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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 398/05 
 
Urteil vom 7. Dezember 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Lanz 
 
Parteien 
A.________, 1952, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Ilg, Rämistrasse 5, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 21. April 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1952 geborene mazedonische Staatsangehörige A.________ reiste, nachdem er sich zuvor bereits vorübergehend hier aufgehalten hatte, im Jahr 1989 erneut und auf Dauer in die Schweiz ein, wo er zuletzt ab Februar 1996 als Operator in der Stanzerei der Firma X.________ AG arbeitete. Ab 25. Oktober 2002 ging er dieser Tätigkeit wegen Rückenbeschwerden nicht mehr nach. Im März 2003 meldete er sich unter Hinweis auf diesen Sachverhalt, der auch zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch die Arbeitgeberin auf Ende Juni 2003 führte, bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen holte Arztberichte ein und traf berufliche Abklärungen. Mit Verfügung vom 16. Februar 2004 und Einspracheentscheid vom 4. Oktober 2004 verneinte sie einen Anspruch auf berufliche Massnahmen und auf eine Invalidenrente. 
B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen unter gleichzeitiger Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung ab (Entscheid vom 21. April 2005). 
C. 
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm eine Invalidenrente sowie berufliche Massnahmen (Umschulung und Arbeitsvermittlung) zuzusprechen. Weiter wird um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung auch für das letztinstanzliche Verfahren ersucht. 
 
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne sich weiter zur Sache zu äussern. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Mit Eingabe vom 27. Oktober 2005 liess A.________ zwei neue Arztzeugnisse auflegen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen zu den Begriffen Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zur Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen mittels Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), zur Umschulung (Art. 17 IVG) und zum Beginn einer allfälligen Invalidenrente (Art. 29 Abs. 1 IVG) zutreffend wiedergegeben. Ebenfalls richtig ist, dass gemäss Gesetz auch nach der am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen 4. IV-Revision für den Anspruch auf eine Invalidenrente ein Invaliditätsgrad von mindestens 40 % vorausgesetzt wird (Art. 28 Abs. 1 IVG). 
2. 
Wie das kantonale Gericht in einlässlicher Würdigung der medizinischen Akten zutreffend erwogen hat, kann der Versicherte aufgrund der bestehenden Rückenproblematik zwar körperlich schwere Arbeiten nicht mehr ausüben; hingegen sind ihm körperlich leichte, wechselbelastende Tätigkeiten weiterhin voll zumutbar. Diese Beurteilung stützt sich namentlich auf interdisziplinäre Untersuchungen der Fachärzte an der Klinik Y.________. Deren Berichte vom 12. Juni 2003 und 9. März 2004 erfüllen sämtliche Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten und gestatten, obschon vom Krankentaggeldversicherer eingeholt, zuverlässig die Beantwortung der sich in Bezug auf die streitigen invalidenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche stellenden Fragen (vgl. BGE 125 V 352 ff. Erw. 3). 
 
Was hiegegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, wurde bereits beschwerdeweise eingewendet und im angefochtenen Entscheid mit zutreffender Begründung, welcher nichts hinzuzufügen ist, entkräftet. In Bezug auf die nachträglich eingereichten Arztzeugnisse vom 20. und 25. Oktober 2005 hat es mit der Feststellung sein Bewenden, dass darin keine Aussagen zum hier interessierenden Zeitraum bis zum Erlass des Einspracheentscheids vom 4. Oktober 2004 (vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweis) enthalten sind. 
3. 
Gestützt auf diesen medizinischen Sachverhalt haben Verwaltung und Vorinstanz mittels Einkommensvergleich den - zu Eingliederungsmassnahmen subsidiären - Anspruch auf eine Invalidenrente geprüft und wegen zu geringen Invaliditätsgrades verneint. 
3.1 Der - für den Zeitpunkt der Invaliditätsbemessung relevante (BGE 129 V 222) - Beginn einer allfälligen Rente würde ins Jahr 2003 (ein Jahr nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gemäss Art. 29 Abs. 1 lit b IVG) fallen. Für das Einkommen, welches der Versicherte in diesem Jahr ohne invalidisierende Gesundheitsschädigung mutmasslich erzielt hätte (Valideneinkommen), ist auf die Angaben der Arbeitgeberin, bei der er zuletzt tätig war, abzustellen. Danach hätte sich der Bruttolohn im Jahr 2003 auf Fr. 67'600.- (einschliesslich 13. Monatslohn, zuzüglich Schichtzulagen) belaufen. 
 
Das trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen (Invalideneinkommen) ist unstreitig anhand der statistischen Durchschnittslöhne gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) zu bestimmen (BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb). Auszugehen ist vom monatlichen Bruttolohn (Zentralwert bei einer standardisierten Arbeitszeit von 40 Wochenstunden) der mit einfachen und repetitiven Arbeiten (Anforderungsniveau 4) im gesamten privaten Sektor beschäftigten Männer im Jahr 2002 von Fr. 4557.- (LSE 2002, S. 43 Tabelle TA1). Die Umrechnung auf die betriebsübliche Arbeitszeit von 41.7 Stunden (Die Volkswirtschaft, Heft 11/2005, S. 86 Tabelle B9.2) und Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung 2002/2003 von 1.4 % (Die Volkswirtschaft, a.a.O., S. 87 Tabelle B10.2) führt (x 12) zu einem Jahresverdienst von Fr. 57'806.-. Hievon ist aufgrund der auf leidensangepasste Arbeiten eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten ein Abzug vorzunehmen (vgl. BGE 126 V 75). Die Vorinstanz hat diesen auf 15 % angesetzt. Die Gegenüberstellung des Invalideneinkommens von demnach Fr. 49'135.- (85 % von Fr. 57'806.-) mit dem Valideneinkommen von Fr. 67'600.- ergibt eine gesundheitsbedingte Erwerbseinbusse von 18'465.-, entsprechend einem - nicht rentenbegründenden - Invaliditätsgrad von 27 %. 
3.2 Im angefochtenen Entscheid wird von einem höheren Invaliditätsgrad von 33 % ausgegangen. Dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass die Vorinstanz beim Valideneinkommen Zulagen angerechnet hat, welche der Versicherte vor Eintritt der einschränkenden Gesundheitsschädigung für zeitweilig geleistete Schichtarbeit bezogen hatte. Dieses Vorgehen des kantonalen Gerichts ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (AHI 2002 S. 157 Erw. 3b [Urteil S vom 17. Dezember 2001, I 357/01]; Urteil A. vom 9. Mai 2005, U 268/04, Erw. 3.1, auch zum Folgenden). Die Schichtzulagen wären aber nicht nur beim Valideneinkommen sondern auch beim Invalideneinkommen zu berücksichtigen, wenn feststeht, dass die versicherte Person aufgrund ihres Gesundheitszustandes in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, die zu solchen Zuschlägen führen. Weiterungen dazu erübrigen sich indessen, da unabhängig von der Berücksichtigung von Schichtarbeitszuschlägen bei einem oder beiden der Vergleichseinkommen der für eine Rente mindestens vorausgesetzte Invaliditätsgrad von 40 % nicht erreicht wird. 
 
Was die vom Beschwerdeführer für den Gesundheitsfall geltend gemachte Beförderung zum Gruppenleiter betrifft, ist festzustellen, dass sich für einen solchen, gegebenenfalls mit höherem Lohn verbundenen hypothetischen Aufstieg im Beruf keine Anhaltspunkte ergeben. Hätte der Versicherte tatsächlich die für eine Vorgesetztenfunktion erforderlichen Fähigkeiten, wäre dies im Übrigen auch beim Invalideneinkommen als gegebenenfalls lohnsteigernd zu berücksichtigen. 
 
Der Beschwerdeführer macht weiter einen höheren leidensbedingten Abzug vom Invalideneinkommen geltend, führt zur Begründung aber einzig an, dass er gesundheitsbedingt nur noch Teilzeitarbeiten verrichten könne. Dies trifft indessen nicht zu, bestehen doch für leidensangepasste Arbeiten keine zeitlichen Einschränkungen. Andere Gesichtspunkte, welche einen höheren Abzug rechtfertigen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Verwaltung und Vorinstanz, auf deren Erwägungen im Übrigen vollumfänglich verwiesen werden kann, haben einen Rentenspruch somit zu Recht verneint. 
4. 
Die Voraussetzungen für eine Umschulung sind im angefochtenen Entscheid weitgehend richtig wiedergegeben. Es betrifft dies namentlich das Erfordernis der Eignung der Massnahme, aber auch des Versicherten, d.h. seine subjektive und objektive Eingliederungsfähigkeit (ZAK 1991 S. 179 f. Erw. 3 mit Hinweisen; Meyer-Blaser, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], in: Murer/Stauffer [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1997, S. 56 f. und 130; vgl. auch AHI 2002 S. 109 Erw. 2, 1997 S. 82 Erw. 2b/aa und 172 Erw. 3a je mit Hinweisen). 
 
Das kantonale Gericht verneint die subjektive Eingliederungsfähigkeit mit der Begründung, der Versicherte sei nicht gewillt, sich einer beruflichen Eingliederung zu unterziehen. In der Tat hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren wiederholt bestätigt, dass er weder selber eine Arbeit suche noch sich hiefür bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet habe. Zur Begründung gab er an, er betrachte sich als gänzlich arbeitsunfähig. Zudem hat er gegenüber der Verwaltung ausdrücklich seine Bereitschaft, sich einer Eingliederungsmassnahme zu unterziehen, verneint. Dass sich hieran bis zum massgeblichen Zeitpunkt des Einspracheentscheides (Erw. 2 in fine hievor) eine massgebliche Änderung ergeben hätte, ist trotz anderslautender Beteuerungen des Versicherten unwahrscheinlich. Die Vorinstanz hat dem Versicherten somit zu Recht den erforderlichen Eingliederungswillen abgesprochen und deswegen einen Umschulungsanspruch verneint. 
5. 
Der weiter geltend gemachte Anspruch auf Arbeitsvermittlung (Art. 18 Abs. 1 IVG) setzt, abgesehen von der auch hiefür erforderlichen und nach dem Gesagten nicht gegebenen Eingliederungsbereitschaft, bei der gegebenen vollen Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste leichte Tätigkeiten zusätzlich eine spezifische Einschränkung gesundheitlicher Art bei der Stellensuche voraus (vgl. AHI 2003 S. 270 Erw. 2c). Daran fehlt es ebenfalls. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit auch in diesem Punkt unbegründet. 
6. 
Da es um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. 
 
Die Prozessbegehren müssen, da die Verlustgefahren beträchtlich höher als die Gewinnaussichten einzustufen sind, als aussichtslos betrachtet werden. Daher ist der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung, ohne dass deren weitere Voraussetzungen zu prüfen wären, zu verneinen (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG; BGE 129 I 135 f. Erw. 2.3.1, 128 I 236 Erw. 2.5.3, 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 7. Dezember 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: