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[AZA 7] 
U 64/01 Gb 
 
III. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Widmer 
 
Urteil vom 31. Mai 2002 
 
in Sachen 
 
Z.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Eros Tomasini, Sagenmattweg 8, 6460 Altdorf, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Obergericht des Kantons Uri, Altdorf 
 
A.- Der 1949 geborene Z.________ ist seit dem 1. Juli 1972 als Maschinist bei den Werken X.________ tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 7. April 1993 meldete er der SUVA ein am 24. März 1993 aufgetretenes unerträgliches Ohrensausen. 
Die SUVA klärte ihre Leistungspflicht ab und forderte zu diesem Zweck Berichte der behandelnden Ärzte Dr. med. R.________, Allgemeinmedizin, und Frau Dr. med. G.________, Spezialärztin FMH Ohren-Nasen-Halskrankheiten, Hals- und Gesichtschirurgie, ein, befragte den Versicherten, liess ihn sodann von Dr. med. M.________, Spezialarzt für Ohren-, Nasen-, Halskrankheiten, Hals- und Gesichtschirurgie, bei der SUVA, Abteilung Arbeitsmedizin, untersuchen und zusätzlich eine MRI-Untersuchung im Zentrum Y.________ durchführen. Mit Verfügung vom 6. Januar 1994 verweigerte die SUVA sämtliche Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit dem Tinnitus. 
Der Versicherte erhob gegen diese Verfügung Einsprache, welche die SUVA mit Entscheid vom 24. März 1994 abwies. 
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Uri, nach Einholung eines Gutachtens bei Prof. K.________, Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik, Spital A.________, mit Entscheid vom 3. November 1995 insofern gut, als es die Sache an die SUVA zurückwies, damit diese über die dem Beschwerdeführer zustehenden Leistungen (nämlich die Integritätsentschädigung) verfüge. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde liess Z.________ beantragen, es sei ihm nebst einer Integritätsentschädigung von 10 % eine Invalidenrente für die aus dem Gehörschaden resultierende Erwerbsunfähigkeit zuzusprechen. Das Eidgenössische Versicherungsgericht stellte fest, dass der (sehr schwere) Tinnitus eine Berufskrankheit sei, die Dekompensation und die damit verbundene Arbeitsunfähigkeit natürlicher Folgen des Tinnitus seien und der Dekompensation, d.h. der psychisch mangelhaften Verarbeitung, im Sinne der Adäquanz massgebende Bedeutung für die Arbeitsunfähigkeit zukomme. Unklar seien hingegen Grad und Dauer der durch die Dekompensation des Tinnitus verursachten Arbeitsunfähigkeit. Zur Prüfung dieses Punktes sowie der Frage, wie lange die Arbeitsunfähigkeit eine adäquate Folge des Tinnitus bzw. der Dekompensation ist, wies es die Sache unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides an die SUVA zurück, damit sie neu verfüge. Dabei hatte die Anstalt die zwei Langzeitverlaufsformen (Stabilisierung nach zwei Jahren/Anfang einer Dauerinvalidität, bei der bald einmal andere Gründe als der Tinnitus für die Begründung der anhaltenden Arbeitsunfähigkeit im Vordergrund stehen) zu berücksichtigen. 
Die SUVA stützte sich in der Folge auf das zuhanden der Invalidenversicherung erstattete Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) vom 11. November 1996 und eine Expertise des Prof. K.________ vom 4. Juli 1997. Mit Verfügung vom 4. November 1997 sprach sie Z.________ nebst einer Integritätsentschädigung von 10 % eine Abfindung in der Höhe von Fr. 163'116.- zu, entsprechend dem doppelten Betrag des versicherten Jahresverdienstes und einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % ab 1. November 1997 bis 31. Oktober 1999 sowie einer solchen von 50 % ab 1. November 1999 bis 31. Oktober 2000. Nachdem der Versicherte Einsprache erhoben hatte, überprüfte die SUVA den Jahresverdienst und setzte ihn neu auf Fr. 82'730.- fest, wodurch sich die Abfindungssumme auf Fr. 165'480.- erhöhte (Verfügung vom 26. Februar 1998). Mit Entscheid vom 15. Juni 1998 hiess sie sodann die Einsprache in dem Sinne teilweise gut, dass sie ihre Leistungspflicht für die psychopathologischen Beschwerden bis längstens 1. November 2000 anerkannte. Im Übrigen wies sie die Einsprache ab. 
 
B.- Z.________ liess Beschwerde einreichen und zur Hauptsache beantragen, die Verfügung vom 26. Februar 1998 sowie der Einspracheentscheid vom 15. Juni 1998 seien aufzuheben und es sei ihm anstelle der Abfindung bis nach Beendigung des Rehabilitationsprogrammes, eventuell bis auf weiteres, eine Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zuzusprechen. Nachdem die SUVA in der Beschwerdeantwort ausgeführt hatte, bei der zugesprochenen Leistung handle es sich nicht um eine klassische Abfindung im Sinne von Art. 23 UVG, sondern um eine bis 31. Oktober 2000 terminierte Rente, die in Form einer Kapitalabfindung ausgerichtet wird, behaftete das Obergericht des Kantons Uri die Anstalt bei der Zusage der terminierten Rente und schrieb die Beschwerde in diesem Punkt als gegenstandslos am Geschäftsprotokoll ab. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 14. Juli 2000). 
 
C.- Z.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Begehren, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm bis auf weiteres eine Invalidenrente zuzusprechen. Ferner sei die SUVA zu verpflichten, ihm für das kantonale Gerichtsverfahren eine angemessene Parteientschädigung von mindestens Fr. 2000.- zu bezahlen. 
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Wird der Versicherte infolge des Unfalles invalid, so hat er Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG in der vorliegend anwendbaren, bis 30. Juni 2001 gültig gewesenen Fassung). Als invalid gilt, wer voraussichtlich bleibend oder für längere Zeit in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist. Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (Art. 18 Abs. 2 UVG). Kann aus der Art des Unfalls und den Verhalten des Versicherten geschlossen werden, dass er durch eine einmalige Entschädigung wieder erwerbsfähig würde, so hören die bisherigen Leistungen auf, und der Versicherte erhält eine Abfindung von höchstens dem dreifachen Betrag des versicherten Jahresverdienstes (Art. 23 UVG). Gemäss Art. 35 Abs. 1 UVV entspricht die Höhe der Abfindung der Summe der Raten einer Rente, deren Höhe und Dauer auf Grund der Schwere und des Verlaufs des Leidens und des Gesundheitszustandes des Versicherten zur Zeit der Abfindung und im Hinblick auf die Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit festzusetzen ist. Die Zusprechung einer Abfindung setzt praxisgemäss voraus, dass es im Zeitpunkt, in welchem der Unfallversicherer die Verfügung oder den Entscheid erlässt, unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Versicherten und der allgemeinen Lebenserfahrung als wahrscheinlich erscheint, dass die Abfindung dem Versicherten zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit verhilft (RKUV 1995 Nr. U 210 S. 35 Erw. 2b; SZS 2001 S. 436). 
 
2.- Die SUVA sprach dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 4. November 1997, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 15. Juni 1998, ausdrücklich und unter Bezugnahme auf Art. 23 UVG eine Abfindung zu, wobei sie im Einspracheentscheid ausführlich darlegte, dass und weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistung erfüllt seien. Nachdem der Versicherte beschwerdeweise beantragt hatte, es sei ihm anstelle der Abfindung bis zum Ende des Rehabilitationsprogramms, eventuell bis auf weiteres, eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zuzusprechen, brachte die SUVA in der Vernehmlassung vor, es handle sich nicht um eine klassische Abfindung im Sinne von Art. 23 UVG, sondern um eine bis zum 31. Oktober 2000 terminierte Rente, welche in Form einer Kapitalabfindung ausgerichtet werde. Die Vorinstanz nahm diese Ausführungen zum Anlass, die SUVA bei der Zusage einer befristeten Rente zu behaften und die Beschwerde in diesem Punkt als gegenstandslos am Protokoll abzuschreiben. Dieses Vorgehen ist schon deshalb nicht zulässig, weil eine Invalidenrente gemäss Art. 35 UVG nur nach ihrem Barwert ausgekauft werden kann, wenn der Monatsbetrag geringer ist als die Hälfte des Höchstbetrages des versicherten Tagesverdienstes, was hier offenkundig nicht zutrifft. Die nachträgliche juristische Konstruktion der SUVA, welche vom kantonalen Gericht übernommen wurde, ist schon aus diesem materiellen Grund unzulässig. Im Weiteren gilt es zu beachten, dass Anfechtungs- und Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens die Festsetzung einer Abfindung gemäss Einspracheentscheid der SUVA vom 15. Juni 1998 bildete. Das Institut der Abfindung (vgl. Erwägung 1 hievor) unterscheidet sich wesentlich von einer terminierten Rente, die vor allem bei Unfallfolgen erbracht wird, bei welchen mit einer Angewöhnung und Anpassung gerechnet werden kann, namentlich bei Fingerverstümmelungen geringerem Ausmasses (vgl. BGE 106 548; unveröffentlichte Urteile P. vom 4. Februar 1992, U 74/91 und P. vom 5. Januar 1989, U 46/88), wobei im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der prognostisch verfügten Abstufung oder Aufhebung die Richtigkeit der Prognose überprüft werden kann, sei es durch die Einleitung eines Revisionsverfahrens von Amtes wegen oder durch Einreichung eines Revisionsgesuches durch den Versicherten; damit bleiben diesem sämtliche Rechte gewahrt (RKUV 1993 Nr. U 173 S. 145 mit Hinweisen). 
Demgegenüber stellt der Umstand, dass die Abfindung das gesetzliche Ziel nicht erreicht, keinen Revisionsgrund dar. Der Unfallversicherer hat nicht für Ereignisse einzustehen, welche nach der Zusprechung der Abfindung die Prognose rückblickend als falsch erscheinen lasse (RKUV 1995 Nr. U 210 S. 35). 
Zwar wäre aus formellrechtlicher Sicht eine Ausdehnung des kantonalen Beschwerdeverfahrens auf die ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes liegende Frage der Festsetzung einer befristeten Rente unter den nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen (vgl. BGE 122 536 Erw. 2a mit Hinweisen) zufolge des engen Sachzusammenhangs zwischen Invalidenrente und Abfindung grundsätzlich möglich gewesen; abgesehen davon, dass einem solchen Vorgehen im vorliegenden Fall Art. 35 UVG entgegensteht, war es jedenfalls nicht angängig, den Anfechtungs- und Streitgegenstand Abfindung unbeurteilt zu lassen und stattdessen substitutionsweise die befristete Rente zum Anfechtungsobjekt zu erklären, obwohl hierüber keine Verfügung vorlag. 
 
3.- Das kantonale Gericht, an welches die Sache zurückzuweisen ist, wird über die Beschwerde neu entscheiden. Dabei wird es (zunächst) zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Abfindung nach Art. 23 UVG im Sinne des Einspracheentscheides der SUVA erfüllt sind. 
 
4.- Mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheides ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Zusprechung einer höheren Parteientschädigung für das kantonale Beschwerdeverfahren gegenstandslos geworden. Die Vorinstanz wird in ihrem neuen Entscheid über die Verlegung der gesamten Parteikosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu befinden haben. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne 
teilweise gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid 
vom 14. Juli 2000 aufgehoben und die Sache an 
das Obergericht des Kantons Uri zurückgewiesen wird, 
damit dieses über die Beschwerde im Sinne der Erwägungen 
neu entscheide. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren 
vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung 
von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) 
zu bezahlen. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des 
Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem 
Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 31. Mai 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: