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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_413/2015 {T 0/2}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 3. November 2015  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, 
Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Simone Hunn, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Obwalden, 
Brünigstrasse 144, 6060 Sarnen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden 
vom 6. Mai 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1963, absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung und übernahm 1992 den elterlichen Betrieb. Nach einer Herzoperation am 23. Mai 2013 verblieb eine vermehrte und raschere Ermüdung. Im November 2013 ersuchte er um Leistungen der Invalidenversicherung. Die IV-Stelle Obwalden verneinte mit Verfügung vom 1. Oktober 2014 den Anspruch auf eine Invalidenrente. 
 
B.   
Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 6. Mai 2015 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Invalidenrente, zuzusprechen. 
Das Verwaltungsgericht und die IV-Stelle schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art. 97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).  
 
2.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 IVG), den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG), die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) sowie die Begriffe des Validen- und Invalideneinkommens (BGE 135 V 297 E. 5.1 und 5.2 S. 300 f.) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die ausserordentliche Bemessungsmethode (BGE 128 V 29) sowie der Zumutbarkeit einer Betriebsaufgabe (Urteile 9C_624/2013 vom 11. Dezember 2013       E. 3.1.1 sowie 9C_834/2011 vom 2. April 2012 E. 4, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Entgegen der Darlegung des Versicherten in seiner Beschwerde ans Bundesgericht sind für die Beurteilung der Rechtmässigkeit der Verfügung vom 1. Oktober 2014 die Umstände zu diesem Zeitpunkt massgebend (vgl. zum massgeblichen Zeitpunkt des zu beurteilenden Sachverhalts BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243 und 121 V 362 E. 1b S. 366). Insofern erfolgt auch die Beurteilung der Zumutbarkeit der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs zu den damaligen Verhältnissen, einschliesslich des damaligen Alters des Versicherten.  
 
3.2. Es ist unbestritten, dass dem Versicherten seine angestammte Tätigkeit als Landwirt nur noch zu einem halben Arbeitspensum zumutbar ist. Ebenso unbestritten ist, dass aus medizinischer Sicht in einer angepassten leichten Tätigkeit eine bedeutend höhere Arbeitsfähigkeit gegeben ist. Es bestehen jedoch unterschiedliche Ansichten über die Zumutbarkeit der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs und der Aufnahme einer Verweisungstätigkeit sowie über die Ermittlung der für den Einkommensvergleich massgeblichen Werte.  
 
3.3.  
 
 
3.3.1. Bevor die versicherte Person Leistungen verlangt, hat sie aufgrund der Schadenminderungspflicht alles ihr Zumutbare selber vorzukehren, um die Folgen der Invalidität bestmöglich zu mindern. Ein Rentenanspruch ist zu verneinen, wenn sie selbst ohne Eingliederungsmassnahmen, nötigenfalls mit einem Berufswechsel, zumutbarerweise in der Lage ist, ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen. Für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der zumutbaren Tätigkeit im Allgemeinen, wie bei der Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit im Besonderen, sind die gesamten subjektiven und objektiven Gegebenheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Im Vordergrund stehen bei den subjektiven Umständen die verbliebene Leistungsfähigkeit sowie die weiteren persönlichen Verhältnisse, wie Alter, berufliche Stellung, Verwurzelung am Wohnort etc. Bei den objektiven Umständen sind insbesondere der ausgeglichene Arbeitsmarkt und die noch zu erwartende Aktivitätsdauer massgeblich. Eine Betriebsaufgabe ist nur unter strengen Voraussetzungen unzumutbar, und es kann ein Betrieb selbst dann nicht auf Kosten der Invalidenversicherung aufrecht erhalten werden, wenn die versicherte Person darin Arbeit von einer gewissen erwerblichen Bedeutung leistet (Urteil 9C_357/2014 vom 7. April 2015 E. 2.3.1 mit Hinweisen).  
Was sodann insbesondere die Zumutbarkeit des Berufswechsels eines selbstständig erwerbenden Landwirts betrifft, hat dieser nach der Rechtsprechung aus invalidenversicherungsrechtlicher Sicht unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht seinen Hof aufzugeben. Die Aufnahme einer unselbstständigen (Haupt-) Erwerbstätigkeit kann als zumutbar erscheinen, wenn hievon eine bessere erwerbliche Verwertung der Arbeitsfähigkeit erwartet werden kann und der berufliche Wechsel unter Berücksichtigung der gesamten Umstände - wie bei einem anderweitig selbstständig erwerbenden Versicherten - als zumutbar erscheint (Urteil 9C_357/2014 vom 7. April 2015 E. 2.3.2 mit Hinweisen). 
 
3.3.2. Es liegt beim Versicherten sicherlich eine grosse Verbundenheit mit dem übernommenen elterlichen Betrieb vor; dies allein vermag jedoch keine Unzumutbarkeit der Betriebsaufgabe zu begründen (vgl. dazu etwa das Urteil 9C_834/2011 vom 2. April 2012 E. 4 mit Hinweis auf Urteil I 116/03 vom 10. November 2003 E. 3.3). Es besteht beim im massgeblichen Zeitpunkt (E. 3.1) 51-jährigen Versicherten eine noch beachtliche Aktivitätsdauer (vgl. dazu Urteil 9C_834/2011 vom 2. April 2012 E. 4 bezüglich eines bei Verfügungserlass 49-jährigen Landwirtes sowie Urteil 9C_624/2013 vom 11. Dezember 2013 E. 3.2 bezüglich eines bei Verfügungserlass 56-jährigen Landwirtes). Weiter weist er nebst seiner langjährigen Tätigkeit als Landwirt auch berufliche Erfahrungen in anderen Tätigkeiten auf, was sich positiv auf die Vermittelbarkeit auswirkt (Urteil 9C_834/2011 vom 2. April 2012 E. 4). Investitionen in den landwirtschaftlichen Betrieb vermögen keine Unzumutbarkeit der Betriebsaufgabe zu begründen (vgl. etwa Urteil 9C_834/2011 vom 2. April 2012 E. 4 in fine). Zudem würde mit der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes und Aufnahme einer Verweisungstätigkeit eine praktisch volle Arbeitsfähigkeit verwirklicht und es bestehen vorliegend auch keine besonderen Einschränkungen in der zumutbaren Verweisungstätigkeit, welche das Feld der möglichen Tätigkeiten stark eingrenzen würden; diese Gegebenheiten sprechen ebenfalls für die Zumutbarkeit der Betriebsaufgabe (in diesem Sinne auch Urteil 9C_624/2013 vom 11. Dezember 2013 E. 3.2). Schliesslich ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Versicherte bei Aufnahme einer Verweisungstätigkeit offensichtlich ein höheres Einkommen als im bisherigen Beruf im Gesundheitsfall (Valideneinkommen) zu erzielen vermöchte (vgl. Urteil 9C_624/2013 vom 11. Dezember 2013 E. 3.2). Die vorinstanzliche Feststellung der Zumutbarkeit der Betriebsaufgabe verletzt nach dem Gesagten Bundesrecht nicht.  
Daran ändert auch der Einwand, dies stelle einen Verstoss gegen die Wirtschaftsfreiheit dar, nichts. Denn nach konstanter Rechtsprechung verschafft auch die freie Berufswahl nach Art. 27 Abs. 2 BV grundsätzlich keinen Anspruch auf staatliche Leistungen (SVR 2006 IV   Nr. 47 S. 171 E. 6.3 mit Hinweisen, I 68/02). So ist nicht zu beanstanden, dass beim Versicherten - wie auch bei jeder (un-) selbstständigerwerbstätig gewesenen versicherten Person - im Rahmen des Einkommensvergleichs nicht auf die vom Leistungsansprecher gewünschten, sondern auf die ihm noch zumutbaren beruflichen Tätigkeiten abgestellt wird; ob die versicherte Person einer solchen Tätigkeit tatsächlich nachgeht oder nicht, ist für die Invaliditätsermittlung ohne Belang. Insofern steht es dem Versicherten frei, seinen Betrieb zu verkaufen, zu verpachten, seinen Söhnen zu übergeben oder aber ihn selbst weiterzuführen, letzteres allerdings nicht unter Zuhilfenahme staatlicher Leistungen in Form einer Invalidenrente. Schliesslich ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Vorinstanz den Söhnen eine Schadenminderungspflicht auferlegt haben soll, indem sie die Betriebs-aufgabe durch den Vater als zumutbar qualifizierte. 
 
3.4. Entgegen der Ansicht des Versicherten kann kein Prozentvergleich erfolgen, denn er übersieht, dass ein solcher nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, welche hier aber nicht gegeben sind, weil die Vergleichseinkommen hinreichend konkret ermittelt werden können (SVR 2014 UV Nr. 1 S. 1 E. 4.1 und 4.2, 8C_211/2013).  
 
3.5. Für die Ermittlung des Invalideneinkommens ist angesichts der grossen Auswahl an zumutbaren Tätigkeiten von statistischen Werten auszugehen. Unter Zugrundelegung der Lohnstrukturerhebung des Bundes (LSE) 2010 ergibt sich im massgebenden Zeitpunkt (E. 3.1) unter Berücksichtigung des zumutbaren 90 %-Pensums in einer einfachen repetitiven Tätigkeit (Tabelle TA1, Anforderungsniveau 4), des von der Vorinstanz gewährten und angesichts der grossen Bandbreite der noch zumutbaren Tätigkeiten sowie des bereits bei der Arbeitsfähigkeit von 90 % berücksichtigten Bedarfs von vermehrten Pausen nicht zu beanstandenden Abzugs von 10 %, der betriebsüblichen Arbeitszeit von 41.7 Wochenstunden und der Nominallohnentwicklung von 1.0 (2011), 0.8 (2012) und 0.7 (2013) ein Invalideneinkommen von Fr. 50'914.-. Bei dieser Sachlage müsste der Versicherte ein Valideneinkommen von weit über Fr. 80'000.- ausweisen, um einen Anspruch auf eine Viertelsrente zu begründen. Angesichts der für seinen Betrieb vorliegenden Zahlen ist - ungeachtet davon, ob dabei auf die Steuer- oder andere Unterlagen abgestellt wird - das Vorliegen eines Valideneinkommens in einer leistungsbegründenden Höhe auch unter Einrechnung der Einkünfte aus Nebenerwerb ausgeschlossen (vgl. zur Ermittlung des Vergleichseinkommens einer selbstständigerwerbenden versicherten Person etwa den bereits erwähnten SVR 2014 UV Nr. 1 S. 1 E. 4.2, 8C_211/2013). Demnach kann offen bleiben, ob dafür die Steuerunterlagen massgebend sind oder ein betriebswirtschaftliches Gutachten einzuholen wäre sowie ob anstelle des üblichen Einkommensvergleichs nach der allgemeinen Methode das ausserordentliche Bemessungsverfahren anzuwenden wäre.  
 
4.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Versicherte hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. November 2015 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold