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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_647/2022  
 
 
Urteil vom 23. Juni 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Beusch, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, Rechtsnachfolgerin der B.________ AG vertreten durch Dr. Balsiger & Partner AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Zug, Bahnhofstrasse 26, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Zug und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2017, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 28. Oktober 2022 (A 2021 15). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die B.________ AG (vormals: B.________ GmbH [bis 5. Juni 2019] bzw. C.________ GmbH [bis 15. Dezember 2017] bzw. D.________ GmbH [bis 21. Januar 2003]; per 1. Mai 2023 absorbiert durch A.________ AG; nachfolgend auch: die Gesellschaft) wurde infolge Verlegung ihres Sitzes von U.________/ZG nach V.________/NW am 15. Dezember 2017 im Handelsregister des Kantons Zug gelöscht; am 26. März 2018 (Datum Tagesregister) wurde die Gesellschaft im Handelsregister des Kantons Nidwalden eingetragen. Die steuerpflichtige Gesellschaft wurde für die Kantons- und Gemeindesteuern seit dem Geschäftsjahr 2011 als gemischte Gesellschaft (Verwaltungsgesellschaft) gemäss der damaligen Fassung von § 69 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons+ Zug vom 25. Mai 2000 (StG/ZG; BGS 632.1; in Kraft bis am 31. Dezember 2019) besteuert. Mit Einreichung der Steuererklärung 2017 des Kantons Nidwalden vom 19. Dezember 2018 beantragte die B.________ AG eine ordentliche Besteuerung und verzichtete damit bei den Kantons- und Gemeindesteuern auf eine privilegierte Besteuerung als Verwaltungsgesellschaft (sinngemäss unter Vorbehalt der Anerkennung der Betriebsstätte in E.________/CN). Mit Verfügung vom 25. November 2019 stellte die Steuerverwaltung des Kantons Zug fest, dass im Kanton Nidwalden im Jahr 2017 weder eine beschränkte noch eine unbeschränkte Steuerpflicht begründet worden und somit keine interkantonale Steuerausscheidung vorzunehmen sei. 
 
B.  
Nach einem Einschätzungsvorschlag vom 10. März 2020 und anschliessender Stellungnahme der B.________ AG vom 12. Mai 2020 sowie telefonischer Besprechung vom 13. Juli 2020 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Zug die direkte Bundessteuer 2017 und die Kantons- und Gemeindesteuern am 3. September 2020. Dabei anerkannte sie keine Betriebsstätte in E.________ und rechnete nicht geschäftsmässig begründeten Aufwand (Betriebskosten E.________) von Fr. 383'392.- auf. Eine Einsprache hiergegen hiess die Steuerverwaltung teilweise gut. Sie reduzierte die Aufrechnung nicht geschäftsmässig begründeten Aufwands auf Fr. 374'985.- und nahm für die Kantons- und Gemeindesteuern 2017 eine Besteuerung als gemischte Gesellschaft im Sinne von § 69 Abs. 2 aStG/ZG. Im Übrigen wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab. Die Rechtsmittel der B.________ AG hiergegen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Urteil vom 28. Oktober 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 5. Dezember 2022 beantragt die B.________ AG dem Bundesgericht, es sei bei den Kantonssteuer Zug und bei der direkten Bundessteuer auf eine Aufrechnung der Kosten der Betriebsstätte "E.________" von Fr. 374'985.- zu verzichten. Zudem sei festzustellen, dass die B.________ AG in 2017 in E.________ eine Betriebsstätte unterhalten habe, mit der Folge, dass für die direkte Bundessteuer eine internationale Steuerausscheidung vorzunehmen sei. 
Die Vorinstanz und die Steuerverwaltung des Kantons Zug beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) beantragt die Abweisung der Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer, soweit darauf einzutreten sei. Die B.________ AG nimmt erneut Stellung. 
Auf Aufforderung des Bundesgerichts hin hat die Rechtsnachfolgerin der B.________ AG, die A.________ AG, mit Schreiben und beigelegter Vollmacht vom 5. Juni 2023 bestätigt, ebenfalls von den Rechtsvertretern der B.________ AG vertreten zu werden. 
 
 
Erwägungen:  
 
I. Prozessuales  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten, oberen kantonalen Instanz in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Die Gesellschaft und ihre Rechtsnachfolgerin sind zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG sowie Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]).  
 
1.2. Mit ihrem zweiten Rechtsbegehren beantragt die Gesellschaft die Feststellung, dass sie in E.________ eine Betriebsstätte unterhalten habe. Für Feststellungsanträge ist ein besonderes, schutzwürdiges Interesse erforderlich. Sie sind nur zulässig, soweit kein Leistungs- oder Gestaltungsbegehren möglich ist, zu diesen also subsidiär (BGE 141 II 113 E. 1.7; 136 III 102 E. 3.1; 135 I 119 E. 4; Urteil 2C_727/2021 vom 11. Mai 2022 E. 1.3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Wie sich aus dem Zusatz "mit der Folge, dass für die direkte Bundessteuer eine internationale Steuerausscheidung vorzunehmen sei" ergibt, scheint es der Gesellschaft aber ohnehin nicht so sehr um die Feststellung der Betriebsstätte an sich, sondern eher darum zu gehen, dass der auf die behauptete ausländische Betriebsstätte entfallende Gewinn von der direkten Bundessteuer ausgenommen wird. Da für diese Ausscheidung weitere Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen wären, ist der Antrag der Gesellschaft als Rückweisungsantrag entgegen zu nehmen. In diesem Sinne erweist er sich als zulässig und ist darauf und auf die Beschwerde als Ganzes einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2).  
 
2.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die vorgebrachten Argumente, falls weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Es prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition, jene des nicht-harmonisierten, autonomen kantonalen Rechts hingegen bloss auf Verletzung des Willkürverbots und anderer verfassungsmässiger Rechte (BGE 143 II 459 E. 2.1; 134 II 207 E. 2). Mit freier Kognition ist zu prüfen, ob das kantonale Recht mit dem Bundesrecht, namentlich dem StHG, vereinbar ist (Urteil 2C_1081/2015 vom 12. Dezember 2016 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 143 II 33). In Bezug auf die Verletzung der verfassungsmässigen Rechte gilt nach Art. 106 Abs. 2 BGG eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2; 138 I 274 E. 1.6).  
 
II. Direkte Bundessteuer  
 
3.  
Die Gesellschaft macht zunächst geltend, dass die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Standort in E.________ als geschäftsmässig begründet zum Abzug zuzulassen seien. Die dort unterhaltenen Büros seien nämlich ihr zuzurechnen. Die Kantonale Steuerverwaltung gibt in ihrer Vernehmlassung zu bedenken, dass dieses Vorbringen mit dem zweiten Vorbringen der Gesellschaft zusammenhänge, wonach sie in E.________ eine Betriebsstätte unterhalten habe, auf die nach internem und internationalem Recht Gewinne auszuscheiden seien. Obschon nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass Aufwendungen für den Unterhalt einer Betriebsstätte auch dann geschäftsmässig begründet sein könnten, wenn die Betriebsstätte einer anderen Gruppengesellschaft zuzurechnen ist, rechtfertigt es sich, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Gesellschaft eine Betriebsstätte in E.________ zuzurechnen ist und gegebenenfalls die darauf entfallenden Gewinne auszuscheiden sind. 
 
4.  
In formeller Hinsicht kritisiert die Gesellschaft die "Indizienprüfungen" der Vorinstanz, aus der diese zu Unrecht geschlossen habe, dass die Büros in E.________ der F.________ AG (heute: G.________ AG, nachfolgend: Muttergesellschaft) zuzurechnen seien. Soweit die Gesellschaft damit die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz infrage stellen will, bleiben ihre Angaben allerdings zu unbestimmt, als dass das Bundesgericht von der Würdigung der Vorinstanz abweichen könnte (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. oben E. 2.1). Dies gilt auch für die Schilderung der tatsächlichen Verhältnisse, welche die Gesellschaft den Feststellungen der Vorinstanz gegenüberstellt. Von vornherein nicht zu hören ist die Gesellschaft, soweit sie auf frühere Eingaben verweist (BGE 147 II 125 E. 10.3). 
 
5.  
Ohnehin scheint die Gesellschaft aber implizit zu anerkennen, dass ihr die festen Einrichtungen und das Personal in E.________ "formaljuristisch" nicht zugerechnet werden können, wenn sie sich auf eine "Substance over form"-Betrachtung beruft. Nach welchen Kriterien zu prüfen ist, ob eine Betriebsstätte vorliegt und einer steuerpflichtigen Person zugerechnet werden kann, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei prüfen kann. 
 
5.1. Nach Art. 52 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) ist die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit zwar unbeschränkt. Sie erstreckt sich aber nicht auf ausländische Betriebsstätten. Der Begriff der Betriebsstätte in dieser Bestimmung ist grundsätzlich gleich auszulegen wie bei ausländischen Unternehmungen, die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten (Art. 51 Abs. 1 lit. b DBG; BGE 139 II 78 E. 2.4.3). Es ist demnach von der Definition in Art. 51 Abs. 2 DBG auszugehen, wonach als Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung gilt, in der die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.  
 
5.2. Die Vorinstanz hat nicht geprüft, ob aus Sicht des internen Rechts von einer ausländischen Betriebsstätte auszugehen ist, und den Sachverhalt stattdessen nur unter dem Gesichtspunkt des Völkerrechts gewürdigt. Dabei hat sie nicht in Zweifel gezogen, dass das Büro in E.________ die Voraussetzungen für eine Betriebsstätte objektiv erfüllt. Sie ist jedoch zum Schluss gekommen, dass diese feste Geschäftseinrichtung nicht der Gesellschaft, sondern ihrer Muttergesellschaft zuzurechnen sei (vgl. angefochtenes Urteil E. 6.1). Sie hat diesen Schluss im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Muttergesellschaft in der streitbetroffenen Steuerperiode im Mietvertrag als Vertragspartnerin aufgetreten sei und die im Büro E.________ beschäftigten Personen nicht bei der Gesellschaft angestellt oder dieser organisatorisch unterstellt seien. Namentlich rapportiere der Standortleiter dem Chief Operating Officer der Muttergesellschaft.  
 
5.3. Nach der Lehre ist von einer Betriebsstätte einer steuerpflichtigen Person gemäss Art. 52 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 2 DBG auszugehen, wenn ihr eine feste Geschäftseinrichtung nicht bloss kurzfristig zur Verfügung steht, sie mithin darüber tatsächliche Verfügungsmacht ausübt. Hingegen ist nicht zwingend erforderlich, dass diese Person als Eigentümerin oder Mieterin an der Geschäftseinrichtung berechtigt ist (Urteil 2C_110/2018 vom 28. Februar 2019 E. 3.3, in: StE 2019 B 11.2 Nr. 14, StR 74/2019 S. 364; vgl. PETER BRÜLISAUER, in: Internationales Steuerrecht der Schweiz, 2023, § 14 N. 46 f.; LOCHER/GIGER/PEDROLI, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Teil II, 2. Aufl. 2022, N. 12 zu Art. 51 DBG; OESTERHELT/SCHREIBER, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 4. Aufl. 2022, N. 28 zu Art. 51 DBG; MARC VOGELSANG, Der Begriff der Betriebsstätte im schweizerischen und internationalen Steuerrecht, 2015, S. 316). In diesem Sinne ist der Gesellschaft zuzustimmen, dass eine "Substance over form"-Betrachtung massgebend ist. Dies hat jedoch auch die Vorinstanz nicht übersehen. Vielmehr hat sie die privatrechtlichen Verhältnisse als Anhaltspunkt dafür gewertet, dass die Gesellschaft keine tatsächliche Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung gehabt habe. Den Umstand, dass die Gesellschaft Kosten im Zusammenhang mit dem Standort E.________ und dessen Umbau übernommen habe, betrachtete die Vorinstanz zwar zumindest sinngemäss als Anhaltspunkt für tatsächliche Verfügungsmacht der Gesellschaft. Indessen wog er aus ihrer Sicht nicht schwer genug, um alleine gestützt darauf auf die tatsächliche Verfügungsmacht der Gesellschaft zu schliessen.  
 
5.4. Die Gesellschaft bringt nichts vor, was die Würdigung der Vorinstanz als unzutreffend erscheinen liesse. Insbesondere ergeben sich aus den für das Bundesgericht verbindlichen (Art. 105 Abs. 1 BGG) Feststellungen der Vorinstanz keine Anhaltspunkte, welche die Annahme begründen würden, die Gesellschaft hätte trotz fehlender privatrechtlicher Berechtigung an der festen Geschäftseinrichtung tatsächlich darüber verfügen können. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz nach internem Recht keine ausländische Betriebsstätte anerkannte. Damit stellt sich die Frage, ob an der Differenzierung zwischen in- und ausländischen Betriebsstätten gemäss BGE 139 II 78 E. 3.1.2, auf welche die Vorinstanz hilfsweise abgestützt hat (vgl. angefochtenes Urteil E. 6.1 und E. 4.3) festzuhalten ist, vorliegend nicht (zur Kritik vgl. statt vieler BRÜLISAUER, a.a.O., § 14 N. 60 ff.; ROBERT DANON, Le principe de territorialité de l'impôt à l'épreuve de la planification fiscale des entreprises, RDAF 2013 II S. 433 ff.; VOGELSANG, a.a.O., S. 303 f.).  
 
6.  
Zu prüfen ist weiter, ob der Gesellschaft kraft Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 und 24 Abs. 2 lit. a des Abkommens vom 25. September 2013 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CH-CN; SR 0.672.924.91) Entlastung von der Besteuerung in der Schweiz gewährt werden muss, weil sie für Zwecke dieses Abkommens in China eine Betriebsstätte begründet hat, der Gewinne der Gesellschaft zuzurechnen sind. 
 
6.1. Nach Art. 5 Abs. 1 DBA CH-CN bedeutet der Ausdruck "Betriebsstätte" eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Aus dieser Formulierung, die dem OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen (OECD-MA) entlehnt ist, wird gemeinhin geschlossen, dass das Unternehmen tatsächliche Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung haben müsse (vgl. Kommentar der OECD zum OECD-MA, N. 10 zu Art. 5 OECD-MA [i.d.F. vom 21. November 2017] bzw. N. 4 zu Art. 5 OECD-MA [i.d.F. vom 11. April 1977]; BÉNARD/BERDOZ/BOURTOURAULT, in: Danon und andere [Hrsg.], Modèle de Convention fiscale OCDE concernant le revenu et la fortune, Commentaire, 2014, N. 31 ff. zu Art. 5 OECD-MA; GÖRL/GRADL, in: Vogel/Lehner [Hrsg.], Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 7. Aufl. 2021, N. 19 zu Art. 5 OECD-MA; SCHREIBER/HONOLD/JAUN, in: Internationales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2015, N. 7 zu Art. 5 OECD-MA; VOGELSANG, a.a.O., S. 112 ff. m.w.H.; kritisch zur Voraussetzung der tatsächlichen Verfügungsmacht jedoch WASSERMEYER/KAESER, in: Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Mai 2017 [EL 137], N. 42 f. zu Art. 5 OECD-MA). Nach Auffassung der OECD spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen zur Benutzung der festen Geschäftseinrichtung auch formell berechtigt ist (Kommentar der OECD zum OECD-MA, N. 11 f. zu Art. 5 OECD-MA [i.d.F. vom 21. November 2017] bzw. N. 4.1 f. zu Art. 5 OECD-MA [i.d.F. vom 28. Januar 2003]; vgl. auch die Hinweise auf abweichende Meinungen in der Literatur bei VOGELSANG, a.a.O., S. 110 ff.).  
 
6.2. Die Vorinstanz hat aus den bereits dargelegten Gründen dafür gehalten, dass in E.________ zwar eine feste Geschäftseinrichtung unterhalten worden sei, diese aber der Gesellschaft nicht zur Verfügung gestanden habe (vgl. oben E. 5.3). Auch im Lichte der einschlägigen Normen des DBA CH-CN bringt die Gesellschaft nichts vor, was diesen Schluss als unzutreffend erscheinen liesse. Auch wenn mit der OECD und der wohl überwiegenden Literatur davon ausgegangen werden wollte, dass eine Betriebsstätte keine formelle Berechtigung an der festen Geschäftseinrichtung voraussetzt, wären doch zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür erforderlich, dass das Unternehmen die feste Geschäftseinrichtung tatsächlich nutzt. Daran fehlt es hier nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. oben E. 5.2; Art. 105 Abs. 1 BGG).  
 
6.3. Die Vorinstanz hat sodann geprüft, ob der Gesellschaft eine sogenannte Vertreterbetriebsstätte nach Art. 5 Abs. 6 DBA CH-CN zuzurechnen ist. Sie hat dies verneint, weil erstens die allenfalls im Namen der Gesellschaft abgeschlossenen Verträge eine blosse Hilfstätigkeit (Einkäufe gemäss Art. 5 Abs. 5 lit. d DBA CH-CN) darstellten. Zweitens sei ohnehin nicht erstellt, dass die Muttergesellschaft oder im Büro in E.________ tätige Personen über eine Abschluss-, Anscheins- oder Duldungsvollmacht verfügten, aufgrund derer sie die Gesellschaft hätten rechtlich verpflichten können (vgl. angefochtenes Urteil E. 6.2).  
 
6.4. Die Gesellschaft ist der Ansicht, dass sich die Frage einer Vertreterbetriebsstätte hier nicht stelle und nicht weiterverfolgt werden müsse (vgl. Beschwerde Rz. 61). Unter diesen Umständen ist es nicht am Bundesgericht, diese Frage vertieft zu prüfen, zumal die Würdigung der Vorinstanz jedenfalls nicht als offensichtlich unrichtig erscheint (vgl. oben E. 2.2). Namentlich entspricht es der wohl herrschenden Auffassung, dass der Vertreter in der Lage sein muss, das Unternehmen rechtlich zu verpflichten (vgl. die Hinweise bei VOGELSANG, a.a.O., S. 218 ff. sowie - zur kontroverseren Frage, ob der Vertreter im Namen des Unternehmens auftreten muss oder es ausreicht, wenn auf andere Weise Bindungswirkung erzielt wird - S. 224 ff.).  
 
6.5. Zusammengefasst ergibt sich, dass der Schluss der Vorinstanz, es bestehe in E.________ keine Betriebsstätte der Gesellschaft, auch unter dem Gesichtspunkt des Abkommensrechts nicht zu beanstanden ist. Auch das Abkommensrecht verpflichtet die Schweiz demnach nicht, einen Teil der Gewinne der Gesellschaft von der Besteuerung auszunehmen.  
 
7.  
Zu prüfen bleibt nach dem Gesagten, ob die Vorinstanz zu Recht von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen ist und eine Aufrechnung vorgenommen hat. 
 
7.1. Eine geldwerte Leistung (aus Sicht des Beteiligungsinhabers) bzw. eine verdeckte Gewinnausschüttung (aus Sicht der Gesellschaft; Art. 58 Abs. 1 lit. b fünftes Lemma DBG) liegt vor, wenn die leistende Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft für ihre Leistung keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält, der Beteiligungsinhaber direkt oder indirekt (z.B. über eine ihm nahestehende Person oder Unternehmung) einen Vorteil erlangt, die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft diesen Vorteil einer nicht nahestehenden, also fernstehenden Person unter gleichen Bedingungen nicht zugestanden hätte, weshalb die Leistung insofern ungewöhnlich ist (Kriterium des Drittvergleichs), und der Charakter dieser Leistung für die Gesellschaftsorgane erkennbar war (BGE 144 II 427 E. 6.1; 140 II 88 E. 4.1; 138 II 57 E. 2.2).  
 
7.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat die Gesellschaft insgesamt Aufwendungen in Höhe von Fr. 374'985.- verbucht, die auf den Standort E.________ entfielen (Miete Büro Fr. 59'341.-, Nebenkosten Büros Fr. 14'270.-, Honorare E.________ China Fr. 301'266.- und Spesen Kundenbetreuung Fr. 108.-). Diese Kosten hätten laut der Vorinstanz von der Muttergesellschaft der Gesellschaft getragen werden müssen, weil dieser die Aktivitäten des Standorts E.________ zuzurechnen seien. Von einer unabhängigen Drittperson hätte die Gesellschaft keine solchen Kosten übernommen. Demgemäss ging die Vorinstanz davon aus, dass alle Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt seien, und rechnete sie den genannten Betrag auf (vgl. angefochtenes Urteil E. 9.3).  
 
7.3. Was die Gesellschaft hiergegen vorbringt, überzeugt nicht. Ihre Ausführungen basieren auf der Annahme, dass die Geschäftseinrichtung in E.________ ihr und nicht ihrer Muttergesellschaft zuzurechnen ist. Diese Annahme trifft nach dem Gesagten jedoch nicht zu. Unter diesen Umständen könnte von einer Aufrechnung nur dann abgesehen werden, wenn die Gesellschaft von der Tätigkeit ihrer Muttergesellschaft am Standort E.________ profitiert hat und die Kostenübernahme aus diesem Grund ganz oder teilweise geschäftsmässig begründet war. Weder aus den Feststellungen der Vorinstanz noch den Ausführungen der Gesellschaft ergibt sich jedoch ein Anhaltspunkt hierfür. Das angefochtene Urteil erweist sich demnach auch in Bezug auf die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung als bundesrechtskonform.  
 
III. Kantons- und Gemeindesteuern  
 
8.  
In Bezug auf die Kantons- und Gemeindesteuern beantragt die Gesellschaft lediglich, dass von der Aufrechnung wegen verdeckter Gewinnausschüttung abzusehen sei. Die für diese Frage einschlägige Vorschrift des kantonalen Rechts stimmt mit jener des DBG überein (vgl. § 59 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e des Steuergesetzes des Kantons Zug vom 25. Mai 2000 [StG/ZG; BGS 632.1]); die Steuerbarkeit von geschäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen ist zudem harmonisierungsrechtlich vorgegeben (Art. 24 Abs. 1 lit. a StHG; vgl. ausserdem zum Gestaltungsspielraum bei kantonalen Abgrenzungsvorschriften BGE 146 II 111 E. 4.2, 4.2.1 und 4.2.2). Es kann daher auf die Erwägungen zur direkten Bundessteuer verwiesen werden. Auch in Bezug auf die Kantons- und Gemeindesteuern ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. 
 
IV. Verfahrensausgang, Kosten und Entschädigung  
 
9.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde sowohl in Bezug auf die direkte Bundessteuer als auch die Kantons- und Gemeindesteuern als unbegründet; sie ist abzuweisen. Ausgangsgemäss trägt die Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern des Kantons Zug wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der A.________ AG auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Juni 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler