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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_254/2023  
 
 
Urteil vom 9. November 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Karin Herzog, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (vorinstanzliches Verfahren), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. März 2023 (IV 2022/107). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1989 geborene, zuletzt bis 31. August 2017 bei der B.________ AG als ungelernte Kontrolleurin angestellt gewesene A.________ meldete sich im September 2020 unter Hinweis auf eine mittelschwere Depression, chronische Rückenschmerzen, Adipositas, Diabetes Mellitus Typ II, eine arterielle Hypertonie, eine kombinierte Hyperlipidämie und eine Lebererkrankung bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen veranlasste erwerbliche und medizinische Abklärungen. Sie holte namentlich ein polydisziplinäres Gutachten bei der PMEDA Polydisziplinäre Medizinische Abklärungen, Zürich (nachfolgend: PMEDA), vom 6. Dezember 2021 ein. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte sie mit Verfügung vom 8. Juni 2022 einen Rentenanspruch. Den Invaliditätsgrad (0 %) ermittelte sie anhand der sogenannten gemischten Methode, wobei sie von einem ausserhäuslichen Pensum von 50 % und einer Betätigung im Haushalt von ebenfalls 50 % ausging. 
 
B.  
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die dagegen erhobene Beschwerde mit einzelrichterlichem Entscheid vom 14. März 2023 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und den Antrag stellen, in Aufhebung des kantonalgerichtlichen Entscheids sei die Angelegenheit zur Entscheidung in korrekter Gerichtszusammensetzung (Dreierbesetzung) an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventualiter sei die Angelegenheit zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz oder an die IV-Stelle zurückzuweisen. 
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme. Das kantonale Gericht lässt sich in abweisendem Sinn vernehmen. 
A.________ äussert sich in einer weiteren Eingabe zu den letztinstanzlichen Vorbringen des kantonalen Gerichts. 
Erwägungen: 
 
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4). 
 
2.  
Streitig ist in materieller Hinsicht, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung der Verfügung der IV-Stelle vom 8. Juni 2022 einen Rentenanspruch bei einem Invaliditätsgrad von 0 % verneinte. 
 
3.  
 
3.1.  
 
3.1.1. In formeller Hinsicht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass der angefochtene Entscheid einzelrichterlich ergangen sei. Es liege kein einfacher Fall vor, da nicht auf eine klare Rechtslage oder eine feststehende Gerichtspraxis abgestellt werden könne. Mit der Rüge der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der damit unvollständigen Abklärung könne zudem nicht von liquiden Tatfragen ausgegangen werden. Unter diesen Umständen von einem einfachen Fall zu sprechen, welcher einzelrichterlich entschieden werden könne, stehe in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation und müsse als unhaltbar bezeichnet werden. Die Vorinstanz habe die kantonalen Normen zur funktionellen Zuständigkeit willkürlich angewendet. Der Entscheid hätte in Dreierbesetzung gefällt werden müssen. Diese Rüge der funktionellen Unzuständigkeit des Einzelrichters ist vorab zu prüfen, da bei deren Begründetheit der angefochtene Entscheid ohne Prüfung der materiell streitigen Fragen aufzuheben ist (vgl. BGE 125 V 499 E. 2c; SVR 2015 EL Nr. 13 S. 37, 9C_585/2014 E. 1, Urteil 8C_160/2021 vom 12. August 2021 E. 4.1).  
 
