits aus Art. 264 Abs. 1 (Ingress) StPO. Der in der untersuchten Angelegenheit mitbeschuldigte Beschwerdeführer kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf ein Entsiegelungshindernis berufen (vgl. BGE 138 IV 225 E. 6 S. 227-229).  
 
Auch das Bankkundengeheimnis (Art. 47 BankG, SR 952.0) kann gesetzeskonformen Untersuchungsmassnahmen zur Aufklärung von Straftaten nicht entgegen gehalten werden. Soweit der Beschwerdeführer Geheimnisschutzinteressen von Dritten (insbesondere seiner Klientschaft) anruft, ist er nicht legitimiert, deren Interessen im eigenen Namen wahrzunehmen (vgl. Art. 81 BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO). Im vorliegenden Zusammenhang ist es auch nicht Sache des Zwangsmassnahmengerichtes oder des Bundesgerichtes, anhand der versiegelten Bankunterlagen mitbetroffene Klienten des Beschwerdeführers zu eruieren und diese zur Wahrung von allfälligen Geheimnisschutzinteressen einzuladen. Vielmehr wäre es seine eigene Sache als Konteninhaber und Anwalt, seine mitbetroffenen Klienten nötigenfalls in geeigneter Weise über die erfolgte Edition zu informieren. Die kontenführende Bank hat (am 24. Juni 2013) ausdrücklich erklärt, dass sie (im eigenen Namen) kein Siegelungsgesuch stelle. Im Übrigen kann offen bleiben, inwiefern die fraglichen Bankgeschäfte (soweit sie insbesondere Darlehen oder Vermögensverwaltungen betreffen) ohnehin in den (nicht berufsgeheimnisgeschützten) Bereich der sogenannten anwaltlichen Geschäftstätigkeit fielen (vgl. schon konnexe Urteile 1B_567/2012 vom 26. Februar 2013 E. 6; BGE 138 IV 225 E. 6.3 S. 228 f.). 
 
7.   
Sinngemäss bestreitet der Beschwerdeführer schliesslich noch die Sachkonnexität zwischen der Strafuntersuchung und den versiegelten Bankunterlagen. Nachdem im Urteil des Bundesgerichtes 1B_567/ 2012 vom 26. Februar 2013 (E. 7) bereits die Untersuchungsrelevanz für die Kontenauszüge (bzw. Unterschriftenkarten und Konteneröffnungsdokumente) der betroffenen Bankverbindung ausdrücklich bejaht worden ist, besteht die Sachkonnexität um so mehr auch für die (erst nachträglich edierten) detaillierten Transaktionsbelege für dieses Konto. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegt der Entsiegelung kein wahlloser Herausgabeanspruch der kantonalen Behörden zugrunde. Wie die Vorinstanz nachvollziehbar darlegt, hat die Staatsanwaltschaft (in ihrer Editionsverfügung vom 23. Mai 2013) der Bank spezifische Instruktionen erteilt, um die Edition von Detailbelegen auf konkrete verdächtige Kontenbewegungen zu beschränken. Es besteht ein erhebliches Untersuchungsinteresse an der Prüfung, wer die Empfänger bzw. Auftraggeber der verdächtigen Finanztransaktionen waren. 
 
Davon abgesehen, wird in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt, welche der 141 edierten Detailbelege offensichtlich keine Konnexität zum untersuchten Sachverhalt aufweisen würden. Betroffene Inhaber von sichergestellten und versiegelten Aufzeichnungen und Gegenständen, auch Konteninhaber, welche Entsiegelungshindernisse geltend machen, trifft nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes eine prozessuale Mitwirkungs- bzw. Substanzierungsobliegenheit. Soweit sie behaupten, die betroffenen Unterlagen seien geheimnisgeschützt und ihre Durchsuchung sei für die Strafuntersuchung ungeeignet oder nicht notwendig, haben sie (im Rahmen des Zumutbaren) darzulegen, welche der versiegelten Gegenstände (im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO) dem Geheimnisschutz unterliegen bzw. offensichtlich keinen Sachzusammenhang zum untersuchten Gegenstand aufweisen (BGE 138 IV 225 E. 7.1 S. 229 mit Hinweisen). Dieser prozessualen Obliegenheit ist der Beschwerdeführer weder im Entsiegelungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht nachgekommen, weshalb seine diesbezüglichen Rügen abzuweisen sind, soweit darauf eingetreten werden kann. Dass es für den anwaltlich vertretenen Konteninhaber im Entsiegelungsverfahren aus Krankheits- oder anderen Gründen schlechterdings unzumutbar gewesen wäre, substanziierte Vorbringen zu machen (nötigenfalls nach Rücksprache der bevollmächtigten Anwältin mit seiner kontenführenden Bank), lässt sich aufgrund der Akten nicht nachvollziehen. In der vorliegenden Konstellation hatte die Vorinstanz keinen Anlass, von Amtes wegen nach allfälligen geheimnisgeschützten oder nicht untersuchungsrelevanten Aufzeichnungen und Gegenständen zu forschen (vgl. BGE 137 IV 189 E. 5.1.2 S. 197). Eine Verletzung des Fairnessgebotes von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, von geschützten Geheimnisrechten (Art. 8 EMRK, Art. 13 BV) oder des Willkürverbots (Art. 9 BV) ist auch in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. 
 
8.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde hinfällig. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. März 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster