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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_987/2009 
 
Urteil vom 8. Januar 2010 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Wiprächtiger, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Parteien 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Ernst Reber, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. A.________, 
2. Verband B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Reto Allemann, 
3. Verband C.________, 
4. D.________, 
5. E.________, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Joachim Lerf, 
Beschwerdegegner, 
Generalprokuratur des Kantons Bern, 3001 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Üble Nachrede, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 1. September 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Obergericht des Kantons Bern befand X.________ am 1. September 2009 zweitinstanzlich der mehrfachen üblen Nachrede schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 110.--, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Verbindungsbusse von Fr. 880.--. 
 
B. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 1. September 2009 sei aufzuheben, und er sei von der Anschuldigung der mehrfachen üblen Nachrede freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Verurteilung basiert auf folgendem Sachverhalt: 
 
1.1 A.________, stellvertretender Generalsekretär des Verbandes B.________, änderte den PC-Eintrag des Verbandes betreffend das Pferd "F.________" in dem Sinn nachträglich ab, als dass er fälschlicherweise vermerkte, das Pferd erfülle die reglementarischen Qualifikationsvoraussetzungen für die Teilnahme an den Schweizermeisterschaften 2006 (bei zwölf Starts fünf Null-Fehler-Resultate). Den Eintrag übermittelte er im Namen des Verbandes B.________ an den Verband C.________, welcher das Pferd zum Start an der Meisterschaft 2006 zuliess. Die unrechtmässige Teilnahme wurde jedoch später bekannt und das Pferd nachträglich durch den Verband B.________ disqualifiziert. Der Verband C.________ publizierte die Disqualifikation am 16. Oktober 2006 in seinem Verbandsbulletin. 
 
1.2 Am 4. Dezember 2006 erhob der Beschwerdeführer aufgrund dieser Vorgänge Strafanzeige und Privatklage gegen unbekannte Täterschaft wegen Erpressung, evtl. Bestechung, Betruges oder Urkundenfälschung. Am 19. Juni 2007 wies die zuständige Untersuchungsrichterin den Beschwerdeführer als Privatkläger aus dem Verfahren, und am 4. Juli 2007 stellte sie der Staatsanwaltschaft Antrag auf Nichteintreten auf die Strafanzeige. Dieser Antrag wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft vom 6. Juli 2007 zum Beschluss erhoben, welcher A.________ am 9. Juli 2007 eröffnet wurde. 
 
Am 20. August 2007 teilte der Beschwerdeführer der Untersuchungsrichterin mit, er habe weitere Verstösse des Verbandes B.________ festgestellt. Hierauf antwortete ihm die Untersuchungsrichterin mit Schreiben vom 21. August 2007, das Strafverfahren sei abgeschlossen. Betreffend allfälliger weiterer Straftaten, welche nicht Gegenstand des Verfahrens gebildet hätten, werde er ersucht, die Strafanzeige beim zuständigen Untersuchungsrichteramt einzureichen oder diese bei einer Polizeidienststelle aufnehmen zu lassen. Der Beschwerdeführer suchte in der Folge die Kantonspolizei auf, um die Anzeige aufzugeben. 
 
1.3 Am 7. September 2007 verfasste der Beschwerdeführer ein Flugblatt mit folgendem Inhalt: 
X.________ 
! Eine neue Dienstleistung Verband B.________/Verband C.________ ! 
Zitat von Herrn A.________, Stv. Generalsekretär, Verband B.________ 
"Es ist üblich, dass Resultate manipuliert werden, damit CH-Sportpferde Teilnahmebedingungen erfüllen." 
Bulletin 13 / 16.10.2006 - Seite 14 - "Datenübermittlungsfehler" 
Schweizermeisterschaft CH-Sportpferde 2006 Disqualifikation 
"Das Pferd erfüllte die Qualifikationsbedingungen für die Teilnahme an der SM nicht. Aufgrund eines Datenübermittlungsfehlers des Verbandes B.________ wurde das Pferd trotzdem für die Schweizermeisterschaft zugelassen." 
Verband C.________ 
Die Wahrheit 
Aufgrund einer Aufforderung eines CH-Sportpferdebesitzers hat Hr. A.________ in diesem Fall persönlich im Resultatenregister des Verbandes B.________ aus einem 4-Fehlerresultat ein 0-Fehlerresultat gemacht damit das Pferd die geforderten fünf 0-Fehlerparcours in den ersten 12 Starts erreicht hat und somit zur Schweizermeisterschaft der CH-Sportpferde zugelassen wurde. 
Nach absenden der Startberechtigtenliste des Verbandes B.________ an den Verband C.________ hat er das Resultat im Computer auf das 4-Fehlerresultat rückgängig gemacht. Es war somit kein Datenübermittlungsfehler vom Verband B.________ an den Verband C.________. 
Hier handelt es sich viel mehr um Betrug, Urkundenmanipulation und Begünstigung. 
Dass die Herren Dr. G.________ Präsident des Verbandes B.________, Lic. Jur. H.________ Generalsekretär des Verbandes B.________, D.________ Präsident des Verbandes C.________, E.________ Präsident der SM etc. hier keinen Handlungsbedarf erkennen ist für die CH-Pferdeszene unerträglich. Diese Herren sind unglaubwürdig. 
WIR WOLLEN FAIREN PFERDESPORT!!! 
07.09.2007 
 