3.1.2. Soweit in der Beschwerde das Begehren um eine konkrete Normenkontrolle anklingt, fehlt es an einer hinreichend substanziierten Rüge (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Insbesondere wird nicht geltend gemacht, die streitbetroffenen generell-abstrakten kantonalen Normen würden übergeordnetem Recht widersprechen (zur vorfrageweisen resp. sogenannten konkreten oder inzidenten Normenkontrolle und zur Frage der Willkür in der Rechtsetzung vgl. Urteil 2C_236/2020 vom 28. August 2020 E. 1.5 und 3.3.1 mit Hinweisen). Die genannten kantonalen Bestimmungen können vorliegend folglich nicht auf den Prüfstand gehoben werden (vgl. auch Urteil 8C_45/2023 vom 7. Juli 2023 E. 3.3).  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 17 Abs. 2 des st. gallischen Gerichtsgesetzes vom 2. April 1987 (GerG; sGS 941.1) spricht das Versicherungsgericht Recht in Dreierbesetzung. Als Schiedsgericht entscheidet es in Fünferbesetzung. Für einfache Fälle können Einzelrichterentscheide vorgesehen werden. Nach Art. 99 Abs. 1 erster Satz GerG erlässt das Kantonsgericht durch Reglement nähere Vorschriften über Organisation und Geschäftsgang der Gerichte. Dem Verwaltungsgericht stehen diese Befugnisse für seinen Zuständigkeits- und Aufsichtsbereich, dem Versicherungsgericht für seinen Zuständigkeitsbereich zu (Abs. 3). Gestützt auf diese Delegationsnorm hat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen das Reglement über Organisation und Geschäftsgang des Versicherungsgerichts vom 15. März 2017 (OrgR; sGS 941.114) erlassen. Nach Art. 18 OrgR können in einfachen Fällen die Mitglieder der Abteilung als Einzelrichterinnen und Einzelrichter entscheiden (Abs. 1). Als einfache Fälle gelten insbesondere Streitsachen, die aufgrund einer klaren Rechtslage oder einer feststehenden Gerichtspraxis beurteilt werden können (Abs. 2).  
 
4.2. Die Vorinstanz hielt zur funktionellen Zuständigkeit fest, die Voraussetzungen gemäss Art. 17 Abs. 2 GerG und Art. 18 Abs. 2 OrgR seien hier erfüllt, weshalb der Entscheid einzelrichterlich habe gefällt werden können. In seiner letztinstanzlich eingereichten Vernehmlassung führt das kantonale Gericht ergänzend aus, die frühere Verordnung über die Organisation und den Geschäftsgang des Versicherungsgerichts vom 2. Dezember 2010 (aOrgV; sGS 941.114) sei per 1. Juni 2017 durch das OrgR abgelöst worden. Der hier angefochtene Entscheid stütze sich auf Art. 18 OrgR. Gemäss Art. 18 Abs. 2 dieser Norm würden als einfache Fälle insbesondere Streitsachen gelten, die aufgrund einer klaren Rechtslage oder einer feststehenden Gerichtspraxis beurteilt werden könnten. Das Zusatzerfordernis eines unbestrittenen oder eindeutigen Sachverhalts sei in dieser neuen Bestimmung bewusst fallen gelassen worden. Dies schliesse es aus, das Urteil des Bundesgerichts vom 8. September 2015 (9C_585/2014, publiziert in: SZS 2015 EL Nr. 13 S. 37), das auch auf den Umstand hinweise, dass die dortige Streitsache Rechtsfragen von grundsätzliche Bedeutung aufgeworfen habe, als Präjudiz heranzuziehen. Die Frage könne nur sein, ob eine klare Rechtslage oder eine feststehende Gerichtspraxis vorliege. Dies sei hier offensichtlich zu bejahen, denn die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Würdigung von Administrativgutachten sei seit Langem völlig klar, die Rechtslage also eindeutig. Die Beurteilung durch den Einzelrichter sei deshalb zulässig gewesen.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Wie vom kantonalen Gericht erwähnt, galt vor Inkrafttreten des OrgR am 1. Juni 2017 die aOrgV. Nach Art. 19 Abs. 2 aOrgV galten als einfache Fälle insbesondere Streitsachen mit einem unbestrittenen oder eindeutigen Sachverhalt, die aufgrund einer klaren Rechtslage und einer feststehenden Gerichtspraxis beurteilt werden konnten (Art. 19 Abs. 2 aOrgV). Mit dieser Umschreibung waren nicht nur offensichtlich unzulässige oder offensichtlich unbegründete Beschwerden erfasst, sondern allgemein Fälle, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach waren, d.h. keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwarfen und in Bezug auf Tatfragen liquid waren (vgl. Urteile 9C_585/2014 vom 8. September 2015 E. 3.2; 9C_867/2008 vom 6. April 2009 E. 4.2.1; 9C_867/2008 vom 6. April 2009 E. 4.2.1; 9C_836/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 3.4; je mit Hinweisen). Weshalb im geltenden Reglement im Gegensatz zu Art. 19 Abs. 2 aOrgV als Beispiel eines einfachen Falles Streitsachen mit einem unbestrittenen oder eindeutigen Sachverhalt nicht mehr angeführt werden, ist nicht ersichtlich.  
 
4.3.2. Die Rechtspflegebestimmung des Art. 61 ATSG enthält keine Vorschrift über die Zusammensetzung der kantonalen Versicherungsgerichte. Die Regelung dieser Frage obliegt somit den Kantonen. Sowohl Art. 30 Abs. 1 BV als auch Art. 6 Ziff. 1 EMRK geben dem Einzelnen Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts und Einhaltung der jeweils geltenden staatlichen Zuständigkeitsordnung (BGE 129 V 335 E. 1.3.1; 128 V 82 E. 2a; 127 I 128 E. 3c; SVR 2015 EL Nr. 13 S. 37, 9C_585/2014 E. 3.1; Urteile 8C_138/2017 vom 23. Mai 2017 E. 3.2; 8C_650/2011 vom 15. Februar 2012 E. 2.1; 9C_867/2008 vom 6. April 2009 E. 4.1; 9C_836/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 3.1). Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 lit. a und b BGG prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, einschliesslich die Frage, ob die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts zu einer Bundesrechtswidrigkeit führt. Im Übrigen prüft das Bundesgericht die Handhabung kantonalen Rechts - vorbehältlich der in Art. 95 lit. c und d BGG genannten Fälle - bloss auf Willkür hin (Art. 9 BV; vgl. BGE 131 I 467 E. 3.1). Mit freier Kognition beurteilt es indessen die Frage, ob die als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen Prozessrechts mit den genannten Garantien der Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar ist (Urteile 8C_138/2017 vom 23. Mai 2017 E. 3.2; 8C_525/2012 vom 16. November 2012 E. 2.2.2).  
 
4.3.3. Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offenbar unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 148 III 95 E. 4.1; 142 V 513 E. 4.2; je mit Hinweisen; Urteil 8C_441/2021 vom 24. November 2021 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 148 V 114, aber in: SVR 2022 BVG Nr. 16 S. 57).  
 
4.3.4. Weil die Garantie des verfassungsmässigen Richters nach Art. 30 Abs. 1 BV keinen Anspruch auf Beurteilung durch ein Kollegialgericht begründet (vgl. Urteile 9C_715/2018 vom 5. April 2019 E. 5.3; 9C_585/2014 vom 8. September 2015 E. 4; 8C_140/2013 vom 16. April 2013 E. 2.1.1; 8C_525/2012 vom 16. November 2012 E. 2.2.1; 8C_650/2011 vom 15. Februar 2012 E. 3.2.2; 9C_836/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 3.4), ist die vorinstanzliche Anwendung von Art. 17 Abs. 1 GerG und Art. 18 OrgR unter dem Blickwinkel der Willkür zu prüfen.  
 
4.4.  
 
4.4.1. Die Vorinstanz scheint die Auffassung zu vertreten, es genüge für die Annahme eines einfachen Falles, wenn gemäss Art. 18 Abs. 2 OrgR von einer klaren Rechtslage oder einer feststehenden Gerichtspraxis auszugehen ist, unabhängig davon, ob der Fall auch in sachverhaltlicher Hinsicht einfach ist. Dieser Ansicht kann in dieser absoluten Form nicht gefolgt werden.  
 
4.4.2. Art. 17 Abs. 2 GerG bestimmt, dass Einzelrichterentscheide nur für einfache Fälle vorgesehen werden können. Im Gerichtsgesetz wird nicht definiert, was unter einem einfachen Fall zu verstehen ist. Auch aus den Materialien zu Art. 17 Abs. 2 GerG geht nicht hervor, wann ein einfacher Fall im Sinne des Gesetzes angenommen werden kann (Botschaft der Regierung vom 11. März 1986, S. 31; publiziert im Amtsblatt Nr. 17 vom 28. April 1986 [ABl 1986, 861, S. 891] https://www.retrodigital.sg.ch/library/Amtsblatt_1986_04_28_17/page/861; Bericht der vorberatenden Kommission vom 29. September 1986, publiziert im Amtsblatt Nr. 40 vom 6. Oktober 1986 [ABl 1986, 1944], https://www.retrodigital.sg.ch/library/Amtsblatt_1986_10_06_40/page/1944; je abgefragt am 17. Oktober 2023).  
 
4.4.3. Wie bereits bei Art. 19 Abs. 2 aOrgV handelt es sich auch bei den in Art. 18 Abs. 2 OrgR genannten Beispielen nicht um eine abschliessende Aufzählung. Dem Versicherungsgericht kommt daher hinsichtlich der Frage, was unter einen einfachen Fall gemäss Art. 17 Abs. 2 GerG i.V.m. Art. 18 Abs. 2 OrgR fällt, ein gewisses Ermessen zu. Aus der Bestimmung von Art. 18 OrgR, wonach als einfache Fälle insbesondere Streitsachen gelten, die aufgrund einer klaren Rechtslage oder einer feststehenden Gerichtspraxis beurteilt werden können, kann indessen nicht geschlossen werden, dass der Fall bei Vorliegen einer dieser Voraussetzungen unabhängig vom zu beurteilenden Sachverhalt als einfach gilt. Ein Rechtsstreit beurteilt sich aufgrund des Sachverhalts sowie dessen rechtlicher Würdigung. Insofern gewährleistet denn auch die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV die uneingeschränkte Beurteilung durch eine richterliche Behörde nicht nur in rechtlicher, sondern genauso in tatsächlicher Hinsicht (vgl. BGE 149 I 146 E. 3.3.1; betreffend Art. 6 Ziff. 1 EMRK vgl. BGE 147 I 259 E. 1.3.2; je mit Hinweisen). Bei einem Fall, der sich in sachverhaltlicher Hinsicht als komplex erweist, kann es sich nicht mehr um einen einfachen Fall im Sinne von Art. 17 Abs. 2 GerG handeln, selbst wenn die Rechtslage klar sein mag. Ob ein leichter Fall im Sinne von Art. 17 Abs. 2 GerG in Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 OrgR vorliegt, ist jeweils anhand der gesamten Umstände des konkreten Falles und der zu prüfenden Fragen zu bestimmen. Zwar lässt sich nicht ohne Weiteres abstrakt definieren, wann ein Fall in sachverhaltlicher Hinsicht als einfach einzustufen ist. Dies kann aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht zur Folge haben, dass bei der Prüfung der Frage, ob ein einfacher Fall im Sinne der genannten Bestimmungen vorliegt, der strittige Sachverhalt irrelevant ist. In der überwiegenden Anzahl der Fälle im Zusammenhang mit der Beurteilung von sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen ist die Rechtslage unbestritten, nicht aber der Sachverhalt respektive die Beweiswürdigung der entscheidenden Behörde, welche regelmässig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen bilden.  
 
5.  
 
5.1. Im vorliegenden Fall steht aufgrund des gemäss angefochtenem Entscheid zumindest teilweise unklaren Sachverhalts nicht fest, welche Bestimmungen aus dem Invalidenversicherungsrecht überhaupt zur Anwendung kommen. Deshalb kann nicht abschliessend beantwortet werden, ob die Rechtslage besondere Schwierigkeiten bietet. Denn die Vorinstanz liess namentlich offen, ob die Invaliditätsbemessung anhand der allgemeinen oder der gemischten Methode zu erfolgen hat. Zur Begründung führte sie an, gestützt auf das PMEDA-Gutachtens lasse sich weder eine Einschränkung beim Erwerb noch eine solche bei der Führung des eigenen Haushaltes rechtfertigen. Sie stellte zwar fest, die IV-Stelle hätte an sich weitere Abklärungen tätigen müssen, da nicht geklärt sei, ob die Beschwerdeführerin ohne Gesundheitsbeeinträchtigung voll- oder teilzeitlich erwerbstätig gewesen wäre. Von einer Rückweisung der Sache zur Vervollständigung des Sachverhalts sah sie jedoch mit Blick auf die Schlussfolgerungen der PMEDA-Experten zur Arbeitsfähigkeit ab. Zur Frage der Invaliditätsbemessungsmethode erübrigen sich somit Weiterungen nur unter der Voraussetzung, dass auf das PMEDA-Gutachten unter allen Aspekten abgestellt werden kann, was unter den Parteien höchst umstritten ist. So hatte sich die Beschwerdeführerin bereits im Vorbescheidverfahren gegen die Zuverlässigkeit des psychiatrischen PMEDA-Teilgutachtens ausgesprochen und dies einlässlich begründet. Im vorinstanzlichen Prozess hielt sie unter anderem an ihrer Rüge fest, wonach die Beantwortung der Tatfragen auf einer unvollständigen Beweisgrundlage basiere, da sich die psychiatrische PMEDA-Expertin ihrerseits bei ihrer Beurteilung auf eine ungenügende Anamnese und Befunderhebung abgestützt habe.  
 
