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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_352/2013 {T 0/2}  
   
   
 
 
 
 
Urteil vom 3. Juli 2013  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
K.________, 
handelnd durch Sebastian Lorentz, 
und dieser vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Wyss, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,  
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 27. März 2013. 
 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. K.________ verfügt über einen Fähigkeitsausweis als Gärtnerin und war zuletzt ab ........ als Blumenverkäuferin bei der Firma X.________ angestellt. Am 7. August 2007 meldete sie sich unter Hinweis auf einen am ........ erlittenen Herzinfarkt mit zweimaliger Koronarangiographie und Stentversorgung sowie auf eine Diskushernie bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Wiedereinschulung in die bisherige Tätigkeit, Rente) an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich führte erwerbliche und medizinische Abklärungen durch. Am 11. Juni 2009 verfügte sie die Zusprechung einer befristeten ganzen Rente vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2008.  
 
A.b. Am 25. Februar 2010 meldete sich K.________ erneut bei der Invalidenversicherung an unter Hinweis, zusätzlich zu den vorbestehenden Leiden auch an einer Depression zu leiden. Die IV-Stelle führte erneut medizinische und erwerbliche Abklärungen durch, zog die Akten der Krankenversicherung bei und teilte K.________ am 6. Mai 2010 mit, aufgrund ihres Gesundheitszustandes seien derzeit keine beruflichen Eingliederungsmassnahmen möglich. In der Folge veranlasste die IV-Stelle eine Begutachtung im Institut B.________ (Gutachten vom 2. Februar 2011). Nach Stellungnahme des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD; Dr. med. C.________, Facharzt Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, vom 15. Februar 2011) führte die IV-Stelle ein Vorbescheidverfahren durch. In dessen Rahmen nahmen die behandelnde Ärztin Dr. med. Z.________, FMH für Neurologie, sowie die Psychotherapeutin V.________ am 28. April 2011 zum Gutachten des Instituts B.________ Stellung. Daraufhin holte die IV-Stelle erläuternde Ergänzungen der Gutachter des Instituts B._________ vom 20. Juni 2011 sowie eine Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med. C.________ vom 6. Juli 2011 ein. Mit Verfügung vom 4. August 2011 wies sie das Leistungsbegehren ab.  
 
B.  
Die hiegegen erhobene Beschwerde der K.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. März 2013 ab. 
 
 
C.  
K.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides die Zusprechung der "gesetzlichen Leistungen", insbesondere eine angemessene Rente, beantragen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung. 
 
 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen, die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG sowie der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund Letzterer gerichtlich festgestellte Gesundheitslage und Arbeitsfähigkeit sowie die konkrete Beweiswürdigung sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]).  
 
 
2.  
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG; vgl. auch Art. 8 Abs. 1 ATSG), den Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG), den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125), den Untersuchungsgrundsatz und den Beweiswert ärztlicher Akten (E. 1 hievor) sowie den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 132 V 393 E. 2.1 S. 396, 125 V 351 E. 3a S. 352) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht erwog, die zwischen den Einschätzungen der Gutachter des Instituts B.________ einerseits und den Beurteilungen der Frau Dr. med. Z.________ sowie der von ihr beigezogenen Psychotherapeutin anderseits bestehenden Differenzen vermöchten das Ergebnis des interdisziplinären Diskurses der Experten des Instituts B.________ nicht in Frage zu stellen. Deren Gutachten erfülle die Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Grundlage. Die Versicherte sei daher für körperlich leichte adaptierte Tätigkeiten 70 % arbeitsfähig, eine 30 % übersteigende Arbeitsunfähigkeit sei nicht ausgewiesen. Der mittels Prozentvergleich zu ermittelnde Invaliditätsgrad begründe keinen Rentenanspruch.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin rügt insbesondere, die vorinstanzliche Feststellung, wonach sie in ihrer angestammten Tätigkeit als Blumenverkäuferin bei einem Grossverteiler weiterhin arbeitsfähig sei, sei offensichtlich falsch und aktenwidrig. Entsprechend sei die Ermittlung des Invaliditätsgrades mittels Prozentvergleich unzulässig; vielmehr müsse die Invalidität anhand eines Einkommensvergleichs ermittelt werden. Bei einem Tabellenlohn (LSE 2008 TA1, Zentralwert, Anforderungsniveau 4), resultiere ein IV-Grad von gerundet 48 %. Zu Unrecht habe das kantonale Gericht dem Gutachten des Instituts B.________ vollen Beweiswert zuerkannt; dieses beruhe insbesondere auf einer viel zu kurzen, nach weniger als 30 Minuten - als sie zu weinen begonnen habe - abrupt abgebrochenen psychiatrischen Exploration.  
 