Dieses Flugblatt stellte der Beschwerdeführer dem Vorstand des Verbandes B.________ zu, legte es anlässlich der Schweizermeisterschaften am 16. September 2007 in Avenches den parkierten Autos unter die Scheibenwischer und liess es via Inserat in der Zeitschrift "Z.________", einer Zeitschrift mit einer Auflage von 30'000 Stück, vom 7. November 2007 verbreiten. 
 
Am 8. November 2007 bereitete der Beschwerdeführer ein weiteres Flugblatt vor. Dessen Veröffentlichung wurde ihm jedoch in letzter Instanz von der 2. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern untersagt. 
 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 173 Ziff. 2 StGB. Er habe ernsthafte Gründe gehabt, seine Äusserungen auf dem verteilten und veröffentlichten Flugblatt in guten Treuen für wahr zu halten, weshalb er von der Anschuldigung der üblen Nachrede freizusprechen sei. 
 
Der Beschwerdeführer präzisiert, zwischen dem Einreichen der Strafanzeige am 4. Dezember 2006 und dem 21. August 2007, als er erfahren habe, dass auf seine Strafanzeige nicht eingetreten worden sei, habe er weitere Abklärungen getätigt und weitere gravierende Verfehlungen des Verbandes B.________ und des Verbandes C.________ festgestellt (falsche Angaben von Gewinnsummen, teilweiser Erlass von Verbandsgebühren, Teilnahme an Springprüfungen durch Inhaber eines blossen Fahrbrevets, reglementswidrige Abnahme einer Brevetprüfung). Diese Verstösse, welche er zum Gegenstand des zweiten Flugblattes habe machen wollen, hätten ihn in seinem Glauben bestärkt, dass auch die Verdächtigungen bezüglich der Datenmanipulation im Fall des Pferdes "F.________" erneut vorgebracht werden könnten, zumal er nicht gewusst habe, weshalb auf seine diesbezügliche Strafanzeige nicht eingetreten worden sei. Nachdem seine Klärungsversuche und Beschwerden von den Verbandsfunktionären abgeblockt worden seien, habe er sich zur Verbreitung des Flugblattes anlässlich der Schweizermeisterschaft und zu dessen Veröffentlichung in der Zeitschrift "Z.________" entschlossen. Damit habe er den Adressatenkreis bewusst eingeschränkt und lediglich die Pferdesportfreunde über den Vorfall informiert. 
 
2.2 Die Vorinstanz erwägt, der Tatbestand der üblen Nachrede zum Nachteil der Beschwerdegegner sei erfüllt. Der Hinweis auf dem Flugblatt, es handle sich um Betrug (sowie um Urkundenmanipulation und Begünstigung) könne nicht anders denn als Vorwurf strafbaren Verhaltens verstanden werden. Allgemeine Rechtfertigungs- sowie Schuldausschliessungsgründe würden vom Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend gemacht. Zum Wahrheitsbeweis sei er nicht zugelassen, und den ihm offen stehenden Gutglaubensbeweis habe er nicht erbracht. 
 
2.3 Nach Art. 173 Ziff. 1 StGB macht sich der üblen Nachrede schuldig, wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, sowie wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet. Ehreingriffe sind im Regelfall strafbar, wenn sie unwahr sind. Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte Äusserung der Wahrheit entspricht (Wahrheitsbeweis), oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten (Gutglaubensbeweis), so ist er nicht strafbar (Art. 173 Ziff. 2 StGB). 
 
In Bezug auf den Gutglaubensbeweis gilt, dass der Täter zur Erfüllung seiner Informations- und Sorgfaltspflicht die ihm zumutbaren Schritte unternommen haben muss, um die Richtigkeit seiner Äusserungen zu überprüfen. Massgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Je schwerer ein Ehreingriff ist, desto höhere Sorgfaltspflichten bestehen hinsichtlich der Abklärung des wahren Sachverhalts, wobei die Schwere vom Vorwurf selber und vom Verbreitungsgrad abhängt (BGE 124 IV 149 E. 3b; Urteil 6B_247/2009 vom 14. August 2009 E. 2.4.2). Wird erneut eine Verdächtigung vorgebracht, nachdem über die einer Person vorgeworfene angebliche Straftat eine Strafuntersuchung durchgeführt wurde, die mit einer Einstellung respektive einem Nichteintretensentscheid endete, muss besonders sorgfältig geprüft werden, ob genügend ernsthafte Gründe bestehen, so zu handeln (vgl. BGE 101 IV 292 E. 5). 
2.4 
2.4.1 Die inkriminierte Äusserung des Beschwerdeführers im (ersten) Flugblatt, wonach (insbesondere) ein Betrug vorliege, ist ohne Zweifel geeignet, den Ruf der Beschwerdegegner im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 StGB zu schädigen. Des Weiteren hat die Vorinstanz den Beschwerdeführer zutreffend nicht zum Wahrheitsbeweis zugelassen, da das für die Beurteilung einer Ehrverletzungsklage zuständige Gericht nicht zu überprüfen hat, ob jene Behörden, welche die gegen den Ehrverletzungskläger erhobenen Anschuldigungen untersuchten, auf die Anzeige zu Recht nicht eingetreten sind oder nicht (BGE 106 IV 115 E. 2c). Der Ausschluss vom Wahrheitsbeweis wird denn in der Beschwerde auch nicht beanstandet. Strittig ist damit einzig, ob der Beschwerdeführer den Entlastungsbeweis in der Form des Gutglaubensbeweises gemäss Art. 173 Ziff. 2 StGB erbracht hat. 
2.4.2 Die im Flugblatt gemachten ehrverletzenden Äusserungen beziehen sich einzig auf die reglementswidrig erfolgte Qualifikation und Teilnahme des Pferdes "F.________" an den Schweizermeisterschaften 2006 sowie auf dessen anschliessende Disqualifikation. Zum Zeitpunkt der Verteilung des Flugblattes und der Veröffentlichung des Inserates im September respektive im November 2007 wusste der Beschwerdeführer, dass auf seine Strafanzeige vom 4. Dezember 2006 mit Beschluss vom 4./6. Juli 2007 nicht eingetreten worden war, war ihm dies doch mit Schreiben der Untersuchungsrichterin vom 21. August 2007 mitgeteilt worden. Er war daher gehalten, besonders sorgfältig zu prüfen, ob wirklich genügend ernsthafte Gründe bestehen, seine Vorwürfe erneut vorzubringen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer nicht blosse Verdächtigungen äusserte, sondern seinen schwerwiegenden Betrugsvorwurf als Faktum darstellte und diesen an einen grossen Adressatenkreis verbreitete. Was als Faktum und nicht als Verdacht bezeichnet wird, hat ein grösseres Gewicht und bedarf deshalb besonders vertiefter Abklärung. 
Diesen erhöhten Sorgfaltspflichten ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Vorinstanz hat willkürfrei festgestellt, dass zwischen den neuen Anschuldigungen des Beschwerdeführers an die Adresse der Beschwerdegegner (falsche Angaben von Gewinnsummen, teilweiser Erlass von Verbandsgebühren, Teilnahme an Springprüfungen durch Inhaber eines blossen Fahrbrevets, reglementswidrige Abnahme einer Brevetprüfung) und dem Sachverhalt, welcher Gegenstand des Flugblattes bzw. des Inserates bildete, kein Zusammenhang besteht (angefochtenes Urteil S. 23). Dementsprechend sind diese neuen Verdächtigungen auch per se nicht geeignet, den Gutglaubensbeweis bezüglich des Betrugsvorwurfs zu erbringen. Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was aufzeigen würde, dass er seinen erneut erhobenen und per Flugblatt und Inserat weiterverbreiteten Betrugsvorwurf besonders sorgfältig überprüfte und daher ernsthafte Gründe hatte, diesen in guten Treuen für wahr zu halten. 
 
3. 
Der Schuldspruch wegen mehrfacher übler Nachrede verletzt zusammenfassend kein Bundesrecht. Nicht angefochten hat der Beschwerdeführer die Strafzumessung. 
 
Die Beschwerde ist damit abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 8. Januar 2010 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Schneider Stohner