5.2. Das psychiatrische PMEDA-Teilgutachten und die Einschätzung der behandelnden Psychiaterin weisen in der Tat grosse Divergenzen nicht nur hinsichtlich einer allfälligen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, sondern auch in Bezug auf die zugrunde zu legenden Diagnosen auf. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass Tat- und Rechtsfragen sehr oft aufs Engste miteinander zusammenhängen (vgl. auch MARKUS SCHOTT, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 29 zu Art. 95 BGG), gerade auch bei Bejahung oder Verneinung einer erheblichen Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) oder einer Invalidität (Art. 8 ATSG). Die richterliche Beweiswürdigung gilt als Tatfrage, während die Prüfung, ob ein medizinisches Gutachten den rechtlichen Anforderungen entspricht, eine Rechtsfrage beschlägt (vgl. JOHANNA DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 31, 34a und 35c zu Art. 105 BGG). Gerade das letztere Thema betraf einen zentralen Punkt der vorinstanzlichen Streitigkeit oder hätte aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes und der Vorbringen der Beschwerdeführerin im kantonalgerichtlichen Verfahren zumindest einen zentralen Punkt bilden müssen. Zudem kommt der Streitsache, die mit der Rente eine Dauerleistung betrifft, eine grosse Tragweite für die Parteien zu.  
 
5.3. Wenn die Vorinstanz unter diesen Umständen den Fall als einfach qualifizierte, verfiel sie bei der Anwendung des kantonalen Rechts in Willkür (vgl. E. 4.3.3 hiervor). Es kann offen bleiben, inwieweit die Rechtslage vorliegend nach dem Gesagten überhaupt als klar qualifiziert werden kann. Da sich in sachverhaltlicher Hinsicht ganz offensichtlich komplexe Fragen stellen, verletzen die Einstufung des Falles als "einfach" und die damit einhergehende einzelrichterliche Beurteilung die kantonalen Bestimmungen (Art. 17 Abs. 2 GerG in Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 OrgR) jedenfalls in eindeutiger Weise. Die im angefochtenen Einzelrichterentscheid vertretene abweichende Sichtweise, wonach bei klarer Rechtslage ein einfacher Fall vorliege, würde dazu führen, dass in praktisch jeder sozialversicherungsrechtlichen Streitsache ein einzelrichterlicher Entscheid gefällt werden könnte, da die Rechtslage in solchen Fällen meist klar ist, nicht aber der Sachverhalt bzw. die Beweiswürdigung der Verwaltung (vgl. E. 4.4.3 hiervor). Die vorinstanzliche Argumentation kann in ihrer absoluten Ausprägung keinen Bestand haben, da sie zu einer Umgehung der kantonalrechtlichen Bestimmungen führt, die eine Einzelrichterbefugnis nur in einfachen Fällen vorsehen.  
 
6.  
Die Sache ist im Sinne des Hauptantrags der Beschwerdeführerin an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es einen Entscheid in korrekter Gerichtszusammensetzung fälle. 
 
7.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) und der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. März 2023 wird aufgehoben und die Sache wird zu neuer Entscheidung an das kantonale Gericht zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. November 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz