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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6A.33/2005 /bri 
 
Urteil vom 30. September 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Weissenberger. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Jans, 
 
gegen 
 
Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen, 
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Landesverweisung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 31. Mai 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________, geboren am 21. August 1980, kam im Alter von zehn Jahren aus seinem Heimatland Uganda in die Schweiz. Er zeigte bereits in der Schule Verhaltensauffälligkeiten. Deswegen wurde er 1995 aus der Sonderklasse entfernt und in der Folge im kantonalen Jugendheim sowie in anderen Jugenderziehungsheimen untergebracht. Im Alter von fünfzehn Jahren beging X.________ einen Raub. 
 
Mit Urteil vom 25. September 2001 sprach ihn das Untersuchungsamt Gossau der einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Tätlichkeiten und der versuchten Entwendung eines Fahrrads zum Gebrauch sowie der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von zehn Wochen. Am 1. Juli 2003 verurteilte ihn das Kreisgericht Alttoggenburg-Wil wegen mehrfacher Körperverletzung, mehrfacher Tätlichkeiten, Beschimpfung, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Beamte, mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes sowie mehrfacher Übertretung des Transportgesetzes zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von zehn Monaten; zudem verwies es ihn für vier Jahre unbedingt des Landes und widerrief den bedingten Strafvollzug für die Vorstrafe vom 25. September 2001. 
B. 
X.________ trat den Strafvollzug am 23. Oktober 2003 an. Zusätzlich zu den Gefängnisstrafen von zehn Wochen und zehn Monaten musste er Haftstrafen von insgesamt 77 Tagen aus Bussenumwandlungen absitzen. All diese Strafen waren am 16. Januar 2005 vollständig verbüsst. 
 
Mit Verfügung vom 30. Juli 2004 ordnete das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen an, X.________ werde bei weiterhin klaglosem Verhalten bedingt - bei einer Probezeit von zwei Jahren - aus dem Strafvollzug in der Strafanstalt Saxerriet entlassen, wenn und sobald er ausgeschafft werden könne, frühestens aber nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafen am 18. August 2004. Im Weiteren schob das Departement den Vollzug der Landesverweisung nicht auf, und es ordnete die Ausschaffung von X.________ aus der Schweiz am Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug an. Den von X.________ dagegen erhobenen Rekurs wies die Regierung des Kantons St. Gallen mit Beschluss vom 25. Januar 2005 ab. X.________ legte dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen ein, das sie am 31. Mai 2005 abwies. 
C. 
X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 31. Mai 2005 aufzuheben, und es sei der Vollzug der vom Kreisgericht Alttoggenburg-Wil am 1. Juli 2003 verhängten Landesverweisung bei vorgängiger Bewilligung der bedingten Entlassung probeweise aufzuschieben. In einem Eventualantrag ersucht er um Rückweisung der Sache zur Durchführung eines neutralen Gutachtens zu seinem Geisteszustand, zur Frage der Therapierbarkeit, den Behandlungsmöglichkeiten, der Abhängigkeit von seiner Mutter und zur Verhaltensprognose. 
D. 
Das Bundesgericht hat der Beschwerde am 22. Juli 2005 in Gutheissung des Gesuchs von X.________ aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
E. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die in Anwendung von Bundesrecht ergangene Entscheidung der Vorinstanz ist als letztinstanzliche kantonale Verfügung des Strafvollzugs mit eidgenössischer Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar (eingehend BGE 118 IV 221 E. 1a; vgl. auch BGE 125 IV 113). 
1.2 Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unter anderem berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 103 lit. a OG). Dieses kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein. Es kann im praktischen Nutzen bestehen, den eine erfolgreiche Beschwerde dem Rechtsuchenden bringen würde, d.h. in der Abwendung eines materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für ihn zur Folge hätte (vgl. nur BGE 123 II 376 E. 2 mit Hinweisen). Die Beschwerdelegitimation setzt zusätzlich voraus, dass der Rechtsuchende an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Akts im Zeitpunkt der Urteilsfällung ein aktuelles praktisches Interesse hat. Die Legitimation fehlt, wenn das praktische Interesse seit der Beschwerdeerhebung entfallen ist, etwa weil inzwischen ein beanstandetes Verbot aufgehoben oder ein seine Inhaftierung kritisierender Gefangener freigelassen wurde (Peter Karlen, in: Geiser/Münch [Hrsg.], Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel usw. 1998, § 3 Rz. 3.37 mit Hinweisen). 
 
Soweit sich die Beschwerde gegen den Entscheid über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug richtet, ist darauf mangels aktuellem praktischem Interesse nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer hatte seine Strafen bereits am 16. Januar 2005 vollständig verbüsst. Mit seiner auf das Strafende fallenden Entlassung aus dem Strafvollzug wurde sein Gesuch um bedingte Entlassung gemäss Art. 38 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gegenstandslos (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6A.19/2000 vom 10. Mai 2000, E. 2a). Die beantragte frühzeitige bedingte Entlassung könnte gar nicht mehr angeordnet werden, da der Beschwerdeführer nach Ablauf der ganzen Strafdauer bereits im Januar 2005 entlassen worden ist. 
 
Im Übrigen wäre die Beschwerde in diesem Punkt materiell unbegründet. Die Vorinstanz durfte aus den im angefochtenen Entscheid genannten Gründen, auf die verwiesen werden kann, ohne Bundes- bzw. Verfassungs- und Konventionsrecht zu verletzen die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug nach Art. 38 Ziff. 1 StGB an die Bedingung des gleichzeitigen Vollzugs der Landesverweisung knüpfen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6A.78/2000 vom 3. November 2000, E. 2). 
1.3 Gemäss Art. 55 Abs. 2 StGB entscheidet die zuständige Behörde, ob und unter welchen Bedingungen der Vollzug der Landesverweisung probeweise aufgeschoben werden soll, wenn der Verurteilte bedingt entlassen wird. Die Frage des probeweisen Aufschubs der Landesverweisung stellt sich somit nur, wenn der Betroffene vor Ablauf der Strafdauer bedingt aus dem Strafvollzug entlassen wird (BGE 127 IV 148 E. 2a). Da diese Voraussetzung hier nicht erfüllt war, durfte die Vorinstanz bereits aus diesem Grund ohne Bundesrecht zu verletzen den Antrag des Beschwerdeführers auf probeweisen Aufschub der Landesverweisung abweisen. Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet. 
2. 
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Dementsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 152 OG). Seinen finanziellen Verhältnissen ist bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, Bundesamt für Polizei schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 30. September 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: