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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_1008/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 6. Juni 2014  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Kneubühler, 
Gerichtsschreiberin Dubs. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Attenhofer Steuerberatung & Treuhand. 
 
gegen  
 
Steueramt des Kantons Aargau, 
Tellistrasse 67, 5001 Aarau 1 Fächer. 
 
Gegenstand 
Kantons- und Gemeindesteuern 2008, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 19. September 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Ehe zwischen A.A.________ und B.A.________ wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zurzach vom 18. Oktober 2006 geschieden. Die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter C.A.________ (Jahrgang 1991) wurde A.A.________ (nachfolgend auch: Mutter) zugeteilt. Gemäss gerichtlich genehmigter Nebenkostenkonvention verpflichtete sich B.A.________ (nachfolgend auch: Vater) wie folgt: "Der Gesuchsteller verpflichtet sich, der Gesuchstellerin an den Unterhalt von C.A.________ bis zu deren Mündigkeit je monatlich vorschüssig einen Unterhaltsbeitrag inklusive allfälliger Kinderzulagen von Fr. 1'000.-- zu bezahlen. Dieser Unterhaltsbeitrag ist nach der gerichtsüblichen Formel zu indexieren. Zudem trägt er die gesamten Kosten des derzeitigen Internatsaufenthaltes (D.________) und künftiger Ausbildungen. Ist C.A.________ im Zeitpunkt ihrer Mündigkeit noch in Ausbildung (Lehre, Mittelschule, Studium), so hat der Gesuchsteller diesen Unterhalt bis zum Abschluss dieser Ausbildung direkt an C.A.________ zu leisten."  
Für das Jahr 2008 bezahlte B.A.________ für seine Tochter Schulgelder von insgesamt Fr. 83'818.--. 
 
A.b. Am 18. Mai 2011 veranlagte die Steuerkommission Bad Zurzach A.A.________ u.a. mit einem Einkommen von Fr. 326'400.--, worin das vorgenannte Schulgeld von (rundungsbedingt) Fr. 83'819.-- enthalten war. Gegen diese Veranlagung erhob A.A.________ am 16. Juni 2011 Einsprache, wobei sie u.a. die Streichung der Aufrechnung des Schulgeldes beantragte. Mit Entscheid vom 12. Dezember 2011 hiess die Steuerkommission Bad Zurzach die Einsprache teilweise gut und reduzierte das aufgerechnete Schuldgeld um Fr. 12'000.-- auf Fr. 71'819.--, mit der Begründung, es sei auf die Zahlungsdaten abzustellen. Mit Urteil vom 23. August 2012 wies das Steuerrekursgericht des Kantons Aargau den Rekurs gegen den Einspracheentscheid ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 19. September 2013 ab.  
 
B.   
Gegen dieses Urteil führt A.A.________ mit Eingabe vom 28. Oktober 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt, die Aufrechnung im steuerbaren Einkommen für Unterhaltsbeiträge (Schulgeld) im Umfang von Fr. 71'819.-- zu streichen. 
Das Kantonale Steueramt Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde, das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Die Beschwerdeführerin ist als Steuerpflichtige dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG; Art. 73 Abs. 2 StHG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution: BGE 138 III 537 E. 2.2 S. 540; 137 III 385 E. 3 S. 386; je mit weiteren Hinweisen).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf entsprechende Rüge hin berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Nach § 32 lit. f des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 15. Dezember 1998 (StG/AG; SAR 651.100) sind als Einkünfte steuerbar die Unterhaltsbeiträge, die eine steuerpflichtige Person bei Scheidung, gerichtlicher oder tatsächlicher Trennung für sich erhält, sowie Unterhaltsbeiträge, die ein Elternteil für die unter seiner elterlichen Sorge stehenden Kinder erhält. Im Gegenzug werden gemäss § 40 lit. c StG/AG von den Einkünften die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen, gerichtlich oder tatsächlich getrennt lebenden Eheteil sowie die Unterhaltsbeiträge an einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Sorge stehenden Kinder, nicht jedoch Leistungen in Erfüllung anderer familienrechtlicher Unterhalts- oder Unterstützungspflichten abgezogen.  
Diese kantonalrechtliche Regelung entspricht dem System, wie es sich aus dem Steuerharmonisierungsgesetz aufgrund von Art. 7 Abs. 4 lit. g i.V.m. Art. 9 Abs. 2 lit. c StHG ergibt (vgl. BGE 125 II 183 E. 6d S. 188). Es verwirklicht damit das Korrespondenzprinzip: weil der Leistungsempfänger die Beiträge als Einkünfte zu versteuern hat, kann sie der Leistungserbringer abziehen (vgl. dazu ausführlich: BGE 133 II 305 ff.). 
 
2.2. Unterhaltsbeiträge für Kinder haben ihre zivilrechtliche Grundlage in der Unterhaltspflicht der Eltern (Art. 276 ff. ZGB) und können gegebenenfalls durch Unterhaltsverträge, die je nachdem durch die Vormundschaftsbehörde oder den Richter zu genehmigen sind (Art. 287 ZGB), oder durch den Richter festgelegt werden (Art. 279 ZGB). Zum Unterhalt eines Kindes im Sinne von Art. 276 ZGB gehört alles, was das Kind für sein Leben und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung benötigt (vgl. RAINER ZIGERLIG/GUIDO JUD, in: Martin Zweifel/ Peter Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2. Aufl. 2008, Band I/2a, N 28a zu Art. 23 DBG bzw. N 21d zu Art. 33 DBG). Dazu zählt insbesondere auch die Ausbildung.  
 
2.3. Vorliegend wird nicht in Abrede gestellt, dass die - im hier relevanten Jahr 2008 unmündige - Tochter im Institut D.________ eine Ausbildung erhalten hat, dass es sich bei den vom Vater bezahlten Schulkosten des Instituts D.________ um Unterhaltskosten handelt und dass der Vater seine Unterhaltspflicht im Jahr 2008 mit der Bezahlung der Forderungen des Instituts D.________ erfüllte. Im Weiteren wird vor Bundesgericht die betragsmässige Korrektheit des von den Vorinstanz aufgerechneten Betrages dieser Zahlungen nicht angefochten. Schliesslich ist nicht strittig, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin der elterlichen Sorge war.  
Umstritten ist dagegen, ob es sich bei den Schulgeldern, welche der Vater direkt an das Institut D.________ entrichtete, um Unterhaltsbeiträge an die Mutter für die unter deren elterlichen Sorge stehende Tochter im Sinne von § 32 lit. f StG/AG handelt. 
 
2.3.1. Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag im Wesentlichen damit, der Vater habe nie Unterhaltsbeiträge betreffend die Ausbildung im Institut D.________ an sie geleistet. Ein Zufluss an sie sei nicht vereinbart worden und habe tatsächlich nie stattgefunden. Gemäss § 32 lit. f StG/AG seien Kinderunterhaltsbeiträge als Einkommen steuerbar, die ein Elternteil für die unter seiner elterlichen Sorge stehenden Kinder erhalte. Die Beschwerdeführerin habe tatsächlich keine Beiträge erhalten und es hätten auch keine Ressourcenverschiebungen stattgefunden, die ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht hätten.  
 
2.3.2. Diesen Überlegungen kann nicht gefolgt werden. Sie stehen im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption betreffend die steuerliche Behandlung von minderjährigen Kinder bei nicht gemeinsam veranlagten Eltern ganz allgemein, also nicht bloss im Hinblick auf die Unterhaltsleistungen. Diese geht davon aus, dass - in steuerlicher Hinsicht - vorab derjenige Elternteil, dem das Sorgerecht zukommt und mit dem das Kind - in der Regel - zusammenlebt, die anfallenden Kosten zu tragen hat und dementsprechend die entsprechenden Sozialabzüge geltend machen (vgl. Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG) und den entsprechenden Familientarif (vgl. Art. 36 Abs. 2bis DBG) beanspruchen kann (vgl. dazu auch die Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern vom 20. Mai 2009, BBl 2009 S. 4754 ff., insbesondere auch S. 4756 f. betreffend die neue Regelung, in Kraft seit 1. Januar 2014, welche noch stärker nach der Zuteilung des Sorgerechts differenziert). In Bezug auf Unterhaltsleistungen für minderjährige Kinder ergibt sich aus dieser Konzeption, dass sie dem sorgeberechtigten Elternteil zugerechnet werden, da sie dazu dienen, die grundsätzlich von diesem zu tragenden Aufwendungen abzudecken. Die Überlegungen der Beschwerdeführerin beachten in diesem Kontext nicht, dass Unterhaltsleistungen statt in Form von wiederkehrenden direkten Geldleistungen auch durch indirekte Zahlungen erbracht werden können. Gemäss der - kantonalen - Rechtsprechung kommen etwa die Übernahme von Miet- oder Schuldzinsen, die Bezahlung von Steuern oder Krankenkassenprämien oder die Übernahme von Schulgeldern in Frage (vgl. PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, N 57 zu Art. 23 DBG, mit Hinweisen). Indem vorliegend der Vater - entsprechend der genehmigten Nebenkostenkonvention - die direkte Begleichung der Schulkosten des Instituts D.________ übernahm, erbrachte er derartige indirekte Leistungen an die Beschwerdeführerin für die unter deren elterlichen Sorge stehende Tochter. Daran vermag nichts zu ändern, dass § 32 lit. f StG/AG von erhaltenem Einkommen spricht (analog auch Art. 7 Abs. 4 lit. g StHG bzw. Art. 23 lit. f DBG). Aus diesem Wortlaut kann nicht geschlossen werden, nur direkte Leistungen seien als steuerbares Einkommen zu qualifizieren.  
In diesem Zusammenhang übersieht die Beschwerdeführerin auch, dass sich für sie wirtschaftlich selbst dann nichts geändert hätte, wenn die Zahlungen vom Vater der gemeinsamen, unmündigen Tochter nicht direkt an das Institut D.________ erfolgt wären, sondern er die Auszahlung an sie vorgenommen hätte und sie anschliessend für die Bezahlung des Schulgeldes besorgt gewesen wäre. Auch bei einer solchen Vorgehensweise wäre ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit per Saldo nicht erhöht worden und es könnte trotzdem - auch nach ihrer eigenen Argumentation - kein Zweifel daran bestehen, dass sie die entsprechenden Zahlungen als Einkommen zu versteuern hätte. 
Hinzu kommt, wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, dass der Beschwerdeführerin als alleiniger Inhaberin der elterlichen Sorge die ausschliessliche Entscheidbefugnis über den Aufenthaltsort des Kindes und der äusseren Lebensumstände, also auch über die Schul- und Berufsausbildung, zukam. Zwar hatte der Vater als Elternteil ohne Sorgerecht gemäss Art. 275a Abs. 1 ZGB Anspruch auf Benachrichtigung und Anhörung vor wichtigen Entscheidungen, jedoch kein Mitentscheidungsrecht. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies nicht, macht jedoch geltend, die Inhaberin der elterlichen Sorge müsse in der Ausübung eines fremdnützigen Pflichtrechts primär die Interessen des Kindes vertreten und es wäre in höchstem Masse unsinnig und unverständlich gewesen, wenn sie, entgegen dem Willen des bald volljährigen Kindes, bloss aus finanziellen Eigeninteressen dieses kurz vor erfolgreichem Abschluss in eine andere, öffentliche Schule geschickt hätte, nachdem eine gerichtlich bestätigte Verpflichtung des Vaters vorlag, die bisherige Schule weiterhin zu bezahlen. Dies ist sicher zutreffend. Es ändert jedoch nichts an den der Beschwerdeführerin zustehenden Kompetenzen. Sie konnte letztlich - selbstverständlich unter Berücksichtigung der Kindesinteressen - über die Art der Schulausbildung entscheiden. Auch dies spricht für die Richtigkeit der Konzeption, wonach die Unterhaltsbeiträge, welche ein Elternteil für die unter seiner elterlichen Sorge stehenden Kinder erhält - mögen sie als direkte Zahlungen oder als indirekte Leistungen erfolgen - bei diesem Elternteil steuerbar sind. 
 
2.4. Zusammenfassend ergibt sich damit, dass die Vorinstanz zu Recht die bezahlten Ausbildungskosten als anrechenbare Unterhaltsbeiträge gemäss § 32 lit. f StG/AG qualifizierte.  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
3.2. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Steueramt des Kantons Aargau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Juni 2014 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dubs