4.  
Die Einwände gegen den Beweiswert des Gutachtens ,des Instituts B.________, namentlich gegen die Beweiskraft des psychiatrischen Teilgutachtens, dringen nicht durch. Der zu betreibende zeitliche Aufwand muss zwar der Fragestellung und der zu beurteilenden Psychopathologie angemessen sein. Zuvorderst hängt der Aussagegehalt einer Expertise aber davon ab, ob sie inhaltlich vollständig und im Ergebnis schlüssig ist. Trifft dies - wie hier - zu, ist die Untersuchungsdauer grundsätzlich nicht entscheidend (Urteil 9C_671/2012 vom 15. November 2012 E. 4.5 mit Hinweis). Die Versicherte rügt konkret, das psychiatrische Teilgutachten enthalte weder Symptom- noch Verhaltensbeobachtung. Dieser Einwand ist angesichts der unter Ziffer 4.1.2 "Psychopathologische Befunde" von Dr. med. X.________ im Einzelnen beschriebenen Beobachtungen aktenwidrig. Welche weiteren Abklärungen notwendig gewesen wären oder welche zusätzlichen Aspekte in die gutachterliche Beurteilung hätten einfliessen müssen, ist weder den Vorbringen der Versicherten noch den Ausführungen der behandelnden Ärztin Dr. med. Z.________ und der Psychotherapeutin V.________ zu entnehmen. Diese hatten sich am 28. April 2011 ausführlich zum Gutachten des Instituts B.________ geäussert und insbesondere bemängelt, die psychiatrische Diagnose (in Form reaktiver Depressionen) falle von allen Beeinträchtigungen am wenigsten ins Gewicht, weshalb sie von den Gutachtern des Instituts B.________ korrekterweise zuletzt hätte angeführt werden sollen. Dass die Vorinstanz, welche sich entgegen der beschwerdeweise erhobenen Rüge ausführlich mit den Beweiswertkriterien auseinandergesetzt hatte, der Expertise vom 2. Februar 2011 höheren Beweiswert zuerkannte als den Beurteilungen der behandelnden medizinischen Fachpersonen, insbesondere der Frau Dr. med. Z.________, sowie der behandelnden Psychotherapeutin V.________, ist nicht bundesrechtswidrig. 
 
5.  
 
5.1. Es trifft zu, dass die ehemalige Arbeitgeberin unterschiedliche Angaben zu den körperlichen Anforderungen und Belastungen der von der Versicherten verrichteten Arbeiten machte. Die Beschreibungen der individuellen Tätigkeiten in den verschiedenen Arbeitgeberberichten legen den Schluss nahe, dass die Differenzen auf die wechselnden Funktionen der Beschwerdeführerin zurückzuführen sind. In der ursprünglichen Führungsfunktion als Blumenverkäuferin waren gemäss Angaben der Arbeitgeberin vom 17. September 2007 manchmal mittelschwere Lasten (10-25 kg), selten schwere Lasten (über 25 kg) zu heben und zu tragen. Die ab 1. Mai 2008 ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin war mit häufigem Heben und Tragen von leichten (0-10 kg) und bisweiligem Heben und Tragen von mittelschweren Lasten verbunden, hingegen kam das Hantieren mit schweren Lasten nicht mehr vor (Arbeitgeberbericht vom 23. Januar 2009). Im letzten Bericht vom 15. März 2010 gab die Arbeitgeberin an, die Tätigkeit als Detailhandelsangestellte, welche hauptsächlich im Verkauf von Blumen sowie im Herrichten von Gestecken und Gebinden bestanden habe, sei oft mit Heben und Tragen von leichten Lasten - aber nicht mehr von mittelschweren und schweren Lasten - verbunden gewesen.  
 
5.2. Ob die angestammte Tätigkeit weiterhin zumutbar wäre (wovon immerhin die Neurologen an der Klinik A.________ in ihrer Beurteilung vom 14. April 2010 ausgingen), ist letztlich nicht entscheidend. Bei einem unbestritten gebliebenen Valideneinkommen von Fr. 68'200.- würde auch dann kein rentenauslösender Invaliditätsgrad resultieren (sondern ein solcher von 29,4 %), wenn basierend auf den Tabellenlöhnen der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2010, Tabelle T1, S. 24, Totalwert Frauen, Anforderungsniveau 3, ein Jahreseinkommen von Fr. 48'161.60 angerechnet würde (betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit 2010: 41,6 Stunden [Die Volkswirtschaft 6-2012, Tabelle B9.2, S. 94]; 70 %-Pensum). Das den Ausführungen der Versicherten zu Grunde liegende Anforderungsniveau 4 ist nicht einschlägig. Die Beschwerdeführerin verfügt über eine Ausbildung als Gärtnerin für Topfpflanzen/Schnittblumen sowie - nach einer Anlehre als Floristinerworbene - über langjährige Berufserfahrung als Fachverkäuferin Blumen/Garten, wobei sie zeitweilig in leitender Funktion tätig war und nicht nur Führungsaufgaben übernahm sowie Mitarbeiter betreute, sondern auch Fachwissen weitervermittelte (Arbeitgeberbericht vom 17. September 2007). Gemäss den vorinstanzlich zu Recht als beweiskräftig erachteten Einschätzungen der Gutachter des Instituts B.________ (E. 4 hievor) sind der Beschwerdeführerin jegliche körperlich leichten, adaptierten Tätigkeiten ohne starke oder mittelstarke Rückenbelastungen sowie ohne reines Stehen oder Sitzen, monoton-repetitive Haltungen oder Bewegungen und Überkopfarbeiten zumutbar. Damit steht ihr mit Blick auf ihre Ausbildung und langjährige Detailhandelserfahrung in zeitweilig leitender Stellung auch dann weiterhin ein genügend breites Feld von Erwerbsgelegenheiten im Bereich des Anforderungsniveau 3 offen, in denen sie ihre Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen zumindest teilweise einbringen und verwerten kann (vgl. z.B. Urteile 8C_852/2012 vom 23. April 2013 E. 3.3, 8C_20/2011 vom 9. Juni 2011 E. 4.3, 9C_210/2011 vom 21. April 2011 E. 3.2.1.2), wenn die Tätigkeit als Floristin oder Blumenverkäuferin bei Grossverteilern nicht mehr zumutbar wäre (was offen bleiben kann).  
 
6.  
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Ihrem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege kann entsprochen werden, da die hiefür erforderlichen Voraussetzungen als erfüllt betrachtet werden können, nachdem die Vorinstanz schon die Bedürftigkeit bejaht hat und die letztinstanzliche Beschwerde nicht als aussichtslos bezeichnet werden kann (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtiche Verfahren wird gutgeheissen. Rechtsanwalt Thomas Wyss, Zürich, wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Juli 2013 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle