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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_625/2018  
 
 
Urteil vom 27. November 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hollinger, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 9. Juli 2018 (VBE.2017.578). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 4. Oktober 2002 (letztinstanzlich bestätigt durch das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 693/03 vom 18. März 2004) sprach die IV-Stelle des Kantons Aargau dem 1966 geborenen A.________ rückwirkend ab dem 1. Mai 2002 eine halbe Invalidenrente zu (Invaliditätsgrad 58 %). Dieser Rentenanspruch wurde im Rahmen zweier Revisionsverfahren in den Jahren 2004 und 2008 überprüft und jeweils bestätigt. 
Im Rahmen einer im September 2012 eingeleiteten erneuten Rentenüberprüfung veranlasste die IV-Stelle eine bidisziplinäre Begutachtung (rheumatologische Expertise des Dr. med. B.________, FMH Rheumatologie und Innere Medizin, vom 11. November 2014 und psychiatrische Expertise des PD Dr. med. C.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 17. November 2004). Zudem liess sie A.________ durch die D.________ GmbH zwischen dem 2. Februar und dem 8. Juli 2016 an insgesamt neun Tagen observieren (Ermittlungsbericht vom 12. August 2016). Nach Erhalt der Überwachungsergebnisse liess die IV-Stelle A.________ erneut durch PD Dr. med. C.________ begutachten (Expertise vom 20. März 2017). Gestützt darauf stellte sie in Aussicht, die Invalidenrente mittels prozessualer Revision rückwirkend per 1. Mai 2002 aufzuheben. Nachdem A.________ dagegen Einwände vorgebracht hatte, verfügte die Verwaltung wie vorbeschieden (Verfügung vom 7. Juni 2017). 
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hiess die dagegen erhobene Beschwerde teilweise gut und änderte die Verfügung vom 7. Juni 2017 dahingehend ab, dass die halbe Invalidenrente rückwirkend ab dem 1. November 2016 aufgehoben wurde. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 9. Juli 2018). 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, es seien unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Verfügung vom 7. Juni 2017 über den 1. November 2016 hinaus die bisherigen Rentenleistungen zu erbringen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die Beschwerde hat unter anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung in gedrängter Form - unter Bezugnahme auf und in Auseinandersetzung mit den entscheidenden vorinstanzlichen Erwägungen - darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Dabei gilt in Bezug auf die nur der Willkürkontrolle (Art. 9 BV) unterliegende Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz wie auch in Bezug auf die Verletzung anderer Grundrechte eine qualifizierte Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; Urteil 9C_306/2016 vom 4. Juli 2016 E. 1.1 mit Hinweis auf BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 und Urteil 9C_619/2014 vom 31. März 2015 E. 2.2).  
 
2.   
Streitig ist, ob die Vorinstanz die mittels prozessualer Revision (Art. 53 Abs. 1 ATSG) verfügte rückwirkende Rentenaufhebung zu Recht teilweise (per 1. November 2016 statt per 1. Mai 2002) mit der substituierten Begründung der Revision (Art. 17 Abs. 1 ATSG) geschützt hat. Das kantonale Gericht hat die diesbezüglich massgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Observationsergebnisse seien nicht verwertbar. Er beruft sich diesbezüglich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach eine von der IV-Stelle angeordnete Observation auf keiner genügenden gesetzlichen Grundlage beruhe und daher Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV verletze (BGE 143 I 377 E. 4 S. 384). Er verkennt indessen, dass eben diese Rechtsprechung vorsieht, dass die im Rahmen einer widerrechtlichen Observation gesammelten Materialien gestützt auf eine sorgfältige Interessenabwägung dennoch verwertbar sein können. Das kantonale Gericht hat in Erwägung 5.2 auf diese Rechtsprechung Bezug genommen und in der Folgeerwägung 5.3 darauf geschlossen, die öffentlichen Interessen an der Wahrheitsfindung würden in casu die privaten überwiegen. Auf diese eingehende und überzeugende Begründung, mit welcher sich der Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich auseinandersetzt, wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Zu ergänzen ist, dass entscheidend für die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit nicht der Observationsbericht ist, sondern die Expertise des PD Dr. med. C.________ vom 20. März 2017. Folglich geht auch der Einwand fehl, bei Depressionen sei eine Observation an lediglich neun Tagen ungenügend, um ein Gesamtbild zu erhalten.  
 
3.2. Nicht näher einzugehen ist auf den in Zusammenhang mit der Observation geltend gemachten Verstoss gegen Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Die Beschwerde lässt diesbezüglich jegliche Auseinandersetzung mit den in BGE 143 I 377 E. 5.2.1 beispielhaft genannten Kriterien vermissen (vgl. auch dortige E. 5.2.2) und genügt den qualifizierten Begründungsanforderungen nach Art. 106 Abs. 2 BGG nicht (vgl. E. 1.2 hievor).  
 
3.3. Die in der Beschwerde geäusserte Kritik, die Schlussfolgerungen in der Expertise vom 20. März 2017 würden sich ausschliesslich auf das Observationsmaterial stützen, ist nicht stichhaltig. So hatte PD Dr. med. C.________ den Beschwerdeführer bereits vor der Observation psychiatrisch begutachtet (Expertise vom 17. November 2014). Sowohl diese erste Begutachtung wie auch die Nachbegutachtung vom 20. März 2017 basieren auf umfangreichen eigenen Untersuchungen des PD Dr. med. C.________. Einzig aus dem Umstand, dass dieser im Rahmen der Zweitbegutachtung mehrfach auf die Observationsergebnisse Bezug nahm, vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Er verkennt vielmehr, dass es gerade gutachterliche Aufgabe war, das Observationsmaterial aus medizinischer Sicht zu würdigen. Dies war notwendig, weil rechtsprechungsgemäss ein Observationsbericht für sich allein keine sichere Basis für Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit bildet (vgl. Urteil 8C_192/2013 vom 16. August 2013 E. 3.1). Die diesbezüglichen Schlussfolgerungen des PD Dr. med. C.________ in der Expertise vom 20. März 2017 sind nachvollziehbar und überzeugend. Sie imponieren zudem durch eine sachlich-nüchterne Auseinandersetzung mit dem Observationsmaterial. Dass er seine psychodiagnostischen Überlegungen im Vergleich zu seiner ersten Begutachtung neu überdenken musste, liegt entgegen der Beschwerde nicht an einem Mangel der zweiten Expertise. Verantwortlich dafür waren vielmehr das diskrepante Verhalten des Beschwerdeführers sowie seine im Rahmen beider Begutachtungen vorgetragenen Verhaltensauffälligkeiten, welche aus gutachterlicher Sicht einer realen Grundlage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entbehren.  
 
3.4. Was schliesslich die vorinstanzliche Feststellung einer revisionsrechtlich relevanten (vgl. Art. 17 ATSG) Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes anbelangt, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht, diese sei offensichtlich unrichtig, also willkürlich, oder sie beruhe auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde beschränken sich darauf, lediglich die medizinischen Unterlagen abweichend von der Vorinstanz zu würdigen und daraus andere Schlüsse zu ziehen. Dies genügt nicht (Urteil 9C_411/2018 vom 24. Oktober 2018 E. 4.1 mit Hinweis).  
 
4.   
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 27. November 